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wie das Allgemeinbefinden gehoben. Die hohe Frau sei andauernd fieberfrei, die Nahrungsaufnahme hin reichend, nur der Schlaf fei durch Schmerzen gestört. Das Leiden habe nur geringe Fortschritte gemacht. Am Sonntag machte die Kaiserin Friedrich seit zehn Tagen wieder die erste Spazierfahrt. Die Kaiserin, die tief in den Pelz gehüllt in ihrem Fahrstuhl saß, wurde hierbei von ihren Töchtern begleitet. König Eduard ließ sich von Prof. Renvers-Berlin, der Sonn tag und Montag auf Schloß Friedrichshof weilte, Be richt erstatten. Nach einer Meldung aus London ist auch die Prinzessin Beatrice zum Besuch der Kaiserin Friedrich abgereist. Die „Nordd. Allg. Ztg." bestätigte, daß der neuliche den Zollkrieg androhende Artikel, falls Deutschland die Getreidezölle erhöhe, aus dem russischen Finanzministerium stamme und daß er verschiedene persönliche Spitzen gegen den Reichskanzler Grafen von Bülow enthalte. Die Thatsache sei bei der Herkunft des Artikels unge wöhnlich, aber richtig, ^ie „Nordd. Allg. Ztg." glaubt indessen nicht, daß der deutsche Reichskanzler geneigt ist, dem Verfasser des Artikels auf diesem Wege zu folgen und die im Handelsverkehr zwischen Deutschland und Rußland obwaltenden beiderseitigen wichtigen Interessen einer persönlich zugespitzten Verhandlung zu unterwerfen. Die Leistungen unsrer Panzerschiffe in China sind nicht gering anzuschlagen, obwohl diese Schiffe an Seegefechten nicht theilgenommen haben. Dem „Berl. Tagebl." wird darüber aus Kiel berichtet: Die Linien- schiffsklaffe hat den Chinesen gewaltig imponirt und zur Steigerung des deutschen Ansehens in China wesentlich beigetragen. Bis 1900 waren neben Japan nur Ruß land und England in Ostasien durch Panzerschiffe ver treten. Das Erscheinen des imposanten deutschen Panzer kreuzers „Fürst Bismarck" und 4 erstklassiger Linien schiffe überzeugte die Chinesen, daß Deutschland auch auf maritimem Gebiete eine Großmacht sei. Die Linien schiffsdivision hat auch in der That zur Lösung der Chinawirren beigetragen und namentlich dem Ausbruch Von Feindseligkeiten in Südchina wirksam vorgebeugt. Eine imposante Kundgebung für die Buren ist nun auch in Mainz erfolgt, woselbst eine Versammlung Von 6000 Bürgern nach einem Vortrag des Buren- commandanten Jooste ein Sympathietelegramm an den Präsidenten Krüger absandte, wie es vorher von Düssel dorf und Elberfeld aus geschehen war. Frankreich. Der Ministerpräsident Waldeck-Rousseau ist von seiner mehrwöchigen Krankheit jetzt so weit wieder her gestellt, daß er Spazierfahrten unternehmen kann. Er wird noch im Laufe dieser Woche in der Deputirten- kammer erscheinen, um sich in gewohnter Weise an den Verhandlungen zu betheiligen und um seinen zahlreichen Gegnern Rede und Antwort zu stehen. Der Führer der Nationalisten Derouldde hält die Revanchetrauben für sauer. In San Sebastian, wo er zur Zeit in der Verbannung lebt, erklärte er, man könne von einem Geschlecht, das den Krieg nicht ge sehen hat, keinen Revanchefeldzug verlangen, den die Väter unterlassen hätten. Oesterreich-Ungarn. Trotz der wiederholten Lärmscenen im österreichischen Reichsrath hofft die Regierung noch immer auf die verfassungsmäßige Erledigung der wichtigsten Gesetzentwürfe. Am 23. März soll die Session ge schlossen werden. Die vorhandene Zeit reicht gerade zur sachgemäßen Erledigung der vorliegenden Entwürfe aus und gestattet keinen Raum für Parteikämpfe. Mög licherweise schweigt die Obstruction während der drei Wochen. Asten. Durch das Entgegenkommen des chinesischen Hofes ist der wichtigste Punkt der Friedensverhandlungen, die Bestrafung der Schuldigen, erledigt und man rechnet allgemein auf eine baldige Herstellung des endlichen Friedens. Die Hinrichtung des chinesischen Cultusministers, sowie