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Erscheinen: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mit Ausschluß der Feiertage. Monnemenl: Vierteljährlich io Ngr. Großenhainer Werl) lütullgs M AMlgMM. W Inseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Redaction. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. M 8S Dienstag, den 5. August LSS» Bekanntmachung. Im Gasthofe „zum blauen Hirsch" in Radeburg sollen den 7. August 1873, von Bormittags 9 Uhr au, folgende im Würschnitzer Forstreviere aufbereitete Hölzer, als: 1 80 Raumcubikmeter erlene „ weiche Scheite, 1 birkene 2 erlene > Nollen, 507 weiche 1 birkene. auf dem ganzen Revier umher, 1 erlene Aeste, 973 weiche 72 weiche Stöcke, 274 0,5 Wellenhundert weiches ( „ birkenes j Reißig, einzeln und partienweise gegen sofortige Bezahlung und unter den vor Beginn der Auction bekannt zu machenden Bedingungen an die Meistbietenden versteigert werden. Wer die zu versteigernden Hölzer vorher besehen will, hat sich an den mitunter zeichneten Revierverwaltcr zu Würschnitz zu wenden, oder auch ohne Weiteres in die ge nannten Waldorte zu begeben. Königl. Forstrentamt Moritzburg und Königl. Revierverwaltung Würschnitz, am 2 t. Juli 1873. Gras. von Berlepsch. Bekanntmachung. Von dem unterzeichneten Gerichtsamte soll erbtheilungshalber das zum Nachlasse des Gutsbesitzers Friedrich August Kaul in Wildenhain gehörige Auderthalbhufeugut Cat.-Nr. I, Fol. 1 des dasigen Hypothekenbuchs, welches ein Areal von 21 Hectar 68,4 Ar <39 Acker 54 fZNth.) umfaßt und unter Berücksichtigung der Oblasten, ein schließlich der anstehenden Ernte ortsgerichtlich auf 9832 Thlr. 25 Ngc. taxirt worden ist, nebst der abgebrachten und bez. noch stehenden Ernte freiwillig unter den im Termine be kannt zu machenden, übrigens auch ans den im hiesigen Gerichtöhause und im Gasthof zu Wildenhain aushängenden Anschlägen ersichtlichen Bedingungen am 18. August d. I. im Nachlaßgute versteigert werden, ebendaselbst auch den 2V. August d. I. die ortsgerichtliche Versteigerung des lebenden und todten Inventars von 9 Uhr ab statt- fiuden, was hierdurch bekannt gemacht wird. Großenhain, am l9. Juli 1873. Das Königliche Gerichtsamt. Pechmann. Schrtr. Bekanntmachung. Bom Ncichsgcsetzblatt ist das 21., 22. und 23. Stück erschienen. Dieselben enthalten: Nr. 950. Gesek, betreffend den nach dem Gesetze vom 8. Juli 1872 einstweilen reser- virtcn TbcU der französischen Kriegskosten-Entschädigung. Bom 8. Juli 1873. Nr. 951. Postvertrag zwischen Deutschland und Italien. Bom 11. Mai 1873. Nr. 952. Bekanntmachung, betreffend die portopflichtige Eorrespondenz zwischen Be hörden verschiedener Bundesstaaten. Bom 8. Juli 1873. Nr. 953. Münzgesetz vom 9. Juli 1873. Nr. 951. Gesetz, betreffend die Abänderung des Bereinszolttarifs. Bom 7. Juli 1873. Nr. 955. Bekanntmachung, betr. die neue Ncdaction des Zolltarifs. Bom 12. Juli 1873. Nr. 956. Berordnung, betreffend die Abgrenzung der Bezirke der Disciplinarkammern. Bom 1l. Juli 1873. Nr. 957. Bekanntmachuug, betreffend die Abänderung der Borschristen über die Ver wendung der Wcckselstempelmarken. Bom 1l. Juli 1873. Ein Eremplar liegt zu Jedermanns Einsicht im Anmeldezimmer, Kloster, I. Etage, bereit. Großenhain, am l. August 1873. Der Rath daselbst. Politische Wettschau. Die Bewegung