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I. Mage M Schönburger Tageblatt. Sonntag, den 9. Juni 1901. Met uns feßtzalten am Interejse für die Aimenzul-s. Bortrag von Cantor Müller-Oberwiera bei Waldenburg im Bienenzüchterverein von Waldenburg und Umgegend, am 10. März 1901. Treue Imker haltet daran fest 1., trotz der mannig fachen Mißerfolge, 2., weil die Bienenzucht edle Freuden gewährt und von hohem erzieherischem Werthe ist, 3., weil sie unschätzbare Werthe gewährt. Wer hätte nicht über Mißerfolge zu kragen, sei es bezüglich der Erhaltung der Völker, sei cs bezüglich der erwarteten pekuniären Erfolge oder sei es bezüglich der geringen Bienenwcidc mancher Gegenden. Wie viele unserer Bienenvölker halten nach anhaltend harten Wintern keine Auferstehung! Denke nach, lieber Bienenfreund, Tu selbst bist die Ursache. Du hast Deine schwachen Schwärme nicht zu kräftigen vereinigt. Nur recht volkreich in den Winter gebrachte Völker versprechen für das kommende Jahr reichen Honigertrag. Unter 9 — 10 Pfund sollte kein Zukunstsvolk wiegen. In 3—4 Etagen kannst Tu gleich 2 kräftige Schwärme behufs späterer Vereinigung unterbringen. Nicht nur volkreich, vor allem auch reich an Winter nahrung bringe Deine Völker zur Winterruhe. Diese Winternahrung reiche ihnen Ende August und spätestens anfangs September in großen Portionen. Sie muß uoch gut verarbeitet und verdeckelt werden können. Voll völker sollen mit einem Jnnengcwicht von 25—27 Pfund in den Winter kommen, ihnen reiche 15—20 Pfd. Krystallzuckcr, 4 Psd. sind in 2 Liter Wasser auf zulösen, dieser Gemisch ist einem Volke auf einmal in einem passenden Futtertroge zu reichen. Solcher Gaben erhalten sogenannte nackte Völker drei. Bei Völkern, denen 10 Pfd. Honig gelassen wurde, genügen zwei Gaben. Erfahrene Imker empfehlen, den Zucker aus einem Gemisch von Zucker und Honig bestehen zu lassen. Also versorgte Völker leiden auch in langen und harten Wintern keine Noth und gehen sicher der Frühlingsauferstehung entgegen. Dabei beachte, daß die Winterruhe um keinen Preis gestört werden darf. In Winterruhe liegende Völker verzehren monatlich 1 — 2 Pfd. des Wintervorraths, auf gestörte fallen in der Erregung über das Futter her und verbrauchen zu viel, daß sie vorzeitig zur Ent leerung des Hinterleibes gezwungen werden und der Ruhr verfallen, oder es fallen viel Bienen auf das Bodenbrett und erstarren; schon das Auseinanderfahren bringt bei großer Kälte Erstarrung mit sich, sodaß das Volk sehr geschwächt und krank im Frühjahre erscheint. Darum halte alles fern, was irgend wie klappernd oder rasselnd an den Ständern oder dem Bienenhause Un ruhe verursacht. Entferne rasselnde Baumäste, befestige klappernde Läden und Thüren, verblende die Fluglöcher gegen klopfende Meisen und Spechte. Du selbst mache Dich geräuschlos. Trotzdem hast Du oft Deine ruhen den Völker nachsehend zu besuchen, horchend die Sprache Leiner Lieblinge verstehen zu lernen. Leises, kaum hörbares, summendes Klingen sagt, daß alles in Ord nung ist, unruhiges Fortbrausen zeigt Luftmangel an, dem schnell abzuhelfen ist. So sprechen sie bei Hunger, bei Weisellosigkeit, bei Ruhr jedesmal ihre Sprache, die dem aufmerksam beobachtenden Bienenzüchter verständlich ist und ihm Fingerzeige zu helfendem Eingreifen giebt. Im Frühjahre leiste der Faulbrut durch zu zeitige Spekulationsfütterung nicht Vorschub, indem Deine Lieb linge das Brutgeschäft zu emsig betreiben und bei kom menden kalten