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V/ Großenhainer Erscheinen: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mit Ausschluß der Feiertage. Abonnement: Vierteljährlich 10 Ngr. Wch Mngs- M AnzcheblaL Mmtövlittt Inseratenpreis: Für den Raum einer Spalt zeile 1 Ngr. Inseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens früh 10 Uhr. des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. »SV L8S» Dienstag, den 14. Dctober Verordnung, Maßregeln gegen die Rinderpest betreffend. Wegen dringenden Verdachts, daß unter einer Viehheerde in Komotau die Rinderpest aufgetreten sei, sieht sich das Ministerium des Innern veranlaßt, die Ausnahmebestimmung unter 5 der Verordnung vom 24. Juli dieses Jahres in Betreff des kleinen Grenz- verkehrS mit Böhmen bis auf Weiteres hiermit wieder aufzuheben. Es hat daher nunmehr auch auf den kleinen Grenzverkehr mit Böhmen die Be stimmung unter 3 der angezogenen Verordnung Anwendung zu leiden, wonach die Einfuhr von Wiederkäuern, soweit nicht die Einfuhr von Rindvieh (Steppenvieh) nach der Be stimmung unter 1 überhaupt verboten ist, nur unter der Bedingung gestattet wird, daß durch amtliches Zeugniß nachgewiesen ist, daß die betreffenden Thiere unmittelbar vor ihrem Abgänge mindestens 30 Tage an einem seuchenfreien Orte gestanden haben und daß 20 Kilometer um denselben die Rinderpest nicht herrscht. Zuwiderhandlungen werden nach § 328 des Reichsstrafgesetzbuchs mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bezieyendlich bis zu zwei Jahren bestraft. Dresden, den 10. October 1873. Ministerium des Innern. v. Nostitz-Wallwitz. Jochim. Bekanntmachung. Nachdem unterm heutigen Tage Herr Stadtrath Leo Friedrich Ludwig-Wolf als Bürgermeister der Stadt Großenhain durch die Königliche Amtshauptmannschaft Meißen verpflichtet und eingewiesen worden ist, bringen wir solches hierdurch zur öffentlichen Kenntniß. Großenhain, am 9. October 1873. Der Rath daselbst. Franke, stellv. Vors. Wtzschl. Aufforderung zur Entrichtung der Gewerbe- und Perfonalsteuern auf den zweiten Termin 1873. Die Gewerbe- und Personalsteuern pro zweiten Termin 1873 sind zur Hälfte des festgestellten Jahresbetrages spätestens bis zum 29. Oetober dieses Jahres an unsere Stadthauptkasse zu bezahlen, anderen Falles nach Ablauf dieser Frist zu dem gesetzlich vorgeschriebenen Zwangsverfahren unnachsichtlich verschritten werden muß. Großenhain, den 11. October 1873. Der Stadtrath. Franke, stellv. Vors. Bekanntmachung. Die Auszahlung der Servisgelder auf die Monate Juli, August und September soll künftige Mittwoch, den IS. Oetober ds. Js., Vormittags von 8 bis 12 Uhr erfolgen. Die betr. Quartierwirthe wollen sich daher zur Empfangnahme dieser Gelder an Stadthauptkassett-Expeditions-Stelle zu gedachter Zeit einfinden. Großenhain, am 11. October 1873. Die Serviskassen-Verwaltung. Grün, Cassirer. Schwarze, Controleur. Politische Weltschau. Zwei europäische Mächte sind augenblicklich in über seeische Kriege verwickelt: England und Holland. Der Kampf, den England jetzt an der westafrikanischen Goldküste auszufechten hat, entstand dadurch, daß die Holländer an England ein Stück Land verkauften, für welches sie den Aschantis einen regelmäßigen Tribut gezahlt hatten. Diese Tributpflichtigkeit verschwiegen sie aber den Engländern in der allerdings richtigen Voraussetzung, daß diese unter solchen Umständen das Kaufgeschäft entweder ganz ablehnen, oder zu einem jedenfalls erheblich geringeren Preise würden ab schließen wollen. England hätte nun zwar, als es die List der Holländer merkte, Entschädigungs-Ansprüche erheben können und wird dies vielleicht später auch noch thun; für den Augenblick aber ließen ihm die Eingeborenen gar keine Zeit dazu. Denn kaum hatten sie die Kunde vom Handel erhalten — der nach ihrer Meinung ungültig ist, weil sie als Oberherren des verkauften Gebiets nicht um ihre Ein willigung angegangen waren — als sie ohne Weiteres die Feindseligkeiten gegen die Engländer eröffneten. Durch Zahlung des Tributs hätte der Hader möglicherweise auch in diesem Stadium noch beigelegt werden können, aber die Engländer, welche sich als Herren des Landes betrachten, fanden ihre nationale Ehre engagirt und der Kampf nahm demgemäß seinen Fortgang. Die bedeutendste Stadt des Bezirks, Elmina, ist mit dem Bischen Cultur, das seit Jahrhunderten dort mühsam geschaffen war, bereits darüber zu Grunde gegangen. Wenn