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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 18.04.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-04-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188404185
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840418
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840418
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-04
- Tag 1884-04-18
-
Monat
1884-04
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 18.04.1884
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Ch-mnltz'er Anzeiger und Tiadtbote. Rr. V0. Freitag, 18. April. Sette 2. Zeit und hob besonder- den zwischen der nationalliberalen und der deutsch-freisinnigen Partei in der Auffassung der Aufgaben de» modernen Staate- bestehenden Unterschied hervor. Weiter behandelte Bankdirektor Eckard au- Mannheim die allgemeinen politischen Ver hältnisse und Reichstags-Abgeordneter vr. Buhl die Arbeiterfrage. Schließlich nahm die Versammlung einstimmig eine Resolution an. welche den Beitritt zur Heidelberger Erklärung ausspricht und den liberalen Lande-parteien den Anschluß an die Organisation der nationalliberalen Partei de- Reiche- empfiehlt. — Der Papst gedenkt demnächst eine Enzyklika gegen die Frei maurer als „Urheber der Zerbröckelung der Weltordnung* zu richten, welche nach einer Mittheilung der „N. Fr. Presse* etwa Folgende- besagt: „Die Freimaurerei, immer schrecklicher sich ausdehnend, be zweckt den Ruin der Throne und Altäre, sowie der öffentlichen Wohl fahrt. Ihre Mittel hierzu sind die Entchristlichung de- Staate- und die materialistische Lehre. Nicht der Glaube, nur die Vernunft soll den Mensche» leiten. Die Pflichten gegen Gott, der Einfluß der Kirche werden vernichtet und der heilige Stuhl nimmer ruhenden Angriffen auSgesetzt. Und darum wird da- Patrimonium Petri der favoyischen Krone eingefügt, da- Papstthum und der Katholizismus bi» aus-Messer bekämpft. Diese korumpirende, die Welt durchziehende Strömung wird genährt durch die Presse, da- Theater und die naturalistisch« Kunst, welche die Leidenschaften entfesseln und die Tugend einschläfern. Das Laster wächst, die Ehe ist nur noch ein bürgerlicher Vertrag, die Erziehung beschränkt sich auf den wissen schaftlichen Unterricht. Man proklamirt die Volkshoheit und den Staats-AtheismuS und ebnet dadurch den Boden jenen radikalen Lo gikern, welche die Gütergemeinschaft und die Gleichheit der Stände verlangen. Achtzehn Jahrhunderte nach Christo soll also die christliche Welt tiefer als die heidnische finken! Die Trennung der Kirche vom Staate ist ungeheuerlich Das Leben emanirt auch für die Staaten nur von Gott. Gott ist der Urheber der Souveränität, die sie aus üben, sie find also seine Helfer, und daher ist die Behauptung, die Böller könnten den den Souveränen schuldigen Gehorsam beliebig abschütteln, falsch und verbrecherisch. Wohin gelangte die Welt, wenn die Gottesfurcht und der Gehorsam verschwände? Der Sozialismus und der Kommunismus geben hierauf eine beredte Antwort. Die Freimaurer schmeicheln den Fürsten, weil sie ihrer zur Besiegung der Kirche bedürfen. Die gegenwärtigen Schmeichler würden jedoch ihre bittersten Feinde werden, wenn sie Miene machten, deren Macht zu brechen. Mögen sie sich bei Zeiten vorsehen. Die Freimaurer be trügen das voll und Hetzen eS gegen die zwei Gewalten. Die Kirche beschützt die Throne und lehrt die Pflicht de» Gehorsam-.* Da der deutsche Kaiser sowie der Kronprinz in Deutschland anjlder Spitze der Freimaurerei stehen, so werden sie alle Ursache haben, dem Papste für diese Liebenswürdigkeiten eigener Art dankbar zu sein. — Der Verzicht des Kardinals Ledochowski auf das ErzbiSthum Posen-GneseN wird von der „Germania" auf Grund einer ihr aus Rom zugehenden Mittheilung bestätigt. Der Papst hat hiernach den Verzicht angenommen und der preußischen Regierung ist bereit- Mit- theilung davon gemacht worden. Gerade zehn Jahre ist eS her, daß der Erzbischof Ledochowski abgesetzt worden: Am 15. April 1874 fällte der kirchliche