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SchönbliMr Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- scheineude Nummer bis vormittags 11 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5« Pf. Einzelne Nrn. 5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf-, für auswärts 15 Pf. Labellarischer Satz wird doppelt berechnet. und Val-enburzer Anzeiger. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Lautungen bei Herrn Fr. Janaschel; in Langeuchursdorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wilhelm Tahler, Cigarreiisabrikaat an der Brücke; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Amtsblatt für den Stadtrath zu Maldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lnnzena«, Lichtmstein-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenham, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Fernsprecher Nr. ». Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 44. Donnerstag, Sen 21. Februar 1901. Witterungsberlcht, ausgenommen am 20. Februar, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 767 MW. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerftand — 8° 0. (Morgens 8 Uhr — 16° 6.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft na Lambrechts Polymeter 64"/n. Thaupuukt — 14,0. Wivdrichtrmg: Nord. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis 12 Uhr mittags: 0,0 WM. ch Daher Witterungsausstchteu für den 21. Februar: Halb bis ganz heiter, zeitweise dunstig bedeckt. Maldenburg, 20. Februar 1901. Es sieht beinahe so aus, als sei die russische Regie rung dazu berufen, dem übrigen Europa zu zeigen, wie man große Erfolge erzielt. Tenn daß der Zar in den letzten fünf Jahren mehr an Einfluß, praktischem Ein fluß, und an nutzbringenden Verträgen gewonnen hat, als alle anderen europäischen Staaten zusammenge- nommcn, das ist eine Thatsache, die nun mal nicht be stritten werden kann. Eine ganze Reihe ist da aufzuzählen: In allen Balkan- staatcn spielt Rußland heute die erste Geige: Serbien, Bulgarien, Montenegro, Griechenland tanzen, wie der Zar Pfeift, und Rumänien schaut sehnsuchtsvoll nach der Newa. Den Sultan hat der Zar an der Strippe, daß er wollen muß, wie aus Petersburg vorgeschrieben wird, wenn nicht die Russen zur Deckung der rück ständigen Kriegskosten von 1879 türkisches Gebiet in Kleinasien besetzen sollen, wozu sie zweifellos Recht haben. Werthvolle Eisenbahnconcessionen hat der Russe auf türkischem Gebiet errungen. Der Schah von Persien hat sich Rußland mit Leib und Leben verschrieben, ein Zeichen die zu bauende russische Eisenbahn durch Persien zum indischen Ozean. In Ostasien erwarb der Zar die Mandschurei, besitzt den ersten Einfluß in China und Korea, und auch die Japaner folgen ihm. Frankreich marschirt mit ihm durch Dick und Dünn, England bittet mit flehenden Händen: „Gut sein, Väterchen, gut sein!" Neben diesen politischen Erfolgen ersten Ranges nimmt das Zarenreich auch in wirthschaftlicher Beziehung zu. Die Einnahmen steigen in ungeahnter Weise, und die Vollendung der centralasiatischen Bahnen bedeutet ein Riesengeschäft für Rußland. Ein Umschwung hat sich hier in kurzem Zeitraum vollzogen, wie er größer nicht gedacht werden kann. Und nun bindet Rußland mit den auch von so mancher deutschen Zeitung als „fürchterlich" verschrieenen Vereinigten Staaten von Nord-Amerika an, oder, rich tiger, es läßt sich nicht von den Yankees zum Narren halten. Was giebt es anderswo für ein Zetermord geschrei, wenn ein nordamerikanisches Regierungsorgan „eine Lippe riskirt?" Mit Ach u„d Weh wird da ein Abbruch der Handelsbeziehungen prophezeit, es wird lamentirt bis zum Exceß, und die Folge ist selbstredend, daß den Yankees der Kamm unheimlich schwillt. Es ist eine traurige Thatsache, daß