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Großenhainer Unterhaltungs- & Anzeigeblatt : 20.10.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id38343789X-188710202
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id38343789X-18871020
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-38343789X-18871020
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Großenhainer Unterhaltungs- & Anzeigeblatt
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-10
- Tag 1887-10-20
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Monat
1887-10
-
Jahr
1887
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M KOchM AiikHÄiiN- iÄ KWWSKL Donnerstag, den 20. Oktober 1887. Nr 12L Jahrgang Unter einem Dache.) Roman von Karl Hartmann-Plön. Zu dem adeligen Gute Hellenborn gehörte die romantisch gelegene Wassermühle, welche nebft einer großen Morgcnzahl Ländereien der Müller Steffens auf Lebenszeit gepachtet hatte. Da diese Vergünstigung auch schon der Vater und Großvater desselben genossen hatten, und der Pachtzins von je her ein ver- hältnißmäßig geringer gewesen, so konnte es nicht fehlen, daß der jetzige Inhaber durch das, was seine sparsamen und wirth- schaftlichen Väter ihm hinterlassen, und durch das, was er in fünfundzwanzig Jahren selbst zurückgelegt, zu einem sehr wohl habenden Manne geworden war. Sein Wohnsitz jedoch vcrrieth nichts davon: das sehr große, mit einem Strohdach versehene Gebäude, worin sich die Mühle und die Wohnung für den Müller befanden, war alt und morsch, und alle Reparaturen hatten nicht verhindern können, daß die eine Seite des Daches sich gesenkt und der Giebel sich bedenklich geneigt hatte. Ebenso einsturzdrohcnd sahen Scheune und Stall aus, die an der an deren Seite des umfangreichen Hosplatzcs lagen. Es hätte nun zwar bei der GutSherrschast nur eines Wortes von Seiten des Müllers bedurft, und das verfallene Haus und die alten Wirthschaftsgebäude wären abgebrochen und neu und stattlich wieder aufgebaut worden, aber Johann Hinrich Steffens war viel zu stolz, dies Wort zu sprechen, denn vor vielen Jahren war ihm vom Gutsherrn bei einer besonderen Gelegenheit die Thür gewiesen worden, und seit jenem Tage hatte sein Fuß nie mals wieder das Schloß betreten. So mußte man sich denn in der alten Wohnung behelfen, so gut es eben gehen wollte, und sich nach besten Kräften darin cinzurichtcn suchen Aber gerade in der letzten Zeit war cs fühl- barer denn je geworden, wie niedrig die Zimmer und schlecht die Fenster waren und wie wenig Raum der Mühlenbctricb zum Wohnen übrig ließ, denn Steffens einziger Sohn, Reimer, der vor einem halben Jahr seine Militairzeit beendet hatte und mit allerlei modernen Ideen und Ansprüchen aus der Residenz zurück- gekehrt war, hatte sich mit der Tochter des Mullers auf dem Nachbargute verlobt und hätte seine Frau gar zu gern in eine hübsch ausgestattete Wohnung geführt. Da ein Neubau vor läufig nicht in Aussicht stand, so that man wenigstens, was möglich war. Auf dem Boden des Hauses hatte man aus Vor- rathskammern Zimmer bcrgcrichtet, in denen künftig Ler alte Müller mit Frau und Tochter wohnen sollte; für das junge Paar waren die unteren Räume in Stand gesetzt worden. In der sogen, „besten Stube" hatte man die Wände mit Glanz, taprten beklebt, alles Holzwcrk mit weißer Lackfarbe angcstrichen, einen neuen Fußboden