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Preußen. Das Abgeordnetenhaus hat am 1. März in dritter Lesung bei der zweiten Berathung des Gesetzent wurfs über die Abänderung der Artikel 15 und 18 der Ver fassung das Gesetz als Ganzes in der Schlußabstimmung bei Namensaufruf mit 228 gegen 108 Simmen angenommen. Infolge des neuen Reglements hat am 1. März in Ber lin ein allgemeiner Strike der Droschkenkutscher begonnen. Nur ganz vereinzelte Droschken sind auf den Halteplätzen sichtbar. Bayern. Der „Allg. Ztg." wird aus bester Quelle versichert, daß eine Entschließung des Königs in Betreff der Uniformsänderungen in der Armee bisher nicht ergangen ist. Die Beerdigung des Generals v. Hartmann in Würz burg hat am 26. Febr. mit großartiger Feierlichkeit statt gefunden. Deputationen aus der gesammten baherschen Armee waren zur Theilnahme beordert worden. Der un absehbare Zug währte fast eine Stunde. Prinz Luitpold legte namens des Königs einen Lorbeerkranz auf den Sarg des Verblichenen nieder. Auch der Deutsche Kaiser und der Deutsche Kronprinz hatten Lorbeerkränze gesandt. Schweiz. Den Geistlichen des Cantons Solothurn, welche die Erklärung unterzeichnet haben, nur Lachat als Bischof anerkennen und dessen Erlasse auch ferner verkünden zu wollen, ist von der Cantonalregierung nochmals eine achttägige Frist gestellt worden, inerhalb deren sie sich zu fügen haben. — Anläßlich der Truppenaufgebote erklärte die Regierung, ihrerseits verlange sie keine Bundesintervention; sie werde die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Canton selber handhaben. — Die Ultramontanen haben aus eigener Initiative der Solothurner Cantonalregierung eine mit 2156 Unterschriften versehene Bittschrift eingereicht, in welcher sie um Revision der Verfassung bitten. — Die Geistlichen des Cantons haben das Fastenmandat Lachat's nicht verlesen. 194 Mitglieder des Großen Raths von Bern haben die Genehmigung der Baseler Diöcesanbeschlüsse beantragt. Italien. Durch die „Jtal. Nachr." wird eine De pesche des spanischen Ministers des Auswärtigen an den spanischen Gesandten in Rom veröffentlicht, in welcher die Mittheilungen über angebliche Rücksichtslosigkeiten, welche der König Amadeus bei seiner Abreise von Madrid und während der Reise durch Spanien an die portugiesische Grenze erfahren habe, als jeder Begründung entbehrend bezeichnet werden. Der Papst hat eine Deputation aus Amerika empfangen, welche der Verehrung der dortigen Katholiken für feine Per son Ausdruck gab. In seiner Antwort hob der Papst hervor, daß er für ein durch Fruchtbarkeit des Bodens und hohe Entwickelung der Industrie so besonders von Gott gesegnetes Land und für die Vermehrung dieser Güter stets beten werde; gleichwohl könne er nicht wünschen, daß solchen Gütern allein sich die Neigung derer zuwende, die damit gesegnet seien. Frankreich. Die Nationalversammlung beschloß am 27. Februar die Dringlichkeit für den Gesetzentwurf über die Machtbefugnisse des Präsidenten der Republik und der Nationalversammlung, und begann sodann die Berathung desselben. Der Justizminister Dufaure erklärte sich namens der Regierung mit dem Gesetzentwurf einverstanden. Im Laufe der Debatte beantragte der Marquis v. Castellane, daß die Nationalversammlung die constitutioneüe Monarchie einführen solle, während der Deputirte Haentjens namens seiner Parteigenossen eine Erklärung vorlas, in welcher die allgemeine Volksabstimmung gefordert wurde. — Bei