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zng Von Tantiemen zwar nicht beseitigt, aber doch be schränkt. Ferner erscheint es ganz nothwendig, dafür zu sorgen, daß in den Generalversammlungen der Aktiengesellschaften die Actionäre fachkundig und gewissen haft vertreten werden. Zum Elberfelder Militärbefreiungsprozeß wird aus Köln nachträglich gemeldet, daß sich der Kaiser vom Justizminister eingehend Bericht erstatten ließ üher den Verlauf und das Ergebniß des gen. Prozesses. Auch an hoher Stelle hat die auf dem deutschen Aerztetag gerügte Behandlung der angeschuldigten Aerzte, besonders auch des 7 Wochen lang in Untersuchungs haft gewesenen vr. Schultze-Köln, gegen den später das Verfahren eingestellt wurde, sehr verstimmt. Der Minister des Innern ordnete alsbald strengste Untersuchung an und entsandte einen höheren Medicinalbeamten nach Köln, um die eingebrachten Beschwerden zu prüfen. Es steht heute bereits fest, daß in der kommenden Reichs tagssession der Minister über die Vorgänge von Rednern zweier Fractionen interpellirt werden wird. Die Gültigkeit der Rückfahrtkarten soll jetzt auch in Schweden nach deutschem Muster auf 45 Tage aus gedehnt werden. Bayern hat gleichzeitig mit der Ver längerung der Rückfahrtkarten auch die Gültigkeitsdauer verschiedener, noch nicht aller, Rundreisekarten und Rund reisehefte, die auf bayrischen Stationen zur Ausgabe ge langen und bisher nur zehntägige Gültigkeit hatten, auf 45 Tage verlängert. Den baldigen Bau des geplanten Mittellandkanals wünschen die oberschlesischen und niederschlesischen Stein- kohlengruben-Besitzer und Hütten-Interessenten, wie die „Berl. N. N." hervorheben, ganz besonders. Wird der Kanal nicht gebaut, so werden die Genannten, nachdem die von dem Wiener Parlament bewilligten Kanalbauten beendigt sein werden, dazu genöthigt sein, den Absatz ihrer Kohlen in Oesterreich zu bewirken. Frankreich. In Frankreich hat die Wahlbewegung für die Generalräthe begonnen. Sie verspricht diesmal be sonders lebhaft zu werden, da man sie als eine Art Hauptprobe der nächstjährigen Kammerwahlen ansieht. Auf den französischen Arbeitsminister Baud in ist in Paris ein Attentat verübt worden, indem eine Frau Namens Olzewski einen Revolverschuß auf ihn abgab. Der Minister blieb unverletzt. Nach den Aussagen der Verhafteten handelt es sich um einen Racheact und galt der Schuß eigentlich dem Minister des Aeußeren Delcassee. Ihr Mann habe einen Posten als Verkäufer bei der Tabakregie, und das Ministerium des Aeußeren sei ihnen seit Jahren Geld schuldig. Es wird angenom men, daß die Frau den Anschlag nur verübt hat, um die öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Olzewski hat verschiedene Male Beträge vom Ministerium des Aeußeren empfangen; es wurde aber ihm und seiner Frau, als sie ihre angeblichen Ansprüche stets aufs Neue geltend machten, der Eintritt ins Ministerium verwehrt. Seit dem legte Frau O. große Erregung an den Tag. Frankreich schloß mit Marokko einen Handels vertrag ab, der Frankreich dieselben Bedingungen zu gesteht, wie England, außerdem verhandelt es über Unterhaltungstheil. Das Geheimnitz der „Maria". Novelle von Anton v. Persall. 