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darf wohl auch erwarten, daß er ein nachhaltiger sein wird. Nach der schmählichen Niederlage an der großen Mauer, die Hunderten von Chinesen daß Leben gekostet, darf man wieder auf größeren Respect seitens der Lang zöpfe rechnen. Es war auch die höchste Zeit, daß einmal wieder ein Exempel statuirt wurde, denn die hinterlistige Gesellschaft glaubte den fremden Gesandten und Truppen schon Alles bieten zu können. Wir hoffen, daß die Kämpfe an der großen Mauer auch für den Abschluß der Friedensverträge förderlich wirken werden. Die Truppen haben jetzt das Ihrige gethan, nun sollen die Diplomaten zusehen, daß sie unter dem Eindruck der Schansischlacht den Frieden Herstellen. Den Deutschen allein gehört daS Verdienst, die Lage in China zum Besseren gewendet zu haben, den Deutschen allein gebührt daher der Dank aller übrigen Nationen, wenn die Chinesen nun endlich einlenken und die ihnen gestellten Friedensbedingungen annehmen. Und das wird hoffentlich bald geschehen. Die Generale theilten den Gesandten bereits mit, daß jetzt der Zeitpunkt für die Zurückziehung der verbündeten Truppen aus China gekommen sei, wenn dieses sich zur Zahlung der Kriegs entschädigung bereit erkläre. Auch ist bereits der Frage näher getreten worden, den Chinesen allmählich wieder die Uebernahme der Verwaltung von Peking zu ge statten. Deutsches Blut und deutsche Bravour haben den Wirren ein Ziel gesetzt, die bereits zu ernsten Sorgen Anlaß gaben. Afrika. Zu den Gewinnlisten, die Lord Kitchener mit be- wundernswerther Beharrlichkeit Tag für Tag nach Lon don sendet, gesellen sich, wenn auch oft nur auf Um wegen zu erhalten, doch auch eine recht respectable An zahl von Nachrichten, die fortgesetzl den Beweis dafür liefern, daß die Buren noch lange, lange nicht in die Hand ihrer Feinde gegeben sind und daß die Feind seligkeiten noch auf ganz unabsehbare Zeit an dauern werden, wenn die Engländer sich nicht endlich entschließen, auf die Friedensbedingungen der Buren ein gehen. Von der auri saora kamss sind die Buren frei und willigen daher in die Abtretung der reichen Goldgruben an England. Höher als Gold steht ihnen ihre Freiheit, sie ist ihr höchstes und unveräußerliches Gut. Daher fordern sie völlige Unabhängigkeit des Oranjefreistaates und das Recht, im Norden der Gold felder eine unabhängige Buren-Republik zu erhalten. Das ist das Minimum dessen, was sie beanspruchen, und so lange Lord Kitchener keine Vollmacht erhält, diesen Anforderungen zu entsprechen, so lange wird auch der Krieg in Südafrika fortdauern. Nicht durch Lord Kitchener direct, sondern aus Mittheilung des Londoner Kriegsamts ersieht man, daß der englische General Rundle auf seinem Marsche von Harrismith nach Bethlehem 2 Todte, 9 Verwundete und 2 Ver mißte hatte. Die Buren greifen also auch größere englische Truppenabtheilungen frisch und unverzagt an und fügen bald größere bald geringere Verluste zu. Sehr be lustigend wirkt auch die Nachricht, daß der famose Cecil Rhodes am Sonnabend voriger Woche mit knapper Noth der Gefangennahme durch die Buren unweit Kim ¬ berley entging. Die Buren sprengten die Bahn dicht vor seinem Zuge in die Luft. Die Wackeren sind also überall auf Posten und werden hoffentlich noch manch schönen Erfolg erringen. Aus dem Muldeuthale. "Waldenburg, 1. Mai. Se. Durchlaucht Prinz Friedrich von Schönburg-Waldenburg hat sich von Schloß Pomssen nach seiner Herrschaft Neubistritz in Böhmen begeben. *— Wie aus dem Jnseratentheil