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Zugleich weit verbreitet in den Städten Pexig, Lxuzeaa«, Lichteuftcm-CaUnÜerg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standcsamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Kernsprecher Nr. s. Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. M 66. Mittwoch, den 20. März iM. und selbe Angst der eigentliche Grund gewesen ist, warum der Oberbefehl des Grafen Waldersee nicht thatsächlich' aber auch genöthigt gewesen, einer Deputation der englischen Polizisten stand kürzlich vor dem eng lischen Geschworenengerichte in Schanghai zur Ver handlung. Die Anklage richtete sich gegen den englischen Polizeisergeanten Champion, der der Ueberschreiiung seiner Amtsbefugnisse beschuldigt war. Trotz der für den An geklagten ungünstigen Rechtsbelehrung des Vorsitzenden Richters kamen die Geschworenen zu einem freisprechen den Urtheil. Aus dem Ergebniß der Verhandlung hat aber der Gemeinderath Veranlassung genommen, den Angeklagten im TiSciplinarwege aus dem Polizeidienst zu entfernen, seinem Bedauern über den Vorfall Aus druck zu geben und dem verletzten, noch nicht völlig wiederhergestellten deutschen Soldaten Beblo ein Schmer zensgeld von 5000 Mk. zuzuwenden. Ueber die diplomatischen Verhandlungen in Peking sind neuere Nachrichten nicht zu verzeichnen; die Ver handlungen rücken wie bisher im Schneckengange von der Stelle und bieten gerade kein erfreuliches Beispiel. Militärische Operationen von Belang haben in Tschili neuerdings auch nicht stattgefunden, sind auch während der Abwesenheit des Grafen Walderfee nicht zu erwar ten. Tas Hauptinteresfe bietet nach wie vor Rußland. Eine Londoner Meldung, daß Rußland in der Mandschurei» srage nachzugeben gedenke, ist natürlich ganz bedeutungs los. Rußland ist froh, durch Englands Hilfslosigkeit in die glückliche Lage gekommen zu sein, die seit mehr denn 50 Jahren vorbereitete Annexion der Mand schurei nun endlich durchzuführen und denkt nicht an ein Zurück. Wie wenig ihm gerade England imponirt, „B. von Bäckerei-Arbeiter Deutschlands die nachgesuchte Audienz zu gewähren, und das mochte Graf Bülow nicht. Er lehnte daher den Empfang der Meister ab, um ohne Weiteres auch den der Arbeiter ablehnen zu können. Der deutsche Reichstag feiert am 21. d. M. das Jubiläum seines dreißigjährigen Bestehens. An diesem Tage hielt der Reichstag vor 30 Jahren die erste Sitzung der ersten bis zum 15. Juni desselben Jahres dauernden Session. Am 16. Juni sand der Siegesein zug der Truppen in Berlin statt. Seine erste Sitzung hielt der Reichstag im Sitzungssaale des damaligen preußischen Abgeordnetenhauses am Dönhoffplatze. Ueber den neuen Zolltarif eine Einigung zu er zielen, fällt außerordentlich schwer; die bezüglichen Ver handlungen zwischen den Reichs- und preußischen Staats vertretern sind noch immer nicht zum Abschluß gelangt, so daß das preußische Staatsministerium erst in einigen Wochen Beschluß über den Entwurf fasten wird, der alsdann erst den Bundesregierungen zugeht. Nachdem diese geprüft und ihre Wünsche zum Ausdruck gebracht haben, gelangt der Tarifentwurf erst an den Bundes- rath. Da dem Bundesrath aber gleichfalls ausreichende Zeit zum Studium des Tarifs gelassen werden muß, so ist es selbst bei einem spätern Reichstagsschluß unmög lich, die Vorlage noch im Laufe dieser Session den Volksvertretern zu unterbreiten. Ter Reichstag, so heißt es, wird alsdann im Herbst zeitig einberufen und un verzüglich mit dem Zolltarif befaßt werden. Ob Rück sichten auf Rußland im Augenblick der Chinakrise für die Gründlichkeit der Berathung des Zolltarifentwurfs in Betracht