der Fortsetzung der Berathung am 28. Febr. nennt Gambetta die Gesetzvorlage des Dreißigerausschusso- ein knabenhafte- und gefährliches Machwerk, bestreitet die constituirende Gewalt der Nationalversammlung und erklärt, das Land wolle wissen, ob man dasselbe der Republik oder der Mo narchie zuführe. Gambetta verwirft die Idee der Bildung einer zweiten Kammer; das Land wolle die Auflösung der Nationalversammlung, wie Millionen von Unterschriften bezeugten. Die republikanische Partei wolle die Republik mit persönlichen Freiheiten, den Grundrechten, Associations- und Vereinigungsrechten; aber über allen Gesetzen stehe ihr nicht das göttliche Recht, sondern das Recht der menschlichen Vernunft. Gambetta wies die Waffen zurück, welche der Dreißigerausschuß gegen die Demokratie zu schmieden vor geschlagen habe. Der Herzog v. Broglie wahrt Gambetta gegenüber die Rechte der Nationalversammlung. Das Ein- verständniß mit der Regierung sei nicht hergestellt worden auf den Grundlagen der Republik oder der Monarchie, sondern auf dem weiten neutralen Gebiete des Pactes von Bordeaux, welches die Commission, ohne in die Rechte der Nationalversammlung einzugreifen, nicht verlassen könnte. Der Herzog v. Broglie hofft, die Versammlung werde Be strebungen nicht unterstützen, welche das Versöhnungswerk der Commission in der Geburt ersticken wollten. Der Le gitimist du Temple griff die Regierung, sowie die Gesetz vorlage auf das Heftigste»an und ward zur Ordnung ge rufen. — Am 1. März wurden vom Justizminister Dufaure Erklärungen im Sinne der Aufrechterhaltung des Pactes von Bordeaux abgegeben. Nachdem hierauf noch mehrere Abgeordnete das Wort ergriffen hatten, beschloß die Ver sammlung mit 499 gegen 200 Stimmen, die General- discussion zu schließen und in die artikelweise Berathung des von der Dreißigercommission vorgelegten Gesetzentwurfs einzutreten. Wie verlautet, würde Frankreich am 2. März die rück ständigen Zinsen der Kriegsschuld (130 Mill.), am 6. März auf die Kriegsschuld selbst 150 Millionen bezahlen, so daß dann noch 1 Vs Milliarden an Deutschland zu zahlen wären. Die „Revue des deux Mondes" berechnet die Kosten, welche der Krieg verursacht hat, auf nicht weniger als 6672 Mill. Francs, und nimmt dabei nur Rücksicht auf Das, was dem Feinde hat bewilligt werden müssen. General Graf Philipp v. Svgur, der letzte noch lebende General aus dem russischen Feldzuge von 1812, ist am 25. Februar im Alter von 93 Jahren gestorben. England. Die Hoffnung auf Beendigung der großen Arbeitseinstellung in den Kohlenbezirken von Südwales ist abermals zu Wasser geworden. Nur im westlichen Theile des Thales Taff in Südwales ist der Strike zu Ende, da die Elsenarbeiter die ihnen gestellten Bedingungen angenom men haben. Spanien. In dem Memorandum, welches der Mi nister des Auswärtigen, Castelar, den bei den auswärtigen Mächten accreditirten spanischen Gesandten hat zugehen lassen, wird zunächst der Nachweis zu führen gesucht, daß die Errichtung der spanischen Republik eine nothwendige Folge der augenblicklichen Lage gewesen sei. König Ama deus habe trotz aller seiner schätzenswerthen Eigenschaften nicht Herr werden können über die nationalen Gefühle, die ihm, als Fremdem, gegenüber rege geworden seien. Als die Cortes die Republik proclamirt hätten, sei das nicht eine Revolution, sondern eine „nothwendige Evolution" gewesen. Es wird weiter herdorgehoben, die Errichtung der spanischen Republik könne nicht die Fackel der Zwietracht für Europa sein; die Umwandelung der Regierungsform sei eine lediglich auf die inneren Verhältnisse sich beschränkende Frage, welche in keiner Beziehung zu internationalen polt- Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starte in Großenhain. 