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274 Hause Wertsachen verscharrt gehabt haben. Bedenkt man nun, daß das St. Marien-Magdalenenkloster ein reiches Stift war und die Nonnen ihr Kloster binnen kurzer Frist und in Verzweiflung verlassen mußten, so ist es immerhin möglich, daß dieselben nicht alle kostbaren Gefäße, Monstranzen, Reliquienkästchen und Gelder haben mit fortbringen können, und es kann der Jetztzeit Vorbehalten sein, Schätze aufzuschließen, die Jahrhunderte lang verborgen waren. Bekanntlich fand man doch schon als in der Klosterruine die Wasserleitung gelegt wurde ein Meßbuch, welches jetzt in der Stadt- bibliothek ausbewahrt wird. Später ist das Klostergrundstück in Privatbesitz übergegangen, und ein Sebastian von Schleinitz hat das jetzige Vorderhaus dieses Grundstücks er baut. Ein späterer Besitzer dieses Gebäudes hat 1689 in die Kirchenruine Schüttboden einbauen wollen. Eine Landescommission, an deren Spitze der Superintendent zu Hayn, hat jedoch dieses Ansuchen nicht gestattet, und zwar weil diese Kirche ein geweihter Ort und wegen Gespenster dort unheimlich sei. Erst hundert Jahre später, im Jahre 1184, sind in die Ruinen der Kirche Holzschuppen und Pferdeställe eingebaut worden, und, wie allbekannt, führt seit 1862 eine Straße durch. Drei Jahrhunderte lang, unter Herrschaft von Kaiser und Reich deutscher Nation, hatten also die Nonnen in ihrer Klause gehaust und die Kloster gebäude zu ihren Zwecken benutzt, und nur die welterschütternden, das deutsche Vaterland aber in seiner nationalen Zusammengehörigkeit zersetzen den Ereignisse der Reformation waren im Stande, solche gewaltige Aen- derungen hervorzubringen. Die Klostermauern blieben von nun an den süheren Insassen verschlossen, das Vaterland jedoch wurde in eine Zeit der Zerrissenheit und der Bruderkriege getrieben. Wieder sind nach dieser Zeit drei Jahrhunderte verflossen. Eine lange Zeit, in welcher Deutschland alle Stadien der Zersetzung, des Verfalls und der Aufraffung durchmachte. Und jetzt! wieder sind ge waltige Ereignisse mit ihrer ganzen Wucht und Schwere von uns durchlebt worden, sie haben uns aber gebracht, was uns Jahrhunderte lang fehlte: eine deutsche Nation mit einem deutschen Kaiser. Ein glückliches Omen ist es daher, wenn die vereinten Kräfte der Jetzt zeit als Ziel ihrer Vereinigung das Bestreben setzen, ein Zeugniß des Ver falles des Vaterlandes wegzuschaffen, um an dessen Stelle ein Zeugniß der Zusammengehörigkeit in zeitentsprechender Auffassung herzustellen. Mag daher das neue Unternehmen sich in Stadt und Land einer gün stigen Aufnahme zu erfreuen haben; es ist zeitgemäß und wird daher allen Erwartungen entsprechen. Mögen aber ganz besonders die Bewohner Großen hains bedenken, daß es sich um ein Unternehmen der Vaterstadt handelt. Eingesandt. Im Juni dieses Jahres findet, wie allbekannt ist, in Großenhain eine Ausstellung gewerblicher und landwirthschaftlicher Erzeugnisse, verbunden mit Thierschau, statt. Die Ausstellung soll, wie tz 2 des Programms besagt, ein möglichst vollständiges Bild der gejammten gewerblichen und landwirthschaftlichen Thätigkeit der genannten Bezirke (Gewerbeverein zu Großenhain und die landwirthschaftlichen Vereine zu Bauda, Beiersdorf, Frauenhain, Krauschütz, Pristewitz, Nünchritz-Röderau, Schönfeld und Tiefenau) und das Fortschreiten derselben gewähren und sich daher auf alle Erzeugnisse dieser Thätigkeit erstrecken. Es ist zu hoffen, daß die Betheiligung an dieser Ausstellung