Volltext Seite (XML)
Großenhainer WechMngs- und AWgMM Monnemeut: Bierteljährlich w Ngr. IlflertionsKeträge von auswärts sind in Post« markeir beizusügen oder werden durch Postvorschuß erhoben. Inseralenannahme: Bis Lags vorher spätesten» srüh 9 Uhr. Erscheinen: Dienstag. Donnerstag und Sonnabend mit Ausschluß der Feiertage. Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Nedaction. Druck und Berlag von Herrmann Starke in Großenhain. Sonnabend, den 18. Juli L8S4. Bekanntmachung. Die städtischen Centralanlagen auf das zweite Vierteljahr 1874 sind am 15». d. Nits, fällig und bis längstens den U. August 18741 an Stadthauptcassenexpeditionsstelle zu bezahlen. Großenhain, am 9. Juli 1874. Der Stadtrath. Ludwig-Wolf. Ein englisches Urtheil über Deutschland. Es ist bekannt, daß die Franzosen sich im Traume einer englisch-französischen Allianz wiegen, um durch die selbe ihre frühere Stellung im Rathe der europäischen Großmächte wieder zu gewinnen. Wie man aber über diese Allianz in England selbst denkt, beweist eine sehr eingehende Betrachtung Lord Dunsany'S, der wir Folgendes entnehmen. Als erstes Interesse Englands in seiner europäischen Politik darf man füglich die Erhaltung des Friedens an nehmen. Hätte Frankreich diese Ansicht auch zu der seinigen gemacht, so würde diese Thatsache allein die englisch-fran zösische Allianz gerechtfertigt haben. Allein in 16 Jahren hat Frankreich von den vier Großmächten drei angegriffen und schwächeren Staaten seinen Willen dietirt in Angelegen heiten, wo es kein Recht zur Einmischung hatte. Die letzte von ihm angegriffene Großmacht, nach Earlyle vielleicht die tapferste Nation in der Welt, wenn auch die am wenigsten zum Prahlen geneigte, die von einem Glücklicheren, aber keineswegs Tapferen, so lange Zeit verhöhnt und unter die Füße getreten wurde, wandte sich gegen den Angreifenden und bezwang und züchtigte ihn. Darüber erhebt man ein Geschrei, als wenn Gerechtigkeit gefallen wäre und Gewalt ihren Sitz usurpirt habe. Ein herrschendes Frankreich mit einer napoleonischen Theorie galt — trotz seiner Angriffe auf drei Großmächte und seiner umfassenden Borkehrungen zu einem vierten Angriffe — als eine Garantie für den Frieden; aber ein herrschendes Deutschland war eine Ge fahr für Europa! Und doch wird es uns, wenn wir uns an das Neue gewöhnt haben, wahrscheinlich scheinen, daß Deutschland nun genau die Stellung eiunimmt, für welche die allgemeine Politik es bestimmte, und die ihm gewisser maßen von der "Natur zugewiesen scheint. Das im Interesse des Friedens wenigst WünschcnSwerthe war eine Anhäufung schwacher und abgetrennter Staaten zwischen Frankreich ans der einen Seite und Rußland auf der anderen. Ihre Schwäche schien zu einem Angriffe einzutaden nnd Einer, wenn nicht Mehrere, war stets bereit, znm Berräther zu werden oder eine Invasion willkommen zu heißen. So folgt denn, daß eine feste Gestaltung jener Staaten in einen Körper, der einer französischen Aggression auf der einen Seite und einer russischen auf der anderen zu widerstehen fähig, für den Frieden und die Stabilität Europas eine nothwendige Bedingung war. Solch eine innere Organi sation zu erlangen, war das klarste Recht Deutschlands; indem Frankreich ihm jenes Recht bestritt, handelte es ebenso unvernünftig, als es England thun würde, wenn es Frank reich das Recht, sich zu bereichern, oder Amerika das Recht, an Seelenzahl zu wachsen, bestreiten wollte. Daß Frank reich in der Organisation eines starken Staates bedingt — in dem Centrum Europas — eine Gefahr für sein eigenes militärisches Uebergewicht sah, bewies nur, daß das mili tärische Uebergewicht Frankreichs den Interessen Europas zuwiderlief. Da