Tagen wieder gezwungen sind, das Win terlager anfzusuchen, sodaß die Brut verhungert, erfriert und die kleinen Leichen durch die entstehende'Luftver stopfung die Faulbrut verursachen. Sorge, daß Deine Völker mit jungen Königinnen in den Winter kommen, um Weisellosigkeit und Schwach, brütigkeit zu verhüten, darum mußt Tu Deine Königin nen kennen und über sie Buch führen, auch beobachten, daß keine nach dem Befruchtungsausflug verletzte Glie der zeigt und zum Bestiften der Zellen mangelhaft be- fähigt ist. , , . Während der Haupttracht ist die alte Königin zu ent fernen, darnach das Volk im Schwärmen zu verhindern dadurch, daß am siebenten Tage alle Weiselzeüen bis auf die kräftigsten entfernt werden. Die bald entschlüpfende junge Königin hält nach einigen Tagen ihren Befruch tungsausflug und beginnt sofort das Eierlegen. Jedes Volk suche so zu kräftigen, daß es möglichst volkreich in die Haupttracht kommt. Kunstwaben oder fertig ausgebaute werden in den Brutraum zwischen be- stiftete Waben eingefügt. Das Brutlager ist um diese Zeit fortgesetzt zu erweitern, aber auch unausgesetzt warm zu halten. Es ist besser, im Herbste ein Pfund Nahrung mehr, Umgebung. Auge und Ohr schärfen sich und durch diese Nun weiter: wer fortgesetzt Zeuge von nie ermüden- Blüthe ist voll ihres Geschlechts Product ihres das Umarbeitung, wird wohl von den Sach- Sammel- der süße, und oder nur die anderen fleißes und ihrer gesegneten aromatisch duftende Honig ist, fäden auf die Stempel, befrnchtet, die von ihr besucht wurde. Wie unschätzbar hoch kennern immer und immer wieder betont, aber nur wenig voll Vom allgemeinen Publikum berücksichtigt. Und es wäre eine ganz würdige und dem Volkswohl zugute kommende Aufgabe unserer Tageblätter, fortge setzt aufklärend und belehrend dem lesenden Publikum den nährenden und heilenden Werth des Honigs zu beleuchten und aufs Wärmste zu empfehlen. Gerade jetzt ist das recht nothwendig, wo so mannigfache Sur rogate und Fälschungen von Honig unter der Marke des ächten billigst angeboten werden. Die Billigkeit deS letzteren führt zur Geringschätzung des theueren ächten, daß die Nachfrage nicht die erwünschte ist. Darum ist mit Freuden die fürsorgende und schützende Gesetzgebung der Regierung zu begrüßen, und Aufgabe der Bienen freunde im hervorragenden Maße bleibt es, diese hierin zu unterstützen und zu weiterem Vorgehen zu veranlassen. Ter Honig ist durch kein Surrogat zu ersetzen, und wenn es noch so täuschend und selbst für den Chemiker nicht zu erkennen als solches hergestellt worden ist. Sie enthalten wie der ächte Honig wohl Zucker, aber nicht in dem Zustande, wie solchen der Honig besitzt, nämlich zerlegt in Frucht- und Traubenzucker. In letz terer Eigenschaft, alfo als Honig, kann derselbe direct von den Lymphgefäßen ausgenommen werden und bringt unsern erschlaffenden Muskeln eine sofortige Kräftigung. Ein Säuglingsmagen würde nie von Magenbeschwerden belastet werden, wenn die Versüßung der Kuhmilch mit Honig geschähe, und kranke, sowie altersschwache Magen würden bald zu kräftigerer Arbeitsentfaltung kommen, wenn ihnen mehrfach Honig zugeführt würde. Schreiber dieses hat das Behauptete an einem 1/4 Jahr lang schwer an mehrfacher Lungen- nnd Gehirnentzündung erkrankten, 3 Jahr alten und vom dasselbe behandeln den Arzt aufgegebenen Kinde erfahren. Dasselbe war zum Skelett abgemagert, und keine Arzenei war mehr wirksam, da der Magen nicht die geringste Zufuhr von solchen