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Das Socialistengesetz ist nunmehr vom Justizausschusse des Bundesraths diesem selbst in der Sitzung am Dinstag vorgelegt worden. Das „Reichsamt für Vereinswesen und Presse" ist aus dem Entwürfe entfernt und dafür der Bundes- rath als Necursinstanz für Beschwerden gegen ortspolizeiliche Verfügungen, betreffend das Ver bot von Druckschriften, Vereinen und Versamm lungen eingesetzt. Der sogenannte Ausweisungs paragraph (tz 23) ist im Prinzip beibehalten; nach demselben können Personen, welche es sich zum Geschäft machen, die im Z 1 bezeichneten Bestrebungen zu fördern, oder auf Grund dieses Gesetzes bestraft worden sind, aus bestimmten Bezirken und Orten, Ausländer von der Landes polizeibehörde aus dem Bundesgebiet verwiesen werden. Bezüglich der Beschwerde-Instanz wird bestimmt, daß der Bundesrath aus seiner Mitte zur Entscheidung der an denselben auf Grund dieses Gesetzes gelangenden Beschwerden einen besonderen Ausschuß wühlt. Der Ausschuß be steht aus 7 Mitgliedern; dieselben sind an In structionen nicht gebunden. Die Entscheidungen des Ausschusses werden im Namen des Bundes raths erlassen und sind endgiltig. Der früher ein gebrachte Entwurf gestand dem Reichstage das Recht zu, über alle Maßnahmen erforderlichen Falls Entscheidung zu treffen und daß, falls der Reichstag zu irgenv einer Verfügung nachträglich seine Genehmigung verweigere, die Verfügung alsdann zurückgenommen werden müsse. Nach der Vorlage des Jnstizausschusses ist der Bundes rath allein zuständig und giebt es gegen dessen Entscheidung eine Berufung nicht mehr. Es ist wohl zweifellos, daß sich der Reichstag dieses Recht unter keinen Umständen nehmen lassen wird. Neber die Zeitdauer des Gesetzes ist in demselben ebenfalls nichts gesagt, wie schon be merkt, ist von nationalliberaler Seite ein dahin gehender Wunsch ausgesprochen worden und wird dieser Punkt bei den Verhandlungen im Reichs tage jedenfalls zur Sprache kommen. D aß die Socialdcmokraten vorzüglich or- ganisirl sind, beweist wiederum die Thatsache, daß in allen größeren Städten der Vereinigten Staaten von Amerika am Anfänge d.s vorigen Monats in socia'istischen Kreisen fleißig gesammelt worden ist, um die Gesinnungsgenossen mit Geld mitteln für die Neichstagswahlen zu unterstützen. Ist Breslau waren z. B. alle Agitationsmittel mit dein 30. Juli erschöpft, und doch waren bei der Läichwahl wiederum genügende Mittel vor handen. Liebknecht hatte den bedeutendsten Theil der amerikanischen Gelder ihnen zugewiesen, um mit ungeschwüchten Kräften in die Stichwahlen eintreten zu können. Nicht ohne Erfolg, wie der§> Leser wissen wird. So viel uns bekannt, ist ein Gleiches von den deutschen Socialdemokraten noch nicht geschehen und scheint es demnach fast, als wäre von der internationalen Socialdemokratie Deutschland als erste Versuchsstation zur Ver wirklichung der socialistischen Volksbeglückung aus ersucht. Die Deutschen sind von jeher immer die Dummen gewesen, sie sollen's auch in dieser Beziehung wieder sein. Neben der „Berliner Freien Presse" ist in Ber lin auch das demokratische Organ „Die Waage", in welcher ein sofort in die „Berl. Fr. Pr." übergegangener Artikel „Das Untergrabungs gesetz" Aufnahme fand, confiscirt worden. Ferner wurde der bisherige Redacteur der „Berl. Fr. Pr.", Paul Pulkrabek, am Sonnabend ver haftet. Die im Berliner Vertrage vorgesehene inter nationale Commission zur Ausarbeitung eines Statuts, betreffend die Organisation Ostrumeliens, wird am 1. September in Konstantinopel zusam mentrete»; darauf wird sie sich nach Philippopel begeben, um sich über die Bedürfnisse und Ver hältnisse Ostrumeliens an Ort und Stelle zu unter richten und darauf im Einverständniß mit der Pforte die Anordnungen für die zukünftige Regierung des Landes zu treffen. Auf dem Handelscongreß zu Paris ist ein überaus wichtiger Beschluß gefaßt worden. Es handelt sich dabei um die Schaffung eines internationalen Handelsvertrages. Der Congreß beschloß, eine Commission einzusetzen, welche dem im Jahre 1880 abermals und zwar in Belgien zusammentretenden Handelscongreß mit einem Berichte eine Vorlage über einen sol chen internationalen Handelsvertrag unterbreiten soll. Auf die Einwendung einiger Mitglieder, daß der Vorschlag unpraktisch sei, wurde von einflußreicher Seite erwidert, daß ebenso gut wie internationale Post- und Telegraphenverträge auch ein internationaler Handelsvertrag geschaf fen werden