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Erscheint wöchentlich drei Mal: Dinstags, Donnerstags und Sonnabends. Preis incl. der Sonntagsbeilage „Der Erzähler" vierteljährlich 1 Mark, durch die Post bezogen i Mark 25 Pf. — Einzelne Nummern 8 Pf. — Jnsertionsgebühren pro kleingespaltene Zeile für Abonnenten 7 Pf-, für Nichtabonnenten 10 Pf., im Redactionstheil 20 Pf. Bei mehrmaliger Insertion entsprechender Rabatt. — Jnseraten- Annahme bis Abends 5 Uhr des vorhergehenden Tages. — Geeignete Beiträge sind stets willkommen. .U 59. Donnerstag, 14. November 1878. Bekanntmachung. Zum Zweck der Anlegung der Einkommensteuer-Cataster auf das Jahr 1879 macht sich die Aufstellung von Hauslisten nach Vorschrift 35 des Einkommensteuergesetzes vom 2. Juli d. I. nothwendig. Zu diesem Behufs werden in den nächsten Tagen den hiesigen Haus besitzern Formulare zu Hauslisten behändigt werden, in welchen alle in dem betreffenden Grundstücke wohnenden Personen, welche ein eigenes Einkommen haben, sowie die in demselben ein Gewerbe betreibenden und anderwärts wohnenden Personen, ingleichen Beitragspflichtige der in tz. 4 des angezogenen Gesetzes bezeichneten Arten, welche in dem Grundstücke ein Geschäftslocal haben, nach Anleitung der den Listen vorgedruckten Bemerkungen einzu- tragen, auch die sonstigen darin enthaltenen Fragen genau zu beant worten sind. Diese, mit den Namensunterschriften der Haushaltungsvorstände zu ver sehenden Hauslisten hat der Besitzer des Hausgrundstücks bez. dessen Stell vertreter bezüglich ihrer Vollständigkeit zu bescheinigen und binnen 10 Tagen von Zeit der Zustellung angerechnet, längstens aber den 25. dieses Monats wieder anher einzureichen. Die Versäumung dieser Frist zieht eine Geldstrafe bis zu 5V Mk. — Pf. nach sich. Waldenburg, am 9. November 1878. Der Stadtrat h. Cunrady. Bekanntmachung. Nachdem für die hier bevorstehende Stadtverordneten-Ersatzwahl die Liste der Stimmberechtigten, sowie der Wählbaren aufgestellt ist, liegt die selbe vom Erscheinen dieser Bekanntmachung ab 14 Tage lang, sonach bis zum 23. November 1878 an hiesiger Rathsexpeditionsstelle zur Einsicht aus. Zufolge 51 der Revidirten Städteordnung vom 24. April 1873 steht jedem Betheiligten frei, bis zum Ende des siebenten Tages nach Be kanntmachung und Beginn der Auslegung, also bis zum 15. November 1878 gegen die Wahlliste beim unterzeichneten Stadtrathe Einspruch zu erheben. Alle Bürger, welche in der geschloffenen Liste nicht eingetragen sind, können gemäß ß 52 der Revidirten Städteordnung an der bevorstehenden Wahl nicht Theil nehmen. Waldenburg, den 5. November 1878. Der Stadtrat h. Cunrady. Dank. Nach erfolgter Wiederbesetzung des hiesigen Oberpfarramtes fühlt sich der unterzeichnete Kirchenvorstand gedrungen, auch öffentlich dem Herrn Pfarramtsverweser Diaeonus Schmid den wärmsten Dank für die unermüdliche, treue und gewissenhafte Führung der Pfarramtsgeschäfte wäh rend der langen Vakanzzeit hierdurch auszusprechen. Waldenburg, den 12. November 1878. Der Kirchenvorstand daselbst. I. A.: vr. M. Schumann, Oberpf. PEW Rimdsche«. * Waldenburg, 13. November 1878. Durch einen großen Theil der sächsischen Blätter machte jüngst und jetzt noch ein Artikel des „CH. Tagebl." die Runde, welcher gegen die Behauptung, „Sachsen sei wie die Wiege, so der eigentliche Hort der Socialdemokratie, deren bedeutendste Führer aber Sachsen^ Verwahrung einlegte. Allerdings hat der Artikel Recht, wenn er sagt, daß die Herren Bebel, Liebknecht, Most, Wiemer, Bracke, Kaiser, Auer und Jork keine Sachsen sind, aber Unrecht hat er, wenn er nur Vahlteich als geborenen Sachsen angiebt, da der Cigarrenarbeiter, jetzige Redacteur Fritzsche eben falls ein Sachse, und zwar ein Leipziger ist. Der Verfasser jenes Artikels behauptet sodann ferner, daß Sachsens Bürgerschaft immer das Beste gethan habe zur Bekämpfung der Social demokratie, — eine Behauptung, die für viele Kreise nur mehr eine Schmeichelei ist, dazu angethau, das Bewußtsein, sich die Bekämpfung der sociali- stischen Unmöglichkeiten zur heiligen Pflicht zu machen, wieder einzuschläferu. Liest's der ein fache Bürger, so glaubt er, wirklich sein Bestes gethan zu haben, und in der Befriedigung dar über