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nicht zu öffnen vermocht. Und die alte Liebe wird bald völlig wiederhergestellt sein, da sich die russische Regierung beeilt hat, in einer amtlichen Publication ausdrücklich auf die Harmlosigkeit des Metzer Vorganges hinzuweisen und dadurch die erregten Gemüther in Frankreich zu beschwichtigen. Die Publication stellt fest, daß einer alten Sitte entsprechend des Zaren Geburtstag auch am deutschen und österreichischen Kaiserhofe gefeiert werde, wie die Geburtstage des deutschen und österreichischen Kaisers gleichfalls an den sämmtlichen drei Kaiserhöfen officiell gefeiert würden. Von dieser Tradition konnte nicht deshalb abgewichen werden, weil sich der deutsche Kaiser gerade in den Reichslanden befand. Die amt liche Publication führt dann noch verschiedene Fälle auf, die beweisen, daß die in Rede stehenden Geburtstags feiern stets abgehalten wurden, wo immer sich auch die befreundeten Kaiser des Geburtstagskindes befanden. Das muß die Franzosen doch beruhigen, und wenn Rußland wieder mit Verlangen einer Anleihe an Frank reich herantritt, kann dieses doch schon wegen der schönen Publication auf keinen Fall Nein sagen. Der Burencommandant Dewet, ein Vetter Christian Dewets, hielt am Montag Abend im Circus Renz in Breslau einen Vortrag über den südafrikanischen Krieg, der von über 4000 Personen besucht war. Felix Dahn, der den Ehrenvorsitz übernommen hatte, eröffnete die Versammlung mit einer begeistert aufge nommenen Ansprache. Schon eine halbe Stunde vor Beginn der Versammlung sperrte die Polizei wegen Ueberfüllung den Saal. Commandant Dewet sprach unter Assistenz des Dr. Valentin über anderthalb Stunden nnd riß das Publikum durch seinen schlichten Vortrag zu gewaltiger Begeisterung hin. Der Vortrag wird auf dringendes Verlangen am Mittwoch wiederholt werden. Ueber 1000 Personen traten der Internationalen Buren liga als Mitglieder bei. An der Enthüllung des Bismarck-Denkmals in Berlin werden die beiden Söhne des verstorbenen Altreichskanzlers theilnehmen, ebenso seine Tochter und die Enkelkinder, ferner die Mitglieder des Bundesraths, des Reichstags und preußischen Landtags, die Spitzen der StaatS- und Militärbehörden, 1000 alte Krieger, die Rectoren der Hochschulen, Studenten und 1000 Schulkinder. Herr v. Lucanus, als Chef des Civilcabinets der Vertrauensmann des Kaisers, vollendet am Freitag sein 70. Lebensjahr. Er ist in Halberstadt (Provinz Sachsen) geboren und wurde vom Kaiser kurz nach dessen Re gierungsantritt im Jahre 1888 geadelt. Die Wilhelmshavener Reichswerft wird ver größert. Nach beendetem Umbau, der ein Jahr in Anspruch nehmen dürfte, wird die Werft im Stande sein, die größten Kriegsschiffe zu bauen. Eine Zuschrift der „Kreuz-Ztg.", die auch eine Ab änderung der Geschäftsordnung des Reichstags voraussetzt, wendet sich gegen die Dauerreden im Reichstage. Es ist schwer verständlich, heißt es darin, daß der Reichstag jedes seiner Mitglieder reden läßt, so lange es will, gleichgültig ob es damit die Hörer zum Hause hinausgrault. Die Beweisgründe für oder gegen eine Sache lassen sich in einer halben Stunde allemal darlegen; wer es damit nicht schafft, wird's durch die Länge des Mundwerks auch nicht zwingen. Nach Verlauf einer halben Stunde müßte der Präsident verpflichtet sein, jeden Redner zu unterbrechen und das Haus zu fragen, ob es ihn weiter hören will, wofür die einfache Abstimmung zur Anwendung zu gelangen hätte. Bei minder wichtigen Vorlagen müßte der Präsident sogar befugt sein, die Rededauer auf 10 Min. herabzusetzen. Ein Allgemeiner deutscher Jnnungs-Handwerker- tag wird etwa am 10. September in Gotha