Volltext Seite (XML)
Ersckein-n: DienStag, Donnerstag, Sonnabend. '' ' Lierteljätmgeü Abonnement: am Schalter l M., durch den Boten ins Haus 1 M. 25 Pf., durch die Post l M. 25 Pf., durch die Post frei ins Haus 1 M. 50 Pf. KlHkNlWM Inserate für die am Abend vorher auszugebende Nummer werden bis früh 9 Ubr angenommen und Gebühren für solche von auswärts, wenn dies der Einsender nicht anders bestimmt, durch Post- Nachnahme erhoben. o WMmlMMMM. Air äie königlichen um! ^ääti^en ^ehöräen zu Äro^enkain. Druck und Verlag von Herrmann Starke (Plasnick L Starke) in Großenhain. Für die Redaction verantwortlich: Herrmann Richard Starke. Rr. 12«. Dienstag, den 25. Oetover 1887. 75. Jahrgang. Bekanntmachung. Der Roßschlächter Herr Ernst Winkler in Riesa beabsichtigt, in dem unter Nr. 27 des Brandvi-rsicherungs-Catasters, Nr. 84 des Flurbuchs für Zschieschen gelegenen Grund stücke eine IL«888eI>1LeI>tvrv! zu errichten. In Gemäßheit Z 17 der Reichsgewerbeordnung in der Fassung vom 1. Juli 1883 wird dies mit der Aufforderung hierdurch bekannt gemacht, etwaige Einwendungen hiergegen, soweit sie nicht auf besonder« Prioatrechts-Titeln beruhen, bei deren Verlust binnen 14 Tagen, vom Erscheinen dieser Bekanntmachung an gerechnet, allhier anzubringen. Großenhain, am 24. October 1887. Die Königliche Amlshauptmannschast. 921 Ur. Waentig. Tke. Bekanntmachung. Die den 1. Oetober a. e. fälligen Brandversicherungsbeiträge sind nach 1 Pfennig von jeder Beitragseinheit längstens bis zum 23. Oktober ». «. an die Stadthauptcasse zu bezahlen. Großenhain, am 28. September 1887. Dxx Si^dtrath. Herrmau». Bei dem unterzeichneten Königlichen Amtsgerichte soll eine Anzahl älterer abgethaner Acten zur Kassation gelangen; das über dieselben aufgestellte Verzeichnis wird bis ZUM 26. dkovember 1887 zu Jedermanns Einsicht an hiesiger Gerichtsstelle öffentlich ausliegen. Denjenigen Gemeinden, Personenvereinen oder Privatpersonen, welche an der Erhaltung dieser Actenstücke ein Interesse zu haben vermeinen, steht es frei, bis zu obigem Termine von dem Verzeichnisse an Gerichtsstelle Einsicht zu nehmen und diejenigen Acten, welche sie von der Vernichtung ausgeschlossen zu sehen wünschen, zu bezeichnen und bez. zur Aus händigung zu erbitten. Großenhain, am 21. October 1887. Das Königliche Amtsgericht. Scheuffler. Franke. Bekanntmachung. Die Einkommensteuer pro 2. Termin 1887, sowie die gleichzeitig mit zu erheben den Beiträge zur Handels- und Gewerbekammer Dresden sind den 3V. Sep tember ». v. fällig und bis längstens den 25. October u. v. an die Stadthauptcasse zu bezahlen. Der Stadtrat h. Großenhain, am 28. September 1887. Herrmann Politische Weltschau. Der Jahrestag der Schlacht bei Leipzig, durch welche einst Deutschland von dem Joch des fränkischen Imperators befreit wurde, erweckt alljährlich im deutschen Volke jene Stim mung, weicher Uhland einst an demselben Tage mit den Worten Ausdruck gab: „Wenn jetzt ein Geist herniederstiege, ein Sauger und zugleich ein Held!" Jener Geist echten deut schen Heidenthums, der am 18. October 1813 für die Fran zosen so verhängnißvoll wurde, er lebt und webt in dem edlen Sohn, der dem deutschen Kaiser, dem damaligen Prinzen Wilbelm von Preußen, am 18. October 1831 geboren wurde. Um so schändlicher empfand es diesmal jeder deutsche Patriot, daß dieser