eine sehr rege und allseitige ist! Mit der Ausführung des Unternehmens ist von den betheiligten Vereinen ein Ausstellungs - Comitö beauftragt worden. Es ist selbstverständlich, daß die Vorarbeiten nicht geringe sind und den Comitemitgliedern einen großen Aufwand an Zeit und Mühe schon gekostet haben und noch kosten werden. Bei einer solchen Ausstellung soll und muß alles klappen; — dafür ist das Comite da. Sorge für paffende Räumlichkeiten, Kostenanschläge, Annahme der Anmeldungen, Bestimmung der für die Ausstellungs gegenstände geeigneten Plätze — das sind nur einige von den vielen Vor arbeiten des Comitös. Dasselbe kann sich gratuliren, einen Mann zum Vorsitzenden zu haben, welcher wohl den Löwenantheil der Arbeit auf sich nimmt, einen Mann, der stets in edelster Uneigennützigkeit für das Ge meinwohl wirkt und schafft. Jede Maschine hat ein großes Schwungrad nöthig, welches die übrigen Räder und Wellen in der rechten Bewegung erhält — so ist es auch hier. Und weil man zum Schwungrad den rech ten Mann, den Mann von Arbeitskraft und Ausdauer, Herrn Steyer von Großenhain, genommen hat, wird das Unternehmen auch in jeder Hinsicht klappen. Vivat Steyer! Die in Leipzig erscheinenden „Annalen des gesammten Ver sicherungswesens" bringen in ihrer Nr. 13 folgende beachtens- werthe Notiz: Empfchlenswerthes Beispiel: Sind wir im Allgemeinen da etwas schwerfällig, wo mit der Reclame Wucher getrieben werden soll, so sind wir andererseits dort, wo offenbar das Reelle ohne Hintergedanken hervortritt, gern bereit, thatsächlicher Coulanz unsere volle Aufmerksamkeit zu schenken. So freut es uns, heute die Allgemeine Renten-Anstalt in Stuttgart auf diese Weise begrüßen zu können. Eine Försters-Wittwe bekennt dankbarst, daß diese Anstalt in überaus coulanter und dabei auch schneller Weise die Police ihres auf der Jagd und zwar durch Selbstentladung des Gewehres verunglückten Mannes vollständig honorirte. Solche Fälle erwerben der Versicherung Freunde und lassen Zweifelhafte schnell zum Entschluß kommen. Sitzung der naturwissenschaftlichen Gesellschaft „Isis" am 19. März 1872. Vorsitzender: Lehrer G. Simmank. Als Geschenke für die Bibliothek sind eingegangen: Sitzungsberichte der naturwissenschaftlichen Gesellschaft „Isis" in Dresden. 1871. — Reichen bach, Vorläufiger Blick auf die Pflanzengattung Seleranillus. Der Vorsitzende benachrichtigt die Versammlung von dem Ausscheiden des Herrn Lehrer vr. Hartmann, stellvertretender Vorsitzender der Ge sellschaft. An seine Stelle wird Herr Telegraphen-Vorstand Marschner gewählt und Herr vr. Hartmann zum korrespondirenden Mitglieds ernannt. — Herr Telegraphen-Vorstand Marschner berichtet in Kürze über das am 6. März d. I. beobachtete Erdbeben, soweit dessen ziemlich unbedeutenden Wirkungen in hiesiger Stadt verspürt worden sind. Referent hat noch nachträglich Folgendes erfahren: Diese Erderschütterung, welche am genannten Tage nachmittags 4 Uhr in Mitteldeutschland von Frankfurt bis Breslau beobachtet worden ist, scheint um Gößnitz, Meerane, Glauchau, Altenburg rc. ihr Centrum gehabt zu haben; von dort werden die stärksten Wirkungen: zahlreiche Sprünge in den Häusern, Einstürzen von Essenköpfen rc. gemeldet. — Der Vorsitzende knüpft an diese Mittheilungen einige Bemerkungen über leichtlösliche Mineralien, wie kohlensaurer Kalk, Gyps, Steinsalz rc. Da die zahlreichen unterirdischen Gewässer große Massen dieser Gesteine in aufgelöstem Zustande fortführen, so müssen im Erdinnern große