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369 Die Möglichkeit, daß sich Hildebrandt noch als ganzer Deutscher fühlen lernet, ist nicht ausgeschlossen. Ist er ja doch eigentlich immer ein solcher gewesen, wenn er cs auch noch nicht zugeben will . . . Es war an einem Sonntag-Nachmittag, als Treuberg und Marie bei den Eltern saßen. Da wurde ein Gast angemeldet. Herein trat — Hermann Treuberg, weiland Kandidat und Landwehrviceseldwebel, jetzt designirter Lehrer für das Gymnasium zu B. Das war eine Ueberraschung, welche Niemand geahnt hatte. Der Abend vereinte Alle bei einem fröhlichen Mahle, zu welchem auch Reinhardt mit den Seinigen geladen war . . . Wella, die gute, böse Wella, wie sie von Marien einstens genannt wurde, verfehlte dabei nicht, ihren Humor auf die Anwesenden kräftig wirken zu lassen. Sie gedachte der Zeit der Annäherung zwischen Treuberg und Marien und wußte ein durchaus komisches Bild davon zu entwerfen, ohne jedoch zu verletzen. „Spotte nur!" versetzte Marie, „ich wette darauf, daß wir noch vor Weihnachten benachrichtigt werden, daß eine gewisse kleine, junge Dame und ein gewisser großer, junger Herr sich als Verlobte dem Treuberg'schen Ehe paare empfehlen werden. Man hört ja, daß Zeichen und Wunder geschehen sollen!" Als aber Vater Hildebrandt befahl, daß man an einer gewissen Stelle des Weinkellers nachsehen solle; und als bald darauf einige Flaschen auf den Tisch kamen, die nach langer Zeit das Tageslicht zum ersten Male wieder erblickten: da zog erst recht die Freude ein. Da geschähe es denn auch, daß Doktor Hermann Treuberg sein Glas ergriff und sprach: „Es ist heute das zweite Mal, daß ich in diesem Hause freundlich aus genommen werde. Wer hätte damals, als ich das erste Mal an dieser nämlichen Stelle saß, ahnen können, was nun bereits hinter uns liegt! Große, gewaltige Ereignisse sind geschehen; wir leben noch unter dem frischen Eindrücke derselben. Ihnen Allen aber liegt die eine Thatsache am nächsten: Elsaß gehört nicht mehr zu Frankreich, sondern bildet einen selbstständigen Theil nn neuen deutschen Reiche. Möchte es doch gelingen, daß das Verhältnis; zu dem alten Mutterlande bald wieder ein eben so inniges werde, wie vor zweihundert Jahren! Ich bin hierher gekommen, um das Meine zu diesem großen Werke redlich beizutragen. Ich gestehe, es ist mir schwer geworden, von meinem lieben Sachsenlande Abschied zu nehmen. Ich habe es aber dennoch gcthan, um so dem deutschen Vater lande einen größern Dienst zu erweisen, als daheim geschehen konnte. Ich bin gekommen, das Deutschthum, welches dem ächten Elsässer eigentlich niemals abhanden gekommen ist, der Jugend wieder zum Bewußtsein zu bringen. So hoffe ich, hier bei Ihnen eine neue Heimath zu finden, geeignet, die alte zu ersetzen. Wenn dieser Fall aber eintritt, dann hat sich sicher das Elsaß mit seinem Geschick ebenfalls ausgesöhnt . . Ich darf Ihnen schon heute die Versicherung geben, daß jedem braven Deutschen das Wohl des neuen Reichslandes am Herzen liegt. Ganz besonders auch bei mir daheim in Sachsen zeigt sich lebhaftes Interesse für dasselbe. Und so komme ich mir denn beute an diesem Orte wie ein Bote von dorther vor . . . Von Frankreichs und Sachsens Freundschaft in dem Sinne, wie man sie ge wöhnlich nahm, wollte ich bei meinem ersten Hiersein nichts hören. Heute bitte ich Sie, auf eine andre Freundschaft mit mir anzustoßen: Elsaß und Sachsen, jetzt beide selbstständige Theile des deutschen Reiches, hoch!" Die Gläser klangen hell, die Freude steigerte sich. Hildebrandt aber und sein Gast sahen sich bedeutungsvoll an; sie hatten einander verstanden. — Das Kircheneoncert. Nachdem das Programm für das bevorstehende Kirchenconcert vorliegt, verfehlen wir nicht, auf die Reichhaltigkeit desselben hinzuweisen und den Besuch des Concertcs dringend zu empfehlen, da durch dasselbe ein ganz außergewöhnlicher Genuß geboten sein wird. Zur weiteren Empfehlung lassen wir hier folgen, was Julius Schuberth in seinem bekannten „Musikalischen Handbuch" über Herrn Organist Fischer sagt: Derselbe schreibt: „ C. A. Fischer ist unstreitig einer der ersten, größten und