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Sachsen wurde 13 mal Milzbrand, 1 mal Tollwuth, 3 mal Maul- und Klauenseuche constatirt. *— Nicht 40, sondern nur 25 Prozent wird nach dem „Chemn. Tagbl." der Steuerzuschlag betragen, der in den beiden nächsten Jahren vom Staate erhoben werden soll. Aber auch diese Ziffer ist noch nicht un umstößlich sicher, da erst der Haushaltplan aufzu stellen ist. g sM *— Die bevorstehende Landessynode wird sich u. a. auch mit den gegenwärtig in kirchlichen Kreisen vielfach erörterten, auf einen engeren Zusammenschluß der ver schiedenerlei evangelischen Kirchen Deutschlands gerichte ten Bestrebungen zu beschäftigen haben, da in dieser Richtung Petitionen an sie gelangen werden. Die ver schiedenen im Königreich Sachsen bestehenden kirchlichen Conferenzen haben die Frage einer deutschen National kirche und einer Reichssynode mehrfach berathen und es ist von keiner derselben gegen den Gedanken einer engeren Zusammenschließung der evangelischen Kirchen Deutschlands ernstlich Front gemacht worden, im Gegcn- theil lauten die dementsprechenden Beschlüsse sehr günstig für die Idee. Der in der Angelegenheit zu fassende Beschluß der Landessynode, sowie die Stellungnahme des evangelisch-lutherischen Landesconsistoriums zu ihm wird voraussichtlich Klarheit darüber bringen, wie die maßgebenden Behörden und Körperschaften sich zu den Einigungsbestrebungen in Zukunft Verhalten werden. Ms dem Sachserrlande. — Ter König erfreut sich gegenwärtig des besten Wohlseins. Er macht täglich seine Spaziergänge, fährt aus, empfängt die Minister rc.; nach alledem wird der Monarch sein Geburtstagsfcst in aller Frische begehen können. Toch werden alle rauschenden Veranstaltungen unterbleiben. Auch mit der Ankunft des Kaisers werden keinerlei Festlichkeiten verbunden sein. Kaiser Wilhelm kommt von der Wartburg und fährt nach der Haltestelle Strehlen, um in der königlichen Villa einige Stunden bei dem Königspaar zu verbringen, und wird dann noch denselben Tag die Rückreise wieder antreten. — Im Landeskulturrathe wurde am Sonnabend über Milchregulalive, über die Abänderung des Brannt- weinsteuergesetzes und über Aendcrungen der Normativ bestimmungen für die Anlage von Blitzableitern ver handelt, und nahm man alsdann die Wahl eines neuen Generalsekretärs vor. Im Hinblick auf die geplante Reorganisation des LandeSkulturrathes wurde zunächst eine Vertretung des Gencralssekrctärs beschlossen und damit Herr vr. Raubold beauftragt; sein Gehalt wurde auf 6000 Mk. festgesetzt und ihm in der Person eines akademisch gebildeten Hilfsarbeiters ein Assistent mit einem Gehalt von 4500 Mk. beigegeben. In seiner Wohnung auf der Parkstraßc in Dresden ist am Sonnabend Vormittag der Köuigl. Kammerherr Frhr. v. Fink an den Folgen einer in Ver bindung mit Lungenentzündung aufgetretenen Influenza gestorben. — In Leipzig hat sich ein Komitee zwecks Errichtung einer großen nationalen Buchhändlerbank gebildet. Als Grundkapital sind 10 Millionen Mark in Aussicht ge nommen. — In der Nacht zum Mittwoch brach in der Weisker- schen Holzschleiferei in Obermittwctda bei Schwarzen berg Feuer aus. Nachdem es im Hauptgebäude aus gebrochen war, ergriff es bald das Maschinenhaus und die Tämpferei und fand hier in den Pappen so reich liche Nahrung, daß der Brand bald weit um sich griff. Tas Mobiliar ist fast ganz gerettet, doch dürfte der Schaden an Maschinen und Vorräthen sehr bedeutend sein. Ueber die Entstehungsursache verlautet nichts. — In Jagern bei Meißen ermordete ein Wcrk- führrr aus Meißen seine Geliebte, ein jüngeres Mäd chen, durch Revolverschüssc, worauf er Selbstmord beging. Das Motiv ist unbekannt. Der Werkführer war ver heiratet und Vater von drei Kindern. — Ein Chinakämpfer aus Markneukirchen, Willy Max Piesendel vom 1. Seebataillon, 3. Compagnie, der sich auf der Heimreise nach Deutschland befand, ist