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776 befand sich die Semmelbänke, aus welcher mehrere Männer Sachen von sehr geringem Werthe holen wollten. Als gegen VsM Nhr Mittags drei derselben in diesem Raume sind, bricht der AUere Theil des BrsndgiebeLs zwischen dem Rathhaus und dem KchÜtzeMen Grundstück — der obere Theil war schon? w^Md wer Nacht umgebrochen — ein, und von diesen drei Männern gelingt es nur zweien zu entkommen, der dritte, Namens Neumann, ein Ehemann und Vater von drei Kindern, wird von der herunterbrechenden Masse verschüttet. Die sofort mit aller Energie geführten Nachgrabungen brachten aber erst Abends gegen 6 Uhr den Leichnam zu Tage. — Heute, Freitag, Vormittags brennt es in den Gebäuden noch auf verschiedenen Stellen und die Löschmannschaften sind noch thätig. Was nun die im Rathhaus befindlichen Kassen und Gelder anlangt, so sind dieselben vollständig gerettet. Von der Spar kasse MNd der Stadtkasse sind alle Gelder, -Bücher, Rechnungen und sonstige Documente in Sicherheit. Gleiches ist von dem Rathsdepositum zu berichten. Aus der Rathsexpedition und dem Stadtbauamt sind alle Acten gesichert. Aus dem Rathsarchiv hat man aber nur die wichtigsten Papiere retten können; hier ist ein großer Theil, allerdings Sachen von nur geringem oder höchstens geschichtlichem Werthe, verloren gegangen. Das hier garnisonirende Reiterregiment, welches in dem Dachraume des Rathhauses mehrere Montirungskammern hatte, hat trotz aller aufgewendeten Mühe und obgleich die Sachen aus den Fenstern heruntergeworfen wurden, nicht Alles sichern können, ein Theil der Bekleidungen und Waffenvorräthe ist verbrannt. Die übrigen vom Brande Betroffenen haben größtentheils ihr Mobiliar versichert gehabt, wie denn auch die der Stadt gemeinde gehörenden Gegenstände versichert waren. Ueber die Entstehungsursache dieses so vernichtenden Brandes verlautet noch nichts Bestimmtes. Sachsen. Se. königl. Hoheit der Kronprinz ist am Abend des 24. Septbr. nach Ischl abgereist. — Nach sicherem Ver nehmen des „Dr. I." beabsichtigt die Staatsregierung, den vertagten Landtag zum 28. October wieder einzuberufen. — In Dresden ist am 25. Septbr. ein deutscher Handwerkertag zusammengetreten, welcher in seiner ersten Sitzung über „Grün dung eines innigen, festen Verbandes sämmtlicher Arbeitgeber über ganz Deutschland, mit einem Centralcomito, sowie mit den nöthigen Provinzial- und Ortscomites, ingleichen über Begrün dung eines diese Interessen vertretenden Organes" berieth. Nach längeren Verhandlungen, denen die Staatsminister v. Nostitz- Wallwitz und Abeken beiwohnten, wurde der Antrag genehmigt und -eine Commission von 5 Mitgliedern mit dem Rechte der Cooption ernannt, um noch der gegenwärtigen Versammlung Vorschläge wegen Organisation zu machen. — Wegen Reinigung und Rostauration der Localitäten der königl. Gemäldegalerie zu Dresden bleibt dieselbe vom 1. October bis mit 3. November geschlossen. — Der Verein „Asyl für Obdachlose" in Dresden eröffnet am 28. Septbr. sein am Rosenwege errichtetes Asyl für obdachlose Frauen; dasselbe gewährt von Abends 6 bis 10 Uhr an Frauen (Mädchen) und Kindern unentgeltliche Aufnahme für die Nacht, der Austritt findet früh von 8 bis 9 Uhr statt. — In Döbeln wird im kommenden Monat das mit einem Gesammt- aufwand von etwa 18,000 Thlr. errichtete neue Stadttheater eröffnet werden, dessen Erdgeschoß und Anbaue hauptsächlich zu csmmunlichen Zwecken benutzt werden. — Bei Lugau wurde am 24. Septbr. ein IZjähriges Mädchen, welches mit ihrer jüngeren Schwester - einen mit 4 Hectoliter Kohlen beladenen Handwagen die bergabführende Straße fuhr und dabei zum Fallen kam, überfahren und sofort getödtet. Das jüngere Mädchen kam ohne Schaden davon. — Bei Schandau verunglückte am 14. Septbr. ein Steinbrecher aus Reinhardsdorf dadurch, daß ein herab- faüender Stein den in gebückter Stellung Arbeitenden nieder- schlug und ihm einen Arm und den rechten Unterschenkel dergestalt zertrümmerte, daß am folgenden Tage die Amputation erfolgen mußte. Der Unglückliche, der erst 30 Jahre alt war Md eine junge Wittwe mit zwei Kindern hinterläßt, verstarb unter den Händen feiner Aerzte. — Am 21. Septbr. verstarb in Nieder-Kunewalde plötzlich ein 17 Jahre altes Dienstmädchen augenscheinlich infolge Vergiftung. Um sich von einem Kropfe zu befreien, Hatte sie sich ein sogenanntes „Kropfpulver" ver schafft, nach dessen erstmaligem Gebrauche der Tod eintrat. Die vorzunehmende Section der Leiche wird hoffentlich Näheres Lrgeben. — Der rasche Genuß einer Bricke konnte einem Ge- werbtreibenden aus Brandis in der Bahnhofsrestauration zu Naunhof bei Leipzig schlecht bekommen, da er beinahe einen in deren Kopf sitzenden, circa 1 Zoll großen Angelhaken verschluckt hätte, an dessen oberstem Ende sich noch ein Rest der abge rissenen Schnur befand. Preußen. Bezüglich der Angelegenheit des Bischofs von Ermeland schreibt die „Prov.