es jedoch seinen Anspruch auf jene erste Stellung auf die Spitze des Schwertes gestellt hat und unterlegen ist, so hat sein Ueberwinder das einzige Recht, das Frankreich je besaß, erworben, das Recht des Stärkeren. Die Stellung Deutschlands als leitende Macht des euro päischen Eontinents ist genau ebenso rechtmäßig, als die Frankreichs zuvor war, und soweit Erfahrung reicht, wahr scheinlich nutzbringender. Es ist daher höchst abgeschmackt, Deutschland im Lichte zu betrachten, als usurpire es eine Stellung, die Frankreich zukomme; verhängnißvoll aber ist, es als die Pflicht Frankreichs hinzustellen, sein militärisches Uebergewicht wieder zu gewinnen, wie einige englische Schriftsteller dies gethan haben. Jede englische Regierung, die eine solche Idee befürwortete, würde eine Verantwortlich keit für menschliches Elend übernehmen bis zu einer Höhe, die Niemand bestimmen kann; und wenn einer erneuerten englisch-französischen Allianz der Wunsch zu Grunde läge, Frankreich seine frühere Stellung wiederzugebeu, so müßte man ernstlich Verwahrung dagegen einlegen. Wenn Frank reich wiederum Deutschland das Schwert entreißen will, so muß es in aller Wahrscheinlichkeit mit Hilfe Rußlands geschehen; im geringsten Grade zu solch einer Katastrophe für die Humanität, zu einer solchen Zerstörung des heimath- lichen Herdes des wackeren Teutonen beizutragen, wäre eine hassenswürdige Ungerechtigkeit. Kür jetzt scheint es die natürliche und klare Pflicht Englands zu sein, die Stellung anzuerkennen, welche Deutschland sich auf geradem Wege erworben hat, und ihm, da es sie nun hält, dasselbe Zu trauen und Freundschaftsgefühl entgegenzubringen, das wir einst Frankreich geschenkt hatten. Was ist in dem ver wandten deutschen Blut, daß die Deutschen weniger unsere Verbündeten sein sollen? Sind sie nicht ebenso redlich, wahr heitsliebend, sind sie ehrgeiziger, mehr zur Aggression ge neigt, ruhmeSeitler? Sind ihre Traditionen der Unterdrückung nnd des Raubes übergoldet mit dem Namen „Ruhm?" Niemand kann dies behaupten. Sie achten sich selbst und Andere, sie lieben ehrbare Arbeit, Frieden und ihr Heim und verlaugeu einzig, die ihnen sehr mäßig zugemessenen Segnungen der Mutter Natur ruhig genießen zu dürfen. ! Sie sind unser anderes Selbst; aber wie die Briten sind ! sie, obwohl friedliebend, zu fürchten im Krieg. Es ist Zeit für Frankreich, weise zu werden. Den ersten Napoleon — obwohl der größte General moderner Zeiten — konnte es vor der verdienten Niederlage nicht bewahren, und nickt jeder Bonaparte gleicht dem Ersten. Eine Gefahr für Frankreich ist seine stationäre Seelenzahl; muß man den Krieg heranfbeschwören, nm diese Bevölkerung zu ver mindern? Tagesnachrichten. Sachsen. Dem Vernehmen nach wird sich Se. Ma jestät der König gegen den 20. Jnli nach Ostende zur Cur begeben. Wie die „Leipz. Nachr." schreiben, circuliren jetzt eine Masse neue 20-Pfennigstücke von Pappe mit Silberblatt überzug, die geeignet sein dürften, bei ungeprüftem An- nehmen neuen Geldes Manchen zu täuschen. Beim Eisenbahnbau unweit Zittau wurde am 12. Juli ein Arbeiter von einer herabstürzenden Erdwand verschüttet und ihm dabei beide Beine zerschmettert; er war sofort todt. Bei Schandau hat am 12. Juli ein 17 Jahre alter Bäckergeselle, der sich beim Baden zu weit in die Elbe wagte, in den Fluchen seinen Tod gefunden. Preußen. Die „Prov.