18V» M SV Dienstag, den 4. März Jaeger. Der Rath daselbst Großenhain, am 26. Februar 1873. Wtzschl. r Abonnement: Vierteljährlich 10 Ngr. Onseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens früh 10 Uhr. Onseratenpreis: Für den Raum einer Spalt- Me i Ngr. Der Rath daselbst Kunze. Das Königliche Gerichtsamt Pechmann. Bekanntmachung. Das 1. und 2. Stück vom Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen auf das Jahr 1873 ist erschienen und liegt zu Jedermanns Einsicht im Anmeldezimmer, Kloster, l. Etage, bereit. Dieselben enthalten: Nr. 1. Verordnung, die Publication und Einführung der durch Allerhöchsten Erlaß vom 5. September 1867 genehmigten Verordnung der Königlich Preußischen Ministerien des Kriegs, der Marine und des Innern über die Organisation der Landwehr-Behörden und die Dienstverhältnisse der Mannschaften des Beurlaubtenstandes betreffend; vom 2. Januar 1873. Nr. 2. Bekanntmachung, den zwischen Sachsen und Preußen wegen Ausführung einer Eisenbahn von Eilenburg über Taucha nach Leipzig unter dem 30. October 1872 ab geschlossenen Vertrag betreffend; vom 24. December 1872. Nr. 3. Bekanntmachung, die Bewilligung einer in der Sparcassen - Ordnung der Ge meinde Connewitz enthaltenen Ausnahme von bestehenden Gesetzen betr.; vom 30. Decbr. 1872. Nr. 4. Bekanntmachung, die Richtungslinie der Flöhathalbahn (Chemnitz-Komotauer Eisenbahn) betreffend; vom 3. Januar 1873. Nr. 5. Bekanntmachung, die administrative Leitung des Baues der Pirna-Kamenzer Verbindungsbahn, ingleichen der Plauen - Oelsnitzer Staatseisenbahn re. betreffend; vom 8. Januar 1873. Nr. 6. Verordnung, die wahrheitswidrige Aussage vor öffentlichen Behörden betreffend; vom 25. Januar 1873. Nr. 7. Bekanntmachung, die Ausgabe verzinslicher Schatzanweisungen im Betrage von 3^ Millionen Thaler betreffend; vom 28. Januar 1873. Amtsblatt des Königlichen Gerichisamts und Stadtraths zu Großenhain Tagesnachrichten. Sachsen. Die erste Kammer hat in ihrer Sitzung am 28. Februar nach längerer lebhafter Debatte den Gesetz entwurf über Abänderung einiger Bestimmungen der Ver fassungsurkunde (so sollte der zweiten Kammer die Wahl ihrer Präsidenten, der ersten die Wahl des Vicepräsidenten, jeder Kammer das Recht des Erlasses einer Adresse an den König gegeben werden) nach dem Anträge ihrer außerordent lichen Deputation mit 23 gegen 13 Stimmen zur Zeit ab gelehnt, während bei Berathung in der zweiten Kammer diese Vorlage freudig begrüßt und einstimmig angenommen worden ist. Die zweite Kammer erledigte am 28. Februar mehrere Differenzpunkte in den beiderseitigen Beschlüssen. Als einen Beitrag zur Erklärung der Wohnungsnoth in den Städten und des Arbeitermangels auf den Dörfern bringt der „Vogtl. Anz." folgende Mittheilung: Der Bezirk des Armenvereins „Voigtsberg" umfaßt 60 Dörfer. Zur Auf bringung der Anlagen machte sich die Benutzung der letzten Volkszählung nothwendig, und es ergab sich seit vorletzter Volkszählung in diesen 60 Dörfern eine Abnahme der länd lichen Bevölkerung um 1262 Seelen. Nirgends ist wahr zunehmen gewesen, daß die Zahl der Todesfälle jene der Geburten übersteigt. Die Abnahme beruht lediglich auf dem Zuzuge, den die Städte erhalten