Europa in den Nord- Amerikanern den krassesten Hochmuth in wirthschaftlicher Beziehung geradezu großgezogen hat, denn bei den Handelsbeziehungen zwischen hüben und drüben hat Nord-Amerika den Hauptnutzen. Wenn die europäischen Staaten genau dieselben Zollchikanen und Tarife ange wendet hätten, wie die Amerikaner, die Letzteren pfiffen aus einem anderen Loch. Heute haben sie die feste Ueberzeugung: Europa habe Angst! So wenig uns friedsamen Deutschen an Streit ge legen ist, es frischt Einen ordentlich auf, wenn man sieht, wie der Russe sich vor dem Yankee nicht fürchtet, sondern Trumpf mit Trumpf bedient. Wir haben hier keinerlei Special-Sympathien zu nehmen, es handelt sich nur um die Prinzipien-Frage: „Soll man sich immer vor Anderen ducken oder seiner Haut wehren?" Die Vereinigten Staaten haben den Zoll für russischen Zucker emporgeschraubt, nicht nach Recht und Noth- Wendigkeit, sondern den Einflüsterungen des Znckerringes folgend. Rußland antwortet mit Zuschlägen auf ameri kanische Maschinen, Eisenwaaren und sonstige Artikel. Und was folgt? Den Yankees wird im Magen schwach, sie hatten Anderes erwartet. Man sieht: Mit Angst meierei erzielt man heute keine Heldenthaten mehr, son dern mit kühler, aber energischer Betonung seines Willens! Das hat Rußland dem anderen Europa wieder vor gemacht, und es wird die Oberhand behalten. Die Yankees laufen nicht mit dem Kopfe gegen eine Wand, die keine Thür hat. Nun sagt man: Ja, bei Rußland liegt die Sache anders, die Amerikaner führen viel mehr Waaren nach Rußland ein, als umgekehrt die Russen nach Amerika. Viel anders ist es aber nirgends; die Vereinigten Staaten bringen heute schon bald für 900 Millionen Waaren nach Deutschland, während wir kaum für 400 nach Amerika bringen. Und je länger Deutsch land die Amerikaner machen läßt mit den Zöllen, was sie wollen, um so mehr wird sich das Verhältniß zu unseren Ungunsten verschieben. Wo ist die blühende Confections-Ausfuhr von Deutschland nach Nord-Amerika geblieben? Futsch ist sie! Gewiß wollen wir nicht Amerika herausfordern, aber einfach stillhalten, damit sich die nordamerikanischen Nabobs aus unserer Haut Riemen schneiden können, dazu haben wir erst recht keinen Anlaß. Es wird heute vielfach die Befürchtung ausgesprochen, die Vereinigten Staaten würden Repressalien anwenden, wenn Deutschland seine landwirthschaftlichen Zölle er höhen würde. Das ist möglich, wahrscheinlich sogar. Aber wie oft hat Amerika die Zollschraube gedreht, daß unserer Export-Industrie die Augen übergingen, ohne daß Deutschland etwas gethan? Davon wird wenig gesprochen. Und doch hätte schon damals den Yankees gezeigt werden sollen, wo Barthel Most holt. Unsere Position ist die stärkere. PolitischeRundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser besuchte am Montag Nachmittag seine Mutter und hörte am Dienstag den Vortrag des Chefs des Civilcabinets. Wie es heißt, wird König Eduard von England bereits heute, Mittwoch, Abend auf Schloß Friedrichshof erwartet. Eine Zusammenkunft mit Kaiser Wilhelm erfolge in Homburg. Dagegen rechnet die englische Botschaft in Berlin auf den Besuch des Königs im Taunus erst am kommenden Sonnabend. Die Reise des Kaiserpaares nach Königsberg und des Kaisers nach Wilhelmshaven zur Rekruten-Vereidigung Anfangs März dürfte vor allen Dingen von der Wendung abhängig sein, die das Befinden der Kaiserin Friedrich, das ein sehr schwankendes ist, nimmt. Wie nach dem „Hamb. Corr." aus Kiel verlautet, wird für den Kronprinzen Wilhelm das Linienschiff „Kaiser Wilhelm II." zu einer Reise nach Petersburg, Stockholm und England für Ende März oder Anfang April hergerichtet. (?) Der Enthüllungstag für das Bismarckdenkmal vor dem Reichstagshause dürfte abermals verschoben