-Corr." schließt einen längeren Artikel über den Mordversuch gegen den Reichskanzler mit folgenden Worten: „Fürst Bismarck wird in den Kund gebungen der innigen Theilnahme und Verehrung, die ihm auch auf diesen Anlaß von allen Seiten, von den Thronen ebenso wie aus den Hütten des Volkes zugehen, einen Ersatz für die schmerzliche Erfahrung, die ihm diese That von deutscher Hand bereiten mußte, und neue Ermuthigung zur kräftigen Fortführung seines mit voller patriotischer Hin gebung erfaßten Werkes finden. Die wunderbare gestrige und sittliche Spannkraft, die ihn so oft in Augenblicken tieferer Erregung die Schwächen seiner im Dienste des Vaterlandes erschütterten Gesundheit überwinden ließ, wird hoffentlich auch die Störungen, welche seine so dringend wünschenswerthe Badecur erfahren hat, wieder anSgleichen und trotz des schweren Zwischenfalls die gesuchte Stärkung in Kissingen finden lassen. Für die Regiernng aber wird der Mordversuch von Kissingen mit Rücksicht auf die Um stände, die ihn charakterisiren, ein dringender Anlaß sein, den Quellen, aus welchen der Fanatismus ungebildeter katholischer Volkskreise immer neue Nahrung schöpft und schließlich bis zum Verbrechen des Meuchelmordes getrieben wird, näher zu treten, nm die Mittel und Wege in Betracht zu ziehen, ihrer unheilvollen Wirksamkeit zum Wohl des Vaterlandes Einhalt zu thun." Bayern. Den Thatbestand des Attentats auf den Fürsten Bismarck erzählt der Berichterstatter der „Nat.- Ztg." also: Als die Equipage aus dem Gartenwege in die Hauptstraße einbiegen wollte, bewegte sich ein mit einem Rocke, wie ihn die katholischen Geistlichen zu tragen pflegen, bekleideter Mann vor dem Wagen her, so daß der Kutscher gezwungen war, langsam zu fahren und den Mann anzu rufen, der sich erst nach mehrmaligem Zuruf bequemte, aus dem Wege zu gehen. Während dieser Zeit war der Wagen bis an die Braun'sche Restauration gelangt, und in diesem Augenblicke wurde aus nächster Nähe eine Pistole auf den Fürsten abgefeuert. Der Kutscher, fast starr vor Schrecken, hatte doch die Geistesgegenwart, sich umzukehren; er sieht den Fürsten anscheinend unversehrt, will also weiter fahren und wendet sich den Pferden zn. Da bemerkt er den Mörder, der, das Pistol fortwerfend, in der aus den Re staurationen und Häusern infolge des Schusses herbeigeström ten Menschenmenge verschwinden wollte. Mit einem kräf tigen Peitschenschlage fuhr der Kutscher dem Mörder nun über das Gesicht, und gleichzeitig packte ein Badegast (der Hofschauspieler Lederer aus Darmstadt) denselben bei der Kehle. Umsonst bot der Mörder alle Mittel auf, sich seiner Festnahme zn entziehen (die Hand des Lederer trägt verschiedene Bißwunden); die Menschenmenge hielt ihn fest, man packte ihn an allen Theilen des Körpers, und fast hätte man ihn in Stücken gerissen, so groß war die Ent rüstung über die verübte Frevelthat. Der Fürst selbst war glücklicher Weise ziemlich unverletzt geblieben; eine leichte Streifung an dem Knöchel deö rechten Handgelenks war die einzige sichtbare Folge des Mordversuchs. (Der „N. A. Z>" zufolge hat die Kugel die rechte Hand innen, an der Verbindungsstelle von Daumenballen und Handfläche leicht gestreift, war also glücklicher Weise zwischen Kopf und Brust einerseits und Ellenbogen und Hand andererseits durchgegangen.) — Durch weitere Erhebungen ist festgestellt, daß der Attentäter Kullmann gegen Pfingsten 14 Tage lang in Berlin verweilt hat, um einen Mordanschlag gegen den Fürsten Bismarck auszuführen. — Der am 13. Juli in Schweinfurt verhaftete, der Mitschuld an dem Attentat auf den Fürsten Bismarck verdächtige katholische Priester hat im ersten Verhör angegeben, daß er Geistlicher in Walchen bei Kufstein sei, Hauthaber heiße und an dem kritischen Tage einen Abstecher nach Kissingen gemacht habe, um sich den Baveort flüchtig anzusehen. Oesterreich. Aus Ischl vom 14. Juli Abends wird gemeldet: Nachdem heute Nachmittag ^3 Ohr der Kaiser Wilhelm in Begleitung des Kaisers Franz