am 7. April gestorben. Die Leiche ist in das Mittel ländische Meer gesenkt worden. — Eine in Gersdorf augesetzt gewesene Volksver sammlung mit Auer als Referenten wurde von dem Lberwachenden Beamten noch vor Beginn geschlossen, weil das Lokal ungeeignet sei. — Am Sonnabend Vormittag ^10 Uhr fand in Gegenwart hoher Ehrengäste und zahlreicher Theilnehmer die feierliche Einweihung des neugegründeten Lehrer seminars in Frankenberg statt. Tie Ausführung des Festprogramms, das aus Ansprachen und musikalischen Vorträgen bestand, verlief aufs glänzendste. Besonderen Eindruck erzielten die Reden des Kultusministers vr. d. Seydewitz und des neuen Seminardirectors Dr. Hözel. Ferner hielten Ansprachen Herr Seminardirector Or. Preil aus Grimma, Herr Seminardirector Schneider aus Z;chopau, Herr Bürgermeister Mettig, Herr Ober- pfarrcr Lösch, Herr Realschuldirector vr. Schierlitz, Herr Bürgerschuldirector Burkhardt und Herr Stadtrath Schulze-Frankenberg. Gegen 11 Uhr endete die er hebende Feier. — Am 17. d. ist mit den Vorarbeiten zur Auf stellung eines Denkmals in Wolkall bei Nossen für den verunglückten Prinz Albert begonnen worden. Tie Auf stellung selbst soll bis zum 5. Mai beendet sein. — Der letzten Mittwoch Nachmittag bei Ausübung seiner Dienstpflicht schwer verunglückte Schirrmeister Julius Herm. Meuschke in Götznitz ist während der Operation im Landeskrankcnhause in Altenburg am selben Abend ^ig Uhr im Alter von 56 Jahren verschieden. Altenburg, 20. April. Unsere frühere Meldung bezüglich der Landtagswahl-Candidaten in unserer Stadt finden wir nunmehr durch die veröffentlichte Candidaten liste bestätigt. Darnach empfehlen die reichstreuen Wähler die bisherigen Abgeordneten Oberbürgermeister Oßwald, Commerzienrath Schmidt und Baumeister Frenzel zur Wiederwahl. Dagegen stellen sie dem bis herigen Vertreter der 3. Abtheilung, dem socialdemo kratischen Abgeordneten Buchbindermeister Buchwald, den nationalliberal gesinnten Hoftapezierer Kurze gegen über. Im 4. Bezirke erhält der Amtsvorsteher Schneider, Vertreter der Höchstbesteuerten, im Rittergutsbesitzer Mühlig-Hofmann in Ehrenhain und im 3. Bezirke der Amtsvorsteher Kresse in Lohma im Gutsbesitzer Bauch von Röhrsdorf einen Gegencandidaten. Die sozial demokratischen Abgeordneten im 3. und 4. Bezirke Bau schreiber Reim in Münsa und Materialvaarenhändler Schüler in Ronneburg, sollen durch die zur Ordnungs partei haltenden Candidatnn Gerbermeister Schumann in Langenleuba-Niederhain und Amtsvorsteher Reichardt in Pölzig versetzt worden. In der 3. Abtheilung wird der Wahlkampf jedenfalls ziemlich heftig ausfallen. — Ter Leiste'sche Erbschaftsprozeß hat eine neue Ueber- raschung gebracht. Während der als Sachverständige vernommene Tirector der Landes-Irrenanstalt zu Roda, Herr Medicinalrath Meyer, im Bunde mit dem Bezirks arzte Meisel in Schmölln das Schlußurtheil abgab: „Es ist mit größter Sicherheit anzunehmen, daß die verstorbene Leiste am 8. August geisteskrank und un fähig war, ihre Angelegenheiten selbständig wahrzu- nchmen," ist das hiesige Landgericht zu der Ueber- zeugung gekommen, die Leiste sei bei Errichtung ihres letzten Testaments noch im Besitze ihrer geistigen Kräfte gewesen, wenigstens in dem Maße, daß sie noch rechts- giltig hat verfügen können. Erlangt dieses Urtheil Rechtskraft, dann fällt das Vermögen von über 100,000 Mk. an eine arme Nichte des ehemaligen Buchdruckerei besitzers Leiste in Schmölln, an die unterdessen ver heiratete Frau Schellenberg in Crimmitschau; 20,000 Mk. erhält der frühere Amtsrichter Schubert in Schmölln, welcher das Testament verabfaßt hat, aber dadurch im Staatsdienste unmöglich geworden ist; 10,000 Mk. be kommt der Schmöllner Bürgermeister Kroll, der zu Gunsten der Stadt auf das Geld verzichtet, und die Verwandten der Leiste gehen leer aus. Deutscher Reichstag. 78. Sitzung vom 20. April. 