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Oesterreich-Ungarn. Tie erste Sitzung des Wiener Reichsraths nach der Faschingpause hat Sturm gebracht. Die Tschechen beschwerten sich, daß der Präsident ihre in tschechischer Sprache verfaßten Anträge nicht verlesen habe. Als der Präsident eine ausweichende Antwort gab, sprang der Führer der tschechischen Arbeiterpartei Klofac vor den Präsidentensitz, ergriff eine Geschäftsordnung, zerriß sie und schleuderte die Fetzen gegen die Ministerbank. Der Rumäne v. Wassilko versetzte dem Klofac darauf einen Stoß vor die Brust, daß er zurücktaumelte. Die Tschechen umdrängten Wassilko, der nur durch die Dazwischenkunft seiner Freunde vor Prügel bewahrt blieb. Der Lärm wurde so groß, daß die Sitzung, wie gewöhnlich im österreichischen Reichsrath, abgebrochen werden mußte. Serbien. Jung-Alexander von Serbien ist, wie man weiß, eine sehr selbstherrliche Persönlichkeit. Heute einen neuen Beweis für diese Thatsache. König Alexander ist näm lich sehr erbost auf Oesterreich-Ungarn, weil dessen Regierung die Leiche König Milans nicht herausgegeben, vielmehr dem letztwilligen Wunsche des Todten ent sprochen hat. Er berief mehrere Abgeordnete und den Präsidenten des Parlaments zu sich und sagte: „Ich werde nichts mehr, nicht einmal eine Nadel, in Oesterreich-Ungarn kaufen und hoffe, daß auch das Serbenvolk so Verfahren wird, und ich rechne auf Euch, daß Ihr in dieser Hinsicht auf das Volk einwirkt." Der Kammerpräsident warf ein: „Das wird nicht gehen, Majestät; sehr Vieles, was wir brauchen, wird nicht im Lande producirt, doch handelt es sich nicht darum, daß wir von Oesterreich-Ungarn kaufen, sondern, daß letzteres von unS kauft. Was machen wir, wenn Oester reich-Ungarn seine Grenze sperrt? Dann können wir verhungern." Der König schlug hier mit den geballten Fäusten zusammen und rief im höchsten Zorn: „Aber ich will es so, und es wird so sein müssen." Wohl bekomm ihm die Wandstürmerei! Asten. Ueber die militärischen Vorgänge in China seit Mitte Januar geht der „Nordd. Allg. Ztg." ein authen tischer Bericht zu, in dem Mittheilungen über eine große Expedition in das Gebiet nördlich von Peking gemacht werden. Es liegt in der Natur des Geländes, so heißt es darüber, daß in dem genannten Gebiet die dauernde Pacificirung und der Schutz der friedlichen Bewohner schwerer durchzuführen ist, als in andren Gebieten. Das Gebirge im Norden, Osten und Westen von Peking bietet bei seiner Unwegsamkeit den Boxern und andrem Gesindel zahlreiche Zufluchtsstätten. Die Möglichkeit aber, bei der Annäherung von Truppen immer wieder rechtzeitig in diese Gebirge zu entkommen, giebt ihnen stets neuen Muth, plündernd und brand schatzend über ihre friedlichen Landsleute herzufallen. Dabei kommt nun noch ein sehr ausgedehntes und gut arbeitendes Kundschaftersystem zur Hilfe. Aeußerlich sind es harmlose Bürger oder Kaufleute, thatsächlich aber, und leider nicht erkennbar, Gesinnungsgenossen der Boxer, welche die Truppen von ihrem Ausrücken Unterhaltungstheil. Auf der Felseninsel. Eine Erzählung aus den norwegischen Schären. Von M. Ottesen. 