England, woran nicht zu zweifeln ist, mit Aufwendung großer Geldopfer, schließlich Sieger bleiben wird, so zieht es dennoch keinen anderen Gewinn aus all den Metzeleien, als auf diesem erst er kauften und dann mit Blut errungenen Stück Erde einige widerhaarige Unterthanen mehr zu besitzen. Für diesen Freundschaftsdienst kann es sich bei den Holländern bedanken. Ein eigenthümliches Zusammentreffen aber wollte es, daß Holland in demselben Augenblicke, wo es England über den Löffel barbierte, auf einem fernen Punkte seiner Colonie eine Züchtigung erhielt, in welcher die Engländer vermnthlich die gerechte Vergeltung der Geschichte erblicken werden. Denn auch die Niederlage in Atchin haben sich die Holländer nur durch ihre Treulosigkeit und ihren Uebermuth zugezogen. Atchin gehört zu den freien Gebieten der Insel iDumatra, deren Fürsten selbstständig regieren und mit den Holländern nur durch Verträge verbunden sind. Diese Selbstständigkeit war aber den Holländern unbequem und sie verlangten deshalb von dem dortigen Fürsten, sein Land mit hollän dischen Truppen besetzen zu lassen; ebenso sollte er den Ver kehr mit auswärtigen Mächten, besonders mit der Pforte (unter deren Oberhoheit Atchin steht), aufgeben, die türkische Fahne gegen die holländische ausliefern und überdies das Volk von Atchin den Holländern den Unterthaneneid leisten. Die Antwort des Fürsten lautete: lieber wolle er und sein Volk sich bis auf den letzten Blutstropfen schlagen. Das haben sie redlich gethan und die Holländer mit blutigen Köpfen heimgeschickt. Nun kochen sie Gift und Galle und rüsten, was sie können. Bis jetzt haben sie aber erst fünf Millionen Gulden zusammengebracht und ihr General van Swieten meint, das reiche noch bei Weitem nicht aus, um die erforderliche Kriegsbereitschaft herzustellen; statt Anfang October, wie man dachte, werde er vor Ende dieses Jahres nicht zum Angriff schreiten können. Ob die Holländer aber bei der zweiten Expedition mehr Glück haben, als bei der verunglückten ersten, bleibt immerhin noch abzuwarten. Ihre europäischen Nachbarn würden sie schwerlich bedauern, wenn sie nochmals mit blutigen Köpfen heimgeschickt würden. Denn in Bezug auf die Ursache des Krieges tragen sie allein die Schuld; so viele Forderungen ihrerseits — kann man wohl sagen — so viele Unverschämtheiten. In Frankreich concentrirt sich alles Interesse auf den Proceß gegen Bazaine. Ueber den Ausgang desselben Lermuthungen aufzustellen, wäre müßig; aber wohl kann man behaupten, daß er nur ein Racheact der französischen Nation ist. Zu ohnmächtig, am Sieger sich zu rächen, will man seine Wuth nun am eigenen Fleisch und Blut auslaffen. Damit wollen wir nicht sagen, daß Bazaine ein unschuldiger Märtyrer sei; denn verurtheilte man ihn jetzt wirklich zu den üblichen drei Kugeln, so hat er dieselben in Mexiko schon verdient. Ob er, was im gegenwärtigen Processe die Hauptfrage ist, die Capitulation von Metz in leichtsinniger oder verrätherischer Weise veranlaßt hat, kann wohl Nie mand anders entscheiden, als er selbst. Denn noch ruht ein dichter Schleier über den Vorgängen jener Tage, den die Gerichtsverhandlung zu Trianon wohl kaum lichten wird, obwohl gar Manches hier ans Sonnenlicht kommen dürfte, was ein trauriges Schlaglicht auf die damaligen französischen Zustände werfen könnte. „Wenn man mich gegen die Wand drängt", sagt Bazaine selbst vor Jahresfrist, „so werde ich mich rücksichtsloser wehren, als Manchen lieb ist." Und Thiers, unter dessen Regime der Proceß gewiß niedergeschlagen worden wäre, äußerte erst jüngst auf seiner Schweizerreise: „Der Proceß Bazaine ist ein Unglück für das Land; der Marschall ist im Besitze von Actenstücken, die seine Richter in Erstaunen setzen werden." Trotzdem begannen die Männer der jetzigen Regierung den Proceß, weil er ihnen dazu dient, die Aufmerksamkeit der revanchelustigen Nation von den Dingen abzulenken, die im Hexenkessel des Bourbonismus gebraut werden und mit denen das unglückliche Land eines schönen Tages überrascht werden soll. Herrscht doch heute kein Zweifel darüber, daß die Regierung vollständig im Lager der Fusionisten steht. Der Ministerpräsident v. Broglie erklärte jüngst bei Eröffnung einer neuen Eisenbahnstrecke, die öffentliche Meinung sei auf falscher Fährte, wenn sie die Wiederherstellung der legitimen Monarchie als gleich bedeutend erachte mit der Wiederkehr der absoluten Herr schaft des römischen