Joseph hier ein getroffen und die Hoftafel vorüber war, wurde ein Ausflug unternommen, an welchem sich auch die Kaiserin betheiligte. Abends P^10 Uhr kehrten die allerhöchsten Herrschaften von Hallstadt zurück. Die Rundfahrt am See wurde bis Ober traun ausgedehnt. Vor dem Hotel zur „Kaiserin Elisabeth" spielt Militärmusik. Auf den umliegenden Bergspitzen bren nen Freudenfeuer. Die fremde und die einheimische Bevöl kerung ist allenthalben in Bewegung, doch herrscht überall große Ordnung. — Nach einer weiteren Meldung ist der deutsche Kaiser am 15. Juli Nachmittags Uhr von Ischl weiter gereist, woselbst an demselben Tage der Fürst Milan von Serbien in strengstem Jncognito ««gekommen ist. Die Kaiserin Elisabeth soll dem Kaiser Wilhelm das Versprechen gegeben haben, auf der Rückreise von der Insel Wight der deutschen Kaiserin in Baden-Baden oder Koblenz einen Besuch abstatteu zu wollen. Das ungarische Abgeordnetenhaus hat am 15. Juli die rumänische Eisenbahnconvention mit 166 gegen 107 Stim men genehmigt. Schweiz. Der Bundesrath hat für die 58. deutsche Jnfanteriebrigade, welche ihre diesjährigen Hebungen am Fuße des Schwarzwaldes gehalten hat, die Bewilligung zum Rückmärsche nach dem Elsaß durch schweizerisches Gebiet ertheilt. Da sich für die katholischen Pfarreien im Berner Jura bei der ersten Ausschreibung keine dermal wahlfähigen Be werber gemeldet haben, werden diese Pfarreien nochmals ausgeschrieben. Frankreich. Die Nationalversammlung hat in ihrer Sitzung am 14. Juli die vom Deputirten Joubert beantragte und von der Budgetcommission nach vorgängiger Verstän digung mit dem Fiuanzminister empfohlene Besteuerung des Salzes in geheimer Abstimmung mit 362 gegen 256 Stim men abgelehnt; ebenso wurde am 15. Juli die vom Finanz minister beantragte Erhöhung verschiedener indirecter Steuern verworfen und hat infolge dessen der Finanzminister Magne seine Demission eingereicht. — In der Sitzung am 15. Juli ist auch der von der Dreißigercommission beschlossene kon stitutionelle Gesetzentwurf eingebracht worden. Durch den selben bleibt dem Marschall Mac Mahon der Titel „Prä sident der Republik" erhalten, werden die Minister den Kammern verantwortlich erklärt, wird dem Präsidenten allein das Recht der Auflösung der Deputirtenkammer zugestanden, und sollen endlich, im Falle einer Erledigung der Präsidenten würde, beide Kammern in gemeinschaftlicher Sitzung den Nachfolger des Präsidenten ernennen. Spanien. Das Hauptquartier des Oberbefehlshabers der Nordarmee, Generals Zabala, befand sich am 14. Juli noch in Logronno. Der General Moriones hat sich infolge der unter seinen Truppen ausgebrochenen Krankheiten mehr gegen den Ebrofluß zurückgezogen. Die Wiederaufnahme der Operationen ist vor drei Wochen unmöglich. — Der carlistische Generalstab und das Hauptcorpö der Carlisten sind in der Provinz Biöcaya eingerückt. Die Schifffahrt auf dem Nervion ist durch die Carlisten ernstlich bedroht. Cngland. Die Kohlengrubenarbeiter im District Bristol haben eine Lohnherabsetzung von 10 Procent angenommen und ist infolge dessen der Strike beendet. — Dagegen wur den in einem am 13. Juli zu Dudley stattgehabten Monstre- Meeting der Kohlengrubenarbeiter die Vergleichövorschläge, welche die Grubenbesitzer in ihrer zu Birmingham abgehal tenen Versammlung gemacht haben, abgelehnt. Dänemark. Dem seitherigen Minister des Innern, Kammer-Herrn Fonnesbech, ist es endlich gelungen, ein neues Cabinet zu bilden, in welchem derselbe den Vorsitz und das Finanzministerium übernommen hat. Holland. Nach im Haag eingegangenen amtlichen Depeschen sind zwei Verschanzungen der Atchinesen von den holländischen Marinetruppen genommen worden. Die