6) (Fortsetzung). Pat Fimey kam heute auffallend spät, brachte dafür aber ein neues Opfer mit, einen „Grünen". Dafür hielten wohl alle Anwesenden den jungen kräftigen Mann mit dem rothblonden Vollbart und den verwundert um- herblickenden, großen blauen Augen, der an der Seite Fimeys in den Raum trat. Niemand kannte ihn, er mußte wohl heute mit dem „Eldorado" von San Fran cisco angekommen sein, der eine Schaar neuer Ein wanderer brachte. Das war wieder ein guter Fang für Fimey; ihm entging keiner, jeder mußte ihm den Tribut seiner Unerfahrenheit zahlen. Pat ging mit seinem neuen Kameraden an die Bar und bestellte zwei Cocktails, das war ein herrliches Ge tränk in der schwülen Nacht, das Lieblingsgetränk Fimeys; das Glas kostete aber damals einen Dollor, da mußte immer ein guter Freund oder ein Grüner her halten. „Das macht den Kopf hell zu der Arbeit dorten, Mister George Ahldorf," sagte Fimey, auf den Spiel tisch deutend. „Ich bin kein Spieler," entgegnete der junge Mann, „ich wollte nur das Leben und Treiben hier mit an sehen; laßt Euch nicht von mir aufhalten, wenn Ihr spielen wollt!" „Nun, dazu braucht man ja am Ende kein Spieler zu sein, um die Dummheit einmal ein wenig mitzu machen, nur nicht so ängstlich, Mister George, ich sag' Euch, der Claim, in dem Ihr arbeitet, ist vortrefflich, Ihr könnt schon was riskiren, aber es ist zum Teufel holen mit Euch Seeleuten, Ihr seid alle kalt und nüchtern wie die Fische. Selten ein tüchtiger Spieler unter Euch!" Der junge Mann, der eben auf die Spielenden Hin Bürgschaften wegen Grenzverletzungen marokkanischer Stämme. Spanien. Nach Schluß der Kammern wird eine Minister krise ausbrechen. Finanz- und Marineminister werden ganz bestimmt gehen, wahrscheinlich werden gleichzeitig mit diesen noch ein Paar andre Cabinetsmitglieder ihre Portefeuilles zur Verfügung stellen. Ministerkrisen sind in Spanien so wenig etwas Seltenes als Finanz- und andre Krisen. Die Welt geht darüber ruhig zur Tages ordnung über. Asten. Ein Pekinger Blatt berichtet über die Selbstmorde der Boxerführer. Am meisten Schwierigkeiten machte der Tod Tschauschutschiaus. Er aß Blattgold, hatte aber nicht den gewünschten Erfolg, so daß er mit Opium nachhelfen mußte. Das Blattgold versperrt die Luft wege, so daß der Tod gewöhnlich durch Ersticken eintrilt. Wegen der Errichtung eines zusammenhängenden, vertheidigungsfähigen Gesandtschaftsviertels in Peking sind die Verhandlungen nunmehr endlich und nach langen Mühen zum Abschluß gelangt. Ursprüng lich widersetzten sich die Chinesen den Forderungen der Mächte auf das hartnäckigste. Sie forderten die Zurück gabe aller im ncugeplanten Viertel liegenden Namen und Tempel und wollten nicht die Entschädigung der zu enteignenden chinesischen Privatleute auf die chinesische Staatskaffe übernehmen. Es wurde hierauf eine öster reich-französisch-italienische Commission ernannt, die die weiteren Verhandlungen mit den Chinesen zu einem be friedigenden Ende führte. Ter bisher als Heiligthum betrachtete kaiserliche Ahnentempel in Uantzu wird an die italienische Botschaft abgetreten. Zur Erhöhung der Vertheidigungsfähigkeit des neuen Gesandtschaftsviertels wird ein großes Glacis angelegt, das weder Chinesen noch Europäer betreten dürfen. Afrika. Lord Kitchener scheint ein Phantast zu sein. Er beabsichtigt nämlich Londoner Blättermeldungen zufolge Vorkehrungen zu treffen, um einen vollständigen Wechsel der Kriegführung eintreten zu lassen. Beim Beginn des Herbstes sollen nicht weniger als 70,000 Mann aller Arten Truppen Südafrika verlassen und durch 50,000 Mann frischer auserlesener berittener Truppen ersetzt werden, die dann in drei fliegenden Corps gegen die drei bedeutendsten Burencommandos energisch operiren sollen. Sie sollen sich den Buren an die Fersen heften und sie niemals verlassen. Nach welcher Richtung die Buren auch fliehen, sollen sie von den britischen Be rittenen verfolgt werden. Der