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Großenhainer MchMüM- MZ MtUbiM Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke in Großenhain. 72. Dienstag, den 28. Juni 1859. Tagesnachrichten. Sachsen. Wie schon in einem Theile der vorigen Nummer dieses Blattes berichtet, sind durch königliche Gnade die am Aufstande von 1849 Bctheiligten Rechtscandidat Franz Robert Kirbach und Buchhändler Robert Binder am ver gangenen Sonnabend ihrer Haft entlassen worden. In der ersten Hälfte dieses Monats wurde auch der zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe zweiten Grades verurtheilt gewesene Literat Th. Oelckers durch königliche Gnade.in Freiheit gesetzt. Oesterreich. Der Kaiser hat am 17. Juni das Obercommando der in Italien stehenden Truppen übernommen. — Der preuß. Gesandte in Wien, v. Werther, ist nicht nach Verona abgereist, son dern wird sich, wie es heißt, nach der Rückkehr des Grafen Rechberg auf einige Tage nach Ber lin begeben. — Wie der „C. Z." aus Wien ge schrieben wird, beabsichtigt die Staatsverwaltung, die Löhnung der in Italien befindlichen Truppen nicht mehr in Silber, sondern in Papiergeld aus zuzahlen. Es geschieht dieß, wie man glaubt, aus dem Grunde, um den Silbercours, der die Aussichten auf neue Silberzufuhr schwinden, nicht in die Höhe zu treiben. — In Galizien bildet sich eine Judenlegion. — 5000 Italiener, welche sich bei den österreichischen Regimentern in Italien befanden, werden durch Tirol zurückbefördert. — An Stelle des zum Commandanten der 4. Armee ernannten Feldmarschallleutnants Grafen Degen feld ist dem Feldmarschallleutnant Paumgarten das Eommando des in Südtirol aufgestellten 6. Armee corps übertragen worden. Letzteres soll die Be stimmung haben, sich sofort mit der in der Lom bardei operirenden Armee zu vereinigen, während in Tirol nur eine Brigade zurückbleiben werde. — Zwischen Botzen und Landeck wird eine Tele- graphenlinie errichtet. — Am Eingänge des Hä sens von Venedig, bei Malamocco am Spignon, wurden drei Lloyddampfschiffe ins Wasser versenkt, um auch jene Mündung ganz abzusperren. Fünf von den französischen Kriegsschiffen abgefangenc Küstenfahrer sind denselben wieder entwischt und nach Venedig entkommen. — Nach der „Oest. Z." waren die am 14. Juni in Venedig vorgefallcnen Ercesse von der Umsturzpartei arrangirt. Einige Stunden vor dem Ausbruche waren sämmtliche in und um S. Marco gelegenen Weinboutiquen überfüllt, und nachdem durch den Genuß berau schender Getränke die Gemächer gehörig vorbereitet waren, wurden viele Personen, die im Verdacht standen, Deutsche zu sein, vom Pöbel insultirt und Patrouillen mit Steinen beworfen. In we nigen Stunden wurde aber die Ruhe wieder her gestellt. Von dem Pöbel blieben zwei Mann todt auf dem Platze, vier wurden verwundet in das Krankenhaus gebracht, wovon zwei in derselben Nacht starben und einem der Fuß amputirt wer den mußte. Als Urheber und Anstifter sind fünf Signoris, sowie 15 Personen aus den untersten Volksklassen verhaftet und unter militärischer Es- corte per Eisenbahn, wo ihnen Waggons zweiter Classe cingeräumt wurden, nach der Festung Jo- sephstadt in Böhmen geschafft und dort in Ge wahrsam gebracht worden. — Im Hafen der türkischen Grenzstadt Antivari sind zwei franzö sische Kriegsschiffe gelandet und schifften daselbst viele Kisten aus. Zwei derselben, welche geöffnet wurden, enthielten Gold- und Silberstücke in den verschiedenartigsten Münzsorten; die übrigen schie nen ihrer Form nach Waffen zu enthalten. Alle Vorkehrungen der Franzosen lassen darauf schließen, daß sie in Antivari, auf türkischem Boden, ein Kriegsdcpot errichten wollen. Noch 18 französische Schiffe werden daselbst erwartet. Preußen. Der Transport preußischer Truppen auf der Thüringer und Friedrich-Wilhelms-Nord bahn wird ergangener Benachrichtigung der Mi- litär-Transport-Commission zufolge vorläufig noch unterbleiben. — Bei jedem der neun Artillerie- Regimenter wird zu der einen überzähligen Fuß batterie, deren Errichtung bei der Aendcrung in der Formation und Bewaffnung der preußischen Artillerie anbefohlen ist, aus den jetzt eingezogencn Nermehrungsmannschaften des ersten Aufgebots noch eine zweite überzählige Batterie errichtet werden, welche vorzugsweise dazu bestimmt sein soll, den mobilen Theil der Artillerie bei den verschiedenen Festungsbesatzungen zu bilden. Die Zahl der preuß. Feldgeschütze wird dadurch von 864 auf 1056 Stück vermehrt werden. — Wie die „N. Pr. Ztg." mittheilt, ist in Berlin außer dem bayrischen General v. d. Tann auch der hannoversche General v. Sichart in einer politisch militärischen Mission anwesend. Ebenso werden noch andere Militärbevollmächtigte deutscher Staa ten nach,Berlin kommen. Die sächsische Regie rung hat, ergangener Einladung entsprechend, den Souschcf des Generalstabes, Major v. Fabrice, zum Zweck vorläufiger militärischer Besprechungen mit anderen Abgesandten nach Berlin gesendet.