des chinesischen Justizministers, zweier Erzbanditen, findet amheutigen Dienstag an derselben Stelle statt, wo im vergangenen Sommer zwei fremdenfeind liche Würdenträger enthauptet wurden. An demselben Tage werden in Singanfu auch die Beamten, deren Enthauptung von den Gesandten gefordert wurde, hingerichtet. Hin sichtlich des Prinzen Tuan, des Vaters des Thronfolgers, erhält sich die Ansicht, daß seine Bestrafung zu einer Aenderung in der Thronfolge führen und ein anderer Prinz zum Thronfolger ausgerufen werden wird. Mit der Rückkehr des Kaiserhofes nach Peking hat es anscheinend noch weite Wege, da der Kaiser Kwangsü noch immer von der Kaiserin-Wittwe vollkommen be herrscht wird, die kein Verlangen trägt, mit den Fremden in unmittelbare Berührung zu kommen. Auch mit der Ruhe und Ordnung im Lande sieht es noch wenig er freulich aus. Bei Paotingfu wurde von den Chinesen ein regulärer Angriff auf deutsche Truppen unter nommen. Den Chinesen bekam der Angriff zwar recht übel, 300 Mann büßten ihren Frevel mit dem Leben, gleichwohl soll noch eine neue deutsche Strafexpedition nach dem Ort der That abgesandt werden, der sich auch Franzosen, Italiener und, falls die Engländer zurück bleiben, auch Russen anschließen werden. Die Russen, die vorzeitig zum Abmarsch bliesen, sind jetzt, da Frieden geschloffen werden soll, überhaupt sehr unternehmungs lustig geworden. Im Hinblick auf die Möglichkeit weiterer Operationen entsandten die Russen 3000 nach Peking und 5000 nach Shanhaikwan! Afrika. Dewets Einfall ins Kapland, auf den man so große Hoffnungen für die Burensache gesetzt hatte, ist nicht nur resultatlos verlaufen, sondern er hat den Buren auch gewaltige Opfer und schwere Verluste ge kostet, wenn es bisher auch noch unbestätigt ist, daß die gesammte Streitkraft Dewets gesprengt worden ist. An den heimischen und ausländischen Börsen, woselbst man im Interesse des Handels eine baldige Beendigung des Krieges wünscht und eine solche nur von einer voll kommenen Unterwerfung der Buren erwartet, wollte man aus der Niederlage Dewets an den Ufern des Oranjeflusses schließen, daß nunmehr der entscheidende Schlag gefallen sei, daß es für die Buren keine Mög lichkeit mehr gebe, den Krieg fortzusetzen und daß der Eintritt des Friedens daher unmittelbar bevorstehe. Ganz so wie sie sich die Börsen vorstellen, liegen die Dinge aber wohl doch nicht. Die Buren waren im Glück nicht übermüthig, sie haben sich aber auch im Unglück nicht verzagt gezeigt. Als Cronje capitulirte, als Johannesburg und dann Pretoria den Engländern in die Hände fielen und bei manchen anderen Schicksals schlägen, die die kleine Heldenschaar während dieses grausamen Krieges betrafen, heißt es in London jedes- Mal: Nun ist die Widerstandskraft der Buren gebrochen, ihre Unterwerfung und der Frieden gesichert. Aber es ist bisher stets anders gekommen, als man es sich in London gedacht hatte. Und so lange Dewet frei ist, so lange gebricht es den Buren nicht an einem Mann, der ihren Muth zu entflammen und ihre Thatkraft anzu spornen versteht. Burencommandos befinden sich noch an zahlreichen Orten des ausgedehnten Kriegsschauplatzes. Und Dewet der Unverzagte wird gewiß keinen Augen blick säumen, sich an die Spitze eines anderen Comman- dos zu stellen und den Kleinkrieg gegen die Engländer fortzusetzen. Ein Mißerfolg, und sei er noch so schwer, kann den Muthigen die Hoffnung nicht rauben, den schlimmen Feind doch noch mürbe zu kriegen. In Lon doner militärischen Kreisen herrscht augenblicklich auch noch keine so unbedingte Siegeszuversicht. Der aus Gesundheitsrücksichten nach England zurückgekehrte General Hunter, zu dessen Ehren ein großes Fest veranstaltet werden sollte, lehnte dies mit den Worten ab: Ich habe zu viel in Transvaal getödtete Freunde zu beweinen und