Cavallerie soll eine starke Infanterie-Nachhut folgen, deren Aufgabe darin besteht, die strategisch wichtigen Punkte zu besetzen und stets für frische Remonten zu sorgen. Durch diese drastischen Maßregeln hofft Lord Kitchener den Krieg bis Ende October zum Abschluß zu bringen. Wo das Londoner Kricgsamt diese 50,000 Mann auserlesener berittener Truppen hernehmen soll, ist eine Frage, die doch wohl auch Lord Kitchener nicht wird beantworten können. Die ganze Geschichte zeigt nur, wie tief die Engländer in der Tinte sitzen. übersah, drehte mit einer hastigen Bewegung den Kopf nach Fimey, als das Wort „Seeleute" fiel. „Woher wißt oder glaubt Ihr vielmehr, daß ich Seemann bin?" Fimeys kleine, verschwollene Augen bohrten sich mit eigenthümlichem Ausdruck in das Antlitz des Mannes, der unter diesem Blick auffallend unruhig wurde. „War selbst lange Zeit zur See und habe einen Scharfblick darin. Ihr seid Seemann. Ich wette, wenn Ihr Euer Hemd aufstreift, sieht man das Seemanns- zeichen eingebrannt." Ter junge Mann goß den Cocktail in einem Zuge hinunter und wich so dem forschenden Blicke Pats aus. „Wenn Jhr's denn durchaus wollt," erwiderte er dann mit erzwungen klingendem Lachen, „so war ich Seemann. Es ist besser als manch anderes Geschäft, und ich wollt', ich wär's noch." „Na, Euer jetziges Geschäft wird Euch bald besser gefallen," entgegnete Fimey. „Uebrigens, warum seid Ihr denn nicht Seemann geblieben? Wohl mit Eurem Kapitän Händel gehabt? Oder gar mit dem Seege richt? Ich kenne das aus Erfahrung, vor mir braucht Ihr Euch nicht zu geniren!" George fuhr zornig auf. „Aber, verehrter Mister George," fiel ihm Fimey in die Rede, „nur nicht gleich beleidigt! Wir sind ja in einem freien Lande, und von zehn hier Anwesenden stehen acht mit dem Gericht auf schlechten Füßen — sind dabei doch ganz tüchtige Kerle." „Mag sein," erwiderte George verdrossen, „ich ver bitte mir ein für allemal solchen Verdacht. Man kann ja doch auch auf ehrliche Weise sein Glück hier ver suchen wollen, oder haltet Ihr daS auch für unmöglich?" Diese Erwiderung auf Fimeys beleidigende Zumuthung klang nicht so fest, wie sie auS einem ganz schuldlosen Gemüth zu kommen pflegt, die Stimme klang unsicher, zaghaft, es war mehr ein Sondiren. Fimey zuckte die Achseln. „Was heißt ehrlich? Der Die Gefangennahme einiger Mitglieder der Freistaat- Regierung, das Haupt derselben, Präsident Steijn, ist ja sogar nach den Londoner Meldungen entkommen, be deutet für die Fortsetzung des Krieges offenbar nicht viel, denn die Buren sind dadurch keineswegs muthlos ge worden, im Gegentheil zeigen sie sich recht lebhaft und kriegslustig. In unmittelbarer Nähe Bloemfon teins hätten sie beinahe eine größere Abtheilung eng lischer Polizeitruppen gefangen genommen. Die Ver luste in dem bei dem Einschließungsversuch stattgefundcnen Handgemenge sind auf beiden Seiten erheblich gewesen. Wenn die englischen Nachrichten die Verluste der eigenen Landsleute schon erheblich nennen, dann sind diese sicher lich ganz ungeheure gewesen. Der Präsident des Kap- landes Sir Gordon Sprigg behauptet zwar, die Lage der Kapcolonie sei noch in keiner Phase des Krieges günstiger gewesen als gerade jetzt. Tas ist indessen eine handgreifliche Verkehrung der Thatsachen. Die Kapcolonie ist im Gegentheil noch nie so gefährdet ge wesen als in den letzten Wochen. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 17. Juli. Am Dienstag Vormittag I I Uhr traf Se. Durchlaucht Fürst Otto Victor von Schönburg-Waldenburg auf dem Schlosse in Lichtenstein ein. Ter hohe Herr hat am Nachmittag den Aus stellungsplatz besichtigt und sich die Mitglieder des Ehren- und Verwaltungsausschusses vorstellen lassen. Um 3 Uhr hatte Se. Durchlaucht die Mitglieder genannter Aus schüsse zu einem Diner im „Goldenen Helm" geladen. *— Tie „Kölnische Zeitung" rühmt die sächsische Forstverwaltung als die erfolgreichste. Auch der württem- bcrgische Wald, sagt sie, ist vorzüglich verwaltet und steht an Ertragsfähigkcit nur hinter dem sächsischen zurück. Ter sächsische wirft für das Hectar 50 Mk., der württem- bergische 45 Mk. ab, Zahlen, die richtig erst dann ge würdigt werden können, wenn man weiß, daß z. B. aus dem preußischen Wald nur 15 Mk. für das Hectar herausgewirthschaftet werden. Das Verdienst daran hat zum großen Theil die vorzügliche Schulung und Aus bildung oes Forstpersonals in Sachsen und in Württem berg. *— Trotzdem man bei den Bohrungen auf Braun kohlen bei Weidensdorf bereits über 40 Meter Tiefe erreicht hat, will sich die ersehnte Kohle noch immer nicht einstellen. Indessen wird zuversichtlich weiterge arbeitet, denn nach den an andren Orten gemachten Er fahrungen hat man noch viel größere Tiefen bewältigen müssen, ehe das gewünschte Resultat eintrat. Tie in Frage kommenden Besitzer sind deshalb fest entschlossen, einstweilen noch weiter bohren zu lassen; nur einer der Betheiligten soll dieser Tage zurückgetrcten sein. *— Die Tageslänge nimmt während des Monats Juli schon wieder um 55 Minuten ab, sie beträgt am Schlüsse des Monats nur noch 15 Stunden 2 Minuten. Die Abnahme der Tageslänge vcrtheilt sich ziemlich gleichmäßig auf die Morgen- und Abendstunden. * — Aus Jmkerkreisen verlautet, daß die diesjährige Honigcrnte eine ganz besonders gesegnete sein wird. *— Die Zeit der immerwährenden Dämmerung, die ehrlichste Mensch hat seine dunkle Stunde, wo er einen Mord begehen kann, wenn er die Gelegenheit dazu hat. Ich könnte Euch da ein Beispiel erzählen von einem ehrlichen Menschen —" Mister Georges Hand zitterte sichtlich, als er das Glas zum Munde führte, und der Schweiß stand ihm in Hellen Tropfen auf der Stirn. Es war aber auch drückend heiß im Saal, und das Gespräch schien ihm auch nicht zu passen. Er warf eine Münze auf die Bar. „Wir wollen dem Spiele zusehen, Mister Fimey," sagte er und machte Miene, sich zu entfernen. „Halt," rief aber der Pockennarbige, ihn zurückhaltend. „Jetzt ponire ich noch einen, da müßt Ihr mitthun. Und das Beispiel, das müßt Ihr hören — eine tolle Geschichte — und dann urtheilt selbst, wie's mit dieser verfluchten renommistischen Ehrlichkeit steht." NeuerWhisky wurde eingeschenkt, George mußte bleibeu. „Diente da auf einem Schooner," fuhr Fimey lauernd fort, „ein junger Mann als zweiter Steuermann, ein ehrlicher, biederer Dutschman, der noch keine Mücke umS Leben gebracht. Was thut diese ehrliche, biedere Haut?" Fimeys zusammengekniffene Augen blinzelten spöttisch auf George hinüber, der auffallend die Farbe wechselte. „In einer stillen Julinacht — der Schooner lag im Hafen von New-Bork, die Mannschaft war in der Stadt bis auf ihn — wie hieß er doch?" Fimey schnalzte mit den Fingern und kraute sich die Stirn. „Der Name ist mir entfallen — ganz gleich — erschoß er seinen Kapitän, der eben in seiner Koje Geld zählte, das er des Nachmittags erst eingenommen, und entfloh damit; der arme Teufel dachte gewiß gar nicht an Mord, er wollte vielleicht dem Kapitän bloß eine Meldung machen, aber der Anblick des Goldes, die günstige Gelegenheit — der Teufel, wie hieß er doch — jetzt hab' ich'-." (Fortsetzung folgt.)