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sehr schwere Erkrankung vor einigen Monaten lebhafte Theilnahme erweckte, ist wieder bettlägerig, doch scheint zu Bedenken kein Anlaß glücklicherweise vorzuliegen, der an einer Herzaffection leidende Großherzog von Olden burg scheint ziemlich angegriffen zu sein, und endlich der Großherzog von Sachsen-Weimar. Das Befinden des hochbetagten Herrn bleibt andauernd ernst, wenn auch die Bulletins zeitweise etwas günstiger lauten; aber es ist zu befürchten, daß ein neuer Schwächeanfall, wie der, welcher in der Nacht zum Montag eintrat, eine sofortige Katastrophe herbeiführt. Augenblicklich genügt die Nahrungsaufnahme, das Fieber ist nur gering, auch erfreut sich der greise Herr zeitweisen Schlafes, aber — jede Stunde kann ebensogut eine neue ungünstige Wendung kommen. ^?Jn Bayern sollen die in der preußischen Armee neu einzuführenden Maschinengewehre vorläufig nicht zur Verwendung gelangen. Man will erst die mit dieser Waffe gemachten Erfolge abwarten. Von neuen englischen Anklagen gegen den deut schen Oberbefehl in China weiß die „Voss. Ztg." zu berichten: In einem langen Pekinger Telegramm der „Times" wird lebhaft über die Weise geklagt, in welcher die deutschen militärischen Operationen in Tschili ausgeführt werdend Unterschiedslos würden Schuldige und Unschuldige bestraft, Contributionen würden in ruhigen Städten und Dörfern erhoben und fo die Autorität der lokalen Behörden vernichtet. Die „Times" bemerken dazu, die durch diese Härte verursachte üble Nachrede schädige auch den Ruf der Briten, von denen es allenthalben heiße, daß sie dem Oberbefehl Walder- fees untergeordnet seien, obwohl dieser keinen englischen Offizier zu Rathe ziehe. Es entstehe die Frage, ob man nicht lieber sich von Waldersees Oberbefehl trennen falle. Offenbar verbirgt sich hinter diesen Anklagen und Drohungen gekränktes englisches Selbstgefühl. Wenn die Vorwürfe gegen den Grafen Waldersee begründet wären, so würden sie mindestens auch von anderer Seite erhoben sein, was nicht geschehen ist. Wir lernen die wahre Freundschaft der britischen Vettern damit wieder einmal kennen. Die Verhandlungen Deutschlands mit dem Sultan von Marokko scheinen zum guten Abschluß gekommen zu sein. Eine Meldung aus Marakasch be sagt, der deutsche Gesandte habe unmittelbar vor Weih nachten die Residenz des Sultans überaus zufrieden mit den Ergebnissen seines Besuches verlassen, da alle Forderungen Deutschlands befriedigend beglichen wurden. Oesterreich-Ungarn. In Oesterreich finden morgen, Donnerstag, die all gemeinen Wahlen zum Reichsrath in Wien statt. Die Hoffnung, daß nun endlich ein arbeitsfreudiges und arbeitsfähiges Parlament zusammenkommen wird,! kaun nach wie vor nur als eine recht geringe bezeichnet werden. Frankreich. Gleich nach Wiederzusammentritt der Kammern im neuen Jahre soll die Regierung wegen der Zwistig keiten mit dem Vatikan, die aus dem neuen scharfen französischen Vereinsgesetz entstanden find, interpellirt werden. Tie ministeriellen Organe bezweifeln nicht, ! daß der Ministerpräsident Waldeck-Rousseau die Kammer mehrheit gewinnen und sich am Ruder zu halten wissen wird. Nun, gar zu sicher soll man nie sein. Mit großer Befriedigung verzeichnet die französische Presse die Nachricht, daß ein italienisch-es Geschwader sich im Laufe des Monats April nach Nizza begeben wird, um den Präsidenten Loubet zu begrüßen, der zu jener Zeit an der Riviera verweilen wird. Die französische Regierung scheint entschlossen, sich von unbotmäßigen Militärpersonen nichts mehr bieten zu