haben. Am 25. Februar Abends gegen 6 Uhr waren, wie man aus Roßwein meldet, in einer Strecke der Grube „Seegen Gottes" in Gersdorf vier Bergleute, sämmtlich Familien väter, verschüttet und von allem Verkehr nach außen voll ständig abgesperrt worden. Der Bruch wurde von außen sofort bemerkt und mit allen zu Gebote stehenden Kräften an Beseitigung und Herstellung des eingebrochenen Theils der Strecke gearbeitet,, so daß die Verschütteten den 26. früh gegen 3 Uhr wieder frei waren und wohlerhalten ausfahren konnten. Die Verschütteten, welche ziemlich entfernt von der eingebrochenen Stelle gearbeitet, haben den Bruch erst bemerkt, nachdem von außen an ihrer Rettung bereits seit einigen Stunden gearbeitet worden war. Am 27. Februar Vormittags gegen 11 Uhr brach im Trockenhause der Bornemann'schen Färberei zu Meerane Feuer aus und zerstörte dasselbe, sowie bedeutende Vorräthe. Feuerfunken aus der Dampfesse (Braunkohlenfeuerung) sind jedenfalls durch die Dachfenster des Gebäudes in die darin aufbewahrten Garne gefallen und haben den Brand verursacht. Deutsches Reich. Ueber die jüngst im Bundesrathe stattgehabten, die Ausführung des Jesuitengesetzes betreffen den Erörterungen wird jetzt Folgendes bekannt: Die ange- stellteu Erhebungen haben herausgestellt, daß in Lauenburg, im Königreich Sachsen, in Würtemberg, Baden, Mecklen burgs im Großherz. Sachsen, in Oldenburg, Braunschweig, den sächsischen Herzogthümern, Anhalt, Schwarzburg, Wal deck, Reuß, Schaumburg-Lippe, Lippe und den Hansestädten Niederlassungen oder Angehörige des Ordens der Gesellschaft Jesu oder verwandter Orden oder ordensähnlicher Congre- gationen nicht vorhanden gewesen sind. In den übrigen Bundesstaaten sind zur Ausführung des Reichsgesetzes vom 4. Juli v. I. Maßregeln in Bezug auf den Orden der Ge sellschaft Jesu getroffen worden. In Preußen ist die Auflösung der Niederlassungen dieses Ordens überall vollzogen. Wie aus Straßburg vom 28. Februar berichtet wird, «hielt der Professor der Theologie A. Sabatier, welcher in zwei in Markirch und Bischweiler abgehaltenen Vorlesungen die deutschen Frauen zu verunglimpfen gesucht hatte, die Weisung, Elsaß -ÄoHringen binneu 48 Stunden zu verlaffen. Bekanntmachung. Am 11. dieses Monats ist aus einem Hause in Schönborn eine silberne Cylinderuhr mit Goldrand und Secundenzeiger, auf deren zweitem Rückdeckel die Zahl 30615 ein- gravirt gestanden, nebst einer dreisträngigen silbernen Kette mit vergoldetem Schieber und goldnem Uhrschlüssel mit einem grünen Steinchen, welcher durch ein silbernes Kettchen mit derselben verbunden gewesen ist, entwendet worden, was zur Ermittelung des Thäters und zur Wiedererlangung des Gestohlenen hiermit bekannt gemacht wird. Großenhain, am 25. Februar 1873. Bekanntmachung. Wie bei der hiesigen Sparcassenverwaltung angezeigt worden, ist das von derselben ausgestellte, auf Paul Preßprich lautende Sparcassenbuch Nr. 5789 über 20 Thlr. 4 Ngr. 5 Pf., auf unbekannte Weise abhanden gekommen und deßhalb das Amortisationsverfahren beantragt worden. Regulativmäßiger Bestimmung zu Folge wird daher solches hierdurch mit der an den etwaigen Inhaber dieses Buches gerichteten Aufforderung bekannt gemacht, vermeintliche rechtliche Ansprüche an letzteres zu Vermeidung deren Verlustes binnen 3 Monaten vom Erscheinen dieser Bekanntmachung an gerechnet, bei unterzeichneter Behörde anzubringen. Großenhain, am 27. Februar 1873. Großenhainer Wch allungs- M Anzchebtatt