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dieser Zweck würde am besten durch die Beförde rung der Nationalppljiik in Italien erreicht, da der Kaiser die Ueberzeugung gewonnen habe, daß wohl die Macht Frankreichs den europäischen Regierungen imponire, sonst aber kaum eine Sym pathie für die Napoleonische Dynastie bei denselben zu finden sei. —.Man sagt, daß der Herzog von Modena sehr umfängliche Verwaltungsrcformcn, die ibm von der österreichischen Regierung ange- rathen wurden, cinzuführen gedenke. — Aus Flo renz wird geschrieben, daß die Verhandlungen, um die toskanischen Truppen ins Innere der österreichischen Monarchie zu bringen und sie durch österreichische zu ersetzen, noch forldauern und daß ein österreichischer General sich in Florenz zu die sem Zwecke in besonderer Mission befindet. — Da der König von Neapel sich geweigert hat, den Russen den Hafen von Brindisi als Kohlcnstation zu überlassen, so bestreben sie sich jetzt, Barletta, Bari oder Trani zu gleichem Zwecke zu erwerben. Serbien. Die Skupschlina beschloß am 21. Januar die Einführung der Preßfreiheit, Steuer bewilligung durch die Skupschtina, öffentliches und mündliches Gerichtsverfahren, Abkürzung des zcit- hcrigen Verfahrens in Schuldsachen, sowie daß der Fürst ohne ihre Ermächtigung keine Reise nach Constantinopel machen dürfe. Kvrsu Herr Voung ist abgereist und Henry Stocks, als ehemaliger Eommandant von Scutari bekannt, zum Lord-Obercommissar auf den jonischen Inseln ernannt worden. Der Bauer von Streunrev. Erzählung von I. C. Deutrich. (Fortsetzung.) Ein Adjutant brachte dem General von Birkholz schon nach einer Stunde die schriftliche Erklärung der KriegS- canzlei, daß der Grenadier Gotsch aller Untersuchung ent hoben und auf Gnade des Eburfürsten von dem Verdachte vorsätzlichen Mordes freigesprochen sei. Der General empfand über diese Entscheidung nicht minder große Freude, als Fried, dem er noch einige Stun den Urlaub gewährte, um seine Ell.rn besuchen und sie, sofern sie etwas von dem über ibn verkängten Schicksale erfahren haben sollten, zu beruhigen. Dieser eilte darum so schnell, als ihm möglich, Streumen recht bald zu er reichen, denn es zog ihn obnedies eine unnennbar« Sehn sucht dahin, die er befriedigen mußte. Auch in Streumen lagen Soldaten, die überhaupt, da die Zelte für die Armee noch nicht ausreichend vorhanden und aufgeschlagen worden waren, überall, und zwar dicht zusammen gedrängt, ein Unterkommen batten suchen müssen. Ställe, Scheunen, Schuppen, Kammern, Böden, kurz jeder Raum wurde anfangs benutzt, bis dann die Zelte, welche sämmtlich für die einzelnen Truppengattungen auch neu angefertigt wurden, auf den bestimmten Plätzen standen, und das eigentliche Lager nach dem entworfenen Plane zu Stande gekommen war. Außerdem jedoch kamen täglich mehr Fremde an, die längere Zeit Aufenthalt nehmen und dem, an vier Wochen währenden Schauspiele beiwohnen wollten. Für diese reichte der Platz bei Weitem nicht zu, und dies voroussehend, waren vornehme Personen schon lange vorher darauf bedacht gewesen, sich ein Unterkommen zu sichern. Auch bei dem Bauer Christoph Gotsch fand sich lange vorher kein Plätzchen mehr vor, dos an Fremde noch hätte abgetreten werden können, und drei Familien waren bereits schon cingezogen Als Fried beute in die elterliche Wohnung trat, fand er ein ungemein reges Leben und Treiben darin. Die Mutter hatte nur zu ordnen, zu antworten und zu sprin gen, denn der Eine wollte dies, der Andere jenes wissen oder haben. Gleiche Beschäftigung fesselte auch den Vatcr7 den er ebenfalls nur flüchtig sprechen konnte z ec wendete sich darum nach dem Opernhause zu, um die kurze Zeit seines Urlaubs dem edlen Baumeister zu widmen. Er kam eben an, als ein großer Kutschwagen anhielt, aus dem drei Damen stiegen, und auf die der würdige