abge halten werden. Der Vorstand ist bereits gewählt worden, der definitive Termin wird in den nächsten Tagen festgesetzt werden. Der Zustand des socialdemokratischen Reichstagsab geordneten Schönlank gilt als hoffnungslos, da es sich um eine sehr schwere Gehirnaffection handelt. Oesterreich-Ungarn. Die beiden Delegationen, denen die Berathung der auswärtigen Angelegenheiten untersteht, sind nach der gemeinsamen Eröffnungssitzung in gewohnter Weise vom Kaiser empfangen worden. In seiner Entgegnung auf die Begrüßung der Delegationen gab der Kaiser seinem Schmerze über den Heimgang des Königs Hum bert und der Königin Victoria Ausdruck und sprach dann seine aufrichtige Genugthuung darüber aus, daß die Beziehungen zwischen den Dreibundmächten die herz lichen geblieben seien, die sie stets waren. Auch zu allen übrigen Mächten unterhalte Oesterreich-Ungarn die freundschaftlichsten und vertrauensvollsten Beziehungen, so daß der europäische Friede nach jeder Richtung hin gesichert erscheine. Der Kaiser wandte sich dann auch der Chinafrage zu, ohne jedoch über deren voraussicht lichen Verlauf ein Wort zu sagen. Die übrigen kurzen Bemerkungen des Monarchen bezogen sich auf speciell österreichisch-ungarische Interessen. Serbien. In Serbien ist man nach Belgrader Privatmeldungen überzeugt, daß Königin Draga auch in Zukunft keinen Thronerben oder Erbin zur Welt bringen wird, trotz kleiner Gefälligkeiten trostspendender Aerzte. Im Volke breche sich die unumstößliche Ueberzeugung Bahn, daß es auf dem Königsthron nicht Alles beim Alten bleiben könne noch dürfe. (Armer Alexander, was hast Du Dir für ein Kreuz aufgebunden, als Du die um 12 Jahre ältere Draga Maschin zu Deiner Gemahlin machtest!) Türkei. Von einer Meuterei unter türkischen Marine- Reservisten meldet der Konstantinopeler Berichterstatter des „Berl. Tgbl.": 700 Matrosen sollten zur Ent lassung kommen, nachdem sie schon verschiedentlich hin gehalten waren. Da aber der ihnen schuldige Sold auch jetzt noch nicht aufgetrieben war, verweigerten sie den Gehorsam, zerschlugen die Fenster der Offiziers wohnungen und begingen andere Ausschreitungen. Als sie nach dem Palast des Sultans aufbrachen, wurde Militär abgesandt, das sie mit blanker Waffe zurück trieb, wobei etwa 50 Mann verwundet sein sollen. Jetzt scheint man die Leute endlich bezahlt zu haben. Der türkische Poststreit ist nunmehr beigelegt. Der Sultan, dem die Aufrechterhaltung guter Beziehungen zu den Großmächten besonders am Herzen liegt, hat nach der „Köln. Ztg." befohlen, den früheren Zustand wiederherzustellen. Den Botschaftern ist das Bedauern des Sultans über den Vorfall und die bündige Zu sicherung ausgesprochen worden, daß die Wiederkehr eines solchen einseitigen Eingriffs in den internationalen Postbetrieb dauernd verhindert werden solle. Asten. Ueber etwaige Vorgänge in China fehlt es an jeg lichem Nachrichtenmaterial. Hoffentlich treffen wir das Richtige, wenn wir diesen Mangel in günstigem Sinne auslegen. Viele Nachrichten aus China wünscht ja überhaupt kein Mensch mehr. Die Entschädigungs frage ist gelöst! Die Truppen schiffen sich in die Hei- mat ein! Das sind die einzigen beiden Mitthcilungen, die wir von China erwarten, und hoffentlich brauchen wir darauf nicht mehr allzulange zu warten. Afrika. Die englischen Verlegenheiten in Südafrika werden immer größer. Jetzt trifft die Nachricht ein, Lord Kitchener habe die bündige Erklärung an die eng lische Regierung gerichtet, er werde sofort sämmtliche Stellungen jenseits Prätorias räumen, ja den Oberbefehl niederlegen, wenn ihm nicht unverzüglich größere Ver stärkungen zugeschickt würden. Tie englische Regierung befindet