der Geister auf kirchlichem Gebiete greift immer weiter um sich und ruft nun auch die Jesuiten des Protestantismus in die Schlachtlinie. Da haben dieser Tage 45 niederhessische Pastoren eine Eingabe au Kaiser Wilhelm gerichtet, die an Frechheit alles bisher Dageweseue über trifft. Die Sache selbst ist in Kürze folgende. Nach den alten Kircheuordnungeu waren die uiederhessischen Gemeinden völlig machtlos und die Geistlichen spielten die Herren. Diesem Unwesen und den daraus entspringenden sectirerischen Verketzerungen sollte ein Ende gemacht werden. Deshalb beschlossen in ihrer letzten Session beide Häuser des preu ßischen Landtags unter Genehmigung des Königs die Ein setzung eines Gesammt - Consistorium s. Gegen dieses richtet sich die Eingabe, in welcher es u. A. heißt: „Durch die Einsetzung des Gescannucousistoriums verliert unsere Kirche den Charakter einer Kirche Gottes, in welcher, mittels des Be kenntnisses und der aus diesem bervorgegangencn Kirchenordnungcn, der Herr Jesus Christas allein herrscht. Wir, die wir uns für ver pflichtet halten und bereit sind, Ew. k. k. Majestät in allen Dingen zu gehorchen, welche nicht wider Gott streiten, können Merhöchdcnsclbeu jedoch, ebenso wenig wie die namhaftesten Kirchenrechtslchrcr, das Recht zuerkennen, eine Kirche dessen, dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist, im Widerspruch mit dem Bekenntnis; derselben und ihren rechtlichen Ordnungen umzugestaltcn, und sehen uns des halb durck die Treue gegen diesen unseren Herrn gezwungen, dem in der angegebenen Weise zu Stande gekommenen Gcsammt-Consistorium, durch welches unserer Kirche der Zusammenhang mit diesem Herrn entzogen wird, die Anerkennung und Unterstellung zu versagen." Jetzt, preußischer Staat, zittere, denn die 45 nieder hessischen Pastoren haben gesprochen, und das hat eine ganz andere Bedeutung, als wenn Nom spricht. Denn Rom oder die römische Kirche besitzt nur Einen Stell vertreter Gottes; die niederhessische aber 45, die ihr Mandat von Jesu Christo haben. Das ist keine Kleinigkeit. Die weltlichen Monarchen sind in jedem Staate nur durch einen Botschafter oder Gesandten vertreten; was will dieser Bot schafter besagen gegen die 45 Botschafter, die der Herr als seine Stellvertreter in Niederhessen eingesetzt hat. Diesen nagelneuen Beitrag zur christlichen Kirchengeschichte ver danken wir folgendem Passus der Eingabe: „Durch die Weibe, welche wir ols Diener Jtfu Christi empfingen, haben wir das Mandat von diesem Herrn übernommen, uns in seiner Kirche als Botschafter an seiner Statt und als Hausbalter seiner Geheimnisse zu erweisen, und bei der Einsetzung in unsere Remter haben wir au Eides Statt gelobt, den Auftrag unseres Herrn, gemäß dem Bekenntnih und den Kirchen-Ordnungen auszurichten und uns „davon durch keine Gunst der Menschenkeine Furcht noch Gefahr abwcndeu oder abschrecken zu lassen." Also der Herr Jesus Christus hat nicht uur die nieder hessische Kirche selbst geschaffen, sondern auch die dortige Kirchenordnung ausgearbeitet. Daß zur Zeit, als Jesus auf Erden wandelte, an ein Niederhessen und an nieder- hessische Pastoren noch nicht zu denken war, ist diesen protestantischen Jesuiten ganz gleichgültig. Rom existirte wenigstens doch; aber Nieder-Hessen? Dieser monströse Ge danke kann wirklich nur dem Gehirn