Clerus. „Nichts von alledem", rief er aus, „was einer gesetzlichen Macht der Hierarchie gleich sehen würde, kann je wieder erstehen, welches auch immer die Regierungöform sein möge, welche die Nationalver sammlung dem Lande geben wird." Der Ausdruck, „welches auch immer die Regierungsform sein möge," klingt fast lächerlich, wenn der Minister gleich darauf äußert: Der Wunsch und Wille des Landes sei die Neubegründung einer Negierung, die alle glorreichen Erinnerungen der Vergangen heit wieder aufsuche und die Bürgschaft der Zukunft für alle Hoffnungen in sich trage. Wer möchte hieraus nicht erkennen, daß der republikanische Premierminister vollständig für die Sache des Grafen Chambord gewonnen ist? Was aber die Aeußerung wegen der künftigen Stellung der rö mischen Kirche in Frankreich betrifft, so ist Broglie ein Thor oder Heuchler, wenn er selbst glaubt oder die Fran zosen glauben machen will, der Ultramontanismus leihe dem vertriebenen Königshause seine starke Hilfe aus purer Un eigennützigkeit. Nur Gimpel gehen auf solche Leimruthen. Mehrere italienische Abgeordneten beabsichtigen, so fort nach Eröffnung des Parlaments das Ministerium wegen der Veröffentlichung von Staatsdocumenten in dem Werke Lamarmora's zu interpelliren. Wenn es sich dabei heraus stellen sollte, daß der General durch die verantwortlichen Minister nicht ermächtigt gewesen ist, den Staatsarchiven Actenstücke zu entnehmen und zu publiciren, so will man beantragen, ihn wegen Mißbrauchs von Documenten, welche ausschließliches Staatseigenthum sind, in Anklage zustand zu versetzen. Das neue österreichische Parlament, welches be kanntlich am 4. November zusammentritt, wird nur sehr kurze Zeit tagen können, da Ende desselben Monats schon die Einzellandtage ihre Thätigkeit beginnen sollen. Gleich wohl dürfte die Adreßdebatte einen Ueberblick über die Partei- gruppirung gewähren. Die Ungarn kommen aus den Ver legenheiten nicht heraus. Zu ihren übrigen Sorgen gesellen sich die wegen der Militär grenze." Die serbischen Agi tatoren treiben dort ihr Wesen. So erkühnten sich die Letzteren, den serbischen Pfarrer von Baranda, welcher zur Regierungspartei gezählt wird, festzunehmen und ihm den Gart abzuscheeren, d. h. den größten Schimpf anzuthun, welcher nach den Begriffen des Volkes einem Geistlichen widerfahren kann. Unter solchen Verhältnissen greift denn auch in Ungarn die Ansicht um sich, die Regierung möge sich von der Legislative ermächtigen lassen, den constitu- tionellen Zustand in der Militärgrenze aufzuheben. Das wichtigste Ereigniß im deutschen Reiche war in voriger Woche die Vereidigung des altkatholischen Bischofs Reinkens. Altkatholiken nennen sich diejenigen Mitglieder der katholischen Kirche, welche an der alten Lehre festhalten und den Papst nicht als einen unfehlbaren Gott anerkennen, während alle Anhänger des jesuitischen Unfehlbarkeitdogmas Neukatholiken genannt werden. Mit der Vereidigung Reinkens als Bischof der Altkatholiken hat eine Organisation ihren vollen Abschluß erreicht, welche alle diejenigen Katho liken, die bisher zwar das unchristliche Treiben der unfehl baren (infallibilistischen) Kirche mißbilligten, aber es nicht wagten, in eine neue vom Staate noch nicht anerkannte Religionsgemeinschaft einzutreten, jeder solchen Bedenklichkeit überhebt. Jetzt kann jeder Katholik, der nicht die Liebe zum Vaterlanve dem staatsfeindlichen Fanatismus der rö mischen Priester zum Opfer bringen will, ohne Besorgniß für seine bürgerlichen und Rechtsverhältnisse, als Vollgiltigkeit der Eheschließung, der Kindertaufe u. s. w., der Gemeinde der Altkatholiken beitreten. Und dies ist ein großer Vortheil für die ganze altkatholische Bewegung. Tagesnachrichten. Großenhain. Wie man sich erzählt, sollen in diesen Tagen Untersuchungen gegen Personen eingeleitet worden sein, die unbefugter Weise zu eigener Verwendung Baumaterialien vom abgebrannten Rathhause entnommen haben. — Am Sonntage Nachmittags gegen 4 Uhr ist in dem Dorfe Roda die zu dem Klinger'schen Gute gehörige, mit den gesammten Ernteerträgnissen angesüllte Scheune total niedergebrannt. Die Entsteyungsursache ist noch nicht fest gestellt. Der Besitzer des Gutes war zur Zeit des Brandes auf einem Nachbardorfe zur Kirmeß und hat daher außer dem erlittenen Verlust noch einige Stunden der Angst und Sorge durchlebt, ehe ihm die Gewißheit wurde, daß seine übrigen Gebäude vom Feuer verschont blieben.