vorzüglichsten „Orgelvirtuosen der Gegenwart. Außer vollständigster Beherrschung aller „technischen Schwierigkeiten, sowohl im Manual als Pedal, verdient ganz „besonders noch die Großartigkeit seiner Auffassung, in Bezug auf Wiedergabe „der Meisterwerke eines Bach, erwähnt zu werden." (Wir machen darum ganz besonders auf die erste Nummer des Programms aufmerksam und empfehlen Pünktlichkeit.) „Nachdem Fischer lange Jahre seinen Studien „abgelegen, unternahm er von 1852 — 55 viele und große Kunstreisen. „ Seit einigen Jabren lebt er in Dresden und erfreut von Zeit zu Zeit die „gebildete musikalische Welt dieser <L-tadt durch seine außergewöhnlichen „Leistungen. Auch als Componist verdient er die größte Beachtung und „es ist in der Tbat beklagenswerth, daß seine genialen Tonschöpfungen bis „jetzt noch nicht durch den Druck.der Mit- und Nachwelt gesichert worden „sind. (Nr. 9 des Programms.) Es geht hieraus hervor, daß das Eoncert schon um dieses Künstlers willen die allgemeinste Beachtung verdient. — Möge man es dankbar an erkennen, daß auch uns einmal ein Genuß bereitet werden soll, wie er unlerer Nachbarstadt alljährlich am Eharfreitage geboten wird. Wolle man darum diese Gelegenheit auch eben so freudig und allgemein benutzen als dort, wozu auch schon der edle Zweck verpflichtet. Es gilt ja, cm Asyl für Großenhainer Bürger zu gründen. —nn. dis korslioks LLoilnalimS und den üdsrreicrkSu LIumonsoluriuoL beim Begräbnisse unseres guten Outten und Vaters sagen udr LierduroL den tiekgekübltesten Dank. Die trauernd familis Nanneek. Theilnehmenden Freunden hiermit die Trauernachricht, daß meine gute Frau, Christiane Weinert geb. Zocher, heute früh 9 Uhr nach langen Leiden sanft entschlafen ist. Großenhain, den 6. Mai 1872. August Weinert. Herzlichen Dank Allen, welche uns bei der langen Krankheit, sowie bei dem Tode unsers lieben Sohnes, Bruders und Schwagers so große Theilnahme bezeigten und seinen Sarg so reich mit Blumen schmückten. Dank auch dem Herrn Archidiac. Weiß brenner für die erhebenden Trostesworte am Grabe, dem Arbeiterbildungsverein für den schönen Nachtgesang, sowie Herrn Oberst von Sahr für Gewährung der Parade und Träger zu seiner letzten Ruhestätte. Großenhain, am 6. Mai 1872. Die trauernde Familie Kuhbach. ^ür so vieikaeken Vereise äer Hieiluakme I I bei üem Verluste ikrer guten I LLZKsEL I I unä kür üen besonders xaklreieken Mumensekmuek I Kei äem Legrüknisse derselben sagen kiermit I I UlSi» äen aufrichtigsten - innigsten Dank w. Lä. Helmert nnä I^rau. Bürgerverein. Versammlung: Mittwoch den 8. Mai Abends 8 Uhr im Rathhaussaale. Tagesordnung: 1) Einiges aus der revidirten Städteordnung. 2) Ueber die kirchlichen Verhältnisse Großenhains. 3) Frage- kasten. Bei günstiger Witterung den Himmelfahrtstag: Morgenparlie (mit Musik) nach Zabeltitz. Oeffnung der Turnhalle halb 6 Uhr, Abmarsch punkt 6 Uhr. Der Turnrath. 3000, 1000 und 800 Thaler sind gegen sichere Hh- pothek auszuleihen durch Ludwig in Striesen. Kleiderschrünke, Masschrünke, Regale, Fässer, Tische, Stühle, Spiegel, ein Ladentisch u. s. w. werden heute 10 Uhr am alten Kirchhofe verauctionirt. Hansversteigernng. Ich bin gesonnen, vorgerückten Alters halber mein in hiesiger Marktgasse 8ud Nr. 243 gelegenes Haus, worin bisher Schank- wirthschaft mit gutem Erfolge betrieben wurde, Dienstag den 2t. Mai Nachmittags 2 Uhr im Hause selbst zu versteigern. Die Bedingungen werden im Termine bekannt gemacht. I. T. Beger, Lotterie-Collecteur. Das in Adelsdorf, eine Stunde von Großenhain, 1867 neu und massiv erbaute und sehr günstig gelegene Windmühlengrundstück mit zwei französischen und einem deutschen Mahlgange, sowie sechs Hirsestampfen, neuem Wohnhaus und Scheune, nebst 10 Acker 64 Ruthen daran stoßendem Feld und Wiese, in einem Plane gelegen, soll erbtheilungöhalber freiwillig mit todtem und lebenden Inventar verkauft werden. Genanntes Grundstück ist ortsgerichtlich 7367 Thlr. taxirt, und werden Gebote bei Herrn Ortsrichter Gutmann und im Nachlaßgrund stücke bis zum 24. Mai entgegengenommen. böhmische Braunkohlen empfiehlt von heute ab vom Schiff ü Tonne 12 und 14 Ngr. Merschwitz. Otto