ersichtlich, wird das Jahresfest des Glauchauer Kreisvereins für innere Mission am Sonntag Rogate (1 2. Mai) d. I. in Mülsen St. Niklas abgehalten werden. Wir weisen auch an dieser Stelle mit dem Bemerken darauf hin, daß die Vereinsmitglieder, Gönner, Freunde und Freundinnen der inneren Mission zu zahlreichem Besuche herzlich ein geladen werden. *— Der Bienenwirthschaftliche Verein Waldenbnrg und Umgegend hielt am Sonntag im Goldenen Löwen hierselbst unter Leitung des stellvertretenden Vorsitzenden Herrn Cantor Hötzel-Schwaben eine Sitzung ab, in welcher Herr Kuntze aus Leipzig einen von ihm erfun denen „Königin-Absperrkasten" zeigte und erklärte. Der selbe verhindert das Schwärmen der Bienen und den übermäßigen Brutansatz auf Kosten des Honigertrags. Der Kasten besteht aus starkem Eisenblech und faßt in Kaltbaustellung 6 Rähmchen. *— Zur Vertreibung von Hexen, die nach altem Volksglauben in der Walpurgisnacht nach dem Blocks berg reiten, wurde gestern Abend wie alljährlich in der hiesigen Gegend mit brennenden Besen geschleudert. Mehrfach konnte man auf den umliegenden Anhöhen die geheimnißvollen Bewegungen der sich im Kreise drehenden Lichter beobachten. *— Tie Staatseisenbahnverwaltung wird auch zum diesjährigen Pfingstfeste keine billigen Sonderzüge ein legen. Ter Grund liegt darin, daß der Personenver kehr, der zu Pfingsten immer einen außergewöhnlichen Umfang nimmt, durch solche billige Züge nicht noch künstlich gesteigert werden soll. *— Abdruck von Füllinseraten ist als Thatbestand des unlauteren Wettbewerbes anzusehen. Nach einer Zeitungsmeldung hat das Reichsgericht in einem Urthcil vom 5. März d. I. ausgesprochen, daß in dem Abdruck von Inseraten aus einer anderen Zeitung ohne Auftrag des Inserenten eine Veranstaltung im Sinne des Z 1 des Wettbewerbsgcsetzes gefunden werden könne, die darauf berechnet und geeignet sei, Angaben thatsächlicher Art im Sinne des Z 1 dieses Gesetzes zu ersetzen. *— Gewarnt wird vor einem etwa 28 Jahre alten, norddeutschen Dialect sprechendem Mann, welcher sich als Chef der Firma Hahne L Richter in Dresden und Plauen ausgiebt und bei Händlern zwei Präparate, und zwar „Hahnin", welches angeblich die Leuchtkraft des Petroleums erhöht und „Morpheum", das wiederum ein Mittel gegen Insekten sein soll, zum Kauf anbietet. Weder in Dresden, noch in Plauen bei Dresden, noch in Plauen i. V. ist eine Firma des angegebenen Namens bekannt. *— Unberechtigtes Zettelankleben ist als Sachbeschä digung anzusehen. Anläßlich der Klage eines Haus besitzers gegen einen Geschäftsmann, der nächtlicherweise Reclameplakate an den Wänden des Hauses, ohne die Erlaubniß des Hausherrn dazu nachzusuchen, angeklebt hatte, entschied das Amtsgericht, die Strafthat sei sowohl grober Unfug als Sachbeschädigung und verurtheilte den Geschäftsmann zu einer erheblichen Geldstrafe. Ziegelheim, 30. April. Auch im benachbarten Lohma findet, wie schon berichtet, Sonntag, den 30. Juni, eine Fahnenweihe des dortigen Militärvereins statt, für welche folgendes Programm aufgestellt ist: Sonnabend, 29. Juni, abends 8 Uhr Zapfenstreich mit nachfolgendem kameradschaftlichem Beisammensein. Sonntag, den 30. Juni, früh 5 Uhr Reveille, von früh 10—1 Uhr Em pfang der auswärtigen Kameraven, von 1^ Uhr an Aufstellen des Festzuges, Einholung der Fahne, der Fest frauen und Festjungfrauen, 2 Uhr Abmarsch nach dem Weiheplatz (Bachmann'sche Wiesen in Zschernichen). Auf dem Weiheplatz Begrüßung der Festversammlung durch den Vorsitzenden, Weiherede, Uebergabe