der Krieg ist noch nicht beendet! Nach Privatmeldun gen befindet sich Dewet, der sich nach Prieska zurückge zogen hat, außer Gefahr. Ans dem Muldenthale. "Waldenburg, 26. Februar. Die Gewerbliche Fach- und Fortbildungsschule hierselbst hielt gestern Abend im Rathskeller ihre Hauptversammlung ab, in welcher der Vorsteher Herr Alfred Leonhardt zunächst den Jahres bericht erstattete. Aus demselben ging hervor, daß die Schülerzahl Ostern 1900 92 betrug; neu eingeführt wurde der stenographische Unterricht, an welchem 19 Schüler theilnahmen. Tie Zahl der Mitglieder betrug Ostern 1900 75, hiervon hatten sich 3 abgemeldet und 1 war durch Tod ausgeschieden, neu hinzugetreten sind 15. An Beihilfen gewährte das kgl. Minsterium 2700, die Stadt Waldenburg 500 Mk., ferner eine Reihe von Interessenten, Gemeinden und der Gewerbeverein nam hafte Beträge. Der Vorsitzende nahm hierbei Gelegen heit, hierfür seinen Dank auszusprechen. Der seitens des Kassirers Herrn Kaufmann Opitz erstattete Rechnungs bericht weist eine Einnahme von 4380 Mk. 53 Pf. und eine Ausgabe von 4534 Mk. 74 Pf. auf, wonach sich ein Fehlbetrag von 154 Mk. 21 Pf. ergiebt. Außerdem sind vorhanden 4 Sparkassenbücher mit 1197 Mk. 13 Pf., bez. 1 Mk., 1096 Mk. 90 Pf. (Pätzmann-Stiftung) und 177 Mk. 15 Pf. (Zinsen der August Mai-Stiftung). Die zum Schluß vorgenommenen Neuwahlen ergaben die Wiederwahl des seitherigen Vorsitzenden, Schrift führers, Kassirers und pädagogischen Leiters der Schule; aus dem Kreise der selbständigen Gewerbetreibenden wurden gewählt die Herren Max Härtel und Oskar Kirchhof. Nachdem alsdann noch Herr Oberlehrer Kaese berg dem Vorsitzenden für die bewährte Leitung den Dank der Versammlung ausgesprochen hatte und das Protokoll verlesen worden war, wurde die Sitzung ge schlossen. *— Mitten in die vergnügungsreiche Zeit, in der es an Abwechslung gewiß nicht fehlt, schob sich am gestrigen Abend im Schönburger Hofe auch noch ein Künstlerconcert der Geschwister Boucher. Die Erwartun gen, die man an die wiederholte Begegnung der künst lerischen Begabungen der beiden Schwestern zu setzen berechtigt war, haben sich in mancher Hinsicht erfüllt. Die Beweise hierfür erbrachte in exceptioneller Weise Frl. Ernestine Boucher, eine Geigerin von Temperament und tüchtiger Bildung. Das Programm wies voll- werthige klassische Violinvorträge von Beethoven, Chopin auf, aber auch die prickelnden, graciösen Weisen eines Sarasate und Zarzicki. Das Violinspiel der begeisterten, männlich energischen Künstlerin zeigte sich in oft tief gehender innerlicher Empfindung bei einer staunens- werthen Technik, graciösen Bogenführung, in Reinheit der capriciösenFlageolettöne und frappanten Doppelgriffen, so daß es an einem großen entschiedenen Erfolg nicht fehlte. Nicht ganz erfüllte diese Ansprüche Frl. Elmire Boucher mit ihrem Klavierspiele. Mit sichtlicher Er müdung und nervöser Abspannung trug sie die große Edur-Polonaise Liszts vor, der Solisten von ausge zeichnetem Rufe kaum gerecht werden. Eine brillante Technik entwickelte sie in der Gottschalkschen Tarantella; musikalisch ist diese Nummer wenig werthvoll, sie ist mehr eine Kunststudie. Dafür begleitete Frl. Elmire ihre Schwester gewandt und sicher. Das Publikum war äußerst dankbar, weshalb sich die Schwestern Bou cher noch zu zwei Zugaben verstanden. Von anderer geschätzter Seite geht uns noch folgende Beurtheilung der gestrigen künstlerischen Darbietungen zu: Die Geigerin erweckte schon vor 8 Jahren bei ihrem ersten Auftreten in Waldenburg lebhaften Beifall. Sicht lich hat die junge Künstlerin aber seit dieser Zeit energisch studirt; denn ihre Technik steht jetzt nahezu auf einer schwindelnden Höhe: Arpeggien, Triller, Flageolets, chromatische Scalen, Octaven-, Terzen-, Sextengänge zaubert sie mit einer solchen Sicherheit