gelegt und vor die Fenster schöne Tüll- gardincn gehängt. Und in der That sah nun das Zimmer, nachdem die neuen Möbel, die zur Ausstattung der Braut ge hörten, hineingelltüt waren, sehr elegant aus. Auch die täg lichen Wohnzimmer waren neu tapczirt und gemalt worden. Erst gestern war man mit der Einrichtung vollständig fertig geworden, und heute war Reimer Steffens Hochzeit. Dieselbe sollte auf dem Nachbargute bei dem Schwiegervater gefeiert werden, und um zwei Uhr Nachmittags wollte die Familie auf dem mit Blumen geschmückten Hochzeitswagen dahin abfahrcn. So einfach alle Mitglieder derselben für gewöhnlich lebten und sich kleideten, so sehr trat bei einer solchen Feierlichkeit die Wohl habenheit des Müllers zu Tage. Vater und Sohn trugen einen Anzug vom feinsten schwarzen Tuch, Mutter und Tochter ein Kleid von schwerster schwarzer Seide. Auch der Goldschmuck fehlte nicht. Erstere hatte eine lange goldene Kette um den Hals und eine goldene Uhr an der Seite, Letztere ein Arm band um das Handgelenk und ein Medaillon vor der Brust. Selbst der Pflegcsohn, ein armer Verwandter, der in der Mühle erzogen, seine Lehrzeit daselbst durchgemacht hatte, mit Reimer zusammen Soldat gewesen war und jetzt als Geselle hier arbeitete, unterschied sich nicht von den anderen beiden Männern; ihm war von dem freigebigen Pächter ein ebensolcher schwarzer Anzug zur Hochzeit geschenkt worden, wie er für sich und seinen Sohn ihn angeschafft. Es war ein gluthheißcr Augusttag. Eine halbe Stunde vor der angesetzten Abfahrt waren Alle mit ihren Vorbereitungen fertig und erwarteten den Knecht, der mit dem Hochzcitswagen aus der großen Scheune herausfahren sollte. Auf einer hölzernen Bank neben der HauSthür fuß Frau Steffens, einen Hut mit Blumen und Federn auf dem Kopf, einen Haubcnkorb über dem Arm. Sie war groß und stattlich gebaut, in ihrem klugen und noch immer hübschen Gesicht mit den großen blauen Augen und der hervortretenden Nase lag ein leise angcdeutetcr Zug, den man bei einer Aristokratin mit Ahnenstolz bezeichnen würde, und den man hier wohl Bauernstolz nennen konnte. Die Müllerin fühlte sich ein wenig in dem Bewußtsein ihrer Wohlhabenheit und des Ansehens, welches ihr Mann in der ganzen Umgegend reichlich genoß. Neben ihr stand die Magd, eine kräftige, dralle Person mit einem etwas frechen GcsichtSausdruck. „Kann ich mich nun fest darauf verlassen, Mariken", sagte Frau Steffens, „daß Du mit keinem Fuß die Mühle verläßt und gehörig aufpaßt?" „Das wissen die Frau ja", erwiderte die Magd. „Aus der Erfahrung weiß ich das nun freilich nickt, denn als wir neulich vom Vcrlobungsfest zurückkehrten und Du, wie heute, allein hattest zu Hause bleiben müssen, da fanden wir die Mühle leer, der Knecht mußte Dich erst suchen und traf Dich im Gehölz mit dem Schmicdcgesellen Mache es heute nicht ebenso, hörst Du? Gerade heute liegt dem Müller daran, daß Las Haus keine Minute unbewacht ist, deshalb sollst Du nicht Lie Kühe melken, sondern Frau Behrens soll es tbuu, und wenn sie die Milch gebracht bat und fortgegangen ist, verschließt Du sofort die Thür! Du hast mir Dein Versprechen gegeben, halte dies mal Wort!" „Die Frau kann ganz ruhig sein, ich werde zu Hause bleiben." Nachdruck verboten. „Jetzt geh und sieh nach, ob der Peter bald mit dem An, spannen fertig ist!" Mariken entfernte sich und gleich darauf