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388 len zur Deputirtenkammer ohne Ausnahme mi nisteriell ausgefallen. In Alessandria ist der Mi nisterpräsident Ratazzi, in Stradella der General Garibaldi gewählt worden. — König Victor Emanuel ist am 7. August unter unbeschreiblichem Jubel in Mailand eingezogcn und mit Ehrenbe zeigungen festlich empfangen worden. — Die sardinische Armee wird bis zum 1. September auf den Friedensfuß gebracht werden. Garibaldi hat schon viele seiner aus Mittelitalien gebürtigen Leute entlasten. — Die französische Armee, welche in Italien unter Marschall Vaillant zurückbleibt, führt von jetzt an den Namen „ Occupalions- Armee in Italien" und wird aus sechs Divi sionen bestehen. — Der Pariser Eorrespöndcnt des „Herald" glaubt aus guter Quelle miithcilen zu können, daß man damit umgehe, in Toskana eine republikanische Bewegung zu erkünsteln, um einen Vorwand zum Einschreiten zu erhalten. — Der sardinische Commissar in Bologna hat seine Gewalt dem Ministerium übertragen und dieses hat den Obussen Cipriani zum Gouvernements- präsidenten ernannt und eine Versammlung, ähn lich der toskanischen, berufen. — In Ancona ist die Fremdenpolizei verschärft worden. Frankreich. Der Kaiser hat den Director der Präcisions-Werkstatte, Qbristleutnant v. Beaulieu, zum Lohn für den Hauptantheil, den derselbe an der Herstellung des neuen Systems gezogener Kanonen hat, zum Obersten ernannt. — Man erwartet in Paris für die Tage des 14. und 15. August das Zusammenströmen einer Unge heuern Menschenmenge. Die Speculation sucht jetzt schon alle disponiblen Plätze auf den Boule vards, Fenster, Terrassen und Balcone im Großen in Beschlag zu nehmen, um sie am Tage selbst mit möglichst hohem Prosit an die Schaulustigen von nah und fern zu vermielhen. Der Kaiser wird auf dem Vendome - Platze dem Dessl« der Truppen anwvhnen und eine Ansprache an die selben halten. — Die 40 Kanonen, welche die Franzosen in Italien erbeuteten, sind in Paris angekommen und nach dem Forts Vincennes ge bracht worden. — Der Kriegsminister hat Befehl ertheilt, daß die in Frankreich internirten öster reichischen Gefangenen den 7. August die Rückkehr in ihre Heimath anzutreten haben. England. Der Großfürst Constantin von Ruß land ist auf der Insel Whigt eingetroffen. — Die Arbeitseinstellung der Londoner Gasarbeitcr ist zu Ende, nachdem sich diese der Macht der Umstände gebeugt haben; dagegen scheint die Ar beitseinstellung auf den Bauplätzen allgemein wer den zu wollen. Die Bauarbeiter wollen ihre Ar beitszeit von 10 auf 9 Stunden täglich gekürzt haben. Türkei. In den Donaufürstenthümern dauert der Krieg des Cultusministeriums mit den Klö stern fort; der Minister ist aber entschlossen, nicht nachzugebcn und die Klöster zu zwingen, ihr enormes Einkommen zum Besten des Landes, zur Gründung von Schulen, Spitalern rc. zu ver wenden. — Wie das „Journal de Constantinople" schreibt, werden bis zur definitiven Ausgleichung der Angelegenheiten der Donaufürstenthümer die türkischen Truppen, welche das Donau-Armee corps bilden, im Lager von Schumla in Garnison bleiben. Ein Zug aus dem Leben Leopold's I. Fürsten von Anhalt-Dessau. Von I. C. Deutrich. (Fortsetzung.) Dieser Sieg bei Kesselsdorf war entscheidend, drei Tage darauf hielt Friedrich II. seinen Einzug in Dresden, und schon am 25. December wurde zwischen Sachsen und Preu ßen Friede geschlossen, welcher dem zweiten schlesischen Kriege ein Ende