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Schönburger Tageblatt / ___ Filialen: in Altstadtwaidenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchursdorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wilhelm Dahler, Cigarrcnsabrikant an der Brücke; in Rochsburg bei Herrn Paul Z-Yl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelhe m bei Herrn Eduard Kirsten. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage und nach Sonn- und Festtagen. WWUM Valienburger Ammer Inserate pro Zeile 10 Ps., für auswärts 15 Pf. Tabellarischer Satz wird doppelt berechnet. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Peirig, Lnnzena«, Lichtenstem-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezick. Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rutzdorf, Fernsprecher Xr. v. Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 1901. Mittwoch, den 27. März *< An dem kommenden ersten April wäre Fürst Bismarck 86 Jahre alt geworden. Wer weiß, ob's dem Fort Ich werde im Dienst Ter Zar entgegnete Schlafrocks wärmt sich Jeder allein die Hände, mit den andern Fingern!" Zukunft bei Ihrem Alter?" sterben!" lautete die Antwort. den. Tie Entschädigungssummen sollen schon im Laufe des Monats April zur Auszahlung gelangen. Bis jetzt sind allerdings nur die Entschädigungsansprüche eines kleinen Theils der Transvaal-Ausgewiesenen anerkannt worden. Ter Verein der Transvaal-Ausgewiesenen in Berlin umfaßt allein 127 Personen, welche Entschädigungs ansprüche geltend machen. Unter ihnen befinden sich zahlreiche Kaufleute und Handwerker. Es handelt sich also wesentlich um kleinere Leute, die ihren Verlust schwer tragen; die englische Regierung hat also doppelten Anlaß, sich ihrer Verpflichtungen mit thunlichster Eile zu entledigen. Zur ostafrikanischen Eisenbahnfrage hat der Ausschuß der deutschen Kolonialgesellschaft eine Ent scheidung gefaßt, in der die unverzügliche Inangriffnahme des Eisenbahnbaus Taressalaam-Mrogoro als unum gänglich erforderlich für die wirthschaftliche Entwickelung unsres ostafrikanischen Schutzgebietes bezeichnet werden. Oesterreich-Ungarn. Die „Los von Rom"-Bewegung in Oesterreich macht weitere Fortschritte. In Teplitz, Schönau, Turn und Umgegend sind abermals 62 Personen zur evan gelischen Kirche übergetreten. Italien. Ter italienische Ministerpräsident Zanardelli soll sich dem Berichterstatter eines Newyorker Blattes gegen über, dessen Specialität allerdings mehr die Sensation als die Wahrheit ist, über den Dreibund und die Handelsvertragspolitik Italiens eingehend geäußert haben. Danach soll der Minister betont haben, daß die politischen Bündnißverträge vor den Handelsverträgen abliefen, und daß die Neugestaltung der letzteren nicht ohne Einfluß auf die Erneuerung des Dreibundes sein würde. Der Cabinetschef soll bei dieser Gelegenheit haben durchblicken lasten, daß die Möglichkeit der Nicht erneuerung des Dreibundes garnicht so fern läge; daß der Dreibund aber, falls er doch wieder zum Abschluß kommen sollte, kein andres Ziel als das der Erhaltung des Friedens ohne jede Animosität gegen irgend eine der nicht im Dreibünde einbegriffenen Mächte verfolgen würde. Zanardelli sprach sich dann noch sehr wohl wollend über Frankreich aus, besten Freundschaft der italienischen Regierung außerordentlich werthvoll und um keinen Preis feil sei. Die Auslastungen Zanardellis werden doch wohl etwas anders gelautet haben. Italien hat das denkbar größte Interesse an dem Fortbestände des Dreibundes, und es ist kein Grund ersichtlich, der Italien hindern könnte, das Jahrzehnte lang bestandene Verhältniß zu lösen, Ueberdies ist König Victor Emanuel ein ebenso überzeugter Freund des Dreibundes, als es sein Vater, der König Humbert, war. Trotz des „Newyork