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Schönburger Tageblatt Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Fernsprecher Nr. S. 1901 Donnerstag, Sen 14. Februar Filialen: in Altstadtwaidenburg bei He^ Kaufmann Otto Förster; in Kausungm bei Herrn Fr. Janaschek; in Largenchursdors bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wilhelm Dahler, Eigarreufabrikant an der Brücke; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösch«; in Ziegelhe m bei Herrn Eduard Kirst«. Witterungsbericht, ausgenommen am 13. Februar, nachm. 4 Uhr. Varometerstaud 764 mm. rcducirt auf den Meeresspiegel. Thermomcterstand — 5° 0. (Morgens 8 Uhr — 6" 6.) Feuchtigkeitsgehalt dar Luft nach Lambrechts Polymeter 74"/n. Thaupuukt — 9,'." 0. Windrichtung: West. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis 12 Uhr mittags: 4,« will. Daher Witterungsnvsstchten für den 14. Februar: Trübe bis halbheiter, Neigung zu Niederschlägen. —Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lnnjeunn, Lichtesstein-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standcsamtsbezirkc: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdrrf, Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage UN- nach Sonn- und Festtagen. L H V WMZM Valöenburaer Ammer Inserate pro Zeile 10 Pf., für auswärts 15 Pf. Tabellarischer Satz wird doppelt berechnet. "Waldenburg, 13. Februar 1901. Daß wir in einer recht ernsten Zeit leben, empfindet naturgemäß in der Leitung seiner Amtsgeschäfte auch der deutsche Reichskanzler. Und er mehr als ein jeder Andere! Der längere Aufenthalt, welchen Graf Bülow in Homburg v. d. Höhe nahm, um unserem Kaiser Vor trag zu halten, erstreckte sich bis in diese Woche hinein, und da er sich unmittelbar an die Heimkehr des Mon archen aus England anschloß, so glauben Diejenigen wieder Recht zu haben, welche behaupten, „in England sei etwas vor sich gegangen". Derartige Ausstreuungen erscheinen jetzt ebensowenig glaubhaft, wie früher. Bei den englischen Verhältnissen kann keine praktische Abmachung getroffen werden, die sich für längere Zeit der Kenntnißnahme des Parlaments entzieht. Nun wird freilich an den geheimnißvollen deutsch-englischen Vertrag wegen eventueller Uebernahme der portugiesischen Kolonien erinnert, aber für den ist die Stunde noch nicht gekommen, und wer weiß, ob sie Überhaupt kommen wird. Wäre heute etwas neu verein bart, so könnte es nicht ohne Zustimmung des deutschen Reichskanzlers geschehen sein, uud Graf Bülow ist, seinen bekannten früheren Erklärungen nach nur von der Rücksichtnahme auf die Interessen des Reiches ge leitet. Im December noch war Deutschland England gegenüber völlig frei, wäre es heute anders, so müßte der Kanzler in irgend einer Weise Aufklärung geben, oder richtiger schon gegeben haben. Fürst Bismarck hat, wie bekannt, gesagt: Kaiser Wilhelm II. wird einst sein eigener Kanzler sein! Zu Zeiten deS Grafen Caprivi und des Fürsten Hohenlohe traf das mehr als einmal zu, und auch heute bewahrt das Oberhaupt des Reiches selbstverständlich seinen Einfluß auf die Reichs-Politik. Aber mit dem Amts- Antritt des Grafen Bülow und- seinen Programm-Reden im Reichstage, wie im preußischen Abgeordnetenhause ward auch für alle Parteien klar, daß ein Reichskanzler mit zielbewusster, natürlich vom Kaiser und den Ver bündeten Regierungen gebilligter Politik dringend noth wendig sei. Soll es in der Volksvertretung nicht hin und her, sondern vorwärts gehen, so muß sie sich an eine» maßgebenden Mann halten können, und das kann für das Parlament nicht ein Monarch, der unverant wortlich ist, sondern nur ein vcrfassungsgemäß verant wortlicher Beamter, der Kanzler, sei». Man hat bald nach Graf Bülow's Amtsantritt schon prophezeien wollen, er werde nicht allzulange auf