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Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Ältstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrellhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, L berwiera, t berwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rüßdorf, Fernsprecher Nr. n. Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. F- 112. Mittwoch, den IS. Mai 1901. Witterungsbericht, ausgenommen am 14. Mai, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 766 WM. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand 4- 20,i° 6. (Morgens 8 Uhr -st 15,^° 6.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 28°/n. Thaupuukt 2,-," 0. Windrichtung: Nordost. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis 12 Uhr mittags: 0,n mm. —. Taher Witterungsausfichten für den 15. Mai: Heiter. "Waldenburg, 14. Mai 1901. Länger als ein halbes Jahr hindurch sind .nun schon eine Viertel Million Mann fremder Truppen in China vereinigt, und immer ist noch von keiner Klärung der Lage und von keiner Beendigung der Wirren zu mel den, so daß die Gefahr der Versumpfung der China frage mehr und mehr actuell zu werden droht. Und Alles, nur das nicht! Wenn wir aus China hinaus gehen, dann muß wenigstens in dem Augenblick, da unsre Truppen die Schiffe besteigen, im Reiche der Mitte eine Lage geschaffen sein, die auch den fanatischsten Chinesen überzeugen muß, daß die fremden Mächte ihren Willen durchgesctzt und China zur Unterwerfung gezwungen haben. Die verbündeten Truppen müssen sich unter allen Umständen einen guten Abgang sichern, da andernfalls die Lage nach ihrer Abberufung ärger sein würde, als sie vor ihrer Ankunft war. Graf Waldersee hätte, wenn er nicht fortwährend Rücksicht auf die Commandirenden der übrigen Contingente und die Wünsche der verschiedenen Regierungen hätte nehmen müssen, ganz anders zugefaßt. Hätte er allein mit deutschen Truppen zu operiren gehabt, er hätte den halsstarrigen Chinesen längst den Fuß aufs Haupt ge setzt und sie unterworfen. Was zur rechten Zeit, als bald nach der Ankunft Waldersees möglich war, das hätte auch ungesäumt geschehen müssen. Ten Langzöpfen hätte sofort der gehörige Respect vor der Macht der Fremden beigebracht werden müssen, das wäre für beide Theile, für die Fremden wie für die Chinesen, besser gewesen. Tie Auseinandersetzung hätte sich dann nicht viele Monate in die Länge gezogen, sondern wäre nach wenigen Wochen erfolgt. Die fremden Mächte hätten Weit geringere Ausgaben gehabt, und China wäre eine entsprechend geringere Kriegsentschädigung aufgebrummt worden. Die Uneinigkeit der Mächte hat jedoch nicht geruht, bis die schwierige chinesische Frage in dem Maße der- fahren wurde, wie sie es jetzt thatsächlich ist, denn wenn man die Augen nicht geflissentlich zudrückt, kann man doch nicht mehr behaupten, daß der Verlauf der China expedition nicht ein ganz anderer hätte sein können, als er bisher in der That gewesen ist. Diese von Monat zu Monat sich hinschleppenden Friedensverhandlungen, diese Mattherzigkeit der militärischen Operationen, diese so häufig zu Tage getretene Plan- und Rathlosigkeit haben wirklich nicht dazu beitragen können, den Respect der Chinesen vor der Macht und dem Gewicht der Culturstaaten des Erdballs wesentlich zu fördern. Im Gegentheil haben die Mächte soviel Schwäche und Hilf, losigkeit bewiesen, daß es absolut nicht befremdlich er scheinen kann, wenn die heimtückischen Gelbgesichter sich allmählig für den stärkeren Theil ansehen und ihre An- stalten treffen, um die „weißen Teufel" aus dem Lande zu jagen. . Die Provinz Tschili, die