Herald" zweifeln wir daher keinen Augenblick an der Fortdauer des Dreibundes, die auch der deutsche Reichs kanzler Graf v. Bülow ganz neuerdings noch, bei Be« rathung der zweiten Chinavorlage im Reichstage, als über jeden Zweifel erhaben bezeichnet hatte. Endlich bleibt noch daran zu erinnern, daß das Cabinet Zanar- dem Auswärtigen Amt in Berlin und der englifchen Regierung Verhandlungen stattgcfunden, die nunmehr zum Abschluß gelangt sind. Eine Deputation Trans vaal-Ausgewiesener erhielt im Auswärtigen Amte die Mittheilung, daß sich die englische Regierung bereit er klärt habe, den ausgewiesenen jetzt zum größten Theil in Berlin ansässigen deutschen Eisenbahnbeamten Ent schädigungen zu gewähren. Für einzelne der Geschädigten sind bereits Beträge bis zu 5000 Mk. festgesetzt wor Kitterungsbericht, ausgenommen am 26. März, nachm. 4 Uhr. . . , .. _ . o c. Barometerstand 757 MW. «educirt auf den Meeresspiegel. ThermometerftanL -4- 0° 6. (Morgens 8 Uhr — 2 6.) Feuchngkeltsgehau der -Ust nach Lambrechts Polymeter 46*/». Thaupnnkt — 11' 6. Windrichtung: Nord. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis 12 Uhr mittags: 4,» mm. Daher Wlltnuugsaussichtev für den 27. März: Wechselnde Bewölkung bis halbheiter. nichts, aber sein Gesicht gewann einen eigenartigen Ausdruck. Bismarck hat ihn erst später verstanden. Die Bismarck'sche Art der Politik wird wohl nach ihm keinen gleichen Verwalter finden! Von seinen Nachfolgern steht ihm in der Auffassung der heutige Kanzler am nächsten, aber in der Gestalt steht Bismarck allein da. Wie der mit der Welt sprach, das konnte eben nur ein Bismarck thun, der die Wahrheit Jedem sagte, verständlich, mochte er sie nun hören wollen oder nicht. Bezeichnend dafür war das mit Bezug auf Frankreich gefallene Wort, falls dies Deutschland noch einmal an greifen werde: „Dann wird es bestraft bis zur Blutleere!" Bismarck würde zu manchem Bild der letzten Zeit seine Bemerkungen gemacht haben. Aber dann würde er auch wieder seinen drastisch-jovialen Ton gefunden haben, etwa: „In den Taschen seines Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser, der keinerlei Verband mehr trägt, machte Montag früh einen Spaziergang im Berliner Thier garten. Nach der Rückkehr ins kgl. Schloß hörte er die Vorträge des Reichskanzlers Grafen Bülow und des Statthalters von Elfaß-Lothringen Fürsten Hohen lohe-Langenburg. Auch am Sonntag ließ der Monarch sich vom Grafen Bülow Vortrag halten. Abends be suchte er mil seiner Gemahlin und dem Kronprinzen die Vorstellung von „Romeo und Julia" im kgl. Schau spielhaus. Vom württembergischen Ministerpräsidenten Frhrn. Schott von Schottenstein, der bekanntlich in einem Kuppeleiproceß als Zeuge auftreten soll, hieß es, er habe sich erschossen. Wie soeben aus Stuttgart mitgetheilt wird, beruht die Nachricht von dem Selbstmord auf „leichtfertiger Erfindung." Das Befinden der Kaiserin Friedrich wird als ein verhältnißmäßig gutes bezeichnet. Die Spazierfahrten in die nähere und weitere Umgebung von Schloß Fried- richshof, die in den letzten Tagen der rauhen und stür mischen Witterung wegen eine Einschränkung erfahren mußten, sind jetzt in vollem Umfange wieder ausgenommen worden. Von einer Demoralisation der Jugend und von einer Verminderung des Ansehens der Krone hatte Kaiser Wilhelm zu dem Präsidium des preußischen Ab geordnetenhauses gesprochen. Es wird dem Kaiser wohl- thun, wie es dem deutschen Volke eine Genugthuung bereitet, daß die von dem Monarchen im Gefühl einer begreiflichen Bitterkeit geäußerten Bemerkungen im Aus lande angezweifelt werden. Londoner Blätter haben er klärt, die deutsche Kaiserkrone habe noch nie zuvor glän zender gestrahlt und ehrfurchtgebietender geschienen als jetzt, da sie Kaiser Wilhelm II. auf dem Haupte