werden. Man hatte zuletzt den 10. Mai (Abschluß des Frankfurter Friedens vor 30 Jahren) in Aussicht ge nommen, doch wird schließlich die endgiltige Festsetzung davon abhängig sein, an welchem Tage die Theilnahme des Kaisers an der Enthüllungsfeier erwartet werden kann. Tie Budgetcommission des Reichstags erledigte den außerordentlichen Etat des Militäretats bis auf eine Position, die 15 Millionen Mark als neunte Rate zur Vervollständigung der wichtigen Festungsanlagen fordert. Die Abstimmung über diese Forderung wurde bis nach Erledigung des ordentlichen Etats ausgesetzt. Je eine halbe Million strich die Commission an den Forderungen für Bekleidungs- und Ausrüstungsstücke, so wie für Feldbahnmaterial. Bei den einmaligen Aus gaben strich die Commission 200,000 Mk. an der Forderung einer letzten Rate von 436,000 Mk. für Be schaffung von Geräth für die Luftschiffer-Abtheilungen. Am heutigen Mittwoch soll die Berathung des Militär etats zu Ende geführt werden. Ter conservative Reichstagsabgeordnete Graf Bis marck-Bohlen ist im 48. Lebensjahre in Carlsburg am Herzschlage gestorben. Der Graf, Fideicommißbe- sitzer und Major a. D., war erst im Jahre 1894 aus dem activen Heeresdienst ausgeschieden und im Jahre 1898 zum Reichstagsabgeordneten gewählt worden. Während der laufenden Session hat er infolge andauern der Kränklichkeit an den parlamentarischen Verhandlungen nur selten theilgenommen. Im Wahkreis Stralsund- Greifswald ist nun eine Ersatzwahl nöthig geworden, die ohne Frage wiederum einen conservativen Candidaten zum Siege führen wird. Ueber die Erhöhung der Getreidezölle befragt, erklärte der Staatsminister Engelhardt im Landtage von Reuß j. L., er besitze noch keine Kenntniß davon, in welchem Umfange eine Erhöhung dieser Zölle eintreten solle; die preußische Regierung sei in dieser Frage im Bundesrath nicht Ausschlag gebend. Aus dieser Er klärung ergiebt sich, daß eine endgiltige Entscheidung über die festzusetzenden Zollsätze noch nicht erfolgt ist, da der Minister sonst Näheres hätte wissen müssen. Es wird denn auch nichts daraus werden, daß der Zoll tarif noch in dieser Session an den Reichstag gelangt. Die Einnahmen der 70 deutsch en Eisenbahnen mit einer Gesammtlänge von 43,772 Km. bezifferte sich im Januar d. I. aus dem Personenverkehr auf 29,1 Mill. Mk. oder 54,878 Mk. mehr, aus dem Güterver kehr auf 87,7 Mill, oder 577,815 Mk. mehr. Oesterreich-Ungarn. Kaiser Franz Joseph hat sich auf einem Ballsest beim Minister des Auswärtigen Grafen Goluchowski sehr bitter über die Zustände im österreichischen Reichs- rath ausgesprochen und den dringenden Wunsch geäußert, die Abgeordneten möchten doch nun endlich einmal ihre persönlichen Wünsche und Forderungen hinter das allge meine Interesse des gemeinsamen Vaterlandes zurück stellen. Alle sprächen immer von Versöhnlichkeit, doch Niemand bethätige sie. Spanien. In Spanien hat General Weyler eine Milderung der Censur eintreten lassen, doch ist die Presse ver pflichtet, die letzten Vorgänge in Madrid überhaupt nicht und die Ereignisse in den Provinzen nur in sehr ge mäßigter Weise zu erwähnen. Für die nächsten Tage ist die Aufhebung des Belagerungszustandes und der Rücktritt des Ministeriums angekündigt. Asten. Obgleich es gar nicht nöthig ist, regt sich die Aus landspresse ungeheuer über den Plan des Grafen Waldersee auf, eine große gemeinsame Ex pedition gegen die aufrührerischen Chinesen ins Werk zu setzen; denn so wie es sich die in Harnisch gerathenen Blätter denken, soll die Strafexpedition garnicht ausge führt werden. Graf Waldersee wird selbstverständlich unter allen Umständen den geeigneten Zeitpunkt für ein derartiges Unternehmen abwarten und zweifellos nicht über die Grenzen seiner Kraft hinausgehen, so daß von