Volltext Seite (XML)
6,2 Mill, weniger. Die Mindereinfuhr ist vornehmlich auf den Rückgang der Einfuhr von Steinkohlen zurück zuführen. Ausfuhr 28,1 Mill. D.-C., daher mehr 1,32 Mill. Am stärksten hat die Ausfuhr an Kohlen zuge nommen, nämlich um 1,29 Mill. Nachgelassen hat dagegen die Ausfuhr nicht unbedeutend bei Erden, Erzen, Getreide, Material- und Conditorwaaren, In strumenten, Maschinen, Thonwaaren, Papier- und Papp- waaren. Die Gesammteinfuhr in den Monaten Januar bis Juli betrug 251 Mill. T.-C. oder 4^/z Mill. mehr. Auf die vermehrte Getreideeinfuhr ist fast die gesammte Zunahme zurückzuführen. Gesammtausfuhr 178,6 oder 6,8 Mill. D.-C. weniger. EineReihe landwirthschaftlicher Manöverwünsche sind dem preußischen Kriegsminister unterbeitet worden. Es soll für ordnungsmäßig mit Verpflegung angemeldete, aber ausgebliebene Mannschaften entweder die Hälfte des üblichen Verpflegungsgeldes oder aber voller Ersatz der aufgewendetn Verpflegungskosten gewährt werden. Beim Ausbleiben der Fourage soll den Mannschaften gestattet werden, Lebensmittel beziehungsweise Verpflegung von den Quartierwirthen anzunehmen. Letztere sollen dann wie bei regelrechtem Quartier voll bezw. zum Theil entschädigt werden. Weiter wird ersucht um Durchführung der Resolution des Reichstags betr. Erhöhung der Normalfätze für die Vergütung der Natural verpflegung der bewaffneten Macht im Frieden. End lich bittet man, für die Quartierleistung überall die gleiche Entschädigung zu gewähren, und zwar überall die für Klasse des Servistarifs festgesetzten Beträge. Die Kaisermanöver stellen natürlich auch große Anforderugen an die Leistungen der preußischen Eisen- bahnverwaltung. Es handelt sich um die Stellung von 6 bis 7000 Abtheileisenbahnwagen für den 19. und 20. September. Oesterreich-Ungarn. Ein autonomer Zolltarif ist nun auch in Oester reich in Angriff genommen. Wie die „Neue Freie Presse" berichtet, haben die von den vereinigten Handels und Gewerbekammern der Industriellen medergesetzten Comites bereits Sitzungen gehalten und sich eingehend ausgesprochen über den neuen deutschen Zolltarif und seine Rückwirkung auf die künftige Handelspolitik Oester reichs. Frankreich. Die Vorbereitungsarbeiten für den Zarenbesuch wer den rüstig gefördert, so daß bis zur Stunde der An kunft alles prompt fertig sein wird. Der türkisch-französische Conflict ist gütlich bei gelegt worden; der Sultan hat, da ihm kein anderer Ausweg blieb, in der Quaifrage nachgegeben. Nun^ kommt Frankreich doch um die Genugthuung, den ersten j internationalen Streitfall dem Haager Schiedsgericht zu! unterbreiten, oder es müßte bald wo anders Händel suchen. Das ist aber vor dem Zarenbesuche nicht zu erwarten. Ter französische Botschafter am Goldenen Horn, Herr Constans, ist mit der gütlichen Beilegung des Streitfalls von allen Betheiligten wahrscheinlich am wenigsten befriedigt. Italien. Als Crispis Nachfolger im Parlament beabsich tigen die monarchistischen Parteien des zweiten Wahl kreises von Palermo den früheren Bürgermeister dieser Stadt, Marinuzzi, aufzustellen, der schon 1890 bis 1892 zur Zeit der Listenwahl einmal Abgeordneter für Palermo war und dort sehr beliebt ist. Die Socialisten proclamiren die Zählcandidatur des Advokaten Bosco, der einmal 1895—96 kurze Zeit den Kreis Palermo 4 vertrat. Crispi wurde stets mit 1500—1700 Stim men gewählt, die Socialisten erreichten nie auch nur 300. Belgien. In Brüsseler burenfreundlichen Kreisen glaubt man bestimmt, daß bei der Zusammenkunft des Zaren mit dem Präsidenten Loubet auch