machte. Unmittelbar darauf schied Leo pold vom Heer« und begab sich in sein liebes Dessau, sein« Sorgfalt dtm Wohle seines kleinen Ländchens widmend, ohne jedoch dabei auch der Soldaten zu vergessen, die ihm noch immer am Herzen lagen. Besonders gnädig bewies er sich den Invaliden, die ihn in ganzen Schaaren auf suchten und um Unterstützung baten; da sah man fast täglich Krüppel der verschiedensten Art gehinkt oder ge schlichen kommen; und Allen reichte er mit vollen Händen, Keiner ging ohne empfangene Gabe von ihm. Solche, die so recht zerhauen, fast ganz verstümmelt waren, versorgte er wohl auch ganz und brachte sie in einem besondcrn Ge bäude, das später den Namen Jnvalidenhaus erhielt, unter, wo sie Verpflegung erhielten. So geschah es auch, daß an einem Sommertage des Jahres 1746 zwei Invaliden in Dessau einzogen und ihre Richtung nach dem Schlosse zu nahmen. Es waren dies zwei junge Menschen, deren Anblick sogleich das innigste Mitleid erweckte und hohes Interesse erregte. Sie trugen Beide gleiche, doch ziemlich unscheinbar aussehende Unifor men, hatten demnach einem Regimente angehört; die schönen Gesichter waren noch von einer auffallenden Blässe bedeckt und zeigten an, daß nur eben eine gefäkrliche, schwere Krankheit überstanden worden sei; jedenfalls kamen die Invaliden aus dem Nazareth. Beide gingen übrigens auf Stelzfüßen, doch fehlte dem Einen auch noch ein Arm. Man sah es ihnen übrigens an, daß die Körper sich noch nicht erholt und völlig gekräftigt hatten; denn sie schlichen mehr als sie gingen, wobei der mit den zwei Armen den Andern sogar noch unterstützte. Es mochte um die Mit tagszeit sein; denn eben kebrte die Schuljugend in grö ßeren und kleineren Avtheilungen zurück nach dem Eltern haus, zuvor lustig und munter springend und tobend, doch jetzt, nachdem sie di« beiden jugendlichen Krüppel erreicht, plötzlich ernst und still geworden. Alle blieben stehen. Alle schaueten auf die so schrecklich Verstümmelten hin, und Mitleid, Erstaunen drückt« sich auf den Gesichtern der Kleinen aus. „Sollen wir Euch zum Fürsten nach dem Schlosse führen?" — fragte darauf ein hübscher Knabe von unge fähr zehn Jahren, indem er den langsam forthinkcnden Invaliden näher trat, und, weil alle derselben, die er gesehen, ihre Richtung dahin genommen, vermuthend, auch sie würden dies« Absicht haben, — „ich werd« Euch dahin geleiten! Jetzt kommt Ihr gerade zu rechter Stunde; denn um diese Zeit geht er gewöhnlich etwas im Schatten der unweit vom Schlosse befindlichen Kastanienbäumc spazieren. Ich werde ihn Euch auch, wenn Ihr ihn nicht kennen solltet, zeigen!" „Wir danken Dir", — versetzte der Ein-, der sein« zwei Arme noch hatte, und der, wie unser« Leser schon «rratben haben werden, niemand Anderes war, als Elios Schlacke, welcher seinen Bruder Marlin leitete, — „wir wissen nicht nur allein recht gut Bescheid, sondern kennen auch den Fürsten recht wohl!" Der Knab« li«ß sich durch diese Erklärung zwar nicht in seinem Eifer, den Invaliden zu dienen, stören, blieb aber doch sieben und sagte: „So glaubt Ihr wohl nicht, daß ich kleiner Knabe Euch irgend wie nützlich sein könnte? Mein Baler ist der Hofschmidl Gurlich, und da sebe ich den Fürsten gar ofl; er sprach auch schon oft mit mir und fragte mich, ob ich «inst nicht auch Soldat werden wolle? Laßt mich immerbin Euch begleiten; zudem führt mich auch der Weg dort vorbei!" Di« Invaliden waren ebenfalls steden geblieben und