12) (Fortsetzung.) Nichts war zu sehen, ich blickte wieder hinunter, die Mädchen sahen lachend zu mir hinauf — ich selbst war am Ende gar das Naturwunder, das angestaunt wird. Da sollte doch — die naseweisen Tiuger, sie ahnen nicht, wie viel Gelehrsamkeit unter diesem runden Strohhut Versteckt ist. Hier wird es aber wirklich unerträglich heiß, und es ist nur höflich, wenn du dem Nachfolger deines Vaters einen Besuch machst. Deine Einsamkeit brauchst Du ja deswegen nicht aufzugeben. Gesagt, gethan. Langsam trat ich meinen Rückzug an, der mir unendlich schwieriger als das Aufsteigen vorkam. Fast unten angelangt, glitt ich obendrein aus, mein schwarzer Rock wurde grau übertüncht, und meine Hände kriegten einige Moose zu fassen, die ich nicht des Bota- nisirens wegen ergriffen hatte. Ein unterdrücktes,, silber helles Lachen erklang dicht über mir, einen Moment blickten mich zwei schelmische, braune Augen an, doch ehe ich mich so weit gefaßt hatte, um zu untersuchen, ob ihre Eigenthümerin noch ein Kind oder eine Dame sei, war die kleine, zierliche Gestalt schon im Garten verschwundeu. Die Freitreppe hatte sich unterdessen immer mehr be völkert. Neben einer hohen, schlanken Dame, welche eifrig strickte, stand ein kleiner, behäbiger Herr mit einem schwarzen Käppchen auf den grauen Haaren und betrachtete mich aufmerksam durch große, runde Brillen gläser. Ich näherte mich zögernd, als ein kleiner weiß haariger Junge, der sich bisher mit den Hühnern herum gejagt und muthig einen Angriff gegen den großmächti gen Truthahn unternommen hatte, auf mich zugerannt kam. an beobachten und bedrohte Ortschaften rechtzeitig warnen. Trotzdem hat aber jede der entsandten Expeditionen ihr Ziel vollkommen erreicht. Von Peking aus waren das die Expeditionen Graf Aork, Pavel, Trotha, Wangen heim, ausnahmslos deutsche Expeditionen. Die große auf 80 Tage berechnete Expedition des Grafen Waldersee wird von diesem persönlich geführt werden. Unter Waldersee übernimmt der französische General Voyron ein Commando. Außer Amerika wer den sich nun doch die Truppencontingente aller übrigen Mächte an der Expedition betheiligen. Diese selbst wird jedoch nur dann zur Ausführung kommen, wenn die Chinesen während der ihnen gewährten achttägigen Bedenkzeit bei ihrer ablehnenden Haltung gegenüber den Forderungen der Mächte verharren. Die chinesischen Bevollmächtigten Lihungtschang und Prinz Tsching ließen den Hof nicht in Unklarheit, daß die Tinge für China sehr bös werden könnten, wenn der Kaiser und die Kaiserin-Wittwe nicht endlich ihre Zustimmung zu den Forderungen der Mächte ertheilten. Sie telegraphirten nach Singanfu, nachdem der Beschluß Waldersees, eine Expedition zu unternehmen, bekannt geworden war, und sie telegraphirten jedesmal aufs Neue, sobald ein fremd ländisches Truppencontingent seine Betheiligung an der Expedition zusagte. Also bange gemacht ist der kaiser liche Hof, und hoffentlich erweist sich auch bei ihm die Furcht als der Weisheit Anfang. Kommt die große Expedition zur Ausführung, so wird sie gleichzeitig, und zwar in 6 starken Abtheilungen, von Peking, Tientsin und Paotingfu ausgehen. Alle Truppen, namentlich aber die Deutschen, werden für die Expedition scharf gedrillt. Aus chinesischer Quelle verlautet jetzt, der Hof in Singanfu habe sich mit der von den Mächten geforderten Bestrafung der schuldigen Würdenträger ein verstanden erklärt. Trifft diese Nachricht zu, so be deutet sie die Beendigung der Chinawirren, da über alle sonstigen Sühne- und Entschädigungsfragcn längst Uebereinstimmung herrscht und nur die Differenzen wegen der Bestrafung der Schuldigen unausgeglichen blieben. Der Dank für diese Wendung zum Besseren gebührte dann aber Niemand anderem, als dem Grafen Walder see, der durch seine endgültige Ankündigung einer ge waltigen Strafexpedition dem Hofe eine so heilsame Furcht eingeflößt hätte, daß dessen Widerstand gebrochen wurde. Sollte aber die Friedensbotschaft den Thatsachen Vorauseilen, dann wird Graf Waldersee wahr machen, was er sich vorgenommen, und die