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Frankreich. In einer aus socialistischen Elementen zusammenge setzten Versammlung, der sog. „Union Syndicale" in Paris, sollte eine große Kundgebung gegen den Krieg veranstaltet werden. Im Saale waren rothe Fahnen aufgehängt und Tafeln mit der Inschrift „Krieg dem Kriege!" Die Pariser Polizei ist langmüthig, da eS die Friedensseligen aber doch etwas zu arg trieben, mußte sie einschreiten. Nun kam es zu einer furchtbaren Schlägerei, bei der die Polizeibeamten zunächst schlecht abschnitten, später wurden zahlreiche Verhaftungen vor genommen. Die Versammlung nahm folgende Resolu tion an: Ter Krieg ist zu bekämpfen, da alle Menschen, gleichviel ob Chinesen, Madagassen oder Buren Brüder seien; im Falle einer Kriegserklärung haben sich daher alle Arbeiter zu weigern, die Waffen zu ergreifen. Asten. Rußland hat Zeit zu warten, verliert aber bei aller äußeren Ruhe sein Ziel nicht einen Augenblick aus dem Auge. Als die Vertreter der Mächte in Peking gegen die Annexion der Mandschurei durch Rußland Ein spruch erhoben, solange die Friedensbedingungen nicht geregelt seien, da hatte Rußland absolut nichts dagegen, daß Kaiser Kwangsü die Ratificirung des Mandschurei- Abkommens ablehnte. Auf die Erfüllung eines über ein Menschenalter verfolgten Planes verzichtete Rußland ja nicht, es war lediglich eine Formsache, die sich da abspielte. Und obwohl auch heute der Friedensschluß zwischen China und den Mächten noch nicht perfect ge worden ist, nimmt die russische Regierung keinen An stand mehr, durch ihre Blätter erklären zu lassen, daß das Mandschureiabkommen doch zu Stande kommen werde, es heißt sogar, daß es bereits abgeschloffen sei. Wir haben nichts dagegen, wenn Rußland die Mand schurei als eine ihm in den Schooß fallende reife Frucht in Besitz nimmt; wir finden nur die russischen Diplo maten sonderbar, die in dieser Beziehung fortgesetzt mit Worten so viel Spiegelfechterei treiben. Neue Ver wickelungen sollen in China übrigens nicht zu befürchten sein; alle von London aus verbreiteten Alarmnachrichten, daß ein ernster Rückschlag zu befürchten sei, werden als völlig unbegründet zurückgewiesen. In unterrichteten Kreisen herrscht vielmehr die Ansicht vor, daß für China eine lange Zeit der Ruhe und Consolidirung bevorstehe. Es wäre höchst erfreulich, wenn sich diese Ansicht als die zutreffende erwiese. Afrika. Zu ihrer Meldung, daß zwischen dem Könige von England und dem deutschen Kaiser ein Depeschenaus tausch wegen einer von Deutschland anzuregenden Intervention im Burenkriege stattfinde, bemerkt die „Tägl. Rundsch." selbst, daß sie bei der Starrköpfigkeit der maßgebenden Londoner Stellen den Zeitpunkt noch nicht für gekommen erachte, da England zur Annahme einer Vermittelungsaction bereit fei. Außerdem sei König Eduard überzeugter Anhänger der Kriegspartei und die Haltung der deutschen Regierung im bisherigen Verlaufe des Krieges mache einen Vermittelungsversuch von Berlin aus nicht sehr wahrscheinlich. Aus Richmond wird gemeldet, daß sich dort ein starkes Burencommando gezeigt habe, das in nördlicher Richtung weiter marschirte. Dem Burencommandanten Fouche ist es gelungen, sich durch die Reihen der Engländer, troß der von diesen getroffenen Vorsichtsmaßregeln hin durchzuschlagen und die Drakensberge zu gewinnen. General Baden-Powell hat den Kriegsschauplatz verlassen und die Heimreise nach England angetreten. Amerika. Der amerikanische Landwirthschaftsminister erklärte, die Vereinigten Staaten würden innerhalb weniger Monate in der Lage sein, alle nothwendigen Lebens mittel und Kleiderstoffe im Lande selbst herzustellen und dann vollständig unabhängig von allen anderen Staaten sein! Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 5. Juli. Ein Universalmittel gegen Vergiftungen oder mit anderen Worten ein Gegengift, das im Stande wäre, alle Giftstoffe in ihrer Wirkung auf den menschlichen Körper unschädlich zu machen, giebt es nicht, jedoch hat ein Sloff diese Eigenschaft in hohem Grade, und das ist die Milch. Diese Thatsache ist ja ziemlich allgemein bekannt, aber es giebt doch zu ihrer Erklärung und Erweiterung noch Manches hinzuzufügen. So führt das „Kl. Jl. für Hygiene" aus: Tie Milch schützt durch ihren Fettstoff, die Butter, und durch ihren Käsestoff die Schleimhäute gegen die ätzende Wirkung von Säuren, Alkalien und anderen reizenden oder zer störenden Stoffen. Zu dieser äußerlichen Schutzwirkung kommt, daß der Käsestoff sich einerseits mit Säuren verbindet, andererseits bildet er mit vielen Mineral stoffen Verbindungen, die wegen ihrer Unlöslichkeit den Organen nicht mehr schaden können. Man kann dieser günstigen Wirkung der Milch noch einen weiteren Spiel raum geben durch Zusatz eines geeigneten Stoffes. Es ist nämlich jüngst von Ör. Crowzel die bedeutsame Ent deckung gemacht worden, daß die Verbindung der Milch- beftandtheile mit anderen Stoffen beschleunigt wird, wenn gewisse chemische Substanzen nebenbei vorhanden sind. Dies gilt z. B. für das borsaure Natron, und ein Zusatz dieses Salzes für Milch in der Höhe von 5 Proc. macht die Milch zweifellos zu dem besten und allgemeinsten Gegengift, das gegenwärtig bekannt ist. * — Beim hiesigen Stadtrath ist eingegangen Reichs- Gesetzblatt Nr. 29, enthaltend: Gesetz zur Abänderung des Gesetzes, betreffend die Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890. * — Nächsten Mittwoch, den 10. d., findet im Schön burger Hofe ein Liederabend statt, zu dem der hiesige Gesangverein und eine freiwillige gemischtchörige Ver einigung ihre Unterstützung zugesagt haben. Auch die städtische Kapelle wird zu Gunsten des guten Zweckes ihre Kräfte gütigst zur Verfügung stellen. Tie Be schaffung des neuen Flügels hat dem Gesangverein große Opfer auferlegt. Um dem Jnstrumentenfond eine Zu weisung zu machen, hat es sich Herr Cantor Uhlig nicht nehmen lassen, die Einnahme dieses von ihm zu ver anstaltenden Liederabendes dem Flügelfond zuzuwenden. Im Interesse des löblichen Zweckes und in Hinsicht auf die unermüdliche sangesfrohe Thätigkeit, dem Volksliede nach jeder Seite förderlich zu sein, ist dem Unternehmer dieses Liederabendes ein volles Haus zu gönnen. Die geehrten Bewohner von Stadt und Land werden daher ersucht, diesem genußreichen Abende ihr persönliches Er scheinen in Aussicht zu stellen. Nach den bisherigen Aufführungen ist bestimmt ein abwechslungsreiches und gediegenes Programm zu erwarten. Den Darbietungen folgt für die Concertbesucher ein Tänzchen. Dem Lieder abende aber wünschen wir von ganzem Herzen eine große Zuhörerschaft und recht reichen „klingenden" Er folg, zumal die Eintrittspreise recht mäßig genannt wer den können. * — Bei den im Herbste bevorstehenden Landtags wahlen werden 16 conservative, 9 nationalliberale, 20 socialdemokratische und 1 fortschrittlicher Candidat um die Mandate kämpfen. 