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dienten, werden nach ihrer Heimkehr in erster Linie dazu berufen sein, die gewonnene Kriegserfahrung für die Ausbildung der Armee zum Segen des Vaterlandes zu verwerthen. Gegen eine Betreidezollerhöhung auf nur 5 Mk. macht die gesammte conservative Presse mobil. Die „Kreuzztg." erklärt, daß dann auch keine Erhöhung der Jndustriezölle statthaft sei. Die „Deutsche Tagesztg." aber droht, daß die Landwirthschaft alsdann die Müllerei, die Bäckerei und die Fleischverwerthung selbst in die Hand nehmen würde. Das könne die Regierung aber nicht zulasten, weil damit der ganze Mittelstand ruinirt würde. Das einzige Mittel, diese Gefahr zu verhüten, sei eine ausreichende Erhöhung der Getreidezölle. Am Donnerstag sind die neuen russischen Paß bestimmungen an den Grenzübergängen in Kraft ge treten. Alle Schritte, welche die Regierung zu Oppeln in Oberschlesien in Aussicht gestellt und auch thatsächlich unternommen hat, um die gänzliche Aufhebung oder wenigstens Milderung der äußerst harten Bestimmungen zu Gunsten der preußischen Unterthanen zu erreichen, haben keinen Erfolg gehabt. In der Reichstagsersatzwahl im Ottweiler-St. Wendel für den verstorbenen Freiherrn v. Stumm siegte gleich im ersten Wahlgange der nationalliberale Candidat, Geh. Bergrath Prietze, über den Candidaten des Cen trums, Kaufmann Fuchs, mit einer Majorität von an nähernd 700 Stimmen. Tie freiconservative Partei, welche den vom Freiherrn v. Stumm lange Jahre hin durch vertretenen Wahlkreis gern behauptet hätte, ver- > zichtete schließlich auf einen eigenen Candidaten, da der Geheime Bergrath Prietze ihrem Programm ziemlich nahe steht. Ob Herrn Prietzes Wahl die Anerkennung der Wahlprüfungscommission des Reichstags finden wird, ist allerdings noch zweifelhaft. Ter Gegenkandidat des Gewählten, Herr Kanfmann Fuchs, hat dem Minister des Innern zweimal, zuletzt am Wahltage selbst, Tele gramme zugesandt, in denen er lebhaft gegen die von Herrn Prietze und besten Anhängern geübte Wahlbeein flussung proteftirte. Seitens des Centrums wird die Wahl Prietzes also zweifelhaft beanstandet, und da Centrum Trumpf ist, möglicherweise auch für ungültig erklärt werden. Die „Post", welche mit der Wahl des Compromißcandidaten natürlich zufrieden ist, constatirt mit Genugthuung den gänzlichen Mißerfolg der Social demokraten, deren Stimmen im Ganzen nur 107 be tragen. Dar hat wohl kein Mensch, und am wenigsten die socialdemokratische Parteileitung, erwartet, daß in dem bisher vom Freiherrn v. Stumm beherrschten Wahl kreise thatsächlich fast gar keine Socialdemokraten exi« stiren. Für den verstorbenen Freiherrn bedeutet dieses Wahlresultat aber einen Triumph, wie er glänzender garnicht gedacht werden kann. Oesterreich-Ungarn. Der Jubel der Prager Bevölkerung und der vielen au» dem ganzen böhmischen Lande herbeigeströmten Völkerschaaren zur Anwesenheit des Kaisers Franz Joseph in Prag ist schier endlos, ja oft genug über laut. Der Nationalitätenhaß ist nämlich trotz der An wesenheit des Monarchen nicht gewichen; er bethätigt Unterhaltungstheil. Die Manöverstütze. Novelle von Anna Gnevkow. 