nach dem ersten energischen Eingreifen des Grafen Waldersee schnell von dem frem denfeindlichen und räuberischen Gesindel gesäubert wurde, ist mittlerweile wieder der Tummelplatz chinesischer Spitzbübereien und Rebellionen geworden. In Peking selbst macht sich die Auflehnung gegen die Autorität der Fremden breit, von einer festen Hand ist nirgends etwas wahrzunehmen. Nach dem Siege an der großen Mauer, der nach dem langen Kleinkrieg endlich einmal wieder als eine große Action zu bezeichnen war, lebte die Hoffnung wieder auf, daß die Verbündeten Respect ein- gtzflößt und den Chinesen nachdrucksvoll und wirksam !zu Gemüthe geführt hätten, daß es gegen sie einen Widerstand nicht gebe. Aber der Eindruck dieses Sieges der deutschen Truppen scheint schon wieder verrauscht zu sein, der alte Schlendrian ist wieder eingetretcn, die Langzöpfe lassen ihren fremdenfeindlichen Neigungen wieder ungescheut die Zügel schießen. Tie Friedens- Verhandlungen rücken nicht von der Stelle, und die Unsicherheit in Tschili und selbst in Peking nimmt wieder zu. Ter Oberbefehlshaber in Tschili, Generalfeldmarschall Graf Waldersee, ist für diese Uebelstände nicht verant wortlich zu machen. Ihm sind die Flügel gebunden, und er ist weniger zum Führen als zum Tiplomatisiren da. Alle Mißhelligkciten der Coalitionskriege erscheinen bei der gemeinsame:? ostasiatischen Expedition in gestei gerter Potenz vereinigt. Es ist kein Zug in der Colonne. Graf Waldersee ist zu bedauern, aber nicht anzuklagen, da er beim besten Willen außer Stande ist, den Dingen den Lauf zu geben, der den Verhältnissen entsprechend wäre. Unser Kaiser hat schon ganz recht gehabt, als er den ausziehenden Chinatruppen die Parole mit auf den Weg gab: Pardon wird nicht gegeben! Tas heißt doch im letzten Grunde nichts anderes, als daß mit unbeirrter Rücksichtslosigkeit vorgegangen werde. Wäre dieser Parole von vornherein entsprochen worden, die China frage wäre längst gelöst, während jetzt der Zeitpunkt ihrer Lösung schlechterdings noch garnicht abzusehen ist. Hätten die Verbündeten von vornherein Furcht und Ent setzen um sich verbreitet, wären sie unaufhaltsam, ja, um auch dieses, Wort zu gebrauchen, wie die Hunnen in das Land gedrungen, dann wären nach wenigen blutigen Tagen die Wirren beendet gewesen, China hätte die Kriegsentschädigung gezahlt, und unsre Chinatruppen wären längst wieder zu Hause angelangt. Die Politik der Sammethandschuhe gegen die chine sischen Halbbarbaren, die von Rußland und den Ver einigten Staaten von Nordamerika inaugurirt wurde, hat schweren Schaden angerichtet, der so schnell nicht wieder gut zu machen sein wird. Ein kurzer, wenn auch blutiger Krieg hätte bleibenden Eindruck gemacht, und den Chinesen eine so heilsame Furcht eingeflößt, daß die fremden Kaufleute und Missionare auf Jahre hinaus ungestört ihren Aufgaben hätten nachgehen können. Und jetzt? Jetzt geht die Chinafrage mit Riesen schritten ihrer Versumpfung entgegen. Es wird und kann nichts Rechtes mehr aus der groß angelegten Ex pedition werden. Tie Chinesen haben von ihrem Stand punkt wahrlich nicht Unrecht, wenn sie die gesammte abendländische Kultur für eine czuanUts n^ti^sable ansehen, deren Abwehr keine Schwierigkeiten verursacht. Man kann es den Langzöpfen garnicht einmal übel nehmen, wenn sie gegenüber der Uneinigkeit der Mächte, die, so weit Rußland in Frage kommt, sogar auf ganz gewöhnlicher Profitsucht beruhte, auf die Festigkeit ihrer eigenen Organisationen stolz sind und sich die Kraft zuzutrauen beginnen, dem Eindringen der europäischen Civilisation in ihr Reich überhaupt einen unübersteig- lichen