oder von Speisen vertrug und jede Gabe zurück gab. Wie zufällig wurde Honig gereicht aus dem Stocke. Derselbe kam nicht sofort zurück, wie sonst die leichtesten Speisen, wurde allerdings auch nur eine Stunde behalten. Ties war aber doch eine Stärkung gewordenen Völkern verwahre gut für daS Frühjahr, um Schwärme mit dem nöthigen Pollen zu versorgen. In der Nähe der Ständer befinde sich auch eine rieselnde Tränke, welche am besten aus mit frischem Wasser ge tränktem Moose besteht. Die Specnlationsfütterung be ginne frühestens 3 Wochen vor der Haupttracht. In der Volltracht ist der Brutraum auf 6 — 7 Waben einzuschränken. Das Schwärmen ist dadurch zu ver hindern, daß die Waben verrückt und reife Waben in schwache Stöcke gebracht werden. Weiselhäuschen sind auszubrechen. Große Dienste scheint der abgesperrte Brutraum zu leisten. Eine Schleuder ist für reiche Honiggewinnung uner läßlich. Tas Schleudern geschehe so, daß die Bienen möglichst wenig gestört werden. Tie honiggefüllten! Waben werden schnell auf den Wabenstock gebracht, in den entleerten Raum des Ständers werden sofort be-! reitgehaltene eingehängt, und nun erst sind die auf den- vollen Waben sitzenden Bienen in den leeren Stock ab zukehren. So ist der Stock schnell wieder in Ordnung. Die Arbeit geschehe morgens an schönen Tagen. Tie allzugroße Trohnenzucht ist dadurch zu verhin dern, daß die gebauten Trohnenwaben in den Honigraum gebracht werden. Sollte Dich nun, lieber Imker, die mangelnde Bienen weide zu entmuthigen drohen, so bedenke, vaß die fort schreitende Landwirthschaft, die die Bienenweide beein trächtigt, auch Dich an den Fortschritt mahnt, nämlich das Vorher Gesagte umfassend zu betreiben, dann wird die bleibende Weide in dem sich erweiternden Obstbau, in den Wiesenblumen erfreuliche Ausbeute Dir bringen, da ja unser etwas schwerer Lehmboden Vortheilhaft auf das Honigen der Blüthen wirkt. Wenn aber Nachbarn und Freunde Deinen Eifer belächeln und Deine liebe Hausfrau den gefütterten Zucker als weggeworfen be-! zeichnet, so belehre sie durch Deine Erfolge eines Besseren. Tu aber selbst wirst finden, daß II. die Bienenzucht edle Freuden gewährt und von hohem erzieherischem Werthe ist. Ein großer Procentsatz unserer Mitmenschen kennt nur Freuden materieller Natur, die keine seelische Be friedigung zurücklassen, wogegen das sinnende Schaffen den Gleichmuth der Seele wahrt. Wie freut sich der Imker auf den kommenden Früh ling. Er bringt ihm nicht nur die schöne Jahreszeit, sondern zugleich das Erwachen seiner geschäftigen Lieb linge, deren Fleiß, Ausdauer, Kunstsinn, Geduld, Ord nungsliebe und Reinlichkeit er nun wieder beobachten kann. Tie Frühlingsblumen ergötzen nicht nur sein Auge, beleben vor allem sein Harren und Hoffen, denn mit den Blüthenkelchen erschließt sich ihm auch die Aus sicht auf gesegneten Erfolg. Tie honigspendenden Acker unkräuter Hedrich, Senf und Kornblumen erkennt er auch als Unkräuter, sie fordern aber nicht seinen Zorn heraus. Die zunehmende Wärme drückt auch ihn im Hochsommer, er trägt sie aber mit Freuden, denn sie kocht bei normaler Bodenfeuchtigkeit in den Blüthen kelchen den iüßen Nektar. Wie freudig horcht er, kündet ein Schwarm durch lautes Treiben seine Ausreise an; wie emsig, muthig und unverdrossen schafft er, den Aus reißer wieder zurückzubringen, und wie glückstrahlend steht er, wenn das Werk gelungen und nach kurzen Stunden der Eingefangene sich heimisch zu fühlen be ginnt. Das erhebt