- Corr." vom 25. Septbr.: Nach dem der Bischof sich der rückhaltlosen Anerkenntniß der Staats- souveränetät und der unbedingten Geltung der Landesgesetze fortgesetzt entzogen hat, wird die Regierung, abgesehen von wei teren Beschlüssen bezüglich der Stellung des Bischofs selbst, vornehmlich dahin Sorge tragen, die Staatssouveränetät auf allen Gebieten des bürgerlichen Lebens auf dem Wege der Gesetzgebung gegen allen Zweifel, Vorbehalte und Uebergriffe von Seiten der Kirche sicher zu stellen. Die bevorstehende Landtagssession wird im Zusammenwirken mit der Regierung zu solchem Zwecke eine ihrer Hauptaufgaben finden. — Die „N. A. Z." macht darauf aufmerksam, daß mit dem 24. Septbr. ein Decennium verflossen ist, seitdem das Vertrauen des Mo narchen den Fürsten Bismarck an die Spitze der Räthe der Krone berief, und preist dankerfüllt „den Staatsmann, dessen Tage und Nächte seit zehn langen Jahren nur seinem Souverän, seinem Staate und seinem Volke gehörten, der als leuchtendes Beispiel echt deutscher Treue und Hingebung nur Ein Ziel ge kannt, nur Einem Gedanken gelebt hat: der Größe des Vater landes." Das schwerste Stück des Weges sei ja wohl über wunden, aber noch bleibe Vieles zu ordnen, und darum walte Gott, „daß wir nach einem zweiten Decennium mit nicht ge ringerem Stolz, mit nicht geringerer Freude und Dankbarkeit zurücksehen können auf das weitere Stück zurückgelegten Weges, auf welchem, wie in der Sturm- und Drangperiode des Decenniums 1862—1872, die „Weisheit im Rathe" Deutsch land stets zu seinem Heile zu leiten gewußt." — Wie Berliner Blätter melden, wird die königl. Regierung die Ablösungsrente aus dem Sundzoll im Betrage von 240,000 Thlr. zurückbehalten, bis Dänemark die neun schleswig-holsteinischen Archive aus geliefert hat, welche vor 1864 nach Kopenhagen ausgeführt wurden. — Die Concessionsurkunde für die Berlin-Dresdener Eisenbahngesellschaft bestimmt, daß die neue Bahn innerhalb der nächsten drei Jahre in ihrer ganzen Ausdehnung vollendet und dem Betrieb übergeben sein muß. Das Domicil der Gesellschaft ist Berlin. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den Fiscus gegen alle Ansprüche, welche die Berlin - Anhaltische Eisenbahngesellschaft aus der ihr seiner Zeit für den Bau und den Betrieb der Bahn Berlin - Iüterbogk - Röderau ertheilten Concession etwa geltend machen sollte, zu vertreten. Bayern. Wie es heißt, ist der Finanzminister v. Pfretzsch ner vom Könige empfangen und zum Minister des Auswärtigen mit dem Vorsitze im Ministerrathe, sowie zum Reichsrath auf Lebenszeit ernannt worden. Gleichzeitig hat Se. Majestät das Gesammtministerium beauftragt, zur Ernennung eines neuen Finanzministers Vorschläge zu machen. Oesterreich. Die in Pesth tagenden Delegationen haben am 25. Septbr. das Budget des Ministeriums des Aeußern unverändert angenommen. In der Generaldebatte gab Graf Andrassh sehr eingehende und mit allseitiger Befriedigung auf genommene Erklärungen über das Gesammtgebiet der auswärtigen Fragen ab. Das vom Grafen Andrassy dargelegte politische Exposv besagt, der Zielpunkt der Politik Oesterreich-Ungarns sei die Erhaltung des Friedens. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse man die Ueberzeugung beibringen, daß man als Freund verläßlich, als Feind gefährlich sein könne. Bei der Monarchen zusammenkunft in Berlin sei die Absicht des Kaisers lediglich dahin gegangen, den aufrichtigen und guten Beziehungen zu dem neuconstruirten Deutschland klaren Ausdruck zu geben. Abmachungen hätten daher keine stattgefunden, wohl aber tauschten die Minister ihre Anschauungen aus. Dieser Meinungsaustausch war ein vollkommen befriedigender; an der Aufrichtigkeit des Wunsches