18) (Fortsetzung.) Aber der Hauptmann stürzte sich nicht mehr wie ein Jüngling in ein Meer emporzüngelnder Liebesflammen; er erwog die Thatsachen und sagte sich resignirt, daß die Tochter aus dem reichen, vornehmen Hause der EllerstädtS schwer gewillt sein würde, ihre Hand einem Artillerie-Hauptmann zu reichen, der kein besonderes Vermögen hatte, besten Vater zu dem ganz bürgerlichen Gewerbe eines Rechtsanwalts gegriffen, und dessen Schwestern selbst an Bürgerliche vermählt waren. Er hatte es deshalb schon in der Residenz so viel wie thunlich vermieden, mit Leonore zusammen zu kommen, und er war geradezu widerwillig in den Kreis derer getreten, die ihn durchaus mit in den Reihen der Schlitt schuhläufer wissen wollten. Glesch Lori war auch ihm jener Wintertag besonders in Erinnerung geblieben, an dem der Himmel so strahlend blau hernieder geschienen, die goldene Sonne Bäume und Sträucher glitzern machte, und fast hätte er damals all das ausgesprochen, was sein Herz bewegte, wenn nicht die Vernunft gewaltsam die Oberherrschaft erzwungen. Und aus dem weichen Gefühlston war er in jenen Stunden zu den kühlen lehrhaften Tönen des guten Freundes übergegangen, hatte seine Gefährtin über dies und jenes im Leben aufzuklären versucht, ihr Verhältnisse nahe gelegt, die sie bis dahin kaum vom Hörensagen gekannt, und diesen Ton festgehalten, bis er sich in der Hauptstadt von ihr getrennt. Und nun er sie in Ellerstädt wiedergefunden, nun mußte er sehen, daß sie vieler von dem, was er sie gelehrt, mit hinein genommen in das alltägliche Leben, daß sie der Armuth ein williges Ohr lieh, daß sie Bücher las, die er ihr empfohlen, daß sie im Ge spräch ost wiederholte: „Dies oder jenes sagten Sie : sich gegenwärtig darin, daß die Tschechen die Deutschen : in den Begrüßungszurufen, die dem Kaiser dargebracht werden, zu unterdrücken suchen. Die Tschechen schrieen ihre Begrüßungen mit einer derartigen Aufwendung von Lungenkraft, daß die Absicht unschwer zu erkennen ist. Der alte Kaiser ist zu allem die Liebe und Güte selber; er beantwortet alle von den zahlreichen Deputationen an ihn gerichteten Ansprachen streng nach dem Gesetze der Zweisprachigkeit zur Hälfte in deutscher, zur Hälfte in tschechischer Sprache und treibt diese Gerechtigkeit so weit, daß er abwechselnd einmal die erste und dann wieder die zweite Hälfte seiner Erwiderung in deutscher resp. in tschechischer Sprache zum Ausdruck bringt. Die Hoffnung, daß der Besuch des „Königs von Böhmen" dem Nationalitätenhader ein Ende machen werde, muß nach den bisher zu Tage getretenen Erscheinungen leider bereits als eine trügerische bezeichnet werden. Asten. Graf Waldersee hat beim Kaiser von Japan, wie nicht anders zu erwarten war, einen glänzenden Empfang gefunden. Um dem Grafen zur Erholung von der Reise Zeit zu gewähren, empfing ihn der Kaiser erst an dem der Ankunft in Tokio nachfolgenden Tage. Tas Ceremoniell, die Sitten und Gebräuche am japanischen Hofe entsprechen vollständig denen an europäischen Höfen. Ein Hofgalawagen führte den Generalfeldmarschall, in dessen Begleitung sich der deutsche Gesandte befand, in das Kaiserschloß. Der Mikado trug die japanische Generalsuniform mit dem Bande des Schwarzen Adler- ! ordens. Nachdem sich der Kaiser zehn Minuten lang mit dem Grafen Waldersee unterhalten hatte, wobei der Ceremonienmeister als Dolmetscher fungirte, wurde der Feldmarschall durch prachtvolle Säle zu den Gemächern der Kaiserin geleitet, die europäische Tracht trug und den Feldmarschall mit der gleichen Ceremonie wie der Mikado empfing. Bei dem nachfolgenden Galafrühstück saß Graf Waldersee dem Kaiserpaare gegenüber. In der sehr lebhaft geführten Unterhaltung regte der Kaiser wiederholt militärische Fragen an, während sich die Kaiserin nach der Pflege der Verwundeten und der Thätigkeit des Rothen Kreuzes erkundigte. Auf dem Gartenfest beim deutschen Gesandten wurde ein Gruppen bild aller Festtheilnehmer ausgenommen, auf dem Graf Waldersee an der Seite des japanischen Prinzen er scheint, der das Hoch auf den deutschen Kaiser aus brachte. Von der Flotte und der Armee enthusiastisch ausgenommen wurde ein pietätvoller Act des Grafen Waldersee, der