trat der Müller aus der Thür. Johann Hinrich Steffens war ein Mann von vierundfünfzig Jahren, groß und breitschultrig, mit einem intelligenten Gesicht, in dem sich zugleich die Ehrenfestigkeit seines Charakters aus- sprach. Sein noch volle- Haar war stark ergraut, über sein ganzes Wesen war ein ruhiger Ernst gebreitet. In diesem Augen blick schien aber dieser Ernst rin noch tieferer zu sein, wie ge wöhnlich: die Falten zwischen den Augenbrauen waren sichtbarer, und auf seiner Stirn lagerte es wie eine unruhige Sorge. „Daß auch heute gerade der Hochzeitstag sein muß!" sagte er und setzte sich neben seine Frau auf die Bank. „Der Tod des Barons, die ganze ergreifende Scene vor seinem Ende, seine Reue, — das Alles hat so einen nachtheiligen Eindruck auf mich gemacht, daß mir die ganze Festfreude verdorben ist." „Beherrsche Dich, Johann Hinrich, laß es nicht merken, solche Stimmung steckt an." „Ich werde mich zusammennehmen, aber meine Gedanken bleiben hier zurück. Du glaubst nickt, wie sehr es mich be> unruhigt, dies hochwichtige Actenstück im Hause lassen und davon fahren zu müssen! Am liebsten steckte ich es in die Tasche und nähme es mit, aber Du weißt, wie es auf solchen Hochzeiten hergeht, man wird gezwungen zu trinken, ich kann nicht viel vertragen, steigt der Punsch erst einem zu Kopf, wird man leicht- finnig und nachlässig, ich könnte vergessen was ich bei mir führe und es verlieren. Nein, nein, das wage ich nicht!" „Es ist aus der Bodenkammer ja gut aufgehoben, zu größerer Sicherheit hat Dir der Schmied soeben noch zwei eiserne Stangen vor die Thür legen müssen." „Zu erbrechen ist sie nicht, davor bin ich sicher, und dennoch gehe ich mit Sorge von hier. Aber ich habe dem Baron gleich gesagt, daß ich das Testament nicht vor morgen dem Gericht übergeben könne, da ich zur Hochzeit meines Sohnes müsse. „Thut auch nichts erwiderte er mir, „es hat auch Zeit, in Ihren Händen ist es sicher genug." Ja in meinen Händen! Aber ich lasse cS aus meiner Hand und fahre davon!" „Wer sollte Dir das Testament denn stehlen wollen?" „Wer? Der Kammerdiener, wenn er nur könnte! Der Agent, der Spion der gnädigen Frau! Welch ein Glück, daß die Frau von Sonns mit ihrer kleinen Tochter in Kiel ist. um dort zu baden, und der Kranke den Fuchs, den Kammerdiener durch eine List zu entfernen wußte. Wären sie Beide zur Zeit im Schloß gewesen, es würde dem Sterbenden nicht gelungen sein, mich an sein Lager zu rufen. Wie hatte der Baron sich verändert, kaum daß ich in den abgemagerten Zügen das trotzige, stolze Gesicht von früher wiedererkannte. Er saß in einem Lehnstuhl mit wogender, fliegender Brust, und auf den ersten Blick sah ich, daß cs mit ihm zu Ende gehen würde. „Steffenö", rief er mir mit keuchendem Athem entgegen „hätte ich damals auf Sie gehört, als Sie mich fußfällig baten, mein Kind nicht zu verstoßen und ihm meinen Segen zu geben zu seiner Verbindung, ich würde jetzt nicht in meiner letzten Stunde von so namenloser Reue ge packt und hätte nicht nöthig, einsam zu sterben. Aber ich war von Dorurtheilen beherrscht, ich ließ meine Tochter ziehen und enterbte sie! Oh, ich habe cs ihr ja auch nicht verdacht, daß sie sich nie um Len Vater wieLer bekümmert hat, Ler sie von sich stieß und ihr verbot, jemals Las hcimathliche Haus zu be- treten! Eine einzige Zeile von ihr aber hätte mich glücklich