Wall entgegenzusetzen. Und fühlen sie sich stark genug, so kann man es ihnen kaum verdenken, wenn sie sich gegen alle fremden Einflüsse fortan erst recht schroff und ablehnend Verhalten. Politische Rundschau. Lextichc» R-tch. Ter Kaiser, der Sonntag Vormittag die Parade der' Straßburger Garnison abnahm und nachmittags den Grundstein zum Wiederaufbau der Hohkönigsburg bei Schlettstadt legte, hat am Montag früh Straßburg ver lassen und sich nach Schloß Urville bei Metz begeben, woselbst auch die Kaiserin weilt. Unterwegs machte der Monarch in Frescaty Halt und besichtigte dort den Truppenübungsplatz. Am 20. Mai wird der Kaiser zur Jagd in Prökel- witz in Ostpreußen eintreffen. Bei dieser Gelegenheit wird voraussichtlich auch ein Ausflug des Kaisers nach seinem Gute Kadinen bei Elbing stattfinden. In der Frühe des Pfingstsonntags gedenkt Se. Majestät wieder in Potsdam zu sein. Ter Kaiser hat den Vortragenden Rath beim Statt halter für Elsaß-Lothringen, Grafen Zeppelin, zum Nachfolger des neuen preußischen Ministers des Innern v. Hammerstein als Bezirkspräsident von Metz ernannt. Wie nach dem „Berl. Lokalanz." in dortigen militärischen Kreisen verlautet, wird der Commandeur des Gardecorps v. Bock-Po lach den Chef des Großen Generalstabs Grafen Schliessen in dieser Stellung ersetzen. Das Commando des Gardecorps wird dann übergehen auf den Generalleutnant v. Kessel, Führer der 2. Garde- Jnf.-Tivision. Prinz Ludwig von Bayern hat sich neuerdings für den Ausbau von Wasserstraßen ausgesprochen. Auf der Augsburger Versammlung des Vereins zur Hebung der Fluß- und Kanalschifffahrt in Bayern hielt er eine Rede, die folgende Sätze birgt: Die Hebung der Wasserstraßen liegt im Interesse des ganzen Landes. Wohl ist für das Binnenland die Eisenbahn die erste Verkehrslinie, aber sie genügt den Anforderungen der Jetztzeit nicht mehr. Schwerere, weniger kostbare Güter vertragen den Eisenbahntransport nicht. Viele große Werthe liegen dadurch brach. Die Binnenwasserstraßen sollen eine freie, durch keinerlei Abgaben und Zölle be hinderte Verkehrslinie sein. Gott sei Dank haben wir (die Kanalfreunde) im deutschen Reich hohe und innige Verbündete, und der höchste davon ist der Kaiser. Die Obstruction gegen das Branntweinsteuer gesetz, die von den Socialdemokraten für den Fall an gekündigt worden war, daß die Conservativen auf einer Erhöhung der Brennsteuer um 50°/, bestehen sollten, hat bereits am Schluß der Montagssitzung begonnen, indem Abg. Singer der Vornahme der 3. Lesung deS Gesetzes am Dienstag widersprach. Präsident Graf Ballestrem war sich keinen Augenblick im Unklaren dar über, was der Abg. Singer mit seinem Einspruch gegen die vorgeschlagene Tagesordnung bezweckte, und er be raumte daher die dritte Lesung der Bränntweinsteuer- novelle am Mittwoch, früh 9 Uhr, an. Der Präsident nimmt an, daß die Obstruction in einer Sitzung, die unter Umständen auf 11 bis 12 Stunden ausgedehnt werden könnte, bei der starken Majorität, die für das Branntwcinsteuergesetz einschließlich der Steuererhöhung eintritt, besiegt wird. Da zur Sache selbst nicht mehr viel zu sagen ist, so wird die Mittwoch-Sitzung des Reichstags, voraussichtlich die letzte vor der Vertagung, durch namentliche Abstimmungen ausgefüllt werden. Am heutigen Dienstag wird die socialdemokratische Partei fleißig Abänderungsanträge ausarbeiten und die sonstigen Obstructionsmittel zurechtlegen, sich auch wahrscheinlich mit den Freisinnigen zu verständigen suchen. Aussicht auf Erfolg hat die socialdemokratische Obstruction, da das Haus beschlußfähig ist, nicht. Die Budgetcommission des Reichstags hat am Montag