eines hhperbigotten Frömmlers entspringen. Ja, die Herren sind ferner so impertinent, vom Könige die Aufhebung des betreffenden Gesetzes zu verlangen, weil es, wie es in ihrer Eingabe weiter heißt, „gegen den Willen der allerhöchsten ' Majestät Jesu Christi" erlasse» ist. Denn was der Wille der „allerhöchsten Majestät" ist, das wissen die 45 . Botschafter ganz genau uud ganz allein. Die ausgeprägteste j pfäfsische Arroganz , der äckte geistliche Hochmuth sprechen aus jeder Zeile dieser Eingabe. Wenn die Herren am i Schluffe behaupten, die Aufhebung des Gesammt - Eonsi- ! storinms sei der einzige Weg, um zum Frieden zu ge- langen, so haben sie dabei doch wohl übersehen, daß die I Aufhebung ihrer Gesammt-Sippe viel schneller zum Ziele j führen würde. Friedrich der Große dürfte heule nicht auf j dem preußischen Throne sitzen; er machte sicherlich kurzen < Proceß mit dieser pfäffischen Aufgeblasenheit. Hoffentlich i finden aber auch heute die 45 herrschsüchtigen Mucker eiue i recht gründliche Abfertigung in Berlin. ? Unter den auswärtigen Staaten nimmt augenblicklich ' Spanien das Hauptinteresse in Anspruch. Ueber das Auftreten der Panzerfregatte „Friedrich Karl" gegen das spanische Schiff „Vigilante" liegen jetzt nähere Berichte vor. Namentlich veröffentlicht die „Köln. Ztg." einen Brief des deutschen Konsuls iu Eartageua, der jedenfalls Anspruch ! auf Glaubhaftigkeit hat und welcher lautet: Im Begriffe, am 22. Juli Abends von Alicante sich nach . Cartagena zu begebeu, um mit seinem Schiffe die Deutschen j daselbst vor irgendwelcher Unbill zn schützen, wurde Ca- - pitan Weruer das Decret der neuconstituirten Regierung i in Madrid behändigt, das die aufständischen Schiffe für j Piraten erklärt. Dicht vor Cartagena begegnete am Morgen ' des 23. Juli der Friedrich Karl dem spauischen Kanonen- j boote Vigilante, das von einer Expedition nach Torrevieja j zurückkehrte, eiue dem Schiffsverkehr fremde rothe Flagge > führte uud wie Capitän Weruer später erfuhr, den Haupt- ! auführer des Aufstandes in Eartagena an Bord führte. Capitän Weruer beschloß sofort (aber auf dem Boden der internationalen Seegesetze stehend, das nur Kriegsschiffe anerkannter Staaten auf dem Meere zuläßt) nicht um obigen Decretes willen, das «Läuff aufzugreifen; unter den Kanonen des Forts von Cartagena und der in dem Hafen befind lichen sehr überlegenen Schiffe, nöthigte er dasselbe, seine rothe Flagge zu streichen und verhinderte im Verein mit dem englischen Aviso Pigeon, der sich seinen Absichten au- gescblossen hatte, das Auslaufen der genannten Flottille. Friedrich Karl, Pigeon nnd die inzwischen mit deutscher Mannschaft besetzte Vigilante waren inzwischen kampfbereit, um irgendwelchen Angriff der aufständischen Schisse zurückzu weisen uud auch für diese die iuteruationaleu Gesetze iu j volle Wirksamkeit treteu zu lassen. Die revolutionäre i Regierung des neuen Staates Murcia, inzwischen von dem i Vorgefalleuen in Kenntniß gesetzt, sandte eine Comission zu ! Unterhaudluugeu an Bord. Capitän Werner theilte der Commission sofort mit, daß ihm nichts ferner liege als eiue „Einmischung in die inneren Verhältnisse Cartagenas und Spaniens", daß er aber, auf dem Boden der iuternationaleu Gesetze des Völkerrechtes stehend, das Recht und die Pflicht gehabt habe, das Schiff zu