in Krieg und Frieden bewährte deutsche Kronprinz, durch ein hartnäckiges Leiden an ein milderes Klima gebannt, seimn 56. Geburtstag fern von der geliebten Heimath begehen mußte. Glücklicher Weise lauteten die letzten Nachrichten über das Befinden des Kaiffrsohnes so günstig, daß dessen beide Söhne, die Prinzen Wilhelm und Heinrich von Preußen, die ihn an diesem Tage in Baveno aufsuchten, ihren erlauchten Vater in entschiedener Besserung gefunden haben werden. Ein Hauch jems wahrhaft nationalen Geistes durchwehte an dem selben Tage auch die weitaus größte Mehrheit der wahlbe rechtigten Bewohner von 29 sächsischen Wahlkreisen, die am Dienstag ihrer Pflicht bei der Landtagswahl in so patriotischem und einträchtigem Sinne genügten, daß es den Socialdemo kraten nur gelang, den von ihnen, früher innegehabten Wahl kreis Leipzig-Land zu behaupten, während ihre Bemühungen cu allen anderen Orten kläglich scheiterten. Im Großherzog- th.nn Baden, wo die Wahlen zur Abgeordnetenkammer am Mittwoch erfolgten, nahmen die Wahlen ebenfalls einen für die nationale Sache hocherfreulichen Verlauf, denn die Liberalen nahmen der katholischen Volkspartei fünf und den Demokraten zwei Mandate ab. Der Wunsch unseres Kaisers, die Ruhe des deutschen Reiches durch einen friedlichen Ausgleich zwischen dem preußischen Staat und der römischen Kirche zu sichern, ist durch die milde Gesinnung des jetzigen Papstes und die geschickten Bemühungen des deutschen Reichskanzlers in fast unerhoffter Weise in Erfüllung gegangen. Unstreitig hat dazu das ebenso patriotische wie gutkuchlichgesinnte Verhallen des Bischofs Vr. Kopp in Fulda beigetragen, dessen Ernennung zum Fürstbischof von Breslau deshalb fast allgemein freudig begrüßt wurde. Als ein neues Unterpfand des Friedens zwischen Siaat und Kirche mußte die an dem deutschen Ehren tage am Dienstag im Eultusministerium in Berlin stattge habte Vereidigung veö neuernannten Fürstbischofs von Breslau, 9r. Kopp, seit vielen Jahren der erste Fall dieser Art, deshalb angesehen weroen. Nachdem Ur. Kopp den vorgeschriebeuen Eid geleistet hatte, empfing er die landesherrliche Anerkeunungs- ! urkunoe aus den Händen des Ministers v. Goßler, welcher ! dem Fürstbischof die Unterstützung des Staates und seiner Behörden in der Ausübung des bischöflichen Amtes zusicherte und dem Vertrauen Ausdruck gab, daß seine Verwaltung alle- ! zeit darauf gerichtet sein werde, den Geist der Eintracht und des confefsionellen Friedens zu fördern. Am Mittwoch reiste der Fürstbischof von Berlin nach feiner neuen Diöcese Breslau ab, wo er mit wahrhaft fürstlichen Ehren empfangen wurde, die seinem kirchenpolitischen Wirten gezollte Anerkennung aber bescheiden mit der Bemerkung ablehnte, daß Alles, was er reicht woroen, dem Kaiser, sowie dem Papste und dem katho lischen Volke zu danken sei. Es ist innig zu beklagen, daß nicht auch ein anderer sehnlicher Herzenswunsch unseres greisen Kaisers, eine freundliche Begegnung mit seinem Großneffen, dem Kaiser von Rußland, ebenfalls derartig in Erfüllung geht, so sehr es dazu in den letzten Tagen den Anschein hatte. Die von Ritzau's telegraphischem Bureau in Kopenhagen verbreitete Mitthellung, es sei wahrscheinlich, daß der Kaiser von Rußland in 8 Tagen über Warnemünde abreisen und dem Kaiser Wil helm einen Besuch in Berlin