heimtückischen Chinesen werden in einigen Wochen zu Kreuze kriechen. Afrika. Den Buren muß es gut gehen, denn Lord Kitchener hat wieder einmal die Sprache gänzlich verloren. Dewet lacht seine rathlosen Verfolger aus und setzt den Kleinkrieg mit bestem Erfolge für seine Leute fort. Die reichen Proviantzüge der Engländer sind ihnen stets eine ebenso sichere wie willkommene Beute. Die un unterbrochene Ausdehnung der Pest in Kapstadt steigert die Besorgnisse der Engländer um das, was werden mag, naturgemäß im hohen Grade, und die Erklärung der Kapholländer gegen eine Unterwerfung der Buren „Komm nur mit," sagte er mit altkluger Miene, in dem er mich vertraulich bei der Hand faßte. „Ich weiß schon, daß Tu Olaf heißt, wie der fromme König, der Norwegen eroberte und bekehrte." „Du bist ja ein kleiner Gelehrter," erwiderte ich lachend. „Wer hat Dir denn das alles gesagt?" „Vom König Olaf habe ich in der Geschichte gelesen," sagte er ernsthaft. „Von Dir hat unS aber Gunhilda erzählt. Sie kam schon heute morgen zu uns, und ich hörte, wie sie der Mutter sagte, Du wärest ein braver, lieber Mensch und wolltest den ganzen Sommer bei ihnen im Leuchtthurm wohnen. Jetzt aber schnell, die Eltern warten!" Ich überließ mich widerstandslos seiner Führung, und bald war ich mit der Familie so vertraut, als hätte ich sie alle mein Lebtag gekannt. Die Bemerkung deS vorwitzigen Jungen, nebenbei des verzogenen Lieblings der drei älteren Schwestern und ihrer Freundin Gun hilda, hatte mich in die beste Laune versetzt. Ich bot alles auf, um einen günstigen Eindruck hervorzubringen, sprach begeistert von der Schönheit der Gegend, von dem Glück, wieder in der alten Heimat zu sein. Die guten Pfarrersleute nickten mir lächelnd zu, und auch Gunhilda schien mit Genugthuung das Lob zu hören, welches ich ihrer geliebten Insel spendete. Mir wurde ganz warm ums Herz beim Anblick dieser offenen, verguügten Gesichter. Wie lange war es her, seit ich Menschen gesehen hatte, die wirklich mit ihrem Los in dieser Welt zufrieden waren. Hier auf der entlegenen Insel schien der Weltschmerz, dieser Fluch unseres Jahr hunderts, ein unbekannter Gast. Thätig und aufopfernd, mit offenem Sinn und Herzen für ihre Umgebung und Gottes schöne Natur, kümmerten sich die Glücklichen wenig um die Außenwelt und freuten sich dankbar des Guten, das sie jetzt genossen im Gegensatz zu früheren Jahren, die reich an Mühsal und Kümmerniß mancher Art gewesen sein mochten. Ehe Pastor Ström hierher versetzt wurde, hatte er um jeden Preis hat geradezu lähmend auf Lord Kitchener gewirkt, da er nun überzeugt sein muß, daß die Kap- Holländer zu den Buren halten. Atts dem Muldettthale. "Waldenburg, 21. Februar. Die berühmten Künst lerinnen Geschwister Boucher aus Paris, die uns bereits vor einer Reihe von Jahren mit einem Concert er freuten, befinden sich jetzt zum zweiten Male auf einer kürzeren Tournee durch Deutschland, um dann eine größere Rundreise durch Amerika zu unternehmen. Hier bei werden sie auch, und zwar nächsten Montag, im Schönburger Hofe hierselbst ein Concert veranstalten. Sie hatten die Ehre, vor dem Kaiser Friedrich HI. von Deutschland, dem Kaiser von Rußland, der Königin von Dänemark, der Königin von Rumänien, sowie vor der ganzen Aristokratie aller Länder zu spielen. Auch der kgl. Hoftheater-Jntendant Bolko Graf Hochberg in Berlin lud sie ein, zwei Mal vor ihm und seiner Familie auf zutreten. Sie bekamen neben einem werthvollen Geschenk von ihm folgendes Zeugniß: „Die Künstlerinnen Frl. Boucher haben mir einen großen Kunstgenuß bereitet durch ihr nobles Spiel, sowie