seinem Posten bleiben: Seine bestimmte Selbständigkeit har- monire nicht so recht mit dem kurz entschlossenen Wesen unseres Kaisers, die eigentliche Leitung der Politik werde darnach immer in den Händen des Monarchen bleiben. Dies zugegeben, schließt die bisher nnstreitig beobachtete Völlige Uebereinstimmung des Kaisers und des Kanzlers ein langes Zusammenarbeiten keinesfalls aus, Graf Bülow ist denn doch kein Fürst Bismarck, der als Beurtheiler und Meister seiner Zeit auf ein samer Höhe stand. So haben sich der Kaiser und Excellenz von Miquel, der doch immerhin als Vice präsident des preußischen Staatsministeriums hoch steht, seit langen Jahren recht gut verstanden, und Graf Bülow's Behandlung der Reise des Präsidenten Krüger beweist, wie er auch einer Sache, der er wesentlich kühler, als der Kaiser, gegenüberstand, doch eine unum stößliche Beurtheilung abgewinnen kann. Der Kanzler hat allen Anlaß, sich bestimmt zu ent schließen, darnach ist die Zeit, und es braucht aus Eng ¬ land nichts Besonderes mehr herübergeholt zu werden. Allerdings hat er nicht die Fragen heraufbeschworen, deren Lösung nunmehr ihm zufällt. Die China-Expe dition war unvermeidlich; daß es mit ihrem Verlauf nicht so schnell geht, wie Viele erwartet, daß nicht alle Mächte die Deutschfreundlichkeit bewahrten, mit der man in Berlin gerechnet, dafür kann Niemand, Graf Bülow am allerwenigsten, er hat die Handschuhe der Verbind lichkeit nicht ausgezozen. Ueber den geheimnißvollen Anlaß, welcher den Zaren abschwenken ließ, würde man allerdings gern Näheres hören, da herrscht in dessen Schweigen. Und außer China ist es die Wirth- schaftspolitik und die preußische Kanalvorlage, welche den Kanzler beschäftigen. Daß die befriedigende Aufstellung des Zolltarifes und der Abschluß der Handelsverträge für den Nachfolger des Fürsten Hohenlohe eine sehr harte Arbeit sein würde, das hat Jeder voraussehen können, und Graf Bülow hat es sich bei seiner Amtsübernahme gewiß nicht verheimlicht. Er mußte in dieser Beziehung sofort ein festes Programm haben, und das konnte kein anderes sein, als das, welches im letzten Jahre im Reichstage und in verschiedenen deutschen Landesver tretungen bekannt gegeben wurde, die Erhöhung der landwirthschaftlichen Zölle. Was der Kanzler vor Kurzem im preußischen Abgeordnetenhausc sagte, war also keine Ueberraschung, höchstens noch keine genaue Festellung im Einzelnen. Wie die zollpolitischen Ver handlungen im Einzelnen verlaufen werden, das kann Niemand sagen, auch Graf Bülow nicht, er kann nur Von der Ausnützung der gegebenen Zeitverhältnisse Manches erhoffen. Daß die Lösung der Handelsver tragspolitik auch die Lösung der Kanalvorlage sein wird, unterliegt für Niemand einem Zweifel, aber wie ist der Weg? Wenn Graf Bülow einmal sagt, ich kann mein erstes Kanzlerjahr als Kriegsjahr doppelt zählen, so wird er nicht Unrecht haben. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser, der Tags zuvor den Vortrag des Reichskanzlers hörte, ließ sich Dienstag Vormittag nach einem Spaziergang von dem Kriegsminister v. Goßler Vortrag halten. Nachmittags machten beide Majestäten eine Schlittenpartie nach der Saalburg und von dort aus nach Schloß Friedrichshof. Tas Befinden der Kaiserin Friedrich soll nach dem „Fränk. Cur." neuer dings zu Besorgnissen Anlaß geben; es seien beängstigende Herzbeklemmungen eingetreten. Von anderer Seite be hauptet man das Gegentheil. Am heutigen Mittwoch wird der Kaiser den Vortrag des Staatssekretärs des Reichsmarineamts v. Tirpih entgegennehmen. Am 10. März, dem Geburtstag der Königin Luise, will das Kaiserpaar der Einweihung der Luisenkirche in Königs berg beiwohnen. Die Zuversicht des Bundes der Landwirthe zur Regierung scheint der „Nat.