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Großenhainer Unterhaltungs- und Ameigeblatt Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke in Großenhain. 21. Mittwoch, den 16. März 1853. Tagesnachrichten. Sachsen. Am 12. März ward das durch Für sorge des Stadtraths erneuerte Grabmal des ehe maligen Oberhofpredigers vr Reinhard auf dem Eliaskirchhofe zu Dresden, als an seinem hundert jährigen Geburtstage, festlich bekränzt und von Hunderten seiner Verehrer besucht. Die classischen Predigten des großen Todten sind noch jetzt unüber troffen durch ihre Klarheit und einfache Sprache, und weit entfernt von allem mystischen und pieti stischen Dunkel. Reinhard ward geboren zu Vohen strauß, einem Flecken in der baierschen Oberpfalz, war von 1792 bis 1812 Oberhofprediger, Kirchcn- und Oberconsistorialrath in Dresden und starb in letzterm Jahre daselbst am 6. September. Seine Witwe heirathete später den Minister Grafen Hohen- thal-Königsbrück, und von ihr ist der Sylvester- Gottesdienst in der Dresdner Kreuzkirche gestiftet. Sie starb 1829. — Als ein Beispiel seltener To leranz wird berichtet, daß bei dem Begräbniß zweier sächsischen protestantischen Beamten zu Bodenbach nicht nur die österreichischen katholischen Beamten dem Leichenzuge folgten, sondern auch die katholische Geistlichkeit sich ihm anschloß. — Diesen Sonntag ward für die glückliche Rettung des Kaisers von Oesterreich ein Dank-Gottesdienst in der protestan tischen und katholischen Hofkirche zu Dresden abge halten. In letzterer fand zugleich eine Collecte zum Bau der neuen katholischen Kirche in Neustadt-Dres den statt. — In Oberleutcrsvorf (Oberlausitz) hat der Fabrikant Hüttig mit 80,000 Thlrn. Passivis sallirt. Viele arme Weber erleiden Verluste und werben brotlos. Hüttig selbst ist von der Frank furter Messe aus flüchtig. — Das Coselsche Palais an der Frauenkirche zu Dresden ist für 68,000 Thlr. als Polizeipalast angekauft worden. — Der Mörder des Hausmanns beim vr. Laurentius in Leipzig ist dem Vernehmen nach durch einen Brief entdeckt worden, welchen ein Theilnehmer an der That ihm geschrieben hatte, der aber in fremde Hande gerieth. — Durch eine Verordnung wird die Dismembrations- Freiheit in Betreff von Grundstücken beschränkt. Preusse«. Auch die zweite Kammer hat die Vorlage angenommen, daß die erste Kammer fortan aus Mitgliedern, welche der König mit erblicher Berechtigung oder auf Lebenszeit beruft, bestehe.— Sicherm Vernehmen nach soll die Kirche des alten, von einem Vorfahren des sächsischen Königshauses, Grafen von Wettin, gestifteten Klosters auf dem Petersberge bei Halle binnen zwei Jahren wieder hergestellt werden. Die Kosten sind zu 15000 Thlr. veranschlagt. — Nach den Berliner Militär-Medi- cinalbcrichten ist ein neuestes untrügliches Band wurmmittel entdeckt, das von den Kaffern hcrstammt und Panna (wahrscheinlich die Uncomowurzel) heißt. Die Zubereitung ist noch Geheimniß. — Dem Ver nehmen nach haben Baden und Sachsen (und zwar mit vollem Rechte) gegen die hohen Zollsätze auf Web - und Wirkwaaren in dem österreichischen Han delsverträge Vorbehalte gemacht. — In dem Ge wölbe des Kaufmann Mielitz, Spandauer Straße zu Berlin, ist man einer ausgezeichnet vorbereiteten und doch verunglückten Brandlegung auf die Spur gekommen. Wegen eines Qualmes ward das Ge wölbe gesprengt, ein brennendes bald gelöscht, und nun sah man alle Kästen geöffnet, mit Colophonium gefüllt, mit Stroh und Lappen, die mit Terpenthin getränkt waren, behangen, die Gasröhren geöffnet, im Keller geöffnete Spiritusfässer und damit ge tränktes Stroh re. Das Feuer war trotzdem nicht ausgebrochen, weil der Urheber alle Oeffnungen nach außen sorgfältig verstopft hatte, wodurch das Feuer erstickt war. Mielitz, der verhaftet ist, hatte sehr hoch versichert. Oesterreich. Der Kaiser ist bis auf eine Ge sichtsschwäche hergestellt. Derselbe war dreifach ver wundet, am Schädel, wo das Messer abglitt, am Halse, wo ein weniges Tiefereindringen unbedingt tödtlich gewesen wäre, und an der Schulter. — In Verona wurden mehrere politische Verbrecher gehängt, darunter auch ein Erzpriester. — In der Grenzsperre gegen die Schweiz hat sich noch nichts geändert. — In Pesth wurde ebenfalls eine Anzahl gehangen, und zwar unter großer Vorsicht; es waren unter Anderm auch Kanonen aufgefahren. — Der österreichische Consul in Serajevo (Bosnien) ist von einem türkischen Polizeidiener, der „einem Christenhunde" nicht ausweichen wollte, lebens gefährlich durckgeprügelt worden. — Der Werth der durch die Sequestration betroffenen Güter lom bardischer Flüchtlinge beläuft sich nach Abzug der darauf haftenden Schulden noch gegen 50 Millionen Lire. Viele Flüchtlinge sind durch diese Maßregel aus Leuten bis zu 300,000 Lire jährlicher Ein nahme zu Bettlern geworden.