kommen, wird ohne Frage demnächst den Gegenstand in politischen Erörterungen bilden. Ausge schlossen wäre eine solche Annahme ja nicht. Die N. N." bestreitet, daß die Großindustrie einen Zoll 6 bis 6^/, Mark wünsche. Asten. Ein Streitfall zwischen deutschen Soldaten "Waldenburg, 19. März 1901. So befriedigend die vom Reichskanzler Grafen Bülow gegebenen letzten Ausführlingen über die allgemeine Lage in China für den deutschen Reichstag waren, so ist es doch ziemlich unaufgeklärt geblieben, wie es denn in Wahrheit mit dem Oberbefehl des Grafen Waldersee und der Mitwirkung der fremden Truppen bei der Wiederherstellung und Sicherung der allgemeinen Ord nung steht. Auch dem wenig argwöhnischen und wenig aufmerksamen Zeitungsleser ist es schon seit geraumen Wochen seltsam vorgekommen, daß von Streifzügen un serer deutschen Truppen, die sämmtlich mit vieler Bravour ausgeführt wurden, recht häufig die Rede war, während von einer kriegerischen Thätigkeit der Soldaten der anderen interessirten Staaten nur selten gesprochen wurde. Die Russen waren freilich auf dem Posten, aber nicht in Tschili, für welche chinesische Provinz Graf Waldersees Oberbefehl hauptsächlich gilt, sondern in der Mandschurei, die sie, wie ja ein jedes Kind längst weiß, haben und behalten werden, mag darüber oder dagegen auch noch so viel geschrieben, gesprochen oder depeschirt werden. Der Zar hat seine Zeit, die Verlegenheit der Engländer, weise benützt. Als Graf Waldersee in seiner Eigenschaft als Ober befehlshaber der Truppen der „Verbündeten", aber wie sich inzwischen herausstellte, sehr wenig durch Einigkeit verbundenen Regierungen nach Ostasien ging, galt er als unumstritten erste militärische Autorität für China. Wenige Wochen nachher aber kam schon der Erlaß des Zaren Nikolaus, welcher die große Mehrzahl der russi schen Truppen aus Tschili abberief, sie damit der Ver fügung Waldersees entziehend. Auch die amerikanischen Regimenter wurden vermindert, die Soldaten wurden auf den Philippinen gebraucht, und die übrigen Regie rungen vermehrten ihre Streitkräfte in Ostasien jeden falls nicht, so daß die rund 20,000 deutschen Krieger die geschlossenste Macht darstelltcn. Graf Waldersee tauschte mit den fremden Befehlshabern die entsprechen den Höflichkeiten aus, aber seitdem sind die Herren offiziell wenig beisammen gewesen. An den deutschen Expeditionen haben anfänglich Eng länder, Franzosen, dann und wann auch Japaner theil genommen. Seit Neujahr waren die Deutschen meist auf sich allein angewiesen. Unter den Soldaten der verschiedenen Nationalitäten sind keinerlei Mißverständ nisse oder gar Zwistigkeiten vorgekommen, speciell Deut sche und Franzosen haben sich ganz ausgezeichnet ver tragen. Tie französische Regierung wäre auch wohl, trotzdem die Revancheleute in Paris die Unterstellung der französischen Soldaten in China unter das deutsche Obercommando mit scheelen Augen ansehen, zu einer engeren Verbindung mit uns bereit gewesen, aber Frank reich hat nun einmal, was ja Jeder weiß, Rußland zu folgen. Darauf ist es auch wohl zurückzuführen, daß Franzosen und Deutsche sich mehr von einander trennten. Vor einigen Wochen war bekanntlich gerüchtweise die Rede davon, Graf Waldersee plane eine große Ex pedition nach Singanfu, um den chinesischen Kaiser nach Peking zu führen. Nicht blos in Paris, auch in London ereiferte man sich schon über den bloßen Ge danken, die Angst, daß Deutschland in China einmal eine gleiche Rolle werde spielen können, wie England in Egypten oder Frankreich in Tunis, trat unverhüllt hervor. Und man kann wohl annehmen, daß diese WitterungSbericht, ausgenommen am 19. März, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 747 WM. veducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -j- 13,5° 0. (Morgens 8 Uhr -j- 7" 0.