könne. Aus Oesterreich kommen Dementis über die bereits gemeldete Ministerkrisis. Man darf aber doch wohl vermuthen, daß irgend etwas im Gange gewesen sein muß. Harte Kämpfe müssen die österreichischen Besetzungstruppen bei der Einnahme von Serajewo zu bestehen gehabt haben. Kaum hatten sie die ersten Häuser erreicht, so begann ein mörderischer Straßenkamps, an den sich Alt und Jung, Männer und Frauen, betheiligten. Die Mohamedaner verbarrikadirten ihre Häuser und schossen auf die Soldaten; ein Kampf entwickelte sich, wie er eben nur vorkommen kann, wenn die durch blinden Fanatismus bis zur Grausamkeit gesteigerte Kampflust auch die Leidenschaften der Soldaten entfesselt. Auch türkische Frauen be theiligten sich an dem Kampfe, sie gingen mit Handschars auf die Soldaten los und blickten so gleichgiltig dem Tode entgegen, wie ihre Männer, Kinder griffen zum Gewehr und feuerten auf die Oesterreicher hinein, bis um 3 Uhr letztere die Stadt völlig in Händen hatten. Die Situation in der Herzegowina ist ebenfalls eine ernste, obgleich die Insurgenten bei Stolaz einen schweren Schlag erhielten, sind doch die herzegowinischen Moslims vom ärgsten Fanatismus beseelt. Die Insurgenten in Bosnien haben sich von Seraje wo nach Goredscheta zurückgezogen, wohin ihnen Colonne Oesterreicher folgt. macht man sich in Swornik gefaßt. In den Ge birgen wimmelt es von Insurgenten, welche die Straßen abgraben. — Verwundetentransporte tref fen in Wien jetzt fast täglich ein, nahezu die Hälfte der Angelangten ist schwer verwundet. Die Leute erzählen, daß sie von Tushla bis Do- boj eine ganze Woche hindurch vom 9. bis 17. fast ununterbrochen im Feuer marschirt seien und harte Kämpfe zu bestehen hatten. Sie sagen aus, daß sie nur gegen reguläres türkisches Militär gefochten haben. Ein socialistischer Arbeitercongreß sollte bei Gelegentheit der Weltausstellung in Paris stattfinden, allein die Pariser Polizei verbot ein fach den Congreß. Die Socialdemokraten, ra biat geworden, wollen aber trotz des Verbots den Congreß abhalten. Ob ihnen das gelingen wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls dürften sie dafür in strenge Bestrafung genommen werden. Des Mordes andem General Mesenzew dringend verdächtig sollen nach einer Meldung der „Dresd. N." zwei jüdische Studenten aus Kiew sein. Allen Behörden sind bereits deren Photographien eingehändigt worden, so daß es wohl nur eine Frage der Zeit ist, sie anzuhalten und zu verhafte». Der Plan, den General zu tödten, muß seit langer Zeit schon im Kopfe des Verbrechers zur Reife gekommen sein, da Mesen zew durch anonyme Briefe mehrfach gewarnt worden ist; doch beachtete er sie nicht weiterund pflegte jedesmal zu sagen: „Weshalb sollte man mich tödten wollen?" Die verbrecherische That hat außerdem eine» kaiserlichen Erlaß hervorge rufen, worin gesagt wird, daß es eine Gruppe geheimer Bösgesinnter gäbe, die unter dem Ein fluß social-revolutionärer und anderer zersetzender Lehren die Vernichtung des ganzen Staatsbaues anstrebt. Diese Uebelthäter verwerfen die Noth wendigkeit jeder gesellschaftlichen Ordnung, die Unverletzlichkeit des Eigenthums, die Heiligkeit des Fanrilienbandes und selbst den Glauben an Gott. Alle die Verbrechen, welche diesen Leuten zuzu schreiben sind, sollen bis auf Weiteres den Mili tärgerichten zur Aburtheilung übergeben werden. Auf diejenigen Angeklagten, welche den Gerichten bis jetzt noch nicht übergeben sind, soll dieses Verfahren ausgedehnt werden. Die Reformen in der asiatischen Türkei sind von der britischen Regierung der Pforte nunmehr vorgeschlagen, sie beziehen sich auf die Einrichtung einer Gendarmerie, Reorganisation des Steuerwesens und der Gerichte, sowie auf Schaffung eines Appellgerichtshoses. Die Pforte erklärte, sie besäße nicht die Mittel, um die ge forderten Reformen durchzuführen und ersuchte gleichzeitig die britische Regierung um ihre Unter stützung behufs Aufnahme einer Anleihe. Atts dem Mttldenthale. * Waldenburg, 28. August. (Andenken an Jahn.) Als im Jahre 1846 der Turnvater Jahn unsere Stadt mit seinem Besuche beehrte, erhielt unter Andernr auch der Kaufmann Adolf Schulze in Crimmitschau, der zum damaligen Feste hier anwesend war, zwei Andenken von ihm, ein Bild Jahns und eine Handschrift. Letztere dürfte Interesse genug bieten, um an dieser Stelle Aufnahme zu finden. Sie lautet: Drese Schriftzüge sollen blos beglaubigen und Auf harte Kämpfe bestätigen. Nur deshalb sind sie als Schriftbild