ergreifen, das der Piraterie verdächtig zu betrachten sei. Um Blutvergießen und weitere Conflicte zn vermeiden, namentlich aber die in Eartagena wohnenden Deutschen vor den Unannehmlichkeiten zu bewahren, die eine ganz strenge Einhaltung des Rechts für sie herbei führen könnte, sei er indessen bereit, die Mannschaft und Anführer unter folgenden Bedingungen frei zu lassen, während das Schiff zur Verfügung seines legitimen Herrn bleiben müsse: 1) Eiue ausdrückliche Anerkennung, daß die Flagge der revolutionären Regierung als irregulär zu betrachten uud die Wegnahme der Vigilante daher eine vollkommen gesetzliche uud durch das Völkerrecht begründete sei. 2) Daß die Regierung den Deutschen, Engländern und sonstigen Ausländern vollständige Sicherheit in Leben und Person garantire. 3) Daß keinö der in Cartagena vor Anker liegenden aufständischen, die rothe Flagge führenden Schiffe vor Eintreffen höherer Entscheidung für Capitän Werner den Hasen zu verlassen habe. — Nach mehrstündiger Be- rathuug mit der aufständischen Regierung kehrte die Com mission an Bord zurück, um die Annahme dieser Bedingungen mitzutheileu und beide Theile ratificirten obige Uebereinkunft. Was sonst noch die spanischen Verhältnisse betrifft, so decretiren die drei dort bestehenden Negierungen der Car- listeu, Republikaner und Communisten jede auf eigene Hand frisch drauf los; jede erklärt die andere für abgesetzt und wird selber von ihnen für abgesetzt erklärt. Nichts bürgt dafür, daß morgen nicht noch eine vierte Regierung das Geschäft eröffnet und allen drei übrigen Eoncurrenz macht. An Lust dazu fehlt es den Alphonsisten wenigstens nicht, uur erschwert innerer Zwist ein entschiedenes Handeln. Nachdem in Frankreich die Nationalversammlung auseinandergegangen, erblüht die Aera der Pntschgerüchte. Die Orleanisten und Ultramoutauen im Bunde sollen sich zu einem neuen Versuch vereinigt haben, um dem Grafen von Chambord mit dem weißen Banner auf ihre Seite zu ziehen. Wie es heißt, ist der Graf von Paris nach Frohsdorf abgegangen, um den Principmenschen zn bear beiten. Gelänge es, diesen zn einigen Concessionen in Bezug auf sein weißes Banner zu bestimmen, so soll wäh rend der Vertagung eine Improvisation versucht werden. Mau will nämlich alsdann die Monarchie als Regierungs form proclamiren, die Frage aber, wer König werden soll, einstweilen offen lassen. Wir geben die Gerüchte, wie sie eben gemeldet werden, sind aber der Meinung, daß, wenn es zu einem Putsch kommen sollte, die Bonapartisten wohl die meiste Aussicht haben. Zwischen Schweden und Dänemark herrscht wegen des Lootsenrechtö im Sunde eine sehr gereizte Stimmung. Dänemark hat seit langer Zeit schon Kanonenböte aus geschickt, die jeden schwedischen Lootsen, der Schiffe durch den Sund führt, aufgreifen und nach Dänemark schleppen, wo ihm sein wohlverdientes Lootsengeld wieder abgenommen und noch obenein Geldstrafe über ihn verhängt wird. In Schweden dagegen hält man das Lootsen im Sund für freigegeben, und es hat sich ein Verein gebildet, den der König auch bestätigte, um den fremden Schiffen schwedische Lootsen zu verschaffen, zumal Dänemark gar nicht so viel stellen kann, wie verlangt und auch gebraucht werden. Gegen dies Alles remonstrirt Dänemark und beansprucht auf Grund des Tractats von 1857 das alleinige Recht, die