trägt, und die französische Presse erklärt, daß man von einem moralischen Niedergange, von einer Demoralisation des deutschen Volkes nichts bemerken könne. Wegen der Entschädigungsansprüche der aus Transvaal ausgewiesenen Deutschen haben zwischen alten, müden Recken ein so großer Genuß gewesen wäre, die letzten Jahre zu erleben. Wenn irgend Jemand, so war doch der einstige Deichhauptmann von Schön hausen frei von Sentimentalität, aber bei den seltsamen Bildern, die uns seit seinem Tode mehr als genug be- scheert wurden, hätte er gewiß auch allerlei gesprochen und noch mehr gedacht. Er hat's nicht mehr zu erleben brauchen! Tie Worte unseres Kaisers vom letzten Freitag erinnern an eine ähnliche, vor Allem im gleichen Tone gesprochene Aeußerung Bismarck's im Reichstage. Der erste Kanzler sprach damals vom blinden Hödur (er meinte damit die Parteigegensätze), der bedrohe, was 1870/71 so schön geschaffen! Ein bei Bismarck doppelt ergreifender Ton stiller Trauer sprach aus diesen Sätzen, und die Zuschauer auf den Reichstagstribünen brachen damals in stürmisches Bravo aus! Auch aus der kaiserlichen Ansprache klingt etwas wie Wehmuth, um dann aber wiever strengem Ernst Platz zu machen. Kaiser Wilhelm II. wies beiläufig auf die Zeit vor zehn Jahren hin. Zum Ausgang des Märzenmonats 1890 verließ Fürst Bismarck für immer das Kanzler- Palais in Berlin. Die Witterung war wundervoll warm, wie im Mai, die Straßen im Zuge des Weges vom Kanzlerhause bis zum Bahnhofe wogten von Menschen, Im zweispännigen Wagen, die Kürassiermützc auf dem mächtigen Haupt, neben sich seinen ältesten Sohn, unter freundlichem Lächeln und Gruß fuhr der eiserne Kanzler zum Bahnhof, unter fürstlichen Ehren, und aufrecht wie ein Mann, verließ er die Stätte so Jahre langen Wirkens. Tie Geschichte ließ damals wohl einen Augen blick ihren Griffel ruhen! Keiner mochte es ihm an sehe», aber in seiner Brust war doch etwas gerissen, was nie wieder sich hat zusammenknüpfen lassen. Er schien äußerlich der Alte, aber daß er der Alte nicht mehr war, das wußte Jeder, der ihm nahestand. Bis marck war eine Kampfnatur, wie sie ein Jahrtausend kaum einmal hervorbringt. Daß ihm das Schwert in der Hand zerbrochen, konnte er nicht verwinden, das hat ihn alle die folgenden Jahre gequält, bis das Ende kam. Die Welt wurde einst von einem Manne mit Pfeife und Schlafrock regiert, so konnte man sagen, aber sie wurde regiert. Das ist keine Uebertreibung, Bismarck's Wort galt überall. Und daß es galt, ohne daß sich der, welcher es sprach, aufdrängte, das gab der That- sache erst die rechte Bedeutung. „Was wird Bismarck dazu sagen?" so hieß es in jedem Staat, bei jeder Angelegenheit von internationaler Bedeutung. Und auf die Aeußerungen in Bismarck's bekanntem Organ wurde mit einer Genauigkeit geachtet, es ward darnach mit einer Promptheit gehandelt, die Erstaunen erweckte. Mit Bismarck ist der Bismack'sche Stil ausgestorben. Leider! Klar, wahr und, wo angebracht, schneidend scharf! Ter erste Kanzler konnte sackgrob werden, aber niemals erniedrigte er sich zu Phrasen. Er verlangte keine Rücksichten und übte keine, und wo es galt, einen Augiasstall voll Jntriguen und Kinkerlitzchen zu räumen, da machte er nicht die Thür zu, damit Niemand etwas merken sollte, sondern er begann kräftig die Arbeit. Und dann ging es gründlich! Mochten sich Andere Nasen uud Ohren zuhalten. Die verwandten Naturen ziehen sich an! Bismarck hat wohl mit keinem lebenden Menschen offener gesprochen, wie mit dem sehr stolzen 'Waldenburg, 26. März 1901.! und steifnackigen Zar Alexander III. von Rußland, der s ' . s " i i kein Freund Teutschland's war, aber Niemanden höher schätzte, als Bismarck. Von diesem Herrscher wurde Bismarck auch gefragt: „Wie denken Sie über Ihre