gemacht!" „Wie?" sagte ich, „haben Sie Lcnn keinen ihrer Briese er halten, die sie zu jedem Ihrer Geburtstage schrieb?" „Sie hat an mich geschlichen? Woher wissen Sie das?" „Durch Ihre Frau Tochter selbst, ich habe in all den langen Jahren mit ihr in Briefwechsel gestanden und hatte Lie Aufgabe, ihr Alles zu schreiben, was ich über Sie, Herr Baron, und ihren Gesundheitszustand in Erfahrung bringen tonnte." „So find Lie Briese unterschlagen", rief Ler Baron, und der alte, leicht erregte Zorn malte sich dabei auf seinem Gesicht, „und ich weiß auch schon Lurch wen! Oh, Las ist schändlich! Wie lange hätten sich unsere Herzen in Liebe wieder gefunden, wenn ich diese Briefe gelesen hätte! So wissen Sie also genau, wie es ihr geht, Steffens? Erzählen Sie mir Alles. Reist sie noch mit ihrem Mann im Lande umher, wenn er auf der Geige Concerte giebt?" „Bisweilen begleitet sic ihn; ja, ich weiß bestimmt, Laß sie im letzten Winter mit ihm zusammen in Berlin war, wo Beide zur kronprinzlichen Tafel geladen waren." Der Alte sah mich starr an und fragte ungläubig: „Zur kronprinzlichen Tafel? Ja, wie ist denn Las möglich?" „Derartige Auszeichnungen werden Lem größten Violinvir tuosen, Len Deutschland, ja den die Erde trägt, in reichem Maße zu Theil. Man nennt ihn allgemein Len Geigerkönig. Er ist schon seit einer Reihe von Jahren Professor der Musik am Leip ziger Eonservatorium, seine Brust ist mit unzähligen Orden ge schmückt, und kürzlich ist er sogar vom König von Sachsen in den Adelstand erhoben worden." „In den Adclstand?" rief der Alte, „dieser Johannes Becker?" „Dieser Johannes Becker." „Halten Sie ein, Steffens, das ist mehr, als ick in meiner letzten Stunde ertragen kann!" (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. Einem Berliner Schlächter wurde am Sonnabend Abend in der Frankfurter Allee sein Fuhrwerk nebst 13 darauf lregenden Rindervierteln gestohlen. Mit welcher Frechheit die Diebe hierbei vorgegangen, beweist der Umstand, daß am anderen Morgen Pferd und Wagen vor demselben Hause der Frankfurter Allee natürlich ohne das Fleisch — vorgefunden wurden. Wahrscheinlich haben sie gefürchtet, sich durch den Verkauf des Pferdes oder Wagens zu verrathen. - — Aus Köln wird unterm 14. October geschrieben: Unter Donner und Blitz, begleitet von einem furchtbaren Schneesturm, hat soeben der Winter seinen Einzug gehalten. Der Himmel war gegen 4 Uhr so dunkel, daß man allenthalben die Lichter anzünden mußte. Die bekannten „ältesten Leute" erinnern sich nicht, ein so schweres Ge witter in Verbindung mit Schneefall erlebt zu haben. Der Blitz scheint wiederholt von den Drähten der Telephonleitungen auf gefangen worden zu sein, denn während der Blitzerscheinungen hat es an fast allen 700 Verbindungsstellen geklingelt und das Hauvt- vermittclungsamt wurde von fast ebensoviel Stimmen mit „Wer dort" angeredet. Man kann sich den Wirrwarr, den solch' ein einziger elektrischer Funke anrichtet, kaum denken. Daß ein Kriegerdenkmal auf Abbruch verkauft werden muß, weil die Stadt sich weigert, Reparatur- und Unterhaltungskosten dieses zum Gedächtniß der im Kriege 1870/71 ruhmreich ge fallenen Söhne der Stadt errichteten Denkmals zu zahlen, sollte man wohl im deutschen Reiche für unmöglich halten, und doch ist es der Fall in der Stadt Wissen. Die Angelegenheit ist in der Versammlung der Kriegervereme