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Großenhainer MtlhallWS- M AychtbiM. Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke in Großenhain. 42. Dienstag, den 12. April 1859. Tagesnachrichten. Sachsen. Ihre Maj. die Königin, welche in der letzten Zeit erheblich krank gewesen, befindet sich wieder aus dem Wege der Besserung. — Der sächs. Gesandte in Paris, Herr von Seebach, ist gegenwärtig in Dresden anwesend. — Herr Staats minister v. Beust wird diese Woche nach Paris reisen und dann Sc. k. Hoh. den Prinzen Georg nach Portugal begleiten. — Nach amtlichen Mit- theilungcn sind im vorigen Jahre bei sammtlichen 19 Staatsanwaltschaften 5529 Verbrechen zur An zeige gekommen und bei den 19 Bezirksgerichten 1699 Hauptverhandlungen abgehalten worden. Unter den gefällten Erkenntnissen befanden sich 7 zum Tode, 261 zu Zuchthaus, 684 zu Arbeits haus, 580 zu Gefängniß, 10 zu Geldstrafe, 9 zu Verweis. Freigespröchen wurden: von der An klage 129, von Strafe 23. Zweitinstanzliche Ter mine wurden 1034 abgehalten. Die Zahl der Strafverbüßungen belief sich auf 1319 Fälle. Aus Frankfurt wird geschrieben, daß in der Nacht zum 3. April 12,000 Eenlner Pulver, aus der Gegend von Hof kommend und für die Bundes festung Mainz bestimmt, auf dem Main an der Stadt vorbeigingen. Auch sollten in den nächsten Tagen mehrere Batterien baierischer Artillerie auf dem Marsche von Würzburg nach der Festung Germersheim Frankfurt passiren. Oesterreich. Man lelegraphirt aus Wien, daß am 8. April auf dem Schmelzer'schen Erercierplatze in Gegenwart des Kaisers eine Heerschau über circa 30,000 M. stattgefunden hat. — Wie gerüchtsweise verlautet, ist bei den Jnfanterie-Negimentern der italienischen Armee die Bildung von Grenadier- Bataillonen und gleichzeitig deren Vermehrung durch Einberufung beschlossen worden. — Ferner wird aus Wien vom 8. April telegraphirt: Eine Krise ist bevorstehend. 50,000 Mann marschiren heute und nächster Tage von hier nach Italien. 60,000 werden hier, 70,000 in Böhmen und Mähren concentrirt. Andere Reservemannschaften sind cinberusen. — Aus Mailand wird die (sicher lich erfundene) Meldung gemacht, daß am 6. April an den Kasernen ein Tagesbefehl an die Truppen angeschlagen worden sei, worin es heißt: Der Kaiser ruft euch unter die Waffen, um zum drit ten Male Piemonts Stolz niederzuwerfen und fa natischen und sür die Ruhe Europas verderblichen Bestrebungen entgegenzuwirken. Zieht dem Feinde entgegen, der von euch stets in die Flucht ge schlagen wurde. Erneuert die Siege von 1848 und 1849 und namentlich den von Novara, wo er zersprengt und vernichtet wurde. Möge euer Losungswort sein: „Es lebe der Kaiser und unser gutes Recht!" Italien. Die Nachricht, daß Modena öster reichische Truppen verlangt habe, ist unbegründet. Die Zahl der Desertirten soll sich nur auf etwa 20 belaufen. — Auch hat Sardinien die Anwerbung von Freiwilligen nicht eingestellt, wie kürzlich be richtet ward, sondern es werden diese Werbungen in ansehnlichem Maßstabe fortgesetzt. Die voll zähligen Bataillone sind bereits bewaffnet. Die Zuzüge von Freiwilligen aus allen Theilen Ita liens dauern fort, sogar aus Amerika sollen zahl reiche Italiener in Genua eingctroffen sein, um den sogenannten Unabhängigkeitskrieg mitzumachen. Ferner soll der Beschluß gefaßt worden sein, von der Reserve 22,000 M. einzuberufen. — Garibaldi hatte den Eid der Treue nicht geleistet, sondern nur eine Unterredung mit dem König gehabt. — Der sardinische Gesandte Villamarina in Paris ist abberufen worden. Man scheint mit seiner dortigen Wirksamkeit nicht zufrieden zu sein. Schweiz. Hinsichtlich der Neutralitätsfrage ist Frankreich, wie man hört, der Ansicht, daß der betreffende Artikel der Wiener Eongreßakle den in Frage kommenden Theil Savoyens nur zu Gun sten Sardiniens (zum Schutz gegen Frankreich) neutralisirt habe, daß also derselbe nicht Anwen dung finden könne, wenn es sich um mit Sardi nien alliirte Truppen handle. Dagegen erkennt Preußen in seiner Antwort auf die Neutralitäts note die gefaßte Entschließung als zweckmäßig und gerecht an. Auch Oesterreich erklärt sich mit der Neutralität der Schweiz einverstanden und ver spricht sie zu achten, so lange die Schweiz ihre Verpflichtungen erfülle. — Aus Bern schreibt man: Wie man jetzt erfährt, ist der Bundesrath durch aus nicht gemeint, die Passage auf der Victor- Emanuelbahn zu hindern. Der Bundesrath werde vielmehr von dem Rechte, das neutralisirte Sa voyen zu besetzen, nur insoweit Gebrauch machen, als dies zur Vertheidigung des schweizerischen Ge bietes dienlich und nothwendig sei. Da aber nun alle schweizerischen Militärs der Ansicht seien, daß die Provinzen Konevois und l^avoio pnopi« durchaus nicht in das Vertheidigungsgebict der Eidgenossenschaft gehören, sondern ihre Besetzung durch schweizerische Truppen eine Bloßstellung des eigenen schweizerischen Gebietes nach sich ziehen