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymcter 58°/«. Thautzuult 5,s° 0. Windrichtung: Südost. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis 12 Uhr mittags: 0,0 MIU. Daher Witteruagsaussichlcu für den 20. März: Trübe bis halbheiter. in greifbare Praxis für alle fremden Truppen-Con- tingente in China verwandelt worden ist. Angesichts einer solchen Macht und eines solchen offenkundigen Einvernehmens der Mächte untereinander würden die Chinesen längst sich gekuscht haben. Aber die Eifersucht der Mächte, von denen nicht Wenige Deutschland hinter einer Thür gesucht haben, hinter welcher sie selbst steckten und noch stecken, hat zu viel verdorben. Als unsere Soldaten nach China gingen, hieß es, es seien zu viel. Es waren aber nicht zu viel, wir mußten diese Macht haben, um uns nicht zu blamiren. Um England den Rücken zu schützen, sind unsere Krieger nicht nach Ostasien gesandt, wenngleich ja nicht bestritten werden kann, daß die für uns nothwendige Machtent faltung auch England zu Gute kam. Ohne die An wesenheit dieses starken deutschen Corps würde es wohl nicht blos bei dem Fortnehmen der Mandschurei ge blieben sein, sondern Frankreich und Japan mindestens hätten sich auch noch versorgt, da England in Süd- Afrika reichlich festgehalten war. Tank haben wir aller dings für diesen gelegentlichen Liebesdienst von John Bull noch nicht erhalten. Tie Diplomaten haben in China viel verdorben durch ihre gegenseitige Eifersüchtelei, Graf Waldersee war sonst der rechte Mann am rechten Platz; er hätte den ganzen Trubel schnell zu Ende gebracht. So hat er nur durch strenge militärische Pflichttreue glänzen können und dann und wann die Gelegenheit gehabt, unter den Diplomaten selbst zu vermitteln. Deutschland hat in der Uebernahme des Oberbefehls durch den Grafen Waldersee ein Zeichen seiner außerordentlichen Fried lichkeit gegeben, es hat seine Uneigennützigkeit in das hellste Licht gestellt, aber daß irgendwo der Dank dafür sehr bedeutend gewesen wäre, das kann man gerade nicht sagen. Es wird auch wohl künftig so leicht nicht wieder geschehen. Politische Run-schan. Deutsches Reich. Der Kaiser, der Sonntag Mittag den Reichskanzler Grafen Bülow empfing, hörte am Montag den Vortrag des Architekten Ebhardt und des Chefs des Civilkabincts v. Lucanus. Nach dem neuesten ärztlichen Bericht ist das Allgemeinbefinden des Kaisers gut. Die Ueber- häutung der Wunde ist nahezu vollendet, die Schwellung der rechten Gesichtshälfte geringer, aber noch nicht be seitigt. Kronprinz Wilhelm wird erst nach Beendigung der großen Herbstübungen die Universität Bonn beziehen. So meldet die „Post", und sie fügt hinzu, daß der Kronprinz in Bonn auch die Musik Pflegen und Violin- unterricht nehmen wird. Früher ist doch wiederholt mitgetheilt worden, ver Prinz sei bereits ein vorzüglicher Violinspieler. Der Centralvorstand deutscher Bäckerinnungen „Germania" hatte eine Audienz beim Reichskanzler nachgesucht, um mündlich die Bedenken der Bäckermeister gegen die geplante Verordnung über die Hygiene in den Bäckereien zum Ausdruck zu bringen. Der Reichskanzler hat dem Vorstande nun mittheilen lassen, daß er es ablehnen müsse, eine Deputation derselben zu empfangen. Daraufhin hat der Vorstand beschlossen, die in dieser Sache ausgearbeitete Petition dem Reichstage und dem Bundesrathe zu unterbreiten. Der Reichskanzler hätte die Meister sicherlich empfangen, um über ihr Anliegen mündlichen Bericht entgegenzunehmen; er wäre dann