Monn freu dig zucilte. Es waren, wie Fried nun wobl erkannte, dessen Gattin mit den beiden Töchtern, die jedenfalls wäh rend der Festlichkeiten in Streumen verbleiben wollten. Um nicht zudringlich zu erscheinen, trat Fried von ferne, konnte aber dennoch von feinem Standpunkte aus deutlich vernehmen, was diese Familie unter einander verhandelte. „Leider ist es mir noch nicht gelungen, für Euch ein Plätzchen zu finden, denn als Ihr mir Euren Entschluß meldetet, dem Campement beiwohnen zu wollen, waren schon die kleinsten Räume im Orte vermielhet oder ver sprochen, ich kam überall zu spät, und ich glaube auch, es ist unmöglich, für Euch ein solches zu gewinnen. Wie dos nun aber in Streumen hier ist, so ist das in ollen näher gelegenen Orten der Fall. Hier in meiner Baracke könnt Jbr Euch durchaus nicht einquortieren! Nun seht, welche Verlegenheit Jbr mir durch Eure Unschlüffigkcit und durch Euer Zaudern bereitet habt. Ich bin außer Rath, außer Trost!" „Hat nicht der Friedrich, der zu uns flüchtete, und nun Grenadier ist, seine Eltern hier?" — begann Laura. — „Sollten dies« uns nicht noch aufnehmen können?" „Schon heute Mittag war ich bei dessen Eltern, di« gewiß Rath geschafft und Euch noch ein Plätzchen abge lassen hätten, wenn sonst ihnen dies möglich gewesen wäre" — entgegnete finster der Vater —, „aber Alles, auch das kleinste Winkelchen ist dort besetzt; och! — und dann waren die guten Alten außer sich, jammerten und klagten, denn ihr Sokn, der Grenadier, wurde beute Morgen ins Hauptquartier transportirt und soll, wie ich hörte, darum, weil der von ibm geschossene Werber gestorben ist, auch erschossen werden! Bei ihnen ist also nur Trauer und Noth zu finden!" „Schrecklich!" — schrie Laura, daß Fried zusammen fuhr. — „Er soll erschossen werden? O, mein Baler", — flehete sie, und fiel ihm um den Hals, — „hilf ihm, rette ihn, thuc Alles was Du kannst, gehe zu seinem General, zum Ehurfürsten, bitte um sein Leben, denn sonst sterbe ich auch!" Bald konnte Fried das Drängen seiner Seel«, hin zu ihr zu eilen, ihr zu sogen, daß er freigesprochen sei, daß alle Gefahr für sein Leben «in Ende erreicht hab«, nicht mehr zähmen, er mußte sich gewaltsam aufraffen, um sich nicht zu vcrrathen, denn noch schien es ihm nicht an der Zeit zu sein, sich zu entdecken und vielleicht dadurch eine Scene berbeizuführcn, die eben so seine Hoffnungen für immer vernichten, wie auch ihn sogleich des höchsten Glückes versichern könnte. Jetzt wollte er den Zeitpunkt einer festen Entscheidung seines Glückes oder Unglückes nicht erringen. Er lauscht« daher gespannt und mit laut klopfendem Herzen weiter. „Was sagst Du Kind? Was ist Dir?" — stürmten Vater und Mutter zugleich auf Laura ein. — „Wie kann ich den Unglücklichen retten, wenn das strenge Kriegs gesetz ihn verurtheilt? Ginge ich auch zum Ehurfürsten, dessen voller Gnade ich mich versichert halten kann, wird «r aber mich auch hören und kann er den Spruch der Richter verwerfen? — Und, warum bist Du deßhalb in so großer Verzweiflung?" „Du weißt das nicht, Vater", — sprach sie, von Jammer ganz aufgelöst, in dem Zustande einer Verzwei felnden. — „ Du weißt das nicht, und auch die Mutter weiß cs nicht. Ich liebe ihn, und er liebt mich! Ja, wir sind Verlobte! — O, zürne mir nicht, verwirf deßhalb Dein Kind nicht, stoß cs nicht von Dir! Ich sündigt« wobl, daß ich Dir und der Mutter davon nichts sagt«, aber es waren ja auch nur Augenblicke, wo wir uns verbanden, denn gleich darauf wurden wir von ein ander gerissen. Wer hätte geglaubtj daß solche Prüfung unserer Lieb« b«vorstehen w«rde? Verzeih« mir und hilf ihm!" — siebet« sie. Nun konnte Fried nicht länger stummer und untbätigcr Zuhörer bleiben, opferte er auch sein höchstes Erdenglück; er mußte hin zu dieser Familie, wo sein Schicksal so tief« Wunden geschlagen.