sich in Verzweiflung; woher soll sie die Ver stärkungen nehmen? Das Londoner Kriegsamt will als Nothbehelf 4000 Mann der Aldershoter Miliz mobil machen. Aber was soll Kitchener mit 4000 Mann beginnen, wenn die 249,416 Mann, die im Verläufe des Krieges nach Südafrika geschickt wurden, mit den Buren nicht fertig zu werden vermochten? Wir Haden es im Stillen schon längst erwartet, daß Lord Kitchener seinen in Egypten erworbenen Kriegsruhm in Südafrika nicht werde aufs Spiel setzen wollen. Erkennt er, daß nichts zu machen ist, dann geht er eben. Tie Eng länder haben aber keinen zweiten Kitchener zu entsenden, so wenig wie ihnen weitere Verstärkungstruppen zur Verfügung stehen. Da wird der grausame Krieg nun hoffentlich doch bald ein Ende nehmen, und zwar zu Be dingungen, die für die Buren ebenso annehmbar wie ehrenvoll sein werden. Frau Botha kündigte dem Präsidenten Krüger tele graphisch ihre demnächstige Ankunft mit dem Hinzufügen an, daß sie mit einer wichtigen Friedensmission be traut sei. Frau Botha soll blaß und elend aussehen und jedes Gespräch über ihre Mission ablehnen. Amerika. Zum großen Maschincnarbeiter-Ausstand in Nordamerika wird aus Washington gemeldet: Der Präsident der internationalen Maschinenbauer-Vereini gung versichert, 904 Firmen, die etwa 30,000 Arbeiter beschäftigen, hätten Vereinbarungen unterzeichnet oder mit den örtlichen Arbeiter-Vereinigungen befriedigende Abmachungen getroffen. Hauptforderung ist die Ein führung des Neunstundentages bei gleicher Bezahlung, wie bisher. Aus veru Muldeuthale. »Waldenburg, 22. Mai. Für das seitens des hiesi gen Gewerbevereins ins Leben gerufene Altcrthums- museum sind Alterthümer und alterthümliche Gegenstände in so großer Zahl zur Verfügung gestellt worden, daß der zur Verfügung stehende Raum völlig gefüllt ist und noch Nebenräume in Anspruch genommen werden müssen. Die Gruppirung und Aufstellung derselben ist nunmehr so weit vollendet, daß das Museum nächsten Sonntag Vormittag mit einer kurzen Feier eröffnet und dem Publikum zugänglich gemacht werden kann. Damit ist endlich eine Sammelstelle geschaffen, in welcher alle Er zeugnisse der Vergangenheit und namentlich auch die Zeugen einer grauen Vorzeit den kommenden Geschlech tern erhalten bleiben. Selbstverständlich ist das Unter nehmen auch mit einmaligen und fortlaufenden nicht unerheblichen Kosten (wie Miethe rc.) verknüpft; es würde daher dankbar begrüßt werden, wenn es auch auf pekuniäre Unterstützung rechnen könnte: * — In hiesige Collection der Kgl. Sächs. Landes lotterie fiel gestern auf Nr. 91393 ein Gewinn von 2000 Mark. * — Ter heutige Jahrmarktstag hatte sich einer aus nahmsweise prächtigen Witterung zu erfreuen. Infolge dessen war der Besuch vom Lande auch ein recht leb hafter. * — In der Nacht zum Dienstag sank hier daS Thermometer stellenweise bis auf den Gefrierpunkt. Auf der Schwabener Höhe war z. B. auf den Kleefeldern dicker Reif zu bemerken. Auch in der Nacht zum Sonn tag wurde hier mehrfach Nachtfrost beobachtet. Den Baumblüthen scheint der Frost indessen keinen Schaden gebracht zu haben. * —- Nach dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuche kann der Lehrer für alle Schäden, die seine Schüler während des Unterrichts durch Benutzung schadhafter Turngeräthe, in den Pausen oder auf Ausflügen u. s. w. erleiden, haftpflichtig gemacht werden. Deshalb hat der Deutsche Lehrerverein mit einer Versicherungsgesellschaft einen Vertrag abgeschlossen, nach welchem sich Lehrer gegen mäßige Prämien versichern können. Nicht minder kann aber auch eine Schulgemeinde in die Lage kommen, haftpflichtig gemacht zu werden. Die Schulinspection Dresden