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kunft seinen Holzbedarf decken soll, jetzt schon Besorgniß erweckt. Tie russischen Holzhändler wollen allerdings von dem Export nach Deutschland zunächst trotz des drohenden Ausfuhrzolles nicht absehen, beabsichtigen viel mehr Sägemühlen einzurichten und das Holz in ver arbeitetem Zustande nach Deutschland auszuführen. Auf verarbeitetes Holz soll der Zoll nicht ausgedehnt werden, und auch für solches rechnen die russischen Händler auf willige Abnahme in Deutschland. Frankreich. Die französische Regierung hat in der Pariser Ab geordnetenkammer einen großen Sieg davongetragen; bei der Berathung des Vereinsgesetzes ist Z 14, einer der wichtigsten Paragraphen des Gesetzes, mit 80 Stimmen angenommen worden, während Abänderungs- und Ver schleppungsanträge fielen. Es steht jetzt noch ein Kampf über den Artikel 16 bevor, der die Confiscation der Güter der Kirche ausspricht. Frankreich hat seine Noth mit der Einführung der zweijährigen Dienstzeit. Die Einführung wird von weiten Kreisen des Volkes gefordert, ein entsprechender Gesetzentwurf ist von der Deputirtenkammer angenommen worden; die Regierung aber vermag sich zu keiner Ent scheidung aufzuschwingen. Das kommt daher, weil diese genöthigt ist, stets mit einem Auge auf die eigenen Interessen und mit dem andern darauf Hinzuschauen, was wohl Rußland zu dieser oder jener Maßnahme sagen möge. Rußland aber wünscht, daß Frankreich bis an die Zähne gerüstet bleibe und steht der Ein führung der zweijährigen Dienstzeit in Frankreich daher schroff ablehnend gegenüber. Waldeck-Rousseau und der Kriezsminister Andrö bemühen sich zwar aufs äußerste, dem russischen Alliirten alle nur erdenklichen Garantien dafür zu bieten, daß Frankreichs Wehrkraft durch die zweijährige Dienstzeit um nichts beeinträchtigt werden würde. Vielleicht läßt Rußland die vorgebrachten Gründe gelten; dann führt das Ministerium die Neuerung sicherlich ein. Verharrt Rußland dagegen auf seinem ablehnenden Standpunkt, dann bleibt Alles beim Alten. Belgien. Tie Anarchisten in Belgien führen noch immer ein recht ungebundenes Leben kümmern sich wenig um die Polizei und polizeiliche Verordnungen, ja schlagen sogar kräftig darauf los, wenn ihnen die Aufsichtsorgane zu dicht auf den Leib rücken. In Charleroi fand jüngst eine große Anarchistenversammlung statt, an der nicht weniger als 2500 Personen theilnahmen. Die zur Aufrechterhaltung der Ordnung anwesenden Gendarmen wurden von Theilnehmern der Versammlung beschimpft, die fortwährend Hochrufe auf die Anarchie ausbrachten. Es wurden Resolutionen angenommen, worin die aus ständigen Arbeiter aufgefordert werden, Gewaltmaßregeln zu ergreifen. Rußland. An den Zaren haben verschiedene russische Pro fessoren mit Umgehung des Instanzenweges eine Ein gabe gerichtet, welche die Bitte um Aenderung der Verhältnisse an den Universitäten enthält. Gegen das Unterrichtsministerium werden schwere Anklagen erhoben; es habe diejenigen Professoren entlassen, deren moralische Eigenschaften und deren Hingabe an ihre Pflicht den wohlthätigsten Einfluß auf ihre Schüler ausüben konnten. Asten. Die Unterzeichnung des russisch-chinesischen Mand schureiabkommens soll heute bereits erfolgen, da russischerseits die gegen das Abkommen erhobenen Be denken und Einwendungen nicht für ernst genug gehalten werden, um die Ratification zu hindern. Lihungtschang soll gleichfalls dem schleunigen Abschlusse des Vertrages das Wort reden. Schließlich ist es wohl auch am besten, die Angelegenheit wird kurzer Hand erledigt, man darf dann wenigstens hoffen, daß