die südafrikanische Frage besprochen und der Präsident auf den Zaren zu Gunsten eines Schiedsspruchs einwirken werde. Ob eine Inter vention zu Stande kommen wird, ja ob sie eventuell auch nur etwas nutzen würde, ist fraglich. Die Buren helfen sich selber am besten. Es heißt auch, der Zar werde in Paris den Präsidenten Krüger empfangen. Asten. Die chinesischen Bevollmächtigten behaupten, sie könnten das Schlußprotokoll nicht eher unterzeichnen, als bis Kaiser Kwangsü die von ihm geforderten Edicte be-! treffs nachträglicher Bestrafung schuldiger Beamter und ° betreffs Aufhebung der Prüfungen erlassen hätte. Tie Gewissenhaftigkeit der Chinesen ist ja geradezu rührend; aber es wird die Frage erlaubt sein, was hindert denn den Kaiser, die fraglichen Edicte zu erlassen. Hinter dieser Saumseligkeit steckt offenbar wieder die Kaiserin- Wittwe, und ehe dieses ränkesüchtige Weib nicht jedes Einflusses auf den schwachen Kaiser entkleidet ist, wird die Chinafrage auch nicht auf geradem Wege zur Ab wickelung gelangen. Mit der Unterzeichnung des Schluß protokolls — nicht Friedensprotokolls, denn die Mächte haben ja nicht mit China Krieg geführt, sondern im Bunde mit der chinesischen Regierung den Boxeraufstand unterdrückt — ist die Chinafrage selbstverständlich nur zu einem vorläufigen Abschluß gebracht; das Hauptstück kommt dann noch, wenn es ans Zahlen geht, und wir werden ja sehen, wie sich China dabei benimmt. Die letzte Verlustliste unseres ostasiatischen Expe ditionscorps ist erschienen. Es sind 19 Mann gestorben; bei den meisten ist die Todesursache nicht angegeben. Zwei Mann starben am Typhus. Von der nach Auf lösung des Expeditionscorps gebildeten ostasiatischen Besatzungsbrigade sind sieben Mann gestorben. Afrika. An der Südküste des Kaplandes haben die Buren den Engländern eine ziemlich empfindliche Nieder lage beigebracht. Tie Buren beherrschen also bereits die südliche Küste des Kaplandes, und da will Lord Kitchener erzählen, sie seien aus der Kapcolonie gänzlich Verdrängt worden. Ueber die Buren-Einwanderung nach Deutsch- Südwestafrika schreibt die „Deutsch. Wochenztg. in den Nieder!.": Von den Kapcolonisten und Transvaalern, die im Frühjahr nach Leutsch-Südwestafrika ausgewandert sind, liegen Briefe vor, die ohne Ausnahme den Geist der Zufriedenheit athmen. 25 von den 40 haben Land angekauft und verlegen sich mit Eifer auf dessen Be- wirthschaftung. Sie erklären, von der ihnen in so schwarzen Farben geschilderten deutschen Beamtenwillkür nichts zu verspüren; im Gegentheil, die Zuvorkommen heit des Gouverneurs und seiner Beamten sei nicht ge nug zu rühmen. Das Klima bekommt allen gut. Einzelne, die sich in der Hauptsache auf Schafzucht verlegen und mit ein paar Hundert Stück begannen, haben bedeuten den Zuwachs an Lämmern erhalten, die sehr gut ge deihen. Durch diese günstigen Nachrichten bewogen, haben gegen zwanzig in Amsterdam wohnende Buren beschlossen, ebenfalls nach Deutsch-Südwestafrika auszu- wandcrn. Amerika. Der Stahlarbeiterstreik in Nordamerika scheint verloren, da der Bergarbeiterverband den Unterstützungs- Ausstand verweigert und die Eisenbahner erklären, auch von Streikbrecher hergestelltc Producte zu befördern. Es ist bekannt, das bei dem soeben zwischen den süd amerikanischen Republiken Columbien und Venezuela aus- gebrochenen Kriege hohe wirtschaftliche Interessen Deutschlands auf dem Spiele stehen. Auch der deut sche Consul von Jeß in Maracaibo (Venezuela) betont die Wichtigkeit der deutschen Interessen; er sagt, daß die Ein- und Ausfuhr