der Fahne und Uebergabe etwaiger der Fahne zugedachten Geschenke. Es folgt dann der Zug nach dem Festplatz, daselbst Concert und Ball in den Gasthöfen Lohma und Nirken dorf für die Festtheilnehmer. Montag Nachmittag 4 Uhr gemeinschaftliches Esten und Festball, Herr Gast hofsbesitzer Schönfeld in Nirkendorf wird ebenfalls am 30. Juni ein von der Altenburger Stadtkapelle zu gebendes Concert veranstalten und bemüht sein, seinen ihn beehrenden Kameraden und Gästen den Aufenthalt so angenehm, wie möglich zu bereiten. — Ein allgemein geachteter Mitbürger Glanchaus, dessen Berufstüchtigkcit, gemeinnütziges Wirken und treue Arbeit erst noch vor Kurzem auch von Allerhöchster Stelle durch Verleihung des Albrechtskreuzes anerkannt worden ist, Herr Gärtner Kurth, ist, wie das „Gl. T." berichtet, am Montag im 81. Lebensjahre entschlafen. Ms dem Sachse«la«de. — In der Landessynode wurde am Dienstag ein Antrag des Grafen von Vitzthum einstimmig angenommen, durch den der für die Dienstalterszulagen gewählte Sonderausschuß wieder aufgehoben und die bezüglichen Petitionen dem Verfassungsausschuß zugewiesen wurden. Es folgten dann Wahlprüfungen. Für den Sonderaus schuß zur Berathung der Petition zwecks Zusammen schlusses aller deutschen Landeskirchen wurden durch Zu ruf einstimmig die Synodalen Consistorialrath I). Benz, Pastor Wetzke-Bautzen, Präs. vr. Hartmann-Plauen i. V., Geh. Kirchenrath v. Rietschel-Leipzig, Oberbürger, meister Or. Schröder-Plauen i. V-, Sup. vr. Frotscher- Werdau uud Oberparrer v. Graue-Chemnitz gewählt. — .Ter Landessynode ist folgender weittragender An trag zugegangen: Die hohe Synode wolle erklären: Gegenüber dem sogenannten Toleranzantrag des Centrums und den wachsenden Ansprüchen römisch-katholischer Kreise auch in Sachsen, spricht die Landessynode die ver trauensvolle und zuversichtliche Erwartung aus, daß die Königliche Staatsregierung allen Versuchen, die aus der Reformation erwachsene Kirchenhoheit der Einzelstaaten Unterhaltungstheil. Stevens Werft. Roman von Anton v. Perfall. 20) (Fortsetzung.) Er trat zu Gertrud, ergriff ihre Hand und bedeckte sie mit Küssen. Sie betastete seinen Körper, sein Ant litz, dann zog sie ihn herab zu ihrem Schooß und streichelte und herzte ihn wie eben den kleinen Hans, der auf dem Bette lag und mit scheuer Neugier hinüber blickte auf den fremden und doch so bekannten Mann. Plötzlich fing er zu schreien an, er hatte wohl seinen Jrrthum erkannt. Harold fuhr in die Höhe und blickte hinüber, Jette knickte zusammen, Gertrud »faltete die Hände wie zum Gebet und sandte einen hilfesuchenden Blick nach oben. „Du hast es sehr eilig gehabt, Jette, da kam frei lich mein Brief zu spät." „Dein Brief? Welcher Brief?" Jette trat vor, die Ueberraschung gab ihr die Kraft zurück. „Natürlich, Du verleugnest ihn! Wozu denn, wenn er doch zu spät kam, da war ja nichts mehr zu ändern, wer wird denn ein ganzes Jahr auf einen Brief war ten! Das kann nur solch einem Narren wie mir ein fallen! Oder wirklich nicht erhalten und deshalb Dein Schrecken? Ein Gespenst, dem Meer entstiegen, Rechen schaft zu verlangen, — Rechenschaft!" Er lachte auf. „Wem gabst Du den Brief?" fragte Jette. Die Mutter rang nach Worten, der Schweiß perlte auf ihrer Stirne. „Einem Collegen, damals wenigstens Collegen, einem Matrosen in Kapstadt!" „Klein, mit einem blonden Schnurrbart, eine Narbe über dem linken Auge?" fragte Jette mit hochwallender Brust. „Du weißt es ja genau, also doch erhalten?" „Nein, nkcht erhalten, unterschlagen!" „Jette!" flehte