Rußland seinen großen Einfluß in China nicht weiter zu Quertreibereien benutzen, viel mehr den Abschluß des Friedenswerkes fördern wird. Ta die Russen überdies ein Ultimatum an China wegen der Unterzeichnung des Abkommens gerichtet haben, so ist die Sache aller Wahrscheinlichkeit schon perfect ge worden, wenn unsern Lesern die Zeilen zu Gesicht kommen. Was die Verhandlungen der Diplomaten betrifft, so geht es damit langsam, recht langsam. Betreffs der Aus übung der Polizei im Gesandtschaftsviertcl soll unter den Gesandten trotz langer Verhandlungen noch keine Verständigung erzielt worden sein. Deutschland und einige andere Mächte fordern die Stationirung regulärer Truppen in Peking, da andernfalls die Gesandtschaften nicht genügend geschützt seien, eine Minorität wünscht dagegen, daß der Gesandtschaftsschutz lediglich durch Polizeitruppen ausgeübt werde. Die deutsche Entschädigungsforderung beläuft sich, wie aus Washington gemeldet wird, auf 60 Millionen Dollars, was ungefähr den deutschen Expeditionskosten im Betrage von 270 Millionen Mark entsprechen würde. Wie aus London gemeldet wird, würde China, falls die Vorschläge Robert Harts zur Ausführung kämen, inner halb 20 Jahren die Kriegsentschädigungen auszuzahlen im Stande sein. Da wäre es doch wohl erwünschter, das Hartsche Projekt fallen zu lassen und eine Erhöhung der Seezölle, wie Graf Bülow meinte, unbekümmert um die etwaigen Interessen des Handels, eintreten zu lassen. Afrika. Die englische Regierung beschloß thatsächlich, wie der „Magdeb. Ztg." gemeldet wird, sofort weitere 25,000 Mann, darunter 15,000 Mann Cavallerie, nach Süd afrika zu senden. Die englische Regierung könnte auch noch die Entsendung weit größerer Verstärkungen beschließen, ohne daß sich die Buren deshalb graue Haare wachsen zu lassen brauchten: England besitzt garnicht soviel kriegsgeüvte Mannschaften, als für eine prompte Beendigung des südafrikanischen Krieges er forderlich sind. Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde von einem Beschluß der englischen Regierung gemeldet, der dahin ging, 50,000 Mann Verstärkungen nach Südafrika zu schicken. Was ist daraus geworden? Garnichts, England hat es bei dem Beschluß bewenden lassen müssen, und anders wird es auch dies Mal nicht werden. Zu der Siegesmeldung von Ventersdorp, in der die englischen Verluste als ganz geringfügige be zeichnet waren, verdient die Verlustliste des Schlacht tages beigefügt zu werden, sie umfaßt 44 Todte, 66 Verwundete, darunter 6 Offiziere und 8 Vermißte alirm Gefangene. So ganz gering sind danach die englischen Verluste also doch nicht gewesen, und hoffentlich erfährt man noch Weiteres über den englischen „Sieg". Ueber das weitere Schicksal des englischen Generals Campbell, der sich nach schweren Verlusten nach Standerton zu rückziehen mußte, schweigen die Londoner Blätter ganz. Aus dem Msldertthale. *Waldenburg, 27. März. Der Frühling scheint ohnmächtig gegen die Gewalt des diesjährigen Winters zu sein. Anstatt milder Frühlingslüfte herrscht eine Witterung, als befänden wir uns im tiefsten Winter; neben dem massenhaften Schnee zeigt das Thermometer Temperaturgrade an, wie sie bei uns Ende März viel leicht seit einem Jahrhundert nicht beobachtet worden sind. Vergangene Nacht sank z. B. das Thermometer auf 12 Grad Celsius unter Null herab. Hoffentlich bringt der heute herrschende Westwind freundlicheres Wetter. *— Die Durchschnittspreise betrugen im Hauptmarkt orte Glauchau im Monat Februar für 50 Kilo Hafer 8 Mk. 61 Pf., für 50 Kilo Heu 4 Mk. 31 Pf., für 50 Kilo Stroh 2 Mk. 63 Pf. *— Die 2. diesjährige