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Großenhainer Nnterhalkmgs- und Anzeigeblatt. Gedruckt, verlegt und redtgkrt von Herrmann Starke in Großenhain. 96. Sonnabend, den Z. Decenibcr 1853. Tagesnachrichten. Preußen. Zn der Provinz Posen sind zwischen dem Clerus und dem Regierungspräsidenten eben falls Streitigkeiten ausgebrochen. — Nach Hohen- zollern ist auf Befehl des Königs ein evangelischer Geistlicher abgegangen, um dort die erste evangelische Pfarrei zu gründen. — Aus der Rede des Mi nisterpräsidenten v. Manteuffel bei Eröffnung der Kammern geht hervor, daß Preußen sich an dem orientalischen Kriege nicht zu betheiligen gedenkt. Es soll übrigens auf Wahrheit beruhen, daß von Rußland aus große Anstrengungen gemacht wurden und werden, den Ministerpräsidenten wegen dieser Ansicht zu entfernen und Preußen auf Seite Ruß lands zu ziehen. — Den 28. Novbr. brannte der Renz'sche Circus in Berlin ab. Eine Gasentzün dung war die Ursache. Oesterreich. Den Provinzialblättern ist die Weisung zugegangen, in ihren Aeußerungen über den türkischen Krieg weniger extrem zu sein. Mehrere waren nämlich so weit gegangen, gradezu zur Ver nichtung aller Russen durch Feuer und Schwert aufzufordern. England. Die russische Regierung hat gegen 800,000 Pf. St., die rauf den Namen Brunnows in der englischen Bank deponirt waren, zurückgezogen. Türkei. Die Friedensverhandlungen werden von fast allen Seiten sehr ungläubig betrachtet, wenig stens müßten sie, wenn ein Erfolg gehofft werden soll, nicht von der Ansicht ausgehen, wie die frü heren, die Türkei als einen Halbtodten Körper zu betrachten, denn daß diese Ansicht eine irrige war, hat sich klar genug gezeigt, und Rußland selbst scheint am besten davon überzeugt zu sein, da cs die größten Anstrengungen macht, um in dem von ihm hervorgerufenen Kriege nicht mit Schanden zu bestehen und seinen militärischen Ruf, der bisher nickt eben sich bewährt hat, nicht zu verlieren. — Die Stimmung in den Donaufürsten thümern ist den Russen nichts weniger als günstig, wozu die barbarische Strenge nicht wenig beiträgt. Aller Verkehr ist gehemmt, ja selbst der nahen Orte unter sich, wo russisches Militär steht. Jede Nachricht über die Kriegsereignisse nach Außen wird mit dem Tode bestraft, ein Zeichen, daß etwas Gutes von den Russen nicht zu berichten sein muß. Die walachische Miliz ist gezwungen wor den, qeaen ihren Souverän, den Sultan, zu fechten, d ch^ha en viele Offnere dagegen Protests - Nack der ,Nat.-Zeit." besteht das ganze russische Kriegshe-r aus sechs Armeecorps. Drei davon sind in dem gegenwärtigen Kriege. beschäftigt. . Ein solches Corps zählt 50,000 Mann Fußgänger, 0080 Mann Reiterei, hierzu 212 Geschütze mit Bedienung — Fürst Gortschakoff hat die von vie len Fremden besuchte katholische Kirche in Bucha rest schließen lassen; desgleichen ließ er eine Anzahl Bojaren, die über die Russen sich nicht gut aus- sprachcn, verhaften. — Omer Pascha soll Ordre erhalten haben, den Krieg m,t aller Energie fort zusetzen, ebenso die-Befehlshaber in Asien. — Das Fort St. Nicolas (Schcfketil) ist von den Russen fünf Mal vergeblich berannt worden. Nach tür kischen Nachrichten haben sich die Türken auch des Forts Usurgheti bemächtigt. — Die Einwohner von Jmiretien und Mingrelien sind den Türken sehr freundlich gesinnt; sie bilden bekanntlich die Grenze gegen Tscherkessien. — Die russische Flotte scheint, wie es stets behauptet ward, sehr ungeschickt bedient zu sein. Ein Dampfer mit 1500 Soldaten kam bei stürmischem Wetter in die Schußweite der tür kischen Batterien bei Datum, und ward in den Grund geschossen. Nur 24 Mann wurden gerettet und gefangen. (Auch in der Ostsee sind drei russische Kriegsschiffe gescheitert.) — Aus Aegypten sind 10,000 Mann Hülfstruppen in Constantinopel an gelangt. Sämmtliche Handelsdampfer sind von der Regierung zum Kriegsdienste requirirt. Ein neulich vom Stapel gelassenes Linienschiff von 82 Kanonen hat den Namen „Oltenitza" erhalten. — Die Griechen macken ihren Haupttalcnten als Land- und Seeräuber wieder einmal Ehre. Im Archipel wurden zwei türkische und ein französisches Handels schiff von ihnen beraubt und die Mannschaft er mordet.— Großes Aufsehen hat es erregt, daß die Pforte zwei Paschas für bisher russische Provinzen in Asien, Abchasien und Suaneti, ernannt hat. — Nach dem „Czas" ist bei einem Kampfe zwischen der russischen Fregatte „Colchide" und einer tür kischen bei Kule die russische unterlegen. — Sadyf Effendi, welcher die türkischen Kosaken organisirt, ist ein Pole Czapkowski. Diese türkischen Kosaken sind den russischen stammverwandt und mit großen Freiheiten versehen, auf welche ihre russischen Lands leute mit neidischen Augen hcrüberblicken.