durch ihre brillant fabel hafte Technik und ihre große Schule. Die Molin« Virtuosin, sowie die Klavier-Virtuosin scheinen keine Schwierigkeiten mehr zu kennen, und besitzen ebenso großes Temperament wie ihr Großvater. Ich kann jedem Musikkenner und jedem Musikfreunde die Ge schwister Boucher aufs Wärmste empfehlen." *— Die Communicationswege von Langenchursdorf nach Niederwinkel und Uhlsdorf sind wegen Schnee verwehungen in der Flur Langenchursdorf bis auf Wei teres für den Fährverkehr gesperrt worden. Der Letz tere wird über Altstadtwaldenburg bezw. Bräunsdorf- Kaufungen verwiesen. *— Zur Förderung der am ersten Bußtag für die Arbeiten der inneren Mission zu veranstaltenden Kirchen kollekte versendet der Landesverein für innere Mission auch in diesem Jahre ein Flugblatt, dem zu entnehmen ist, daß im vorigen Jahre, wo die Kollekte zum 26. Male gesammelt wurde, als höchster bisheriger Ertrag die Summe von 25,000 Mk. eingegangen ist, von wel cher nach Abzug der Kosten 23,500 Mk. vertheilt wer den konuten, wobei alle Theile des Landes berücksichtigt worden sind. Unter anderen wurden die neubegründe ten Gemeindediaconien Gersdorf und Oberlungwitz be dacht. *— Eine große Gefahr für das Publikum und selbst für die Hausbewohner bilden bei der jetzigen Witterung Cementstufen und mit Cementplatten oder ähnlichem glatten Material belegte Fußböden. Bei dem gegen wärtigen Wetter sollte jeder Hauswirth oder dessen Ver walter darauf sehen, daß derartige glatte Fußböden mit Decken belegt werden. — In Zwickau herrscht allgemeines Befremden darüber, daß das dortige socialdemokratische Blatt in die Lage gesetzt worden ist, über eine geheime Verhand lung in der letzten Sitzung des Kreisausschuffes — es handelt sich um die einstimmige Nichtbestätigung der Wahl des Stadtraths Petzoldt zum zweiten Bürgermeister eine Pfarre auf den Lofoteninseln im hohen Norden bekleidet. „Da können Sie sich schon denken, wie behaglich es uns hier vorkam," sagte die Pastorin, während die freundlichen, blauen Augen vergnügt über Haus und Garten hinglitten. „Ihre Eltern, lieber Doktor, hatten auch alles im besten Stande hinterlassen. Anders war es oben indem Pfarrhause, wo wir als junge Eheleute hinkamen." „Weißt Du noch, Mütterchen," unterbrach sie der Pastor in seiner bedächtigen Weise, „wie entsetzt Du warst, als ich damals den ersten Morgen plötzlich neben Dir in der Küche erschien?" „Mußte da nicht jeder einen Schrecken kriegen!" rief die lebhafte Dame eifrig. „Denken Sie sich nur, ich stehe in der Küche, wenn ein solches dumpfes Loch überhaupt diesen Namen verdient — ich war gerade dabei, die Ausstattung auszupacken, und weinen mußte ich, wenn ich daran dachte, wie sauber all die Sachen waren, und wie traurig und öde alles in dem verfallenen Hause! Selbst die blanken Kochtöpfe und der kupferne Kessel hatten hier daS Leuchten und Glitzern verlernt. Da höre ich plötzlich ein Gekrache und Gepolter — und vor mir liegt mein guter Mann — —" „Ja, auf den Knieen lag der Vater," sagte lachend der Pastor. „Ich wollte meinerseits in dem einzigen, heizbaren Zimmer des oberen Stockwerks ein wenig auf räumen. Na, schön war es da nicht. Die kleinen Hornscheiben waren blind und matt und ließen weder Luft noch Licht ein, denn die Fenster waren fast alle festgenagelt und die Wände hatten als Zierde alte Zeitungen, die obendrein schmutzig und zerrissen waren. Am schlimmsten war es aber mit dem Fußboden be stellt; die Bretter waren so morsch, daß man ganz leise auftreten mußte, wollte man nicht eine unfreiwillige Luftfahrt antreten." (Fortsetzung folgt.)