abstatten werde, hat sich jedoch als unbegründet erwiesen. Durch die Hartnäckigkeit, mit welcher die Czecken den von dem Kaiser von Oesterreich gebilligten Mittelschul-Erlaß des Ministers v. Gautsch bekämpften, ist der Fortbestand der regierungsfreundlichen Mehrheit im österreichischen Reichsrath ernstlich in Frage gestellt worden. Die in den letzten Tagen zwischen dem Ministerium und dem Executiv-Comitv der Rechten stattgefundenen Verhandlungen führten zu keinem Ausgleich, da sich die Regierung zwar zu einigen Eoncessionen verstand, aber einen Widerruf des Mittelschul-Erlasses als unmöglich bezeichnete und sich mit dem angefeindeten Unterrichtsminister als unzertrennlich verbunden hinstellte. Der Kaiser selbst hat der slowenischen Deputation, die sich bei dem Monarchen über die Aufhebung des Krainbnrger Gymnasiums beschwerte, eine eingehende sachliche Prüfung dieser Angelegenheit zugesagt, gleichzeitig aber erklärt, daß sich die Negierung nicht drängen lassen werde. Da der österreichische Monarch den galizischen Minister Ziemialkowski, den feudalen Führer Graf Hohenwart unv den Altczechen Rieger zu sich kommen ließ, dürfte der Kaiser selbst den Versuch gemacht haben, die Rechte mit dem bedrohten Cabiuet Taaffe wieder auszusöhnen. Eine rasche Klärung der Lage in Oesterreich ist trotzdem nicht zu erwarten, weil die altczechische Partei von den jungczechischen Hetzern systematisch zur Opposition getrieben wird und kaum noch als eine zuverlässige Stütze des jetzigen Regierungösystems ange sehen werden kann. Die italienische Regierung traf umfass ende Vorkehrungen, um bei dem Zug der in Rom angekommeuen französischen Pilger nach dem Vatikan jede Ruhestörung zu verhindern. Es kam denn auch zu keiner Unordnung. Die öffentliche Meinung in Rom beschäftigt sich jetzt fast ausschließlich mit den Vorbereitungen zu dem Feldzuge gegen Abessinien, die so weit gefördert sind, daß die ersten vier zur Ueberführung des afrikanischen EppeditionScorvs nach Massauah bestimmten Dampfer am 5. November von Neapel abgehen können. Da der frühere französische Kriegöminister, General Boulanger, die über ihn wegen Beleidigung und Verleumdung seines Nachfolgers Ferron verhängte dreißigtägige Haft still und reumüthig angetreten hat, der bei dem Limousi-Scandal schwer compromittirte Senator General Andlau aber spurlos verschwunden ist, dürfte nur der bei dem Ordensschacher be- theiligte General Caffarel Strafe erleiden. Derselbe ist aus der Armeeliste gestrichen, seiner sämmtlichen Auszeichnungen verlustig erklärt und außerdem noch in das Gefängniß der Eonciergerie abgeführt worden. Der Versuch der Radicalen, den Schwiegersohn des Präsidenten Gr6vy, Wilson, in den unsauberen Handel zu ziehen, ist völlig mißglückt. Alle Per sonen, die nach den radikalen Blättern durch Wilson decorirt sein sollten, haben nachgewiesen, daß sie Wilson entweder nicht kennen oder bereits vor ihren Arbeiten für ihn den Orden erhielten. Die Blätter „Lanterne", „France" rc. ver langen jetzt nur noch, daß Wilson nicht länger im Elyseepalast bei seinem Schwiegervater wohne. Die französischen Kammern sind auf den 25. d. M. einberufen worden. Am Tage der Kammereröffnung wird die Rechte eine Erklärung verlesen, wonach sie weder die gegenwärtige, noch eine andere, dem RadicaliSmus feindliche Regierung bekämpfen