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die ohne Cylinder brenne, empfohlen, die Hr. Klempnermeister Schubert zur Probe anzu schaffen versprach; ein Prospect des Technikums in Mittweida wurde in Circulation gegeben, wo rauf Hr. Seminar-Oberlehrer Hoffmann seinen Vortrag über seine Reise zur Pariser Weltaus stellung begann. An schwarzen Tafeln waren hierzu Pläne von Paris und vom Ausstellungs platze mit Kreide gezeichnet, während auf den Tischen gegen 40 Hefte der deutschen illustrirten Weltausstellungszeitung vertheilt waren. Der Vortragende schilderte zunächst seine Reise von hier nach Mainz, den Rhein mittels Dampfschiff herunter nach Bingen, von da mit der Eisenbahn über Metz nach Paris. Von allen beinerkens- werthen von ihm berührten Orten entwirft der Vortragende ein anschauliches Bild, hie und da verflochten mit historischen Bemerkungen. Am interessantesten waren die Schilderungen des Pariser Lebens in seinen verschiedenartigsten Ge stalten, der Pariser öffentlichen Gebäude, Kirchen, Vergnügungsorte, der Straßen, Verkehrsmittel rc., so daß mit außerordentlicher Spannung die Ver sammlung dem Vortrage folgte. Leider war die Zeit so weit vorgerückt, daß der zweite Theil des Vortrages, die Beschreibung der Ausstellung selbst, auf eine nächste Sitzung verschoben werden mußte. Zum Schluß wird durch den Vorsitzen den noch eine Spazierfahrt in Anregung ge bracht, die Sonntag über acht Tage zur Aus führung gelangen soll. *— (Landrentenbriefe.) Die im „Dresdner Journal enthaltene amtliche Liste der im Ter mine Michael 1878 ausgeloosten Landrentenbriefe liegt in der Expedition dieses Blattes zu Jeder manns Einsicht aus. Niederwiera, 24. September. (Missionsfest.) Vergangenen Sonntag Nachmittag wurde in hiesiger Kirche das Jahresfest des Altenburger Landesmissionsvereins durch Gottesdienst, wobei Herr Pastor Hermann aus Flemmingen die Predigt hielt, gefeiert. Nach dem Gottesdienst fand im Saale des hiesigen Gasthofes eine Versammlung statt, um den Festbericht zu vernehmen. Den selben erstattete in eingehender Weise Hr. Schul- rath Seminardirector Runkwitz aus Altenburg, während Hr. Generalsuperintendent I)r. Braune aus Altenburg und Herr Pastor Hermann aus Flemmingen durch Schilderung lebendiger Missions bilder das Interesse der Zuhörer zu erwecken und zu erhöhen wußten. Bei der am Schluffe des Gottesdienstes abgehaltenen Collecte für den Altenburger Missionsverein wurde ein Ertrag von 50 Mark erzielt. Glauchau, 24. Sept. In der Schwurgerichts sitzung vom 21. d. wurde der Weber Friedrich Herm. Kahlert und der Handelsmann Karl Wil helm Tautenhahn von hier wegen Münzverbrechens zu je 2 Jahren Gefängniß verurtheilt. Diesel ben hatten falsche Zweimarkstücke angefertigt und ausgegeben. — Vor einiger Zeit kam hier zu Herrn Restaurateur und Viktualienhändler G. ein junger Mensch von vielleicht 20 Jahren, der sich ihm als sein Pathe aus seinem Heimaths- orte vorstellte. Da seine Angaben alle mit den Verhältnissen übereinstimmen, setzt G. keinen Zwei fel darein, und freut sich, daß ihm sein Pathe aus gesucht. Später klagt der Fremde über Geld mangel und G. giebt ihm auch 5 Mark, worauf Beide sich zu Biere begeben. Hierbei aber wird der Fremde dreister und verlangt mehr, was ihm jedoch abgeschlagen wurde. Da er sah, daß er nichts mehr erlangen konnte, war er plötzlich verschwunden und kam auch nicht wieder. Offen bar hatte es G. mit einem Schwindler zu thun gehabt. In Zwickau hat am 17. d. am Gymnasium die mündliche Maturitätsprüfung von zwei Exa minanden stattgefunden, denen beiden das Reife- zeugniß ertheilt werden konnte. — In Grunitz bei Wurzen ist am 19. d. das Fels'sche Gut nebst Getreidevorräthen, ebenso das angrenzende Lorenz'sche Haus niedergebrannt. — In Penig wurde am 20. d. Abends ein 3jähriges Kind durch einen mit Kartoffeln beladenen Wagen überfahren, wodurch dasselbe einen Beinbruch erlitt. Atts dem Sachsenlan-e. Dresden, 24. Sept. Hier wird eine Aus stellung