für das Sieg-, Dill- und Westerwaldgebiet durch den Kriegerverein der Stadt Wissen zur allgemeinen Kenntniß gebracht worden. Von einem traurigen Schicksal wurde ein junges Ehepaar in Stralsund betroffen, welches am Freitag seine Hochzeit gefeiert und sich Sonnabend Morgen nach 4 Uhr in seine neue Wohnung begeben hatte. Hier war, wie behauptet wird, schon vorher ein eigenthümlicher Geruch bemerkt worden, welchen man in zu großer Sorglosigkeit auf die Neuheit des Oelanstrichs geschoben hatte. Als aber das junge Paar nicht wieder zum Vorschein kam, wurde Nachmittags die Schlafstube gewaltsam geöffnet und man fand die junge Frau bereits todt, den Ehemann noch lebend, wenn auch schwer betäubt vor. Schon vor dem Hause auf der Straße wurde der Geruch von Leuchtgas bemerkt und die Aus grabung ergab bald die überzeugende Gewißheit, daß das Gas in das Haus eingedrungen war. Aus Swinemünde, 11. October, wird gemeldet: Bei dem schon seit gestern wehenden starken Süd-Weststurm kenterte heute in der Frühe ein in See gefahrenes Boot mit fünf Ahlbecker Fischern. Nur einem gelang es, sich zu retten, indem er in dem Augenblicke, als das Boot kenterte, eine Riemenstange ergriff und sich in der Todesgefahr mit allen Kräften so lange daran festhielt, bis ein anderes in der Nähe befindliches Fischerboot herbeikam und den Unglücklichen seiner verzweiflungsvollen Lage entriß. Die vier Ertrunkenen sind Väter zahlreicher Familien, welche durch dieses Unglück ihrer Ernährer beraubt sind und sich in traurigster Lage befinden. Die in der Warsteiner Tropfsteinhöhle (Westphalen) mit Euer betriebenen Forschungen und Ausgrabungen haben, der „Elb. Z." zufolge, zu einer neuen überraschenden Entdeckung geführt: man fand eine zweite Höhle, die der ersten, mit der sie in Verbindung steht, an Umfang gleichkommt und mit dem schönsten und eigen artigsten Tropfsteingebilden erfüllt ist. Die Entdecker fanden eine große Anzahl von Knochenüberresten, zweifellos autediluvianischen Ursprungs, auch Schädel und Schenkelknochen eines Menschen. Die Wissenschaft darf also auf reiche und werthvolle Ausbeute rechnen. Am 13. October Morgens sand nächst der Schiffbrücke zu Preßburg ein großer Schiffszusammenstoß statt. Der Donau- Regulirungs-Dampfer „Remete" fuhr mit aller Macht in der offenen Donau in das Passagierschiff „Freudenau" hinein und zer trümmerte dasselbe. Der Dampfer „Aktion" brachte Hülfe. Die „Freudenau" wurde nach Kornenburg bugsirt. Menschen sind dabei nicht verunglückt. Wie man aus Linz meldet, stieß am 11. Oetober früh vor An bruch des Tages eme mit vier Arbeitern besetzte Wcudzille unweit des Spornbaues bei Steyregg an einen in die Donau einge rammten, als Wegmarke dienenden Pfahl und kippte um. Die vier Personen, welche nach Spielberg zur Arbeit fahren wollten, wurden ins Wasser geschleudert, wobei zwei durch die Strömung fortgerissen wurden und in den Wellen verschwanden. Den beiden anderen gelang es, die Waidzille zu erfassen und sich auf der Oberfläche des Wassers zu erhalten, bis es gelang, sie zu retten. § Ein genialer Spitzbube ist, wie man aus Paris schreibt, Eugen Allmayer, der iu Paris zur Zeit viel von sich reden macht. Er ist kein gewöhnlicher Dieb und Betrüger, sondern er betreibt sein Geschäft wie ein „Künstler" mit Originalität der Erfindung und Feinheit der Ausführung. Ebenso genial ist