III hat infolgedessen die Schulvorstände ver anlaßt, derartige Versicherungen abzuschließen. * — Vor der zweiten Strafkammer des Landgerichts Zwickau hatte sich der 41 Jahre alte Handarbeiter Ernst Hermann Thiemer in Remse wegen Urkundenfälschung und versuchten Betrugs zu verantworten. Er hat im Januar d. I. unter Mißbrauch des Namens des Saal meisters Adler in Remse und unter Benutzung eines selbst angeferligten Waarenbestellzettels den Kaufmann Schmidt in Glauchau zur creditweisen Lieferung von Waaren zu bewegen versucht. Das Gericht erblickte in der Handlungsweise des Angeklagten nur Betrugsversuch und verurtheilte ihn zu 10 Tagen Gefängniß. Wolkenburg, 22. Mai. Ein genußreicherer Abend ist wohl den Einwohnern unseres Ortes selten ge boten worden, als am vergangenen Montag. Im Saale des Parkrestaurants gab Herr Stadtmusikdirector Heinrich aus Waldenburg mit seiner Kapelle unter Mitwir kung der Herren Cantoren Uhlig aus Waldenburg (Gesang) und Schmidt (Clavier) eine musikalische Soivee. Ein zahl reich erschienenes Publikum, besonders auch aus Walden burg, hatte der Einladung Folge geleistet. Fassen wir den Zweck der ausgewählten musikalischen Darbietung ins Auge, der nur darin bestand, den Sinn für gute, edle Musik zu stärken, weshalb auch kein Eintrittsgeld entnommen wurde, so muß gesagt werden, daß dieser Zweck vollständig erreicht worden ist. Ein Blick auf das Programm zeigte uns schon, daß es nur vor zügliche musikalische Stücke waren, die zur Ausführung gelangen sollten. Was das Programm versprach, er füllte auch die eigentliche Vorführung, Die Tüchtig keit des Herrn Stadtmusikdirector Heinrich in seinem Fache ist ja bekannt, er hat sich durch die jüngste Dar bietung nur neues, frisches Lob geerntet. Besonders soll erwähnt werden, daß durch diese musikalische Darbie tung aufs Neue bewiesen worden ist, was ein tüchti ger, für seinen Beruf lebender Künstler auch mit ver- hältnißmäßig schwachen Kräften — die Kapelle des Herrn Heinrich besteht ja fast nur aus jugendlichen Leuten — zu leisten im stände ist. Auch muß ferner Herrn Heinrich das Lob zuertheilt werden, daß er es verstand, zwei in ihrem Fache bekannte Künstler, die Herren Cantoren Uhlig und Schmidt, für seine Sache zu gewinnen. Auch die Leistungen beider Herren trugen zum Gelingen der schönen Veranstaltung mit bei. Allen Mitwirkenden sei daher an dieser Stelle der herzlichste Dank aller Eingeladenen für den genuß reichen Abend ausgesprochen. — In Glauchau treibt sich eine Frau umher, die sich als Schauspielerin oder als Ehefrau eines Puppen theaterbesitzers ausgiebt. Gewöhnlich miethet sie sich in Gasthöfen ein unter dem Vorgeben, daß ihr MaNn nachkomme und Vorstellungen gebe. Sie lebt im übrigen nicht schlecht, verschwindet jedoch stets, ohne die Zeche zu bezahlen, oft auch unter Mitnahme aller ihr gerade in die Hände kommenden Gegenstände. Wir wollen deshalb nicht verfehlen, vor der Gaunerin zu warnen. — Die diesjährige Frühjahrs-Bezirksversammlung des Bundesbezirks Glauchau von Sachsens Militärvereins bund findet am 9. Juni im Hotel zum „Goldnen Helm" in Lichtenstein statt. Aus Sem SachscilauIe. - — Der commandirende General des XII, (1. königl. sächs.) Armeecorps, Generalleutnant Freiherr v. Hausen, ist zum General der Infanterie ernannt worden. — Die Synode nahm in ihrer 19. öffentlichen Sitzung am Dienstag zunächst die Wahl des ständigen Ausschusses vor und stimwte sodann unter Ausdruck einer Anzahl Wünsche der Veranstaltung einer zweiten verbesserten Auflage der Agende für die evang.-luth. Landeskirche des Königreichs Sachsen in zweiter Lesung zu. Weiter nahm die Synode nach den Vorschlägen des Verfassungs-