von Hilfsmaschinen für das Kleingewerbe — ähnlich wie sie jüngst in Erfurt stattfand — für 1880 projectirt. Das Project stammt aus dem Kreise des hiesigen Allgemeinen Handwerker vereins, der in einer seiner ersten Winterver sammlungen definitiv darüber beschließen wird. Seitens des Vorstandes sind schon einleitende Schritte gethan worden. Leipzig, 19. Septbr. Für die interimistische Unterbringung des Reichs-Obergerichts ist die Georgenhalle in Aussicht genommen. Der vom Rathe mit dem Reichs-Justizamte abgeschlossene Miethsvertrag, nach welchem für das genannte Gebäude ein jährlicher Miethzins von 31,900 Mk. gezahlt wird, hat in der gestrigen Versammlung der Stadtverordneten deren Genehmigung erhal ten. Der Vertrag läuft vom 1. Juni 1879 bis 30. September 1889. In Neumark i. V. hat sich bereits vor 2 Jah ren, am 30. September 1876, der 71 Jahre alte Handarbeiter Johann Gottlieb Jakob aus seiner Behausung entfernt in der Absicht, sich das Leben zu nehmen, und ist derselbe seit dieser Zeit verschollen gewesen. Am 21. d. M. Abends 7 Uhr sind nun in dem zum Nittergute Neu schönfels gehörigen sogen, oberen Walde ver schiedene Knochentheile aufgefunden worden und hat sich durch die an demselben noch vorhandenen Reste von Kleidungsstücken ergeben, daß diese Knochentheile von dem obgenannten Jakob her rühren. — In Untermarxgrün bei Oelsnitz ist die Maul- und Klauenseuche in sehr heftiger Weise aufgetreten. — In Dresden ist in der Nacht zum 23. d. in einem Gasthause ein dort eingekehrter Schlosser durch ein Glasdach, das er in völlig entkleidetem Zustande unbefugter Weise betreten, gebrochen, in das Parterre herabgefallen und hat dabei mehrfache Verletzungen erhalten. — In Burgstädt putzte ein Maurer aus Hart- mannsdolf einen Revolver, als die Waffe sich entlud und der Schuß einem neben ihm sitzen den Soldaten in den Hals ging. Der Soldat ist in ärztlicher Behandlung, der Maurer aber hat sich seitdem entfernt. — In Pirna wurde bei einem Straßenbaue ein alter irdener Topf mit 69 Stück alten Münzen im Boden aufge funden. Die Münzen in Größe von Ein- und Zweimarkstücken, aber nicht stärker als ein Zwanzig- pfenniger, sind sogenannte alte Meißner Groschen ohne Angabe der Jahreszahl. — In der Um gebung von Meißen ist der den Bäumen so ver derbliche kleine Borkenkäfer wiederholt an Obst bäumen gefunden worden. — In Mittweida sind im städtischen Archiv alte und werthvolle Urkun den aufgesunden worden, die mit der Jahreszahl 1302 anheben; ebenso wurden zwei alte Stadt bücher gefunden, welche mit dem Jahre 1412 be ginnen. — In Altenburg beginnt vom 25. d. an für die Strecke Hof-Leipzig der Verkehr auf dem neuen Bahnhofe. — In Auerbach kam bei einem Neubau auf einem Bockgerüste zu ebener Erde ein Handarbeiter durch einen Fehltritt zu Fall und riß einen andern mit sich. Im Fallen wollten sich Beide an der frischen Wand erhal ten, um nicht in den Keller zu stürzen; aber die Ziegel lösten sich und folgten den Beiden nach, dem Einen auf die Brust, so daß er besinnungs los vom Platze getragen werden mußte. — Zwischen Werda und Poppengrün wurde am Sonnabend in der Nacht der Briefbote Hüttner nebst einem Begleiter plötzlich von muthmaßlich 2 Personen angefallen, dem Briefboten ein Arm völlig zerschlagen, der andere stark beschädigt, außerdem ihm einige Stiche am Kopfe und Hals beigebracht; auch der Begleiter wurde verletzt. Ein Naubanfall scheint nicht vorzuliegen, da dem Postboten nichts fehlt als die Schlüssel zu den verschiedenen Briefkästen. — Am 21. d. Abends wurde ein Bornaer Gelbgießer, von Regis kom mend und 94 Mark bei sich führend, in der Nähe von Raupenheim von einem Unbekannten angefallen und so über den Kopf geschlagen, daß er zusammenbrach. Da der Uebersallene seinen Hund heranrief, riß der Strolch aus, ohne seine Absicht zu erreichen. — Der Seeadler ist in Wildenfels doch noch erlegt worden; derselbe er schien am 22. d. wieder, um den Fischen im Schloßteiche einen erneuten Besuch