zu in Händen deutscher Kauf leute liege. Herr von Jeß fügt aber hinzu: „Trotz der großen Schläge, welche die vergangenen Revolutionen und andauernd niedrigen Kaffeepreise Maracaibo zuge fügt haben, ist doch nicht zu leugnen, daß Venezuela im Allgemeinen ein sehr aufnahmefähiges Land ist, welches sich schnell von den jeiveiligen Krisen erholt." Colum bien hat die Zahlungen für Kriegsmaterial vorläufig eingestellt; ferner enteignet die Regierung alles zur Unterhalt, Ausrüstung und Mobilmachung des Heeres Erforderliche; drittens erhebt sie Zwangs- und frei willige Anleihen. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 26. August. Der Bau des Meeraner Wasserwerks in Kertzsch ist bis auf einige unwesentliche Arbeiten soweit vorgeschritten, daß dessen Eröffnung wohl in nächster Zeit zu erwarten steht. Die Pump- maschinen haben von ihrer Leistungsfähigkeit bereits Proben abgelegt; denn es ist schon zu wiederholten Malen Wasser in den bei Pfaffroda gelegenen Hochbe hälter gepumpt worden. Wie die „Meeraner Ztg." schreibt, ist bei den Wasserleitungs-Arbeiten in der Stadt Meerane ein bedeutender Fortschritt zu verzeichnen. In letzter Zeit sei bereits mit der Prüfung des Stadtrohrnetzes be gonnen worden. Es könne wohl mit Bestimmtheit der Von dem Stadtrath festgesetzte Tag — 15. October d. I. — als Eröffnungstermin für die Wasserleitung ins Auge gefaßt werden, wenn nicht fchon die theilweise Inbetriebsetzung derselben nach dem jetzigen Stande der Arbeiten bereits früher erfolge. *— Hinsichtlich der kirchlichen Beaufsichtigung des Religionsunterrichts in Privatschulen und des religiösen Privatunterrichts ist neuerdings für Sachsen zur Be seitigung entstehender Zweifel und zur Ergänzung einer Unterhaltungstheil. Das Geheimnitz der „Maria". Novelle von Anton v. Perfall. 30) (Fortsetzung). „Zu spät," stammelte von feiger Angst ergriffen Fimey, „Alice ist schon auf dem Wege nach Norcroß!" Der Alte sank in die Kniee. Jetzt war sein Kind für ihn verloren; was er verbrochen, was sie gelitten, hatte sie ihm verziehen — die Leiden Bills — niemals! Alice eilte den Fußpfad nach Norcroß entlang. Ihre Wangen glüthen, ihr thränenumflortes Auge sah nicht mehr den Weg, jeden Augenblick strauchelte sie, ihr leichtes Gewand hing bald von Dornen und Gestrüpp zerrissen in Fetzen herab; nur ein Gedanke beherrschte ihr ganzes Wesen: zu seinen Füßen niedersinken, seine Wunden küssen, ihn um Verzeihung anflehen. Er, Bill Steven, das gequälte Opfer ihres Vaters, um das sie schon unzählige Thränen des Mitleids vergossen! Er wußte ja alles, sie selbst hatte es ihm ja erzählt in jener selbigen Nacht, und trotzdem liebte er sie. Mitten unter Thränen jauchzte doch ihr Herz auf bei dem Ge danken an die Fülle seiner Liebe, die sie förmlich über strömte; wie von einem innern Sturme getrieben, eilte sie vorwärts, für sie gab's nur noch einen Platz von nun an — an seiner Seite bis zum Tode! Erstaunt blickten die Leute in Norcroß, dessen erste Hütten sie jetzt erreicht hatte, dem dahineilenden Mäd- chen nach, das mit den aufgelösten Haaren und zer rissenen Kleidern einer Irren glich. „Wo wohnt Martellos, der Kalifornier?" fragte sie athemlos einen Vorübergehenden. Der Gefragte gab ihr die Richtung an und sah ihr kopfschüttelnd nach. Endlich war sie vor dem einfachen Leinwandzelt an gelangt, das Martellos zur Wohnung diente; ein matter Lichtschein drang durch die offne Spalte des Eingangs. Nach Athem ringend, die Hand auf die wogende Brust gepreßt, stand sie davor. Sie wagte nicht, cinzutreten. Leises