1 Vi Uhr. Auf der Tagesordnung stehen zunächst die von der Commission beantragten Resolutionen zum Urheberrecht. Die erste derselben strebt Verein barung mit den Berner Conventionsstaaten darüber an, daß Uebertragung von Compositionen auf mechanische Musikinstrumente künftig nicht ohne Erlaubniß des Urhebers, Componisten, zulässig sein soll. Die zweite Resolution wünscht, daß bei Neuauflagen und bei Auf führungen von Werken, die nicht mehr geschützt sind, von dem Führer resp. Unternehmer eine Abgabe zu Gunsten bedürftiger Schriftsteller und Componisten ge macht werde. Die dritte Resolution verlangt Neuregelung des Urheberrechts auch an Bildwerken, Photographien, Mustern und Modellen. Bei Berathung der ersten Resolution weist Abg. Rickter (fr. Vrg.) aut die äußerst schwache Besetzung des Hauses bin les sind vielleicht 40 Abgeordnete anwesend . Werde die Resolution wirklich angenommen, so sei dem an> gesichts einer solchen Besetzung des Reichstags überhaurt kein Gewicht beizulegen. Während der ganzen Berathung des Urheberrechts hätten sich die Gegner seiner Anschauung wiederholt auf die Berner Conventicn und die im Auslande herrschende Austastung berufen, um die Annahme seiner Vor schläge zu verhindern. Hier dagegen wolle man die Re gierung aussordern, gerade auf Aenderung der Convention und den Anschauungen des Auslandes hinzuwirken. Damit schließt die Debatte und die erste Resolution wird angenommen. Als der Präsident dies mit den Worten erklärt „das ist die Mehrheit", ruft Abgeord neter Richter „große Mehrheit" (Heiterkeit), Präsident Graf Ballestrem erwidert lächelnd „der Anwesenden!" (Erneute Heiterkeit). Bei Berathung der zweiten Reso lution wird diese zunächst zur Annahme empfohlen durch Abg. Esche (nl.), der damit schließt: über den Modus der Erhebung einer solchen Abgabe brauche sich ia das Haus den Kopf nickt zu zerbrechen, das würde eine angenehme Ausgabe des Reichskanzlers sein. (Heiterkeit.) Abg. Wellstein .Ctr.) befürwortet die Resolution ebenfalls. Abg. Oertel (Bd. d. Landw.) hält die Resolution dagegen stir schwer annehmbar und undurchführbar. Gelangt sie zur Annahme, damit sich der Reichskanzler den Kopf zerbreche, so setzen wir die ganze Resolutionsihätigkeit des Reichstags m der Oeffentlichkeit herab. Auch alle unsre ernster zu nehmenden Resolutionen würden dadurch in den Au-en der Regierung diskrekitirt werden. Ick bedauere schon im Voraus den unglücklichen Geheimrath, der auf Grund dieser Reso lutionen eine Vorlage ausarbeiten soll. Ich möchte dieser Nngtückswurm nicht sein. (Heiterkeit.) Abg Müller-Meiningen (fr. Vp.) erklärt durchaus auf dein Standpunkte des Vorredners zu stehen, die Resolution sei undurchführbar. Er wolle aber nicht untersuchen, auf westen Veranlassung überhaupt so viele derartige mehr oder weniger werthlofe Resolutionen beschlossen würden. Vielleicht wisse das Herr I)r. Oertel besser. Auch Abg. Stadthagen (Socdem) erklärt, seine Freunde würden gegen die Resolution stimmen; ebenso spricht sich Abg. Hasse (nl.) gegen dieselbe aus. Abg. Arendt (frcons.) tritt für seine Person für die Re solution ein. Die Resolution wird sodann abgelehnt. Die dritte Resolution wird debattelos angenommen. Außerdem liegt noch die bereits angekündigte Resolution Büsing und Gen. vor betr. Beseitigung des fliegenden Gerichtsstandes für die Presse. Abg. Richler (fr. Ärg.): Weshalb haben die Antrag steller denn nicht gestern unsern Antrag zum Urheberrecht angenommen. Wenn die Materie des fliegenden Gerichts standes nickt in dieses Gesetz gehört, dann gehört die Reso lution doch ebenfalls nicht hierher. Gestern lehnten sie unsern Antrag ab, weil ihn die Regierung für unannehmbar erklärte. Gerade das Reichsjustizamt ist ja leider sehr oft mit einem Unannehmbar bei der Hand. Ich kenne in ter Reichsregierung kein Ressort, welches )o ost wie das Reicks- lustizamt bei Berathung von Gesetzen das Wort