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590 Sachsen. Ihre Majestät die Königin Elisabeth von Preu ßen ist am 22. Juli Nachmittags von Dresden nach Sanssouci abgereist. — Das „Dr. I." meldet unterm 23. Juli: Se. Majestät der König werben Sich morgen Nachmittag 4 Uhr mit der Eisenbahn von Niedersedlitz aus über Freiberg, Chem nitz, Borna nach Leipzig begeben und daselbst im königl. Palais für die Dauer von etwa 8 Tagen Aufenthalt nehmen. Während des Aufenthalts des Königs in Leipzig wird auch der Mi nister des Cultus und öffentlichen Unterrichts, Staatsminister vr. v. Gerber, daselbst anwesend sein. — Wie das „Dr. I." vernimmt, ist die Errichtung von Administrationsschulen, in welchen geeignete Persönlichkeiten des Unteroffizierstandes in den Administrationsfächern ausgebildet werden, im k. sächsischen Armeecorps beabsichtigt. In Anbetracht des großen Nutzens, welchen so ausgebildete Unteroffiziere der Truppe bieten, sollen dergl. Schulen nicht nur bei der Artillerie, wie dies in Preußen üblich, sondern auch bei den übrigen Waffen, und zwar zunächst bei jeder Infanterie- und der Artilleriebrigade eine, ins Leben gerufen werden. Jeder Cursus wird den Zeitraum vom 1. October bis utt. April umfassen, und haben die Commandirten der Jäger bataillone und Cavalerieregimenter an den Cursen der Jnfanterie- brigaden sich zu betheiligen. — Weiter vernimmt das „Dr. I.", daß nächsten 15. August eine Schießübung auf der Festung König stein aus 9-, 12- und 15-6m-Kanonen stattfinden und sich an dieselbe ein Vergleichsschießen aus dem Depressionsgeschütz und der Zündnadelwattbüchse anschließen wird. Mit letzterer Waffe wird nämlich die Besatzung eines festen Platzes ausgerüstet und in Zeiten geübt. — In Annaberg fand am 19. Juli die Weihe einer Gedenktafel und eines Denkmals statt, welche den im deutsch-französischen Kriege aus dasigem Kirchspiele gebürtigen gefallenen zwölf Soldaten durch freiwillige Beiträge errichtet worden sind. — Nachdem am 19. Juli wieder die Ueberreste von zwei und am 20. von sieben verschütteten Bergleuten in der ehemaligen „Fundgrube" zu Lugau aufgefunden worden, beläuft sich die Gesammtzahl der Ausgefundenen auf 97, so daß also nur noch vier fehlen. — Am Spätabende des Jahrmarkts- Montags (15. Juli) ist, wie der „Fr. A." berichtet, in unmittel barer Nähe Freibergs ein Raubanfall verübt worden. Der Mühlenbretschneider N. aus Loßnitz wurde beim Nachhausegehen im Hohlwege unweit Loßnitz von einem Kerl räuberisch ange fallen, niedergeworfen, gemißhandelt und dabei seiner Uhr be raubt. Nach vollbrachter That begab sich der Mensch zurück in die Stadt und in das auf der Burgstraße befindliche, zufällig noch offene Fleischgewölbe des Fleischermeister Cl. und bot dort dem Besitzer die soeben geraubte Uhr zum Kauf an. Das Be nehmen des Unbekannten, dessen blutige Hände und Gesicht, und weil er ohne Kopfbedeckung, veranlaßten gen. Cl. nach der Po lizei zu schicken, worauf auch sofort die Verhaftung des Mannes erfolgte. Der Thäter ist in der Person eines kürzlich aus der Correctionsanstalt zu Hohnstein entlassenen, bereits bestraften Schneidergesellen aus Gefrees in Bayern ermittelt worden. Das Befinden des Gemißhandelten giebt erfreulicher Weise zu ernsten Besorgnissen keine Veranlassung, und geht derselbe trotz der erhaltenen Verletzungen seiner Genesung hoffentlich entgegen. Preußen. Auf Antrag des Ministers für die landwirth- schaftlichen Angelegenheiten hat das Staatsministerium einstimmig beschlossen, den Kriegsminister zu bitten, daß er die Comman- deure der verschiedenen Truppentheile ermächtigen möge, dem in diesem Jahre in einigen Landestheilen ganz besonders hervor tretenden Mangel an ländlichen Arbeitern, welcher während der Erntezeit zu einem empfindlichen Nothstande sich zu steigern drohe, durch Beurlaubung von Mannschaften des Dienststandes soweit entgegen zu wirken, wie das militärische Interesse dies gestattet. Auf dieses Gesuch ist der Kriegsminister mit Bereitwilligkeit ein gegangen und hat die königlichen Generalcommandos mit der entsprechenden Anweisung versehen. — Nach der „N. Pr. Z." soll ein Consortium von Engländern in Berlin angelangt sein, das gegen Sicherung von 15 Procent Zinsen (wovon 5 Procent für Amortisation, 5 Procent für Verwaltungskosten und 5 Proc. Zinsgenuß) ein Capital von 25 Millionen für Wohnungsbauten (Mittel- und kleine Wohnungen) hergeben