Hohlräume entstehen, in welche früher oder später die darüber lagernden Erdschichten einbrechen und so Erd erschütterungen veranlassen können. Zwar nicht alle, aber doch sehr viele Erdbeben lassen sich bezüglich ihrer Ursachen auf diese Weise erklären, so z. B. die Erdbeben in Großgerau, die im Mittelmeergebiete rc. — Herr Marschner liest ein Kapitel aus Humboldt's Kosmos, welches die Erdbeben behandelt, vor. — Herr Gasinspektor Kühn legt ein größeres, aus dem Zwickauer Steinkohlengebirge stammendes Stück Thonschiefer zur Ansicht vor. — Der Vorsitzende referirt zum Schluß über einen gehaltvollen Aufsatz von Schleiden: Ritter Karl von Linne. Vier Skizzen zur Würdigung des Menschen, seines Lebens, seiner Verdienste und Erfolge. (Siehe Wester- mann's Monatshefte. Jahrgang 1871.) — Schluß der Sitzung 10 Uhr. Zweiter Jahresbericht über die Kleinkinder - Bewahranstalt zu Großenhain. Vercinsjahr vom 1. Januar bis 81. Decembcr 1871. Auch diesmal kann der Vorstand mit Gefühlen des Dankes über das verflossene Vereinsjahr Bericht erstatten. Cs hat die Anstalt trotz der bedeutend höheren Ansprüche, da die zu verpflegende Kinderzahl von 30 bis fast auf das Doppelte stieg, ihren ungestörten gedeihlichen Fortgang nehmen können. Es ist dies möglich gewesen, da der Kaffe besondere größere Einnahmen zunächst durch den Verein zur Unterstützung der An gehörigen unsrer Landwehrleute, dann durch das im Herbste von der Liedertafel veranstaltete Concert, als auch durch namhafte Geschenke an Vorräthen für die Wirthschaft zuflossen. Auch konnte diesmal, durch reichliche Geschenke unterstützt, den Kleinen der Anstalt wieder eine reich liche Weihnachtsfreude bereitet werden. Ist so auch das zweite Vereinsjahr ein gesegnetes gewesen, so dürfen wir wol auch mit Zuversicht in die Zukunft blicken, haben uns doch die Vertreter der Stadt einen namhaften jährlichen Beitrag gewährt. Es werden zwar in nächster Zeit noch größere Anforderungen an den Verein herantreten, da anzunehmen ist, daß die Kinderzahl nicht geringer Werden, sondern sich wol im Laufe dieses Jahres noch vermehren wird. Es ist dies ein Beweis, wie sehr unsre Anstalt ein Bedürfniß für unsre Stadt ist. Da die jetzige Anstalt für die bisherige, geschweige denn für eine größere Kinderzahl nicht ausreicht und das Anstaltslocal einer Ver größerung nicht fähig ist, so wird es die nächste Aufgabe des Vorstandes sein, über Mittel und Wege zu berathen, durch welche wir zu einem Grundstücke, welches eine Erweiterung nicht ausschließt, gelangen können- Ist nun demselben bereits gütigst eine Offerte in dieser Hinsicht gemacht worden, auf welche nur mit Dank und Freuden eingegangen werden kann, so wird doch die Anstalt der Unterstützung ihrer Freunde auch hierbei nicht entbehren können. Wir haben aber die Zuversicht, daß Gott, in dessen Namen ja das Werk angefangen wurde, auch hierzu seinen Segen geben und bauen helfen wird. Kaffen - Bericht. I. Fester Fond. Kassenbestand laut vorjähriger Rechnung ..... Thlr. 147. 21. — Geschenk des Vereins zu Unterstützung der Angehörigen unsrer Landwehrleute - 50. 25.— Zinsen bei der Sparcasse - - 6. 21. 4. Thlr. 205. 7. 4. n. Kaffe zur Bestreitung der taufenden Bedürfnisse. Einnahme. Kassenbestaud laut vorjähriger Rechnung Thlr. 121. 24. 3. Beiträge von 188 Mitgliedern - 301. 9. 5. Kostgeld von den Kindern ' - 271. 16. 6. Ertrag des Concerts der Liedertasel - 50. 1. 5. Weihnachtssammlung - 40. 10.— Zinsen bei der Sparkasse - 3. 1. 2. 8a. Thlr. 788. 3. 1.