die Mutter. „Jawohl, unterschlagen, heute vor einem Jahre am Wyker Markttag." „Und von wem?" fragte Harold. „Von Jürgens!" Die Röthe des Zornes trat in Jettes Antlitz, ihr Körper bebte. „Ter damals schon Dein Mann war, nicht? Aber . .. er hatte am Ende recht, der Brief war für Jette Holm, nicht Jette Steven! Und doch ist er ein Schurke, weil er Dich so lange leiden ließ, Mutter, oder — ja so — er merkte wohl, daß ich Dir unter diesen Umständen auch im Wege war — glatte Rechnung! Verdammt! Das ist ein häßliches Gefühl! Jst's denn möglich, Mutter?" „Ich wußte von dem Brief, er sagte mir alles, aber ich schwieg, weil es doch zu spät war, weil ich es für besser hielt, weil ein Weib nur einem Manne angehören kann, heute, eben jetzt, wollte ich ihr alles gestehen, Jürgens selbst wollte es —" „Weil er Jette reif glaubte für die Nachricht, nicht wahr? Und da muß ich gerade hereinplatzen — Pech! Aber ich lebe nun einmal, muß schon entschuldigen, ich konnte ja nicht wissen, wie alles steht, und daß es ge rade so steht. Jürgens war der letzte, an den ich dachte. Ich erfuhr es erst in Wyk ganz zufällig vom alten Christen Olrich, der Kerl hielt mich für Jürgens, als ich nach Jette fragte. „Was kümmert mich Dein Weib! Bei mir hat sie nichts mehr zu suchen!" sagte er un wirsch und wandte mir den Rücken. Da wußt' ich genug, und offen gesagt, ich besann mich, ob ich überhaupt noch heimkehren sollte. Der Mutter zu Liebe, dachte ich; wenn sie noch lebt, wird sie sich doch freuen —" „Harold! Mein Harold!" Gertrud streckte, alles vergessend, die Arme aus nach dem Sohne, sie blieben leer und fielen kraftlos zurück. „Und der Jürgens, dachte ich, darf auch nicht ganz straflos ausgchen, ich wußte ja nicht, daß der Brief zu spät kam, und wenn auch, man wartet doch sonst ein Jahr auf Hooge. Woher! denn auf einmal diese wilde Hast, diese wilde Leidenschaft bei diesem Menschen?" „Was stand in dem Briefe?" unterbrach jetzt Jette plötzlich ihr schamerfülltcs Schweigen. „Das fragst Du noch? Laß' es Dir von Jürgens erzählen! Oder nein — ich will es Dir sagen, was darin stand: daß ich Dich nicht vergessen kann, daß alle Meere uns nicht trennen sollen, daß ich wiederkomme, so bald als möglich, und Dich holen werde, daß ich fest an Deine Treue glaube — lauter solcher Unsinn stand darin. So sage doch, geniere Dich nicht, es ist ja al bern, so etwas an ein hübsches Mädchen zu schreiben vom anderen Ende der Welt. Mein Stolz, meine Ein bildung war daran schuld! Wer soll Dich denn aus stechen bei einem Mädel wie Jette? Dich, den Harold! Der Jürgens? Ein einziges Mal kam mir der Ge danke, da lachte ich in mir weg. Wo steckt denn der Hausherr?" „Er ist in Wyk und kommt erst morgen nach Hause," erklärte die Mutter mit einem angstvollen Blick, welchen Harold wohl verstand. „Beruhige Dich, Mutter," erwiderte er, „ich werde ihn nicht erwarten. Mein Schiff — ja so — das weißt Du ja noch nicht, — Kapitän bin ich auch, Ka- pitän des Helios! — und ledig — Dein Traum, Mütterchen — Mein Schiff liegt in Wyk, und ich habe Dienst in aller Früh'." „Dein Schiff? Kapitän Harold!" Der Mutter Antlitz leuchtete in stolzer Verklärung. „Sagte ich Dir's nicht, daß es so kommen wird — aber — wie ist mir denn! — dann ist alles gut so — Du bist Deinem Bruder nicht gram, verziehst ihm, kannst bei uns blei- den, nicht bleiben, aber wiederkommen. —" Harold schüttelte das Haupt. „Nein, es ist nicht gut gekommen, und ich komme nie wieder, Mutter, darf nie wiederkommen." (Fortsetzung folgt.)