1 nationalliberaler und 4 conser vative Candidaten stehen noch aus. Die Wahlmänner- und die Abgeordnetenwahlen dürften sich etwa zum gleichen Zeitpunkt wie das letzte Mal vollziehen, also im letzten Drittel des September und ersten Drittel des October. * — Nach der nunmehr zum Abschluß gelangten Kostenrechnung der letzten evangelisch-lutherischen Landes- synodc hat dieselbe einen Gesammtaufwand von etwa 50,000 Mk. erfordert. * — Militärische Ernte-Urlauber werden gewünschten Falles auch dieses Jahr zur Hilfeleistung an die Land- wirthe abgegeben werden. Es ist angeordnet worden, daß nach Maßgabe des Dienstes tüchtige und wohl ausgebildete Leute einen Ernteurlaub von 2—3 Wochen erhalten können. * — Vor einiger Zeit trug sich in einem Orte des Erzgebirges der Fall zu, daß gelegentlich eines Schul ausfluges der Wirth zur Unterhaltung der Schüler das Symphonion aufzog und daß darauf ein Schüler an dem Werke herumdrehte und zwar nach der falschen Seite, sodaß die Feder zersprang, wodurch einige 20 Mk. Ausbesserungskosten entstanden. Ter Wirth stellte die Rechnung dem Vater des Kindes zu, der die Zah lung verweigerte, da der Lehrer verantwortlich sei. Der Wirth verklagte den Lehrer auf Zahlung. Trotz wieder holter Verhandlungen ist aber die Sache noch unerledigt. * — Das eisenhaltigste Nahrungsmittel ist der Spinat und deshalb ein außerordentlich gesundes Gemüse für die Heranwachsende Jugend und besonders für blutarme, bleichsüchtige Personen, er soll auch eine dirccte Wirkung auf die Nerven haben; ebenso Löwenzahn, grün ge nossen. Spargel reinigt das Blut. Sellerie wirkt auf das Nervensystem, heilt Rheumatismus und Neuralgie. Tomaten sind gut für die Leber, sie enthalten viel Schwefel, der zum Aufbau unseres Nervensystems durch aus nothwendig ist. Gelbe und weiße Rüben reizen den Appetit, Salat und Gurken wirken kühlend. Zwie beln sind vorzüglich zur Anregung eines schwachen Magens. Knoblauch und Oliven besitzen hervorragende mcdicinische Kräfte, sie regen die Blutcirculation an und vermehren die Absonderung des Speichels und deS Magensaftes. Meerrettig, roh genossen, befördert die Verdauung. Kürbis gilt als Mittel gegen Bandwurm und die appetitreizende Eigenschaft des Rettigs ist all gemein bekannt. — Tie Zwickauer Kohlenwerke betonen entgegen dem Beschluß einer kürzlich in Chemnitz stattgefundenen Versammlung von Industriellen, ihre Kohlen bis zur Preisherabsetzung durch die heimischen Werke von außer- sächsischen Werken zu beziehen, daß die Werke an den zum Theil allerdings übertriebenen Kohlenpreisen ein zelner Händler völlig unschuldig und nicht in der Lage sind, diese erheblich zu beeinflussen. Man werde die Preiserhöhung der sächsischen Werke umsoweniger über triebene nennen können, als das aus denselben sich ergebende Plus durchaus nicht einfach den Werksbesitzern zu Gute gekommen ist, sondern zum weitaus über wiegenden Theil durch die ebenfalls um etwa durch schnittlich 20»/<, erhöhten Productionskosten verschlungen wurde. Ticse Erhöhung ist, abgesehen von der Preis steigerung fast aller Grubenmaterialien, hauptsächlich durch die sowohl unmittelbar nach dem Februarausstand als auch weiterhin stetig eingetretenen Lohnerhöhungen auf der einen und der verminderten Arbeitsleistung auf der anderen Seite bedingt worden. — Für die Dauer des in der Zeit vom 6. bis ein schließlich 15. Juli in Zwickav abzuhaltenden XIX. Mitteldeutschen Bundesschicßens tritt auf dem Festplatze daselbst eine Postanstalt unter der Bezeichnung „Zwickau (Sachsen) XIX. M.-D. Bundesschicßen" in Wirksam keit. Die Postanstalt befaß sich mit der Annahme von gewöhnlichen und eingeschriebenen Briefsendungen, sowie mit der Ausgabe von postlagernden und mit der Be stellung solcher Briefpostgegenstände, welche in der Auf schrift ausdrücklich die Angabe „Zwickau Festplatz oder Schicßanger" rc. tragen. — Am 11. Juli abends wird zum Bundesschießen in Zwickau ein Feuerwerk für über 7000 Mark ab gebrannt. — Die Stadtverordneten zu Zwickau stimmten der vom Rathe vorgelegten neuen Gehaltsordnung für die 5 Gruppen der Gemeindebeamten zu. Die gesammten Gehaltserhöhungen erfordern einen Mehraufwand von rund 10,500 