Gerichtshof den entscheidenden Spruch. Es fragt sich nun, wer der neue Erzbischof von Posen-Gnesen werden soll. Die „Germania* glaubt, daß über die Personenfrage zwischen Preußen und der Kurie noch nichts vereinbart sei. Da die Regierung erst jüngst zu verstehen gegeben hat, daß sie den katholische» Klerus der Provinz Posen als verantwortlich für die auflässige Haltung der polnische» Bevölkerung ansieht, so wird sie einerseits daraus bedacht sein müssen, einen Mann von versöhnlicher und friedliebender Gesinnung auf den erzbischöflichen Stuhl der Provinz Posen befördert zu sehen, anderer seits aber keine geringe Mühe haben, einen solchen zu finden, der in gleicher Weise den Ansprüchen der Kurie und den Gesinnungen des polnischen Volkes entspricht. — Wie der „Nat.-Ztg." aus Posen ge meldet wird, dementirt allerdings das Organ des Kardinals Ledo chowski, der „Kur. Pozn.", „auf Grund aus bester Quelle aus Rom erhaltener Versicherung auf das Entschiedenste die Nachricht von der ' Resignation Ledochowski's." — Welche- der beiden klerikalen Blätter besser unterrichtet ist, muß zunächst dahingestellt bleiben; die allge meine kirchenpolitische Lage ist offenbar derart, daß der Verzicht de- Kar dinals gerade im gegenwärtigen Augenblick jedenfalls überraschend wäre. Oesterreich-Ungar». Nachdem der „Ochsenkrieg" zwischen Oesterreich und Ungarn noch in »origer Woche gütlich beigelegt worden ist, richtet sich die Aufmerksamkeit in Oesterreich auf ein Ereigniß, bei welchem alle Völker der Habsburgischen Doppelmonarchie gleich mäßig interessirt erscheinen. Am Montag Abend hat Kronprinz Rudolph »«Begleitung der Kronprinzessin dir längst projektirte Reise nach Lonstantinopel angetreten, wo die hohen Reisenden einige Tage die Gäste des Sultan- sein werden. Einen politischen Zweck verfolgt die neuerliche Orient-Reise des österreichischen Thronfolgerpaares zwar nicht, sie hat aber eine tiefgehende politische Bedeutung, welche vor nehmlich darin liegt, daß der Erbe des österreichischen Kaiserthrones Die Treue gebrochen. Novelle von H. S. Waldemar. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. Damit grüßte er höflich und verließ sie. Draußen, jenseits der Mauer, blieb er stehen, bis er hörte, daß das Pförtchen wieder ver schlossen wurde, dann lachte er leise vor sich hin, indem er selbst- gefällig die Enden seine» kleinen Schnurrbartes in den Fingern drehte „Nun, mit der Erzählung diese» Abenteuers würde ich mich schwerlich in Gunst setzen bei ihrer Gnädigen, obwohl e» durchaus nicht meine Schuld war, daß ihr niedliche» neue» Kammerlätzchen mir so zärtlich an den Hals flog. Ein allerliebstes Mädchen, diese kleine Blonde!" n Auf den Schienen der Eisenbahn, weit draußen vor den Thoren der Stadt, lag unterdessen der Zug regungslos im tiefen Schnee, und die Reisenden hatten sich i > den Gedanken gefunden, die Nacht in ihren Wagen zuzubringen. In einem Koupee zweiter Klaffe lag ein junger Mann auf dem Sitze ausgestreckt und blickte bei dem tttiben Licht der kleinen Lampe in einen Brief, den er in der Hand hielt „Wie sie auf mich warten wird, das arme kleine Närrchen!" murmelte er leise in zärtlichem Ton, „aber wie konnte sie nur glauben, ich würde zu so später Stunde und durch das heimliche Gartenpförtchen zu ihr kommen, zu welchem sie mir den Weg so genau beschreibt! Ich muß ihr morgen, sobald unser unglücklicher Bahnzug endlich angelangt ist, ein paar Zeilen senden, und ihr meinen Besuch zu einer schicklichen Zeit anmelden. Dann werde ich ja wohl auch die Bekanntschaft der Frau von Genzburg machen, hoffentlich eine freundliche alte Dame, bei welcher ich meinen Liebling gut aufgehoben weiß, bis ich ihn endlich in mein eigene» Han- ein führen darf." Er warf noch einen zärtlichen Blick auf den Brief in seiner Hand, der unter dem verschlungenen NamenSzuge H. S. unter einer Adelskrone feine zierliche Schriftzüge zeigte, und führte da- Papier an seine Lippen. „Welch' eigenthümliches Parfüm gebraucht meine kleine Braut." sagte er nachdenklich, „mir ist daS neu an ihr und doch — eS will mir scheinen, als wenn der Duft mir bekannt sein müßte, als wenn er mich an etwas gemahnte —" Er ließ die Hand mit dem Blatt sinken und blickte sinnend durch die Scheiben hinaus in die unfreundliche Nacht, und statt des mit dem Beherrscher des OSmanenreiches in persönliche Berührung tritt; außerdem gedenkt Kronprinz Rudolph auch in Bukarest und Belgrad Besuche abzustatten. Der Sultan nimmt persönlich den lebhaftesten Antheil an den Vorkehrungen, die in Konstantinopel zum Empfange seiner fürstlichen Gäste getroffen worden sind, so daß man annehmen darf, daß sich der Aufenthalt des kronprinzlichen PaarcS in der türkischen Hauptstadt für dasselbe auf das Angenehmste gestalten wird. Frankreich. Die Osterfeiertage haben Frankreich eine große republikanische Kundgebung gebracht, als welche man die am Montag in Cahors stqttgefuudene Enthüllung der Gambetta-Statue betrachten kann. Den Mittelpunkt der Enthüllungsfeier, welcher nicht weniger als sechs Minister beiwohnten, bildete die Rede des Ministerpräsidenten Ferry, der dem Schmerze über das zu frühe Hinscheiden Gambetta'S Ausdruck verlieh und versicherte, das Andenken Gambetta'S werde in Frankreich nie erlöschen. Nach ihm feierte Kriegsminister Campenon in beredten Worten die Verdienste de» großen Tobten um die nationale Vertheidigung und fügte hinzu, daß tue französische Armee Gambetta nie vergessen werde. Den Schluß der Festlichkeiten von Cahors bildete ein glänzendes Bankett, bei dem Ministerpräsident Ferry unter lebhaftem Beifall auf die Einigkeit der republikanischen Partei toastete. — Eine Depesche General Milot's bestätigt die am Montag nach vor'erge- gangenem Bombardement erfolgte Besetzung von Honghoa durch die französischen Truppen. England. Für die englische Regierung bildet nach wie vor das Schicksal GordonS in dem von den Rebellen eingeschloffenen Khartum eine Quelle großer Besorgnisse. Die Verbindungen Khar tum- mit Berber und Dongola sind auf's Aeußerste bedroht, ja zum Theil schon abgeschnitten und man sieht darum im Londoner Aus wärtigen Amte den weiteren Nachrichten über Gordon mit begreiflicher Sorge entgegen. — Die Königin von England hat in Begleitung der Prinzessin Beatrix am Dienstag ihre Reise nach Deutschland von Windsor aus angetreten. Schweiz. In der Schweiz haben die Bestrebungen der eng lischen „Heilsarmee* eine Reaktion gegen dieselbe hervorgerufen, welche sich zum Theil in brutalen Mißhandlungen von Theilnehmern der „Heilsversammlungcn" äußerte Aus den Kantonen Bern und Neuenburg laufen empörende Berichte über die gegen die Versamm lungen begangenen Ausschreitungen ein und find deshalb die Regie rungen der genannten Kantone von dem eidgenössischen Justizdeparte ment angewiesen worden, weitere Ausschreitungen mit aller Strenge zu verhindern. Spanien. Der spanischen Regierung ist es gelungen, die sich auf der Insel Kuba bcmerklich machende insurrektionelle Bewegung im Keime zu ersticken. Fast sämmtliche aufständische Banden sind von den Regierungstruppen vernichtet worden und nur die Bande Aguerros besteht noch, wird jedoch von starken Militär-Abtheilungen eifrig verfolgt. Die von amerikanischen und französischen Blättern über die kubanischen Verhältnisse gebrachten ungünstigen Mittheilungen werden in einer amtlichen Depesche des Gouverneurs von Kuba als bloße Börsenmanöver bezeichnet. China. In den letzten Tagen hat der Telegraph aus China ein wahres Chaos von sich widersprechenden Nachrichten gebracht, denen zufolge am Pekinger Hofe bald die Krieg»- bald die Friedens partei die Oberhand haben sollte. Nach den jüngsten Depeschen scheint nun das erste« der Fall zu sein; Prinz Kong, der Vorsitzende des geheimen Rathes, soll nebst anderen Mitgliedern desselben wegen seiner Haltung in der Tonkinfrage in der 2 hat abgesetzt werden. Ferner ist der Bizekönig von Kanton öffentlich degradirt und die chinesischen Offiziere, welche für den Verlust vonBacniuh als verantwortlich an gesehen werden, sind sogar zur Enthauptung verurtheilt worden. In der Administration werden wichtige