lassen. So hat auch Major Cuignet, der in diesen Tagen so viel von sich reden machte, vom Kriegsminister 60 Tage erhalten. Das Kriegsgericht wollte ihn laufen lassen. Asten. Die zum Jahresschluß aufgetauchte Meldung, die chinesische Regierung habe alle Bedingungen des Frie densvertrags angenommen, hat sich natürlich sofort als eitel erwiesen, und damit ist die Hoffnung auf eine können die Strapazen nicht mehr aushalten und das ist nach dem, was die Buren ihnen zumuthen, auch nicht wunde.bar. In London ist darob die Stimmung trüb, trüber als vor einem Jahre, trotzdem man damals noch keine Erfolge errungen hatte. Die Niederlage einer englischen Colonne bei Helvetia, unweit Lydenburg, be weist, daß auch dieser District, in dem schon vor mehreren Monaten jeder Widerstand gebrochen sein sollte, noch im Besitz der Buren ist, und der Verlust von mehreren Hundert Mann bestätigt das oben über die Marodigkeit der britischen Truppen Gesagte. Der Umstand, daß die Buren jetzt so häufig kleinere englische Colonnen mit gutem Erfolge angreifen, läßt klar erkennen, daß die Herbeischaffung von Lebensmitteln und Pferdefutter immer schwieriger wird, denn fast alle diese Colonnen waren Proviantcolonnen, die nach allen Richtungen der Wind rose hinausgeschickt waren. Die Buren wissen ganz genau, wo die Achillesferse ihrer Geguer ist, Hunger soll sie zum Lande hinaustreiben. In der Kapcolonie, wo sich die Buren noch immer frei und nach ihrem Willen bewegen, dauern die Verhaftungen bekannter nichtenglifcher Persönlichkeiten fort. Daß darin alles baldige schnelle Heimkehr aus Ostasien wieder zu Wasser geworden. Die Kaiserin von China, der alte Oberdrache, der noch immer die Seele von Allem ist, was bei dem; Andere als eine Beruhigung der Kapholländer zu suchen Chinesen geschieht, hat, um einen abendländischen Aus-! ist, liegt doch auf der Hand. Lord Kitchener muß selbst druck zu gebrauchen, die Bedingungen principiell für! einräumen, daß die Zerstörung der Eisenbahnen in der discutabel erklärt, weiter nichts, was also davon in Thaten umgesetzt werden, und was auf dem Papier stehen bleiben soll, bleibt einer ferneren Zukunft über lassen. Nachdem die Vertreter der Mächte dem Prinzen Tsching des Friedensschriftstück überreicht haben, anstatt diesen ordentlich bitten zu lassen, war von vornherein klar, daß nun noch lange und breite Verhandlungen nöthig seien, um Lie allgemeinen Bedingungen in das Specielle zu übertragen. Die Hauptpunkte bleiben immer: Die Strafe für die Rädelsführer und die Schad loshaltungen. Da wird es sehr hapern, so verlangen z. B. die französischen Missionen allein 50 Millionen Francs. Unsere deutschen Streifcolonnen haben auf ihren Zügen weitere erhebliche Beute an Munition uud Kriegsausrüstungen aller Art gemacht. Die Boxerfchaaren lassen sich aber doch nicht so leicht ganz Kapcolonie durch die Buren ungehemmt fortschreitet. Bei Rosmead nahmen die Buren einen ganzen eng lischen Proviant- und Munitionszug, den sie verbrannten, nachdem sie sich mit Allem, was sie gebrauchen konnten, versorgt hatten. 