Mk. — Die Königin-Marien-Hütte zu Cainsdorf bei Zwickau hat für 1. Juli d. I. die Einstellung der Eisensteingräberei zu Gerbersreuth bei Reuth angeord net. Man nimmt an, daß dies eine Folge des ameri kanischen Stahltrusts ist, durch welchen so billig geliefert wird, daß die Hochöfen im Jnlande nicht mehr in der Lage sind, mit Gewinn zu arbeiten. Der in Gerbers reuth gegrabene Stein war sehr eisenhaltig. Er wurde auf einer Drahtseilbahn nach Mißlareuth und von da zu Wagen nach Reuth befördert, von wo er mit der Bahn weiterging. Viele Leute aus Gerbersreuth und Umgegend werden durch Einstellung des Betriebes brodlos. Aus dem Sachseulaude. — Tas König!. Ministerium des Innern hat neuer dings zu erkennen gegeben, daß der Bundesrath Aus» führungsbestimmungrn zu 1391 der Gewerbeordnung erlassen wird. Deshalb weiden auch jetzt vor Erlaß dieser Bestimmungen hauptsächliche Entschließungen der höheren Verwaltungsbehörden auf Anträge der in Z 139k der Gewerbeordnung gedachten Art (Achtuhrladen schluß) nicht zu erwarten sein. — Se. Excellenz Herr Minister von Seydewitz hat auf erstatteten mündlichen Vortrag dem Rathe der Stadt Dresden eröffnet, daß er die Genehmigung zur Er richtung eines Reformgymnasiums — Gymnasium und Realgymnasium mit gemeinsamem Unterbau —, das für die Johannstadt in Aussicht genommen ist, ertheilen werde, falls die städtischen Collegien dies beantragen würden. — Im Fundbureau des Leipziger Polizeiamtes sind seit dem 1. April 1901 bis jetzt nicht weniger als 24 Trauringe als gefunden eingeliefert, bezw. angemeldet worden, eine Zahl, die in dem gleichen Zeiträume bis her noch nicht erreicht wurde. — In der am 3. d. stattgehabten Sitzung der Stadt verordneten theilte der Rath der Stadt Leipzig über die Gefährdung von Stiftungen durch den Zusammen bruch der Leipziger Bank Folgendes mit: Der Besitz der Stadt an Actien der Leipziger Bank besteht in nominell 250,000 Mk. „Stiftung eines Menschen freundes", 86,750 Mk. „Theobald Petschke-Stiftung", 45,000 Mk. „Rhode-Stiftung", 25,000 Mk. Theater- Pensionsfonds und 22,000 Mk. Theaterorchester-Fonds. Das Gesammtinteresse beträgt sonach nominell 698,750 Mk. Als Caution hinterlegt sind von Bauunternehmern 53,000 Mk. Actien und 5549 Mk. Rechnungsbücher. Hypothekarisch sicher gestellt ist eine Forderung der Stadtgemeinde auf den Neubau der Leipziger Bank mit 1,162,500 Mk. — Am Freitag und Sonnabend wurden in Leipzig wiederum zwischen den betheiligten Regierungen und den städtischen Behörden in Sachen der Erbauung eines Centralbahnhofes in Leipzig Verhandlungen geführt. Dem Vernehmen nach ist zwischen der sächsischen und der preußischen Staatsbahnverwaltung über die gejammte Centralbahnhofsfrage ein völliges Einvernehmen erzielt worden. Auch wurden die von der Stadt Leipzig zu erfüllenden Leistungen festgestellt. — Eine Vergiftung durch Einreiben des Zahnfleisches mit Karbolsäure zog sich ein in der Zschocherschen Straße in Leipzig-Lindenau wohnhafter 36 Jahre alter Hand- arbeiter zu. Diese Vergiftung hatte den Tod des be- dauernswerthen Mannes zu Folge. Er hatte die Säure zur Linderung heftiger Zahnschmerzen angewandt. — Zu dem nächsten Sonntag und Montag in Chem nitz abzuhaltenden Fuß-Artilleristentage sind zahlreiche Anmeldungen eingegangen. Sonntag findet Festcommers statt, vem sich am Montag ein Ausflug nach dem Harrasfelsen, der Harras-Eiche mit Besichtigung des Schlosses und des herrlichen Parkes von Lichtenwalde anschließen wird. — Vom Herrn Staatssekretär des Reichsmarineamts ist der Handelskammer zu Chemnitz je ein Verzeichniß der in das Handelsregister des Kaiserlichen Gerichts von Kiautschau eingetragenen und der nicht eingetragenen