unannehm bar ausspricht. Es liegt ja überdies von uns ein entsprechen der Antrag vor. Abg. Büsing (nl.) So gut wie sie diesen Initiativantrag eingebracht haben, ebenso kann ich doch hier die Resolution einbringen! Abg. Stadthagen (Socdem.) erklärt sich namens seiner Freunde ebenfalls gegen die Resolution. Nachdem Abg. Oertel (Bd. der Landw.) noch für die Resolution eingetreten, wird diese angenommen. Es folgt die zweite Berathung des Verlagsrechts. Beim Z 16 wird ein socialdemokratischer Antrag abgelehnt, welcher die Vorschrift der Gewerbeordnung betreffend Aufdruck des Gcsammtpreises für ein Lieferungswerk auf jede einzelne Lieferung beschränken will. § 28 handelt von Uebertragbarkeit des Verlagsrechts. In der Regierungsvorlage war diese Uebertragbarkeit ohne Einschränkung ausgesprochen. Die Commission hat die Uebertragung nur einzelner Werke, im Gegensatz zu dem gesammlen Berlagsgeschäft, abhängig gemacht von der Zustimmung des Verfassers, zugleich aber be schlossen, daß diese Zustimmung nur aus wichtigen Gründen verweigert werden könne. Ein socialdemokratischer An trag Dietz will ohne jede Einschränkung die Uebertragung von Verlagsrechten von der Zustimmung des Verfassers abhängig machen. Sogar entgegenstehende Vertrags- abmachungcn sollen für die Verfasser nicht bindend sein. Ein Antrag Müller-Meiningen und Träger endlich will die Uebertragung von Verlagsrechten ohne Zustimmung des Verfassers zwar nicht absolut ausschließen, aber doch nur zulassen, wenn es sich handelt um Ueber tragung eines ganzen Verlagsgeschäfts. Dieser Antrag deckt sich also in der Hauptsache mit dem Commissions beschluß, aber unter Wegfall der Bestimmung, daß, wenn es sich um Uebertragung des Verlagrechts über ein einzelnes Werk handelt, die Zustimmung seitens des Verfassers nur aus wichtigen Gründen verweigert werden kann. Nach längerer Debatte, an der sich die Abgg. Müller-Meiningen, Oertel, Schrader, Zehnter, Stadthagen, Arendt und Werner, sowie der Geh. Rath Delbrück betheiligen, wird der Paragraph in der Fassung der Commissionsvorschläge angenommen. Z 38 trifft Be stimmungen für den Fall, daß der Verleger in Concurs geräth. Für diesen Fall wollte die Regierungvorlage dem Verfasser das Rücktrittsrecht vom Vertrage nur geben, wenn er das Werk zur Zeit der Concurseröff- nung noch nicht abgeliefert hatte. Die Commission will dem Verfasser das Rücktrittsrecht geben, sofern die Ver vielfältigung des Werkes noch nicht begonnen hat. Ein Antrag Müller-Meiningen will das Rückkaufsrecht des Verfassers vorbehaltlos aussprechen, doch muß der Ver fasser dem Verleger etwa bereits gemachte Aufwendun gen für Herstellung des Werkes ersetzen. Das Recht auf Veranstaltung für Neuauflagen soll beim Concurse des Verlegers an den Verfasser zurückfallen. Ein An trag Dietz (Socdem.) will in allem Wesentlichen dasselbe wie der Antrag Müller. Abg. Oertel (Bd. d. Landw.) erklärt sich gegen beide Anträge. Der Paragraph wird schließlich in der Commissionsfassung angenommen. Ein Antrag Rintelen, zu bestimmen, daß das Verlagsrecht an einem Bühnenwerk oder einer Composition nicht auch das zur öffentlichen Aufführung einbegreife, wird vom Bundcsrathstische als nnnöthig bezeichnet und vom Hause abgelehnt. Damit ist die zweite Lesung des Ver lagsrechts beendet. Die Resolution der Commission betr. Neuregelung des Verlagsrechts für Werke der bildenden Künste wird angenommen, desgl. eine Reso lution Arendt betr. Entschädigung der Verleger für die ihnen landesgesetzlich aufcrlegteVerpflichtung der Lieferung von Pflichtexemplaren an Bibliotheken. Montag 1 Uhr: Süßstoffgesetz. Schluß 6 Uhr. Vermischtes. Allerlei. Wegen schwerer Urkundenfälschungen, Betrugs und Veruntreuungen im Amte ist der Geh. expcdirende Sekretär und Geh. Calculator im Ministerium des Innern, Robert Meder in Berlin verhaftet und in das Untersuchungsgcfängniß eingeliefert worden.