60 Engländer wurden gefangen ge nommen. Auch bei Middelburg sind Burenschaaren über die Grenzen gebrochen, britische Truppen zum Wider stand fehlten. Ein Aufruf an die Kapcolonisten, sich den englischen Truppen anzuschließen, den die Regierung veröffentlichte, hatte gar keinen Erfolg; wie es aber mit den Briten steht, zeigt die Thatsache, daß der Auf ruf nöthig wurde. Aus -em Mnldeuthale. *Waldenbnrg, 2. Januar. So wären wir denn im zwanzigsten Jahrhundert und der Winter, der mit ausrotten. Sie tauchen immer von Neuem auf, jetzt wieder an der Linie Paotingfu-Peking. Eine kleine fran zösische Colonne wird sogar von regulärem chinesischem Militär bedroht. Alles das würde längst vorbei sein, wenn die Mächte die chinesische Regierung schärfer vor nähmen. Aber da haperts. Mit Lihungtschang soll es schlecht stehen, sein Leiden soll Altersschwäche, er ist den Achtzigern nahe, sein. Wenn auch nicht gerade ein schnelles Ableben erwartet wird, soll er doch zu geistigen Arbeiten nicht mehr befähigt sein. Afrika. Ehre dem Ehre gebührt! Tie englische Regierung hat dem Kap-Gouverneur Milner der nächst Cham berlain und Cecil Rhodes an, nächsten Schuld am Buren-Kriege hat, das Großkreuz des Bath-Ordens ver liehen. In der unerfreulichen Lage auf dem Kriegs schauplätze ist keine Aenderung eingetreten und in absehbarer Zeit auch keine ernstliche zu erwarten. Lord Kitcheners Truppen sind mehr oder weniger marode, sie einem Male in harter Strenge aufgetreten ist, hat uns das Geleit über die Schwelle zum neuen Jahrhundert gegeben. An Gratulatiouen und Glückwünschen hat es auch diesmal, zum richtigen Jahrhundert-Anfang, ebenso wenig gefehlt wie im Vorjahre zu dem amtlich ver fügten Jahrhundertbeginn! Tie Post hatte allenthalben gewaltig zn thun. Eine Jahrhundertpostkarte hat sie freilich nicht zum zweiten Male herausgeben können; einem Sammler im oberen Erzgebirge hat dies Ver anlassung gegeben, eine „inofficielle, aber factische Jahr hundert-Postkarte," wie der Aufdruck lautet, Herstellen zu lassen und der Post zur Beförderung aufzugeben. Das Kärtchen zeigt folgendes originelle Gedichtchen: Zur Jahrhundertwende 1900/1901. Wenn Podbielski auch sich wundert: Zu Ende ist erü das Jahrhundert ?tn diesem ersten Januar. Mag es der Kaiser auch verjagen, Wir können nimmer uns begnügen Mit hundert minus einem Jahr. Unterhaltungstheil. Der Engel von Weitzfeld. Von Adolf Reiter. 53) (Fortsetzung.) Ter Vorhang ging auf und Freda spielte in ihrem Zobelpelz die Königin wunderbar schön. Wahrhaft hinreißend war das Spiel im zweiten Akt, wo sie auf der Flucht vor ihrem Gemahl, als Bäuerin verkleidet, überall unbehindert passirte. Unbefangen und gewandt sprach sie in der Weise der Bäuerinnen, bis sie mit ihrem ebenfalls in Bauerntracht gekleideten Ge folge nach der Grenzstation kommen sollte, von wo aus ihnen allen die goldene Freiheit winkte. Allein dort war eine Anzahl Gendarmen stationirt, welche genau revidiren und die Königin recognosciren sollten; haupt sächlich hatten sie auf die Dame mit dem bekannten „Königin-Pelz" zu vigiliren. Das hatte der treue Kammerdiener der Königin erfahren, und um nun seiner Herrin die Flucht nach dem Auslande mit Sicher heit zu ermöglichen, entschloß sich eine in dem Alter der Königin stehende Hofdame, welche auch fast das Aus sehen der Landesmutter hatte, in dem erwähnten Pelz nach der Grenzstation zu reisen, um sich dort als die Königin gefangen nehmen zu lassen. Die Ausführung des Planes gelaug auch sofort; die Gendarmen zogen mit der Hofdame ab und unmittelbar darauf reiste die wirkliche Königin unbehindert über die Grenze in daS Ausland ab — sie war durch ihren Pelz dem tyrannischen Gemahl glücklich entkommen. Lauter Jubel über — den Pelz, den Herr Schwartzkopf der schönen Freda geschenkt hatte! Tas war für Frau Schwartzkopf denn doch zu viel. Die Vorstellung war zu Ende. Tie schöne Freda wurde nach Schluß noch wiederholt hervorgerufen, und der Jubel wollte kein Ende nehmen, während Frau Schwartzkopf mit ihrer Gesellschafterin eilig hinausging. Unten angelangt, bat sie Martha, aus der