sein Herz. Ist es aber wieder Herbst und endlich Winter geworden, so erstirbt auch da nicht seine Freude. Das alles sind Freuden, die das Herz frisch und ge sund erhalten, den Willen stählen und den Lebensmuth stärken; die da helfen die sonstigen Widerwärtigkeiten in Beruf und Gesellschaft überwinden. Das Herz des Imkers verschließt sich nicht, wenn Unmuth ihn drückt. Er geht zu seinen Bienen und belauscht ihr frohes Schaffen. Tas bringt ihm den Gleichmuth der Seele zurück. Wahrlich ein hoher Gewinn, denn Gleichmuth ver Seele erhebt über allen Lebenshader und befähigt erst, als Mensch unter Menschen zu leben. hier vorgehalten wird. ! Nun bedenke man ferner, wie geheimnißvoll das Wirken der Natur uns im Bienenleben gerade entgegen- tritt. Nichts ist in Wirklichkeit, was nicht zuvor im - Gedanken war. Auch unser aus dem unscheinbaren Eilein entstandenes Bienchen ist ein Gottesgedanke, und zu wunderbarem Bau und Lebensschaffen hat er das ! kleine Thierchen begabt. Darum, Menschenkind, hast du deinen Gott im aufregenden Kampfe ums Dasein verloren, hier — unter deinen Bienen — kannst und .mußt du ihn wiederfinden, wenn sonst dein Herz noch lebensempfänglich ist. j Erwähnt sei auch, daß Bienenfreunde, wie fremd sie fonst auch einander und wie groß die Standesunter- schiede sind, sich freudigst die Hand zum Freundschafts bunde reichen. So vermag das gemeinsame Interesse an der Bienenzucht wohl auch hier und da helfend die Kluft auszufüllen, die so drohend gähnt zwischen reich und arm, vornehm und gering. j III. Tie Bienenzucht schafft uns unschätzbare Werthe. Ter Landmann, der Gärtner, vor allem der Pfleger des Obstbaues, sie alle unterschätzen wohl vielfach, welch' hohe Bedeutung die Biene bei der Befruchtung der Pflanzenblüthe hat. Infolge ihrer behaarten Glieder vermittelt die Biene bei der Suche nach Honig die § Uebertragung des Befruchtungsstaubes von den Staub- Mit der Bienenfreude kommt dem Imker die Freude an der Natur überhaupt, er wird ein Naturkenner und im weitesten Sinne ein Naturforscher. Besorgt, seine Lieblinge zu schützen, lernt er deren Feinde kennen, die Lebensbedingungen der Bienen und die Naturgesetze, nach welchen ihr Bestehen sich regelt. So findet er, wie die Biene aus Naturtrieb Handlungen frühzeitiger vornimmt, als sie fonst zu erwarten sind. So lernt der Imker auf alles achten, und bald entgeht ihm nicht die kleinste Veränderung im Bienenleben, wie in seiner dem Fleiße, peinlichster Ordnung, nettester Sauberkeit, edelster Sparsamkeit ist — denn alle diese Tugenden -stellen sich dem Imker täglich vor Augen — sollte der in seinem Hauswesen sich nicht dazu fortgesetzt angeregt ! fühlen? Die Biene lebt in größter Eintracht mit ihren ! Stammesgenossen. Eine ordnet sich der andern bei thatkräftigem Eingreifen unter. Durchgängig herrscht der ausgeprägteste Gemeinsinn. Mit Todesverachtung ! wird die Wohnung bei Eingriffen vertheidigt. Für ihr Staatsoberhaupt gehen alle in den Tod, willig und un erschrocken, sterben sogar lieber den Hungertod, als daß ! sie die Königin Noth leiden lassen. Tas ist ausgepräg teste Vaterlandsliebe und Königstreue, die dir, 0 Mensch, als im Frühjahr 3 Pfund flüssiges Futter zu geben, die geistige Thätigkeit überhaupt. Wahrlich, der Bienew Letzteres reiche nur in kleinen Portionen, —1 Pfund zücht ist hoher erzieherischer Werth zuzusprechen, wöchentlich zweimal. Waben von im Herbste weisellos Nun weiter: wer fortgesetzt Zeuge von nie ermüden.