will. — Seit dem 15. Juli ist in den meisten Maschinenfabriken zu Aachen behufs Kürzung der Arbeitszeit und Erhöhung des Lohnes die Arbeit eingestellt worden. — Von den bei dem Strike im Essener Kohlenrevier betheiligten 16,000 bis 17,000 Arbeitern sind bis zum 18. Juli etwa 10,000 zur Arbeit zurückgekehrt. Da sich für den nächsten Tag wieder eine größere Anzahl Bergleute zur Anfahrt gemeldet hatte, wird der Strike als nahezu beendet angesehen. — Aus Elberfeld wird die gänzliche Beendigung des Strikes der Bergleute im Bezirk der bergisch-märkischen Eisen bahn gemeldet. Die Kohlenabfuhr ist wieder regelmäßig. — Der „Niederrhein. Cour." enthält über die Fortification von Straßburg eine Mittheilung, welche bestätigt, daß bis jetzt nur fünf größere Forts gebaut werden, da man wegen Bewältigung des Materials und der nothwendigen Arbeitskräfte nicht alle auf einmal in Angriff nehmen konnte. Es sollen jedoch im Ganzen zwölf gebaut werden. Die für den Gau gelegten Schienenstränge sollen nach Beendigung desselben entfernt werden, weil sie ge gebenen Falls in die Vertheidigung nur störend eingreifen würden. Die sämmtlichen 12 Forts werden dagegen durch ein Telegraphen netz verbunden sein. Daß ein verschanztes Lager für 200,000 M. projectirt sei, davon ist keine Rede; hierüber ist noch nichts bestimmt. Bayern. Dem Magistrat zu München ist aus Norddeutsch land ein Aufruf zur Betheiligung an einer am 2. September zu veranstaltenden Nationalfeier zugegangen, und gleichzeitig liegen von den Stadtmagistraten Nürnberg und Erlangen Anfragen vor, was die Münchner Gemeindevertretung bezüglich des auch ihnen zugeschickten Aufrufs zu thun gedenke. Am 19. Juli wurde nun ein Beschluß gefaßt, dahin gehend, daß das Nationalfest im All gemeinen zwar mit Freuden zu begrüßen sei, der zur Veranstal tung desselben in Aussicht genommene Tag (2. Septbr.) dagegen mit Rücksicht auf den entschieden kirchlichen Charakter des Festes, welches gleichzeitig auch ein Schulfest sein soll, Bedenken erregend scheine, um so mehr, als der 2. September noch in die Zeit der Ferien falle. Es wird daher der Tag des Friedensschlusses, der 10. Mai, vorgeschlagen, weil dieser Zeitpunkt füglich mit dem Maifest verbunden und dasselbe auf diese Weise thatsächlich zu einem großen Nationalfest erhoben werden könne. Frankreich. Die Zahlung der ersten 500 Millionen an Deutschland soll folgendermaßen vor sich gehen: 350 Millionen in Tratten auf London, Berlin und Amsterdam, 50 Millionen in Tratten auf verschiedene deutsche Plätze, 100 Millionen iw Gold und Silber. Die Räumung der beiden Departements Marne und Haute-Marne durch die deutschen Occupations- truppen wird wahrscheinlich am 1. September beginnen. England. In Nottingham fand am 21. Juli eine Ver sammlung englischer Mitglieder der „Internationalen" statt. Aus dem vom Vorsitzenden Smith verlesenen Berichte ist hervor zuheben, daß als Principalzweck der Gesellschaft die „ Arbeiter - Emancipation" bezeichnet wurde und daß in allen Hauptorten des Königreichs, Irland allein ausgenommen, Filialen der Inter nalen bestehen. Unter den vom Congresse angenommenen Re solutionen befindet sich eine, welche sich für die Bildung einer Arbeiterpartei zu politischen Zwecken und zwar auf der Grund lage der Principien der Internationalen ausspricht. Rußland. Seitdem im vergangenen Jahre in Kronstadt eine Krupp'sche Gußstahlkanone gesprungen und noch einige andere aus derselben Fabrik stammende Geschütze, vielleicht in Folge zu starker Ueberlavung, unbrauchbar geworden, beschloß man, in den großartigen Kanonengießereien zu Perm und Abuchow Guß stahlhinterlader ansertigen zu lassen. In der einen Fabrik sind 27 Mörser, in der anderen 32 Strandgeschütze bestellt worden, welche bis spätestens Ende 1874 zu liefern sind. Die russische „Artillerieztg." hofft, daß diese neuen inländischen Fabrikate den Kruppschen Geschützen an Solidität nichts nachgeben dürften. Rumänien. Die Regierung hat zur Errichtung von Con- tumazanstalten an der russischen Grenze gegen Einschleppung der Cholera 20,000 Francs bewilligt. Asien. Der Schah von Persien hat die Demission des Großwesirs nicht angenommen und denselben mit unbeschränkten Vollmachten bekleidet, die Verfassung des Landes zu ändern und große öffentliche Arbeiten mit Hülfe europäischen Capitals aus zuführen. — In einem Hülferuf aus Persien wird behauptet. Vmi i, ^1-i M">