Veränderungen erwartet und ist eine allgemeine Rekrutirung angeordnet; der Gouverneur der Grenz provinz Jünnan ist ebenfalls nach Peking zur Verantwortung beschic ken worden.' Die Situation in Peking muß demnach zur Zeit eine recht kritische sein. Machrichten aus Chemnitz und Umgegend. Chemnitz, den 17. April 1884. —§. Gelegentlich der Einführung des neuenLandes- gesangbuches ersuchte der Gustav-Adoif-Verein die hiesige Be wohnerschaft bekanntlich um alte Chemnitzer Gesangbücher, weil er beabsichtigt, dieselben armen evangelischen Gemeinden im Auslande zu schenken. Es befindet sich daher ein Jeder, welcher im Besitze eines derartigen Buches ist, in der Lage, durch dessen Abgabe einem wahr haft Men Zweck zu dienen. Wir weifen hier nochmals ganz be sonders darauf hin und bemerken, daß sich zur Entgegennahme die Pfarramtsexpeditionen von St. Jakobi (Jakobikirchplatz 2e), von St. Pauli (Nikolaigraben 14), von St. Johannis (Kirchweg 5), von St. Petri (Mauerstraße 5), von St. Nikolai (Stollbergerstraße 8), und der Schloßparochie (Salzstraße 26) freundlichst bereit erklärt haben. —x. Die Fontaine am Neu markt hat neuerdings durch eine Anzahl blühender Topsplanzen, welche an Stelle der früheren, Schnees sah er plötzlich in ein grünes Gebüsch, da» voll weißer Blüthenranken hing Und so weiß wie die Blüthen war das Ge wand des schlanken Mädchens, das vor ihm stand. Eine der Blumen schmückte ihr dunkles Haar, und dunkle Augen blickten ihn lächelnd an. Mit einer schnellen Bewegung richtete sich der junge Mann auf und wandte den Blick vom Fenster, er strich mit der Hand über die Stirn, als wolle er das unbequeme Traumbild vernichten. «Jasmin!" flüsterte er, „ich kenne den Duft. Aber wie kommt Jda dazu?" Und dann dachte er wieder voll Zärtlichkeit an seine Braut, bis sich seine Augenlider schloffen. Wind und Schnee schlugen an das Wagenfenster, aber verjünge Mann schlief, fest in seine Reisedecke gehüllt, und blickte im Traum in eine glückselige Zukunft. III. „Ich muß Dir in der Thal gestehen," sagte der Negierungsrath Lindegg zu seinem Freunde Alexander von Rothen, „daß es nicht meine Freundschaft für Dich allein war, die mir meine Versetzung wünschenswerth machte. Kennst Du hier vielleicht eine verwittwele Frau Oberst von Genzburg?" Der Angeredete fuhr hastig aus seiner bequemen Lage auf dem Sopha empor, „Ob ich sie kenne?" wiederholte er, „natürlich, wie sollte ich nicht? Die ganze Stadt kennt sie. Was hast Du mit ihr?" „Mit ihr selbst nichts," gab der Andere zur Antwort, „ist Dir auch ihre Gesellschafterin bekannt?" „Ihre Gesellschafterin? nein, so viel ich weiß, besitzt sie eine solche nicht." „Doch, allerdings erst seit kurzer Zeit, ein Fräulein Saldern. Er sprach den Namen in weichem, liebkosenden Ton. „Ich habe den Namen noch nicht gehört," sagte Rothen, „doch erinnere ich mich jetzt, davon gehört zu haben, daß Frau von Genz bürg von einer Reise ein junges Mädchen mitgebracht hat, da ich die Dame aber noch nirgends gesehen, habe ich die Thatsache vergessen. „DaS junge Mädchen ist meine Braut," sagte Lindcgg lächelnd. „Deine Braut, Werner?" wiederholte Rothen «staunt, „ich glaubte, das sei — ach, verzeih — natürlich. Seit wann bist Du verlobt mit ihr?" „Seit fast zwei Jahren." Todtenkränzen ähnlichen Ranken gekommen sind, ein freundlichere- Ansehen erhalten. — Seit dem 15. dS. MtS. ist in den KoupeeS der Eisenbahn wagen die Heizung eingestellt worden. In Anbetracht diese- Um standes wünscht jedenfalls da» mit der Bahn reisende Publikum mög lichst bald wärmere und angenehmere Witterung herbei. —8. Der Fremdenbesuch im neuen Schlacht- und Biehhofe war am dritten Feiertage ein ganz enormer und viele der Besucher gaben ihrer Bewunderung der großartigen Einrichtung lauten Ausdruck. Zwei biedere Gebirgsbewohner, welche wohl zum ersten Male in Chemnitz und wahrscheinlich überhaupt in einer größeren Stadt waren, machten sich in dieser Hinsicht ganz besonder» bemerk bar. In naivster Weise staunten sie Alles an und zeigten ganz ver wunderte Gesichter, als ein Rind „