in Tokio auf dem Grabe des bei den Takuforts gefallenen japanischen Schiffskapitäns Hattore einen Lorbeerkranz niederlegte. Prinz Tschung wird nicht schon in diesem, sondern erst gegen Ende nächsten Monats Peking verlassen, um nach Deutschland zu reisen und dem deutschen Kaiser das Beileid seines Bruders, des Kaisers Kwangsü, an der Ermordung des Barons Ketteler auszusprechen. Afrika. Tie Londoner Blätter fahren trotz aller authentischen Widerlegungen mit ihren Versicherungen fort, daß Frau Botha doch in einer Friedensmission zum Präsi- denten Krüger reise. Da sie auch entgegen der positiven damals, Herr von Erbach," und jedeSmal mußte er sich selbst im Zaum halten, um durch seine aufflammen den Blicke nicht zu verrathen, wie sehr sie ihn beglückte. Das war alles anders geworden, seitdem Kurt gekom men, ja, schon von dem Augenblick an, wo er verrathen, daß er der Freund Herrn von Waldaus sei und der Baron sowohl, wie die Frau Baronin, mit einem nicht mißznverstehenden Blicke nach Leonore hin den jungen Gutsherrn als sich so ungemein nahestehend bezeichnet hatten. Eine seltsame Zerfahrenheit und Ungleichheit hatte sich seitdem Leonorens bemächtigt, bald suchte sie den Hauptmann, in altgewohnter Weise lange Gespräche mit ihm zu führen, bald hielt sie sich in fast auffälliger Absichtlichkeit von ihm fern, begrüßte scherzend und neckend, mit aufblitzenden Augen Herrn von Waldau, sobald er nur in Sicht kam, und Hugo Erbach konnte nur zu dem Schluffe kommen, daß LeonorenS Herz sich Kurt zuneige, und daß sie sich den Wünschen der Eltern willfährig zeigen würde. So saß er jetzt, ein aufgeschlagenes Buch, in dem er doch nicht las, auf den Knien, in der Nähe des Cro- quetplatzes und beobachtete die Spielenden, die sich in Parteien getheilt hatten und mit heiteren Mienen soeben dabei waren, die ihnen zugehörigen Hämmer und Kugeln zu wählen. „Schade," hörte er die frische Stimme Ernas eben sagen, „daß unserer Partei ein Kopf fehlt und wir, die Reihe herum immer je einer mit zwei Kugeln spielen müssen, es ist viel hübscher, wenn alles regelrecht her geht, uud Mama könnte un» Elisabeth wirklich hergeben, wir brauchen sie gerade eben so gut, wie sie im Hause gebraucht wird." ES war ein gutmüthig gemeintes Wort aus dem Munde der jungen Baronesse, aber Kurt Waldaus Ohr berührte es so empfindlich, daß er sich fast jäh zu Leonore wandte, die an seiner Seite stand und unver mittelt fragte: „Leben Fräulein Halligs Eltern in so beschränkten Verhältnissen, daß sie gezwungen sind, ihr Erklärung des Präsidenten Krüger unbeirrt daS Mär chen von Friedensverhandlungrn in Standerton fort spinnen, so darf man überdies gerade um so eher zur Tagesordnung übergehen, als die englische Regierung bereits dieser Tage genöthigt werden wird, auf eine Inter pellation des Unterhauses zu antworten, waS es mit den Gerüchten über Frau Botha und über die Friedens- Verhandlungen in Standerton für eine Bewandtniß habe. Amerika. Präsident Mac Kinley hat schon jetzt erklärt, daß er zum dritten Male eine Candidatur für den Prä- sidentschaftsposte» der Vereinigten Staaten nicht über nehmen werde. Man braucht in diesem Verzicht gerade keinen Beweis einer übertriebenen Bescheidenheit des Herrn Mac Kinley zu erblicken, denn nachdem gerade die hervorragendsten Präsidenten der nord amerikanischen Union es entschieden ablehnten, eine Prä- sidentschaftScandidatur zum dritten Male anzunehmen, ist es in den Vereinigten Staaten Usus geworden, daß ein bereits zweimal gewählter Präsident auf eine mög liche dritte Wahl von vornherein verzichtet. Ueberdies ist die Stimmung im Lande auch keineswegs mehr eine der Politik Mac Kinleys