unterläßt er es, überhaupt etwas zu thun. Wohl haben sich reichstreue Vereinigungen gebildet, die sich die Bekämpfung der socialisti- schen Umsturzbestrebungen zur Aufgabe machen ist zur Zeit der Wahl in einzelnen Wahlkreisen das Möglichste gethan worden, die Erkenntniß des Unausführbaren der socialistischen principiel- len Forderungen zu verbreiten; aber überall? Dresden ist der sprechendste Gegenbeweis. Grade in Dresden hat die Bürgerschaft der Social demokratie den meisten Vorschub geleistet. Nie hätte Dresden zu einem Bollwerk der Social demokratie werden können und dürfen, wenn die Bürgerschaft stets ihrer Pflicht eingedenk ge wesen wäre, und sicher hätten in anderen Kreisen die socialistischen Candidaten unterliegen müssen, wäre die Bürgerschaft Mann für Mann für reichstreue Candidaten eingetreten. Einen Theil der Schuld hat aber auch eine charakterlose Presse zu tragen, die wenn sie auch gegen die Socialdemokratie kämpfen zu wollen vorgab, doch durch Aufnahme socialistischer In serate rc. das für Sachsen beschämende Resultat herbeiführen half. Auch in anderen Theilen Sachsens waren Blätter, welche die lucrativsten Begünstigungen von der Regierung beanspruchen und erhalten, beflissen, mit der Socialdemokratie zu liebäugeln. Derartigen Thatsachen gegenüber ist es un möglich, die sächsische Bürgerschaft vollständig von dem Vorwurfe rein waschen zu wollen, daß sie nicht immer das Beste zur Bekämpfung der Socialdemokratie gethan habe. Ueber dieHeimkehr unseres Kaisers berich ten Berliner Blätter, es sei Wunsch des Monar chen, daß bei der am 5. December zu erwarten den Rückkehr die in Aussicht genommenen Feier lichkeiten in derselben Weise innegehalten werden möchten, wie im Jahre 1871/ Das Gesetz, betreffend Maßregeln gegen die Verfälschung von Lebensmitteln, wird in der nächsten Neichstagssession jedenfalls vorgelegt werden. Möchlicherweise wird dies unter Erwei terung der Motive geschehen, da die Erfahrung, auf welche gestützt die Vorlegung des Entwurfs im vergangenen Frühjahr im Reichstag erfolgte, bedeutend erweitert sind. Seit der Verkündigung des Socialistengs- setzes bis Ende October wurden im ganzen Deutschen Reiche 40 Vereine und 70 Druck schriften verboten; davon entfallen 19 Vereine und 49 Druckschriften auf das Königreich Preu ßen, 10 Vereine und 3 Druckschriften auf das Königreich Sachsen. Der Reichstagsabgeordnete Hasselmann giebt jetzt, nachdem die socialistischen Blätter unterdrückt sind, in Berlin ein wöchentliches Familienblatt für das deutsche Volk unter dem Titel „Glück auf" heraus. Er will hauptsächlich durch gute Novellen und entsprechende Local- und Gerichts referate das geistige und sittliche Leben des Vol kes pflegen und Laster und Unsitte bekämpfen, selbstverständlich auch, wie jedes neue Blatt, „einem tiefgefühlten Bedürfniß" abhelfen. An Stelle der früheren in Breslau er schienenen socialdemokratischen „Wahrheit" war ein „Breslauer Tageblatt" herausgegeben wor den, welches jedoch am 10. d. M. auch verboten wurde. Dem Magistrate von Königsberg ist von Seiten der Aufsichtsbehörden eine Anweisung zugegangen, die im Stadtverordnetensaale aufge stellte Jacoby-Büste zu entfernen, und zwar ist dies deshalb bestimmt worden, weil Jacoby nach dem Kriege 1870 insLager der Socialisten über ging. Wir sind keine Verehrer Jacoby's, der in seinen politischen Ansichten so mannigfache Schwan kungen zeigte und sich dadurch große Schwächen zu Schulden kommen ließ; aber insofern hat er sich doch Achtung zu verdienen gewußt, indem er im Jahre 1841 durch seine „Vier Fragen" der Sprecher des ganzen preußischen Volks, der Bahnbrecher der staatlichen Entwickelung im mo dernen Sinne wurde. Die politischen Behörden von Mailandhaben Maßregeln ergriffen, um zu verhindern, daß aus Deutschland auswandernde der internationalen Socialdemokratie angehörige Individuen diese Stadt zum Centrum ihrer Propaganda machen. Zwei deutsche, ein französischer und zwei öster reichische Socialisten wurden ausgewiesen. Die spanischen Gerichte arbeiten rasch. Bei der am 11.d. M. gegen den Attentäter Mon- casi geführten Gerichtsverhandlung beantragte dec Staatsprocurator die Todesstrafe. Der Ver- theidiger trug auf Wiederaufnahme des Prozeß-