Bezirksausschußsitzung wurde am 21. d. nachmittags im Sitzungssaale der König!. Amtshauptmannschaft Glauchau abgehalten. Hierbei fanden nach Erledigung mehrerer die Bezirksanstalt be treffenden Angelegenheiten, beziehentlich bedingungsweise Genehmigung: das Ortsstatut für die Gemeinde Rothen bach, das Einquartirungs- sowie das Hundesteuerregu lativ für die Stadtgemeinde Callnberg, die Dispensations gesuche in Dismembrationssachen Zeunes in Hohndorf und Löschers in Mülsen St. Micheln, die Schankerlaub nißgesuche Geylers in Meinsdorf, Rabes in Thurm, Junghanns in Lobsdorf, Pohlers' in Waldsachsen, Faul- wctters in Rüsdorf, Rabes in Niedcrschindmaas, Ottos in Oberlungwitz. Dagegen wurden die Schankerlaub nißgesuche Weises in Reinholdshain, der verw. Jacob in Niederschindmaas, Jakobis in Remse, Mehlhorns in Oberlungwitz, sowie die Gesuche Winters in Rödlitz um Erlaubniß zur Veranstaltung von Singspielen und Schuberts in Mülsen St. Jacob um Erlaubniß zur Ab haltung Von Vereins- und Gesellschaftsbällen mangels Bedürfnisses abgelehnt. Ferner beschloß der Bezirks ausschuß die Einziehung des Uhlmannsdorf-Heicrsdorfer Communicationsweges in den Fluren Ziegelheim und Uhlmannsdorf für den öffentlichen Fährverkehr zu ge nehmigen und faßte des weiteren Entschließung in einer Verwaltungsstreitigkeit, sowie über einen Anlagerekurs und eine Beschwerde in Wasserzinssachen. Nachdem sich sodann der Bezirksausschuß wegen der Wahl eines Ver trauensmannes zu dem Ausschüsse für die Aufstellung der Geschworenen- und Schöffenliste im Bezirke des König!. Amtsgerichts Glauchau und eines Sach verständigen für die Viehseuchencommission im Bezirke Unterhaltungstbeil. Auf der Felseninsel. Eine Erzählung aus den norwegischen Schären. Von M. Ottesen. 31) (Schluß.) Der Pastor räusperte sich bedeutungsvoll. „Eine höhere Fügung," verbesserte sich der andere schnell, „daß Sie gerade heute dies Medaillon verlieren mußten, daß ich der Finder war. Nichts leichter zu beweisen, als Ihre Identität — ich kenne Zeugen, welche dem Trauakte Ihrer Eltern beiwohnten, ehe sie das Land verließen — und unser Freund, Olaf Raven- skjold, wird gewiß glücklich sein, Sie zuerst als Verwandte zu begrüßen, die angebetete Cousine dem Kreise zuzuführen, dem Sie durch Geburt uud Schön heit angehören — —" „Nein, nein, das soll nie und nimmermehr geschehen," rief Gunhilda, sich wie hülfesuchend an die Brust ihres Pflegevaters werfend. „Hier bleibe ich, hier ist meine Heimat. Weiß ich auch jetzt, daß ich nicht dazu be stimmt bin, das volle reine Glück zu genießen, das ich mir einst ersehnte, so weiß ich auch, daß ich daran sterben würde, stieße man mich von dieser Insel fort. Für Dich, Vater, will ich leben und für jene dort, denen ich den Trost ihres Alters raubte —" „Und für einen elenden, dummen Kerl, Gunhilda, dem allein seine Liebe das Recht giebt, um Dich zu werben, der wohl weiß, daß er nicht Werth ist, Deine Schuhriemen zu lösen —" unterbrach sie Sigurd, der sich ungestüm durch den Kreis Bahn gebrochen hatte und jetzt jubelnd die Geliebte in seine Arme schloß. „Zusammen wollen wir an dem Glück dieser armen,! verlassenen Schären bauen. Leben wollen wir hervor- rnfen in diesen Steinen, und so Gott will, sollen des Menschen Muth und des Menschen Willen die rauhen Elemente zwingen, ihm nutzbar zu sein." Während alle frohlockend das junge Brautpaar um ringten, sprach ich leise mit Doktor Falsen und dem Leuchtthurmverwalter. Ter alte Schiffer war zu Thränen gerührt, dabei aber praktisch genug, um auf die Winke und Vorschläge des gewandten Weltmannes einzugehen. Wir