Stöhnen drang aus dem Innern, dann ward die lichte Oeffnung von einem dunklen Gegenstand verdeckt, wohl Martellos' Gestalt, und sie hörte seine gedämpfte Stimme. Jetzt hielt sie es nicht länger aus, sie schob die Leinwand auf die Seite und blickte in den Raum. Ein matteS Oellämpchen, auf einem Baumstumpf stehend, beleuchtete spärlich den Raum, den in wirrem Durch einander Arbeitsgeräthe, achtlos hingeworfene Kleidungs stücke, Kochgeräthschaften anfüllten; auf einem aus Pelzen und grellfarbigen Decken bereiteten Lager lag Bill. Das flackernde Licht spielte um seine blassen, eingefallenen Züge, um das faubere weiße Linnen, das Kopf und Brust umhüllte. Zu seinen Füßen saß Martellos; aus dem Verwetterten, struppigen Gesicht blickte das schwarze Auge voll Liebe und Mitleid auf den armen Freund, der in einem unruhigen Schlaf zu liegen schien. Tie rauhe, schwielige Hand des Mannes rückte mit Sorgfalt den Verband auf der Brust zurecht. Plötzlich sank eine weibliche Gestalt vor ihm nieder und barg schluchzend ihr Gesicht an der Brust des Leidenden. Martellos sprang überrascht in die Höhe. „kor Lios," Sennorita, das kann ich nicht leiden, der Mann ist schwer krank!" Mit diesen Worten zog er das Mädchen gewaltsam vom Bette weg, fuhr aber mit einer hastigen Bewegung zurück, als er in Alice Orellys thränenfeuchtes Auge sah. „Alice, sie hier?" stammelte er ganz verwirrt. „Wird er leben, Martellas?" fragte sie voll Angst. „Er wird leben — für Sie wieder leben!" § „Guter Martellas, tausend Dank für diese Worte, wie soll ich Euch danken für das, was Ihr an ihm thut?" entgegnete erregt das Mädchen, in ihrer Freude dem Kalifornier beide Hände entgegenstreckend. Der Kalifornier wurde vor Verlegenheit purpurroth im Gesicht. Bill stöhnte laut auf. Alice trat zu ihm, ohne auf MartelloS weiter zu achten, der, um beide nicht zu stören, zum Zelte hinaustrat. Bill fchlug die Augen auf; mit einem irren Aus druck ruhten sie auf Alice. „George," schrie diese auf, sich über ihn beugend und ihn mit Küssen bedeckend. „Bill! Vergieb — vergiß!" „Alice!" klang's matt von seinen Lippen. „Du hier? bei dem Geschändeten — bei dem Dieb!" Das Mädchen schüttelte verzweifelt den Kopf. „Bill Steven," schrie sie auf, „vergieb! Ich weiß ja alles!" Bill hörte sie nicht mehr, sein Geist irrte wieder ruhelos auf längst verlassener Bahn. Alice glitt erschöpft von all der Aufregung vor dem Lager zu Boden. Lange blickte sie unverwandt in das Antlitz des Geliebten, das bald trotzig sich zusammen zog, bald selig lächelte in wirren Phantasien. Als Martellos nach einer halben Stunde vorsichtig in das Zelt trat, war ihr Köpfchen auf die Decken ge sunken. Martellos versteckte sorgsam die Lampe, damit ihr Schein Alice nicht wecke, dann setzte er sich auf den Holzklotz, treu Wache haltend bei dem vom Tode ge retteten Freunde und dessen lieblicher Braut. VI. Am andern Tage wußte natürlich ganz Norcroß von der Anwesenheit Alicens in Martellos' Zelt. Jede außerordentliche, alle Schranken menschlicher Satzung durchbrechende, muthige That imponirte in dieser wildbewegten Zeit, wo jede Leidenschaft, jede Tugend, jedes Laster auf die Spitze getrieben wurde. So war eS auch mit Alicens allem trotzender Liebe zu George Ahldorf. Alle bewunderten sie — und dieses Mädchen sollte einen gemeinen Dieb lieben? Dieser unwahr scheinliche Gedanke peinigte alle; man begann an der Schuld Bills zu zweifeln, und mit dem Zweifel daran wuchs natürlich auch die Erbitterung gegen Fimey, der am Ende ein falsches Spiel getrieben. (Fortsetzung folgt.)