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Großenhainer MtchMG- md AüMtliil. Gedruckt, verlegt und rebigirt von Herrmann Starke in Großenhain. 95. Sonnabend, den 20. August 1859. Speisezettel der öffcntl. Spciscanstalt. Sonntag: Reis mit Rindfleisch. Montag: Graupen mit Rindfleisch. Dienstag: Erbsen mit Schweinefleisch. Mittwoch: Nudeln mit Kalbfleisch. Tagesnachrichten. Sachsen. In der Nacht zum 16. August sind in Werdau 15 Hauser niedergebrannt und da durch 37 Familien obdachlos geworden. Oesterreich. Die Armee wird nicht vollständig auf den Friedensfuß zurückkehren; sieben Armee corps sollen auf Kriegsfuß bleiben. Italien. In Parma beabsichtigt man eine Anleihe von 2,400,000 Francs zu 5 Procent. — In Modena sind die Wahlen auf Patrioten ge fallen, unter denen sich General Fanti und Graf Rcngoni befinden. — In Neapel soll wegen der fortdauernden Auflehnung der Schweizersoldaten die Regierung für eine allgemeine Entlassung der selben sich entschieden haben. Frankreich. Der „Moniteur" enthält ein kaiser liches Decret, wonach sowohl allen den Indivi duen, welche wegen politischer Verbrechen und Vergehen verurtheilt, als auch denen, die Gegen stand zu Maßregeln der allgemeinen Sicherheit waren, vollständige Amnestie gewährt wird. Bezirksgerichtliche Verhandlung. Meißen, den 17. August. Hier ist allgemein die An sicht verbreitet, daß das Bestehen einer geschloffenen Zahl von Kaufläden (für Materialisten) den Credit außerordent lich erhöhe und bei Weitem der allgemeinen Concurrenz vorzuzichen sei. Diese Ansicht erhielt heute vom Gerichts- saale herab eineu derben Stoß, indem ein noch nicht seit zwei Jahren ctablirtcr Kaufmann und glücklicher Pacht inhaber einer der hiesigen Fuufzehnerstellen auf der Anklage bank wegen Beschuldigung des leichtsinnigen und böslichen Bankruttes saß und "die Verhandlung an der Wahrheit der Anklage nicht zweifeln ließ. Der Funfzcbncr Julius Guido Lorenz hatte im Februar 1858 von einer privi- legirtcn Wittwe eine Stelle gepachtet und sich bald darauf nm einem eignen Vermögen von WO Thlrn. als Kauf mann hie; etablirt. Eine am 1. Juli d. I. vorgenom- mcne Inventur batte ihn überzeugt, daß er insolvent sei, und ihn veranlaßt, sein im Frühzahr 1858 sür 5500 Thlr. erkauftes Haus an seine ihm nur erst im März 1859 an getraute Ehefrau für 3000 Thlr. zu verkaufen und durch die Vermittlung eines hiesigen Advocatcn einen Accord zu versuchen. Seinen Gläubigern hatte er 30 Proccnt. ge boten, aber sehr schlechte Geschäfte gemacht, da sic nicht darauf cingcgangen waren, sondern bei dem Gericht auf Eröffnung des Concurses angetragen batten. Lorenz war den 4. August seiner Insolvenz geständig und das Gericht sofort zur Sicherstellung der Masse geschritten. Während einer Pause bei dieser Handlung scheint cs dcm Angeklag ten gelungen zu sein, Gelder bei Seite zu schaffen und die Bücher, namentlich das Cassabuch, zu fälschen. Dein » Gericht hatte er zuerst nur an Baarschaft 2 Thlr. 2 Ngr. 4 Pf. in Scheidemünze übergeben und auf Vorhalten zu- gegeben, daß wohl noch etwas „oben" sein könne. Hier- 1 init will er 300 Thlr. gemeint haben, die er als Ent schädigung für erlittenen Brandschaden erhalten bat. EinA» genaue Untersuchung hat aber mehr als 900 Thlr. aufge sunden und die Prüfung der Bücher eine Fälschung der selben erwiesen. Von dem gefundenen Gelbe will Lorenz 600 Thlr. zur theilweisen Befriedigung seiner Mutter, da gegen 300 Thlr. wirklich zurückbehalten haben, und die Fälschung der Bücher hat darinnen bestanden, daß er darin nen 10 Thlr. an einen Kaufmann verausgabt hat, der gar nichts zu fordern gehabt, auch nichts bekommen hat, und daß eine am 4. August nach der Jnsolvenzerklärung ge machte Ausgabe von 30 Thlrn. unterm 2. August in den Büchern verausgabt steht. Er hat damit theils Geld sür sich behalten wollen, theils einen Gläubiger bevorzugt. Diese erwiesenen Anschuldigungen werden dadurch erhöht, daß die dcm Accordancrbictcn zu Grunde liegende Bilance, die aus vielen kleinen Summen besteht, einen Rechnungs- schler im Nddiren der Schulden von 3500 Thlrn. enthält, wahrscheinlich um damit den Vorschlag der 30 Procent zu begründen, da doch die von einem Nichverständigen auf- gcstellte Bilance, abgcschcn von dem Verluste beim Haus- vcrkauf, nur ein Defizit von 50 Proccnt enthält. Weiter hat er nach dcm Tage der Inventur, wo er seine Insol venz erkannt, mehrfach Waarcn auf Credit im Belang von etwa 45 Thlrn. entnommen. Bei der heute stattgchabten Handlung gestand Lorenz die Beschuldigungen zu und der Staatsanwalt beantragte die Anwendung der Art. 304, 305 2. Abscbn. und 308. Der Verthcidiger, Adv. Dietrich, machte einen schwachen Versuch, Lorenzen als ganz un schuldig darzustellcn, das Gericht trat aber der Staats anwaltschaft bei und verurtheilte Lorenzen zu 1 Jahr 10 Mouaten Zuchthaus. Kirchliche Nachrichten. Am 9. Sonntage nach Trinitatis und Erndte-Dankfcst Beichtrcde (halb 8 Ukr): Herr Archidiaconus Müller. Vormiltagspredigt: Herr Supcrint. v. Hering, über Apostelgesch. 8, S6 — 30. Nachmittagspredigt: Herr Diaconus Grübler. Nach beendigtem Nachmittagsgottesdicnstc Katechismus examen mit der consirmirten männlichen Jugend. Mittwoch den 24. August predigt Herr Diac. Grübler. Beerdigte. Berst, den II.Aug.: Mstr. Christ. Fcrd. Gottlob Rothenberger, B. u. Schneider, 35 I. 3 M. 2 W. 1 T.— Wilbelminc Amalie, ehcl. T. des Gartenauszügl. Joh. Traug. Weber in Adelsdorf, 2 I. 7 M. — Den 12.: Ernst Wilh. Heinze, außcrebel. S. der Johanne Christiane Beulich, 1 W. 2 T. — Eduard Richard, edel. S. des Kunstgärtners Carl Eduard Zschorlig, 1 M. 1 W. 3 T. — Den 14.: Gottfr. Richter, Gartenauszüglcr in Naundorf, 72 I. 1 W. 6 T. — Den 15.: Fr. Anne Rosine Niedlner, geb. Jähnichen, Gattin des B. u. Hausbes. Joh. Gottlieb Niedtner, 49 I. 1 M. 3 W. 4 T. — Den 17.: Junggcs. Georg Heinr. Andr. Ncbrdich, Tischlerges. aus Hcerda, 20 I.