abzustatten; diesmal wurde er aber geschossen, worauf er todt zu Boden stürzte. Das Thier mißt von Flügel zu Flügel etwa 1'/- Meter. — In Stolpen wurden am 23. d. früh aus einem Uhrenge schäft 34 Stück neue silberne Taschenuhren, eine goldene Damenuhr und 12 Stück getragene Taschenuhren im Gesammtwerthe von 1000 Mk. gestohlen. FürstBismarckundFerdinandLaM Ueber die merkwürdigen Begegnungen der beiden Politiker erzählte ein gut unterrichteter Biograph Lassalles im „Wanderer" vom Jahre 1869 Fol gendes: Lassalle machte dem Minister im Herbste 1863, ohne ihn persönlich zu kennen, einen Besuch, um ihm für die schleunige Erledigung jener Solinger Depesche *) seinen Dank auszudrücken. Er traf Bismarck ein wenig überrascht in seinem Kabinet. In seiner chevaleresken, ungenirten Weise bot Bismarck seinem Gaste Stuhl und Cigarre, ihn jeder Formalität enthebend. Die Solinger An gelegenheit war mit wenigen Worten erledigt. „Unsere Polizei ist sehr eifrig, mir könnte es selbst ergehen, daß irgend ein Bürgermeister mich arreliren läßt" scherzte Bismarck. „Sie haben es aber auch ein Bischen stark getrieben," fuhr er fort, „unsere Fortschritts-Partei liebt es nicht, wenn man ihr den Spiegel so nahe vors Gesicht hält." Und wie absichtslos zog er dabei aus einem Stoß Papiere Lassalles Solinger Rede. Damit war die Unterhaltung auf politisches Gebiet gebracht und Lassalle war überrascht, wie genau Bismarck alle seine Schriften und Flug blätter gelesen; selbst ein kleines Flugblatt an die Berliner Arbeiter, welches polizeilich confiszirt war, befand sich in Bismarcks Besitz. „Aber sagen Sie dem Herrn Untersuchungsrichter Nichts davon, sonst läßt er mir es wegnehmen," äußerte Bismarck launig. — „Wird die Arbeiterpartei bei den nächsten Wahlen mit der Fortschrittspar tei stimmen?" fragte im Laufe des Gesprächs Bismarck. „An allen den Orten, wo sie nicht selbstständig auftreten kann aus numerischer Schwäche, gewiß, es sei denn da, wo Kandidaten auftreten, die per sönlich im Kampfe gegen uns feindselig vorgegangen, wie z. B. Schulze-Delitzsch, Reichenhein, Löwe- Kalbe und Andere," erwiderte Lassalle. „Warum stimmen Sie nicht überhaupt mit der conservativen Partei da, wo Sie keine Aussicht haben, Ihre eigenen Kandidaten durchzusetzen? Unsere Interessen sind ja gemeinschaftliche. Sie kämpfen von Ihrem, wir von unserem Stand punkte gegen das Bestreben der Bourgeoisie, die Herrschaft an sich zu reißen! Bismarck sprach diese Phrase mit der ungenirten Offenheit, die ihn von allen seinen Kollegen aus zeichnet. Lassalle lächelte. „Augenblicklich, Exzellenz," replizirte er, „mag es so scheinen, als sei eine Allianz zwischen der Arbeiterpartei und der con servativen Partei möglich, aber wir würden nur eine kurze Strecke Weges mit einander gehen, um dann um so erbitterter uns zu bekämpfen." „Ach!" lachte Bismarck, „Sie meinen, es kommt nur darauf an, wer von uns der Mann ist, der mit dem Tenfel Kirschen essen kann! Rous verrous!" . . . Seitdem fanden einige direkte Berührungen zwischen beiden Männern statt, namentlich durch Lothar Bucher. Auf der Straße begegneten Beide sich einmal. Im Lause des Gesprächs nahm Bismarck Lassalles Arm und so wanderten Beide die Leipziger Straße entlang. Dicht an der Wilhelmsstraße siel Bis marck die Situation auf. Lachend sagte er: „Wenn uns jetzt ein Mitglied der Fortschrittspar tei begegnet, steht morgen unsere angebliche Allianz in allen Zeitungen. Mir kann's nicht schaden." „Mir auch nicht," antwortete Lassalle. Ein zweiter und letzter Versuch Lassalles bei Bismarck fand im Sommer 1864 statt. Der schleswig-holsteinische Krieg war soeben siegreich beendet und selbstverständlich wendete sich das Gespräch bald dieser brennenden Frage zu. Lassalle erinnerte Bismarck daran, daß er be reits im Jahre 1859 die Annexion Schleswig- Holsteins an Preußen gefordert und heute noch dieselbe Ansicht vertrete. *) In welcher Lassalle sich über einen „fortschrittlichen" Landrath beklagt hatte.