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Großenhainer WtlhMiW- md AüMkwtt. Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke in Großenhain. 15 Dienstag, den 6. Februar 1859. Tagesnachrichten. Sachsen. Der Gewcrbeverein zu Meißen hat beschlossen, eine Ausstellung gewerblicher Gegen stände in der Zeit vom 25. Juni bis 14. Juli in den Sälen des Gasthauses zur Sonne daselbst zu veranstalten. Es sollen zu derselben blos selbst- gcfertigte Arbeiten der Aussteller, wobei sich auch deren Gesellen und Lehrlinge betheiligen können, angenommen werden. Die Theilnahme an der Ausstellung ist nicht allein den Mitgliedern des Gewerbevereins, sondern allen Gcwerbtreibenden von Meißen, Döbeln, Großenhain, Lommatzsch, Nossen, Oschatz, Riesa, Wilsdruff und den da zwischen liegenden Orten und Fabriken, sowie einem Jeden, welcher einen das Bekanntwerden verdie nenden Gegenstand gewerblicher Thätigkeit aus zustellen vermag, gestattet. — Unter großer Theil nahme des Publicums fand am 3. Februar bei dem Bezirksgericht zu Dresden die Hauptver handlung gegen die des Mordes ihres 7 Wochen alten Kindes angeklagte 28jährige Dienstmagd Joh. Christ. Böhringer aus Meißen statt. Das Mädchen war, da der Vater des Kindes, ein Knecht mit 13 Thlr. jährlichem Lohn, sie nicht hatte unterstützen können, in die entsetzlichste Noth gerathen und hatte plötzlich den Entschluß gefaßt, sich des Kindes durch Werfen in die Elbe zu ent ledigen, den sie auch sofort ausführte. Am 10. Dec. ward dann bei Kötzschenbroda der kleine Leichnam aus dem Wasser gezogen. Bei dem offenen Be- kenntniß ihrer That, ward die Böhringer schließ lich zum Tode verurtheilt. — Am 2. Febr. fuhren bei starkem Schneegestöber zwei Güterzüge auf der eingleisigen Strecko der Eisenbahn zwischen Reuth und Hof gegen einander. Sechs Personen wurden verletzt und beide Maschinen stark beschädigt. England. Die Königin hat am 3. Februar in Person das Parlament eröffnet. An der Stelle über die auswärtige Politik sagt die Thronrede wörtlich: Ich erhalte von allen fremden Machten Versicherungen ihrer freundlichen Gefühle. Diese Gefühle zu pflegen und zu bestärken, die Treue der öffentlichen Verträge unverletzt zu erhalten, und so weit Mein Einfluß reicht, zur Erhaltung des allgemeinen Friedens beizutragen, dieß sind die Zwecke Meiner unaufhörlichen Sorgfalt, rc. End lich erwähnt die Thronrede des chinesischen und des japanischen Tractats und erhofft die baldige Herstellung des Friedens in Indien. Sie erwähnt außerdem dankbar der glücklichen inneren Zustände Englands, kündigt ein größeres Flottenbudget an, Bills für die Parlamentsreform, Bills zur Re form der Bankerottgesetzgebung, der Grundbesitz- und Criminal-Gesetzgebung. Frankreich. Am 3. Febr. Nachmittags 3 Uhr trafen der Prinz Napoleon und die Prinzessin Clo tilde in Paris ein. Auf dem Eisenbahnhofe wur den dieselben von der ganzen ossiciellcn Welt em pfangen. Der Empfang Seitens der Pariser war kein begeisterter. Sie begrüßten das junge Ehe paar mit Ehrerbietung, aber nirgends erscholl ein Ruf aus der überall zahlreich versammelten Menge, selbst nicht aus den Reihen der Nationalgarde. — Aus Paris wird dem „Dr. I." unterm 4. Febr. geschrieben: Eine Broschüre von sehr großer Wich tigkeit ist heute erschienen. Dieselbe führt den Titel: „Kaiser Napoleon III. und Italien" und beweist (soll heißen: sucht zu beweisen) die Unmöglichkeit, den Status quo in Italien aufrecht zu erhalten, dessen Fortdauer „unbedingt den Krieg als poli tisches und das Schisma als religiöses Ergcbniß" mit sich führe. Sie deutet als mögliche Lösung einen italienischen Staatenbund unter dem Vorsitze des Papstes an und kommt zu folgenden Schlüssen: „Die Verträge, welche die Regierungen binden, sind die internationalen Gesetze der Völker und dieselben würden nur dann unveränderlich sein, wenn die Welt unbeweglich wäre. Wenn die Ver träge Europa in Gefahr setzen, so geschieht es da her, weil sie nicht mehr der Nothwendigkeit oder den Bedürfnissen, die sie ins Leben riefen, ent sprechen. Die politische Weisheit räth, etwas An deres zu substituiren. Eine Macht, die sich hinter die Verträge verschanzen wollte, würde für sich das Recht des Geschriebenen, gegen sich das moralische Recht und das allgemeine Bewußtsein haben rc." Bei solchen Ansichten über die Heiligkeit der Ver träge ließe sich für Erhaltung des Friedens nicht viel hoffen. — Das vollständige Kriegsmaterial für 6 Batterien-, die für ein Corps von 15 bis 20,000 Mann unerläßlich sind, ist nach Marseille abgegangen. Diese Artillerie ist dem Vernehmen nach für das Occupationsheer in Rom bestimmt, falls die dortige französische Besatzung vermehrt werden müßte. Regierungsagenten kaufen in der Bretagne und der Normandie überall Pferde auf. Die Pferdepreisc stiegen in Folge dieser Ankäufe bereits von 12 — 1500 auf 16 —1800 Francs. Italien. Oesterreich hat die Note Sardiniens, vom 25. November, worin eine Gleichstellung Sardiniens mit Modena bei den Zollvergünsti-