so günstige, daß dieser unbe dingt auf eine Wiederwahl zu rechnen hätte. Das republikanische System hat im Gegentheil recht bemerkbar abgewirthschaftet, und es ist wohl denkbar, daß beim nächsten Mal ein demokratischer Candidat seinen Einzug ins Weiße HauS hält. Nachgeben wollen die Kubaner. Wie eine New- yorker Meldung besagt, dürfte die gesetzgebende kubanische Körperschaft das amerikanische Protectorat an- nehmcn. Mehrere Radikale wollen der entscheidenden Abstimmung fernbleibcn. Ta ist anscheinend der Dollar nicht schlecht gerollt. Aus dem Mnldenthale. *Waldenburg, 14. Juni. Sachsens Forstcultur er freut sich eines europäischen Rufes. Es lassen sich in unserem engeren Baterlande drei Waldregionen unter scheiden, die der Fichten und Tannen im Süden, die der Laubhölzer im Nordwesten und die der Kiefern im Nord osten. Die Summe aller sächsischen Forsten beträgt knapp 400,000 ssa, das ist ein reichliches Viertel der Gesammlfläche Sachsens. Tie knappe Hälfte der Wal dungen Sachsens gehören zum Staatsfiscus. *— Das sächsische Ministerium des Innern hat ent schieden, es sei zwar die Verpflichtung der Ortskranken kassen, gegebenenfalls einen Spezialarzt zuzuziehen, nicht zu verkennen, wenn dies durch die besondere Art der Krankheit unbedingt erfordert werde, die Erstattung der Kosten aber, welche durch Zuziehung eines anderen Arztes ohne vorherige Zustimmung der Kasse entständen, können der letzteren nur dann angesonnen werden, wenn diese Zustimmung nothwendig und dringlich gewesen sei. Die oberen Klassen der hiesigen Bürgerschule unternahmen am heutigen Tage ihre diesjährigen Sommer- ausflüge, und zwar waren diesmal als Zielpunkte ge wählt der Rochlitzer Berg, ferner Rochsburg, die Holz mühle und Hohndorf bei Lichtenstein. *— Vergangene Nacht sank die Temperatur so tief, Kind in eine gewisse Dienstbarkeit zu geben?" „O, nein," lachte Lori heiter, „der Herr Oberamt. mann hat im Gegentheil neulich erst dem Papa gesagt, daß er sein Schäfchen ins Trockene gebracht, und sein Töchterchen ist auch nur für die Manöverzeit und zwar zum Besuch bei unS." „Nur zum Besuche?" wiederholte Kurt mit so un gläubigem Erstaunen, daß das schöne Mädchen belustigt erwiderte: „Und um uns Töchter deS Hauses zu be schämen, denn, sehen Sie, Herr von Waldau, wir sind alle gar ungewandt in Küche und Keller, und da ist Licselchcn, die mit allem Bescheid weiß, eine treffliche Stütze für Mama, die den jungen Schultern, die sich so willig dazu hergeben, nur ost gar zu viel aufbürdet, wie ich meine." Das klang so gut, so herzenswarm aus dem Munde deS stolzen Mädchens, daß Kurt mit leuchtenden Blicken auf die Gefährtin sah, und daß ein Paar ernste Män nerangen von dem Gebüsche her, wo Hauptmann Er- bach saß, sich einen Moment hindurch wie geblendet schloffen. Ueber den Haufen geworfen sah er ja seine Theorie, daß Schönheit bei Frauen sich selten mit Her- zenSgüte und Geist paaren, hier fand er alle drei Eigen- schäften vereinigt, und wie auf die Offenbarung von etwas Herrlichem lauschte er, daß Leonore noch weiter sprechen sollte. Aber weder diese noch Kurt kamen da zu, noch etwa- zu sagen, denn Linda rief: „Ich möchte doch einmal sehen, ob Elisabeth noch nicht frei ist. Ich wette, sie sitzt womöglich schon im Wohnzimmer und traut sich nur flicht zu unS heraus, weil sie zu stören fürchtet; sie ist ja immer ein so scheues, rücksichtsvolle- Vögelchen." Und Linda wollte davon eilen, wurde aber vom Leutnant Böhmer überholt, der ihr eiftig zurief: „Gestatten Sie mir, gnädiges Fräulein, unsere Partnerin zur Stelle zu schaffen," und mit ein paar hastigen Sprüngen dse Rampe zum Schlosse hinauf eilte- (Fortsetzung folgt.)