-Ztg." begründet zu sein. Das Blatt schreibt: Wie die Linge sich entwickelt haben, kann es nnr erwünscht sein, wenn der Zolltarif recht bald an den Reichstag gelangt oder doch ver öffentlicht wiü>. Der Kampf wird dann auf einem klar zu übersehenden Schlachtfelde erfolgen. Die einzelnen Volks- und Erwerbskreise werden mit Bestimmtheit er kennen, was sie zu erwarten, zu befürchten haben. Vor allem aber wird man dadurch Aufschluß über die Frage erhalten^ wie man in den wirthschaftspolitischen Fragen' mit dem jetzigen Reichskanzler daran ist: ob die Be sorgnisse begründet sind, die in weiten Kreisen an die Stelle der Zurückhaltung treten, mit der Graf Bülow empfangen wurde. Tie Besorgnisse entspringen weniger aus einer Vermuthung, daß Graf Bülow ein überzeugter Gesinnungsgenosse des Herrn v. Wangenheim und Grafen Kanitz wäre, als aus dem sich geltend machenden Ein druck, daß die Kraft zum Widerstande gegen die von den Bündlern ausgehenden Forderungen jetzt noch ge ringer sei, als zur Zeit des Fürsten Hohenlohe. Ueber Arbeiterentlassungen aus dem westfälischen Jndustriebezirk wird der „Voss. Ztg." aus Gelsenkirchen gemeldet, daß die beschäftigungslos gewordenen aus ländischen Arbeiter von den Behörden in ihre Heimat abgeschoben werden. Viele Arbeiter aus dem Osten kehren angesichts der Verschlechterung der Arbeitsver hältnisse freiwillig in ihre Heimat zurück. Das ist ein Zeichen der Zeit, die Industrie hat ihren Höhepunkt überschritten. In der Budgetcommission des Reichstags erklärte bei der Fortsetzung der Berathung des Postetats der Staatssekretär v. Podbielski, daß er ein Gegner luxuriöser Postbauten sei. Er würde es viel lieber sehen, wenn die Städte geeignete Gebäude herstellten und sie der Post vermietheten. Das ist ein neuer höchst anerkennens- werther Grundsatz, der einerseits zu den Anschauungen des ersten Reichspostmeisters, Excellenz Stephan, in direktem Gegensätze steht, andererseits aber der größten Beachtung der Communen gewiß ist. Für einen so guten Miether, wie es die Poft ist, werden die Städte natürlich mit Freuden Miethsräume zur Verfügung stellen, so daß den Wünschen beider Theile entsprochen werden würde. Auf Anfrage des Abgeordneten Singer bestätigte der Staatssekretär, daß aus dem Wohnungsmiethsver- hältniß kein Abhängigkeitsverhältniß für die Beamten entstehe und daß bei Entlastungen von Beamten, welche bei der Post überhaupt möglichst vermieden werden, die Kündigung der Wohnungen schonend erfolge. Die dauernden Ausgaben wurden von der Commission als dann durchweg unverändert bewilligt, desgleichen die ersten Raten für Postgrundstücke in Bremen, Bremerhaven, Breslau, Charlottenburg, Mannheim, Meerane Sachsen, Schöneberg-Berlin, Stettin und zwei Berlin, sowie einige andere Orte. Ueber die Forderung von ^2 Million für unvorhergesehene Zwecke wird die Beschlußfassung erst am heutigen Mittwoch Abend statt finden. Alsdann soll der Etat der Zölle und Verbrauchs steuern berathen werden. Oesterreich-Ungarn. Im Wiener Reichsrath begleitete der Minister präsident v. Körber den Eingang der zahlreichen Gesetz entwürfe, deren Erledigung in der bevorstehender Session beabsichtigt ist, mit einer Ansprache an daS Haus, in der er um Vertrauen zur Regierung bat und der Hoffnung Ausdruck verlieh, daß die parlamentarische Arbeit zum Heile des Vaterlandes werde gefördert wer den. Seinen Worten folgte lebhafter Beifall, womit allein es natürlich noch nicht gethan ist. Serbien. Um Milan's Leiche ist ein Conflict zwischen Oester reich und der serbischen Regierung entstanden. Im Schreibtische Milan's zu Wien lag eine eigenhändig geschriebene letztwillige Verfügung, wonach Milan in einem der serbischen Klöster Ungarns bestattet sein will, sowie eine Berufung auf eine in diesem Sinne erfolgte Zusage Kaiser Franz Joseph's. König Alexander, so-