beschlossen, daß Gunhilda ungesäumt ihren Vater namen Gianelli annehmen sollte, und der Leuchtthurm verwalter gab seinem Freunde, dem Kaufmann, einen derben Schlag auf die Schulter, als dieser sich uns näherte. „Na, Alter," rief er mit seinem schlauen Augenzwin kern, „was sagst Du denn zu dieser vornehmen Schwie gertochter, die Dir obendrein, wie unser Freund hier versichert, eine ansehnliche Mitgift ins Haus bringt?" Der brave Fischwaarenhändler konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Er bewahrte jedoch seine Würde und sagte mit wirklichem Gefühl: „Gunhilda war stets die Tochter meines Herzens; auch ohne Namen und Vermögen Hütte ich sie willkommen geheißen. Ihr recht liches Erbe wird aber dazu beitragen, dem alten Hand lungsplatze neuen Glanz zu verleihen, und wenn der Hafen von Schiffen wimmelt, wenn Arbeit genug für den Arbeitsuchenden zu finden ist — da wird ihr Name ringsum in den Schären segnend genannt werden." „So hat das Kind Dir doch Heil gebracht," sagte der alte Schiffer still. In dem allgemeinen Aufruhr, in welchen diese Be gebenheiten die Gemüther versetzten, schlich ich unbe merkt auf mein Zimmer. Noch heute wollte ich die Gegend verlassen, an Sigurds Stelle mit dem Schiffe absegeln, um mich dann in Christiania der Expedition nach dem Polarmeer auzuschließen. Glücklich hatte ich die Brücke erreicht, wo Rasmus nach Verabredung mit dem Boote meiner harrte. Ta trat der Mond in vollem Glanze aus den schwarzen Wolken hervor, die sich oben am Himmel jagten. Klar und hell fiel sein Schein auf den Platz, und jetzt sah ich, daß ich nicht allein war. Mir entgegen trat Haw- nah, blaß und ernst wie noch nie. Zitternd, als fürchte sie, zurückgestoßen zu werden, hielt sie mir die Hand hin, und ich hörte die leisen Worte: „Seien Sie mir j nicht böse, daß ich Ihnen gefolgt bin — es litt mich aber nicht mehr unter den andern — die Mutter wird ! mich schelten, aber ich mußte, ich wollte Sie noch ein mal sehen — Ihnen Lebewohl sagen —" Thränen erstickten ihre Stimme. Ihr Mitleid, ihre Sorge um mich thaten mir wundersam gut. Sie schmolzen die harte Eisrinde, die sich um mein Herz gelegt hatte, als ich Gunhilda glückstrahlend uud hin gebend weich am Arme ihres Auserkorenen sah, und die Hand des lieblichen Mädchens ergreifend, sagte ich bewegt: „Dank, tausendmal Tank, daß Du kamst — nie werde ich diese Stunde vergessen, in der Du dem Einsamen, Verlassenen wie ein Engel des Trostes er schienst. — Ich gehe jetzt — ich muß, ich kann nicht bleiben." „Und meiner werden Sie ganz vergessen," rief sie mit einer Verzweiflung, einer Leidenschaft, die sie plötz lich um Jahre älter erscheinen ließ. „Nein, nein, jetzt verstehe ich es wohl: derjenige, der weiß, daß ein Wesen auf Erden in Liebe seiner ge dacht, der wird kein rastloser Wandersmann — als ein anderer, ich hoffe, als ein besserer Mensch, kehre ich zurück — Hannah, auf Wiedersehen!" Ich sprang ins Boot, und sie blieb unbeweglich am Strande stehen, vom Mondlicht umflossen, wirklich einer jener Lichtelfen gleich, die dazu berufen sind, dem Irrenden den Weg in das winkende Alfeland zu zeigen. Hoch gingen die Wellen, die Nixentreppe, nach der ich unwillkürlich ausspähte, unter ihrem Schwalle be grabend. Ein Jüngling in Sinnen und Denken hatte ich die Insel betreten; als ein Mann, der den Ernst des Lebens kennen gelernt hat, zog ich jetzt daran vor über in der dunklen Nacht. Schimmernd wie ein Stern der Hoffnung strahlte aber der Helle Schein vom Leuchtthurm hinaus in die Finsterniß, und an meinem Herzen barg ich ein kleines, verwelktes Sträußchen »Vergiß mein nicht!'