im Souter rain des Theaters liegenden Conditorei Einiges zu holen; sie selbst wolle in der Nähe des einen Pfeilers stehen bleiben und warten. Martha ging und als sie zurück kam, war Frau Schwartzkopf trotz allen Suchens nicht mehr zu finden. Die Gesellschafterin war nicht wenig bestürzt; zumal sie sich das eigenthümliche Benehmen, welches ihre Herrin an diesem Abend gezeigt hatte, ver gegenwärtigte. Sie machte sich bereits den Vorwurf, der armen Frau Folge geleistet zu haben, denn welchen anderen Zweck sollte das Fortschicken Martha's wohl ge habt haben, als daß die Herrin sich von ihr trennen und sodann den Tod in den Wellen der Seine suchen wollte?" Was War nun zu thun? Martha eilte nach Hause — wie seltsam, sie konnte es sich als ihr Heim nicht mehr denken. „Ist die gnädige Frau nach Hause gekommen?" fragte sie hastig den Diener. „Nein, Herr Schwartzkopf ist auch noch nicht hier." „So begleiten Sic mich nach dem Theater zurück; ich muß sie suchen; sie hat sich von mir getrennt." — Der Diener folgte. In der Nähe des Theaters begegneten sie einer großen Menge Menschen, welche anscheinend aus dem Theater gekommen waren und sich laut über die „arme Freda" unterhielten, auch allerlei Verwünschungen auf den Mörder ausstießen. „Was ist denn vorgefallen?" fragte Martha eine Frau, welche sich die Augen trocknete. „Etwas sehr Schreckliches, und Eie wissen es noch nicht? Die schöne Freda, unser Thcater-Äebling, ist todt! O Gott, ich mag es nicht näher beschreiben. Fragen Sie andere." Immer lauter hörte Martha die Klagen und Flüche. „Ist die Sängerin Ferrara todt?" fragte Martha jetzt ein junges Mädchen. „Todt? Nein, »och nicht, aber es wäre besser, sie wäre todt! Sie hat heute wieder so wunderschön ge spielt und gesungen. Die Oper ist zu Ende; sie be steigt ihre Equipage und zwanzig Schritt ist sie ge fahren, als ihr, der Ahnungslosen, aus dem dicht an gesammelten Publikum eine Dynamitpatrone in den Wagen geworfen wird; dieselbe explodirt und zerreißt der Freda das Gesicht in der schrecklichsten Weise." „Ach, und dieser guten Seele verdanke ich meine Existenz! Ich bin Ballettänzerin — durch ihre Menschen freundlichkeit geworden! Sie hat mich, als ich noch klein war, sehr lieb gewonnen, und da sie bei mir An lagen für das Ballet entdeckte, ich aber das Kind un bemittelter Eltern war, hat sie mich zur Ballettänzerin ausbilden lassen. Ach, die gute Ferrara!" Die Wei nende ging händeringend weiter. „Wissen Sie nicht, wer das Verbrechen an der Ferrara begangen hat?" rief ihr Martha noch nach. „Das weiß ich nicht. Der Neid hat jedenfalls die Veranlassung gegeben, da durch ihr Auftreten ibre Colleginnen alle in deu Schatten gestellt wurden." Indem sie noch sprachen, kam langsam ein Kranken wagen um die Straßenecke, und viele Leute, Alt und Jung, folgten demselben in tiefem Ernst und Schweigen. Alle schauten ukverwandt nach dem mit schwarzem Tuch überzogenen Wagen hin, denn sein innerer Raum barg den beinah entseelten Körper der gefeierten Sängerin. Las Ganze glich einem Lcichenzuge. Nicht nur zu Fuß folgte man, auch Equipagen, deren Insassen dem vor nehmen Theater-Pnblikum angehörten, hatten sich dem Zuge angeschlossen, in der Hoffnung, von den Aerzten des Krankenhauses, wo die Schwerverletzte ausgenommen werden sollte, beruhigende Mittheilung über den Zustand der Patientin zu erfahren; im schlimmsten Falle hätten sie der Sterbenden noch ein würdiges letztes Geleite gegeben. Und — die letztere Annahme traf zu: die schöne Freda war auf dem Transport nach dem Kranken hause gestorben. — (Fortsetzung folgt.)