und in keinem Falle sich mit der äußersten Linken in ein Bündniß einlassen werde. Dagegen werde die Rechte einmüthig und energisch jedem Cabinete opponiren, daß mit den Radicalen Hand in Hand gehe. Auf diese Weise brauchen die jetzigen Minister Rouvier, Flourens und Ferron keine Angriffe der Monarchisten zu befürchten und könnten es auch ruhig mit ansehen, wenn Boulanger den Abschied fordern und von den Radicalen in die Kammer gewählt werden sollte. Unter den Ereignissen der letzten Woche verdienen die täglich wiederholten Umzüge der beschäftigungslosen Arbeiter der englischen Hauptstadt besondere Beachtung. Viele dieser Herumziehenden sind freilich gar keine Arbeiter, sondern Tagediebe, die nur Gelegenheit zum Lärmen und zu Plün derungen suchen; aber sicher giebt es in der Menge von Demonstrirenden auch eine Anzahl von wirklichen Arbeitern, welche durch den frühen Winter um ihre Beschäftigung und ihr Brod gekommen sind. Bei diesen Kundgebungen kam es wiederholt zu heftigen Zusammenstößen zwischen den Be schäftigungslosen und den Polizisten, welche die aufrührerischen Versammlungen zu verhindern suchten. Da die Arbeitslosen oder Arbeitsscheuen jede Gemeindeunterstützung ablehnen und ihr angebliches „Recht auf Arbeit" aus ungesetzliche Weise geltend zu machen suchen, sieht sich die englische Regierung gezwungen, die Bewegung gewaltsam einzudämmen. In noch schlimmerem Maße ist das in Irland der Fall, wo selbst die außergewöhnlichen Vollmachten nicht mehr hinreichen, die Ordnung wieder herzustellen. Der irischen Nationalliga ist es wiederholt gelungen, Versammlungen abzuhalten, welche durch eine Proclamation der Regierung verboten waren. Der liberal-unionistische Schatzkanzler Goschen erklärte deshalb öffentlich, daß die Regierung in der nächsten Parlaments session eine Erweiterung der außerordentlichen Vollmachten fordern werde, um den Trotz der Irländer zu brechen. Diese Absicht scheint selbst den Oppositionsführer Gladstone einzu schüchtern, da derselbe in Nottingham versicherte, nichts gegen die Einheit des Reiches thun zu wollen, und die Irländer dringend ersuchte, trotz aller Aufreizungen sich jeder Gesetz widrigkeit zu enthalten. Ueber die durch die Erkrankung seiner Kinder verzögerte Heimreise des Kaisers von Rußland aus Kopenhagen schwebt noch immer ein geheimnißvolles Dunkel. Für die jetzige Jahreszeit wäre der Weg über Land am natürlichsten, d. h. über Giesser, Warnemünde und durch Norddeutschland. Würde aber diese Route gewählt, so wäre ein Besuch in Berlin bei nahe selbstverständlich. Um so auffallender ist die Entschieden heit, mit welcher die leitenden preußischen Blätter die Mög lichkeit eines solchen Besuches in Abrede stellen. Am 27. d. M. wird die bulgarische Sobranje zusammen treten, deren weitüberwiegende Mehrheit durchaus regierungs freundlich gesinnt ist. Der für den Prinzen Ferdinand über raschend günstige Wahlausfall hatte für die sich in Bukarest aufhaltenden bulgarischen Emigranten sehr schlimme Folgen. In ihren Hoffnungen auf den Ausbruch einer Empörung in Bulgarien getäuscht, eilten dieselben nach dem russischen Ge- sandtschaftSbotel in Bukarest, um neue Unterstützungen ent gegenzunehmen. Der russische Gesandte Hitrowo erklärte aber, die bisher den Flüchtlingen gewährten Geldunterstützungen ein stellen zu müssen.