er in den Mitteln, mit denen er sich wieder in Befreiung setzt, wenn er einmal das Unglück hat, gefaßt zu werden. Er entkam einmal in einem Packet Papierschuitzel, aus dem Mazas-Gefängnisse entwich er mittelst eines gefälschten Brieses des Untersuchungsrichters und in ähnlicher Weise entrann er auch einmal einem belgischen Gefängnisse. Als er Mazas verlassen hatte, suchte ihn die Pariser Polizei überall, nur nicht da, wo er war: in der vordersten Reihe der Fremden loge des TtMtre Fran^ais, wo er mit seiner Maitresse den „Hamlet" anhörte. Vorher war er auf einem Telegraphenbureau, wo er mehrere Depeschen an die Eorrespoudenten seines Vaters in Bel gien und Deutschland abschlckte, in denen er ihnen seine Flucht aus dem Gefängnisse mittheilte und seinen demnächstigen Besuch an kündigte. Er hat es sich in den Kopf gesetzt, in Paris zu bleiben, obgleich hier jeder Polizist die Photographie von ihm iu der Tasche hat. Kürzlich gerieth er in einem unbewachten Augenblicke au das Telephon eines Banguiers und benutzte den Augenblick dazu, durch die nachgemachte Stimme Les Banguiers bei einem anderem Banguier sich eine bestimmte Summe hinterlegen zu lassen, die er nachher auch wirklich erhob. Der „Figaro" weiß jetzt von chm folgenden Jugendstreich zu erzählen: Er arbeitete im Bureau seines Vaters, eines gilt gestellten Kaufmanns, als gerade ein eingeschriebener Brief aus Lyon ankam Allmayer .juu. steckte ihn ohne Weiteres in die Tasche. Tags darauf erhielt der ulte All mayer einen Brief aus Dijon folgenden Inhalts: „Ich bin ein alter Militär, pensionirt und decorirt. Mein sohn, Postbeamter, hat, um eine Spielschuld zu bezahlen, einen Werthbrief aus Lyon an Ihre Adresse unterschlagen. Von Reue geplagt, hat er mir Alles gestanden. Ich bin leider nicht reich genug, um Ihnen sofort Alles sofort zu ersetzen. Aber ich habe meine ganze Familie zu- sammeugerufen und »venu Sie keine Klage anstellen, werden wir in einigen Tagen die Summe aufgebracht haben. Sie sind Familien vater, haben Sie Mitleid mit einer unglücklichen Familie, bringen Sie nicht Schande über eine ehrenvolle Vergangenheit u. s. w." Der alte Allmayer war gerührt, denn mit Rücksicht aus All mayer jun. hatte seine Lage viel Aehnlichkeit mit derjenigen des alten Militärs in Dijon. Er schrieb demselben sofort einen Be- ruhigungSbnef und schickte gleichzeitig dem Lyoner Hause die Quittung über die empfangene Werthsenduug. Der Beruhigungs- briel kam aber wieder zurück, denn die Adresse desselben war in Dijon unbekannt. Allmayer juu. hatte natürlich den alten Militär erfunden, um seine Unterschlagung zu verbergen. Der Streich kam erst lauge nachher an den Tag. In einem Zimmer des Hospitals für Greise in Lille ist am 15. October früh Feuer ausgebrochcn, bei welchem drei achtzig jährige Männer lebendig verbrannt sind. Der materielle Schaden tst unbedeutend. Die Irrenanstalt des Staates Ohio in Cleveland ist in der Nacht zum 13. October in Brand gerathen; sechzig Irre sind in den Flamme" umgekommen. Schiffs-Bewegung der Postdampfschiffe der Hamburg - Ameri kanischen Packetfayrt-Actien-Gesellschaft: „California", von Ham burg am 12. October in New-Uork angekommen; „Suevia". von Hamburg am 15. October in New-Dork angekommeu; „Lessing", von Hamburg am 16. Octoder in New-Port angekommen.
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