und Leichtigkeit hervor, daß bisweilen über das Gesicht des Zuhörers ein Lächeln zog. Selbst die vielumstrittenen Probleme der Paganinischen Violintechnik löste die Dame spielend. Bei allem eingehenden technischen Studium hat sie sich keineswegs die Cantilene verdorben, sondern ihr eine Wärme und Süßigkeit erhalten, die dem empfänglichen Zuhörer tief zum Herzen dringen muß. Wie zu er warten, war die Interpretation der Werke eines Sarasate, Paganini, Vieuxtemps und Chopin am echtesten. Fremd liegt dagegen dieser Französin Beethoven mit feinen kraftvollen echt deutschen Gedanken, seiner strengen musikalischen Form und seiner klaren Rhythmik. Die Schwester der Violinvirtuosin, Elmire Boucher, hat sich dem Klavierspiel zugewendet und sich auf ihrer Concert- reise eine schwere, anstrengende und insofern undankbare Aufgabe gestellt, als sie gewiß oft auf sehr minder- werthigen Klavieren spielen muß, während ihre Schwester ihr köstliches Instrument stets mit sich führen kann. Die „Harmonie" sei auch an dieser Stelle bedankt für ihre künstlerische Gesinnung, in welcher sie gestern ihren Blüthner lieh! Tie gleichfalls sehr sympathische Elmire Boucher hat zweifellos ein tüchtiges Studium hinter sich. Ihrer Technik ist viel möglich, die Begleitungen sind zuverlässig und decent. Ein sinngemäßerer Pedal gebrauch ist aber dringend zu empfehlen. Eine gewisse nervöse Unruhe, die ihrem Spiel anhaftet und manche Figur nicht in der gewünschten Klarheit erscheinen läßt, wird sich, wir wünschen es von Herzen! hoffentlich bald heben. Ter Besuch des Concertes wäre für die Solistinnen ein wenig ermuthigender gewesen, wenn nicht das Seminar (das heißt die Seminaristen) durch starken Besuch sein Interesse an derartigen Veranstaltungen bekundet hätte. Um als „gebildeter Mensch" zu erscheinen, kann man, namentlich in unsrer Zeit, einer gewissen musikalischen Bildung nicht entbehren. *— Ostergrüße mit der Feldpost nach China zu senden, bietet sich am kommenden Freitag, 1. März, die letzte Gelegenheit. Diese Feldpost trifft in Shanghai am 3. April ein. Ostersonntag ist bekanntlich am 7. April. *— Der Zeitung „Henne" in Ilmenau schreibt der großherzogliche Fachlehrer Schwab: „In dem in der Milchstraße gelegenen Sternbild der Perseus, bekannt unter dem Namen des Rechens, da die vier Haupt sterne die Form eines solchen Geräthes mit schrägem Stil bilden, ist ein am Freitag entstandener neuer Stern erster Größe entdeckt worden, dessen Helligkeit Tags zuvor noch nicht über die vierte bis fünfte Größe ge wesen sein kann. Dies äußerst seltene Ereigniß giebt uns Kunde von der bereits vorJahren erfolgten Zerstörung eines Sonnensystems, ähnlich dem unserigen, denn daS so plötzlich zu Heller Gluth entfachte Himmelslicht wird wohl bald wieder erlöschen. Die Erscheinung dürfte weitere Kreise interessiren, da, abgesehen von einigen viel schwächeren neuen Sternen, seit bald 300 Jahren kein neuer Fixstern von solcher Helligkeit zu beobachten war, und der biblische Stern der Waisen aus dem Morgenlande einem ähnlichen Ereigniß zugeschrieben wird. Nach Eintritt der Nacht ist der Stern am west lichen Himmel leicht zu finden. Er steht aufwärts von den Plejaden, einem als „Glucke" bezeichneten, dicht- gedrängten Häufchen von 6—7 Sternen mittlerer Helligkeit. Die Lage zu dem obengenannten Rechen ist eine solche, daß man sich den neuen Stern als links vom Stiel befindlich vorstellen kann. Etwas höher, links von der Neuerscheinung, steht ein noch glänzenderer, gelblicher Stern (Copella), sonst ist in der Nachbarschaft besonders nach rechts hin, kein helleres Gestirn vor- Händen. *— Das vorläufige Ergebniß der Volkszählung vom 1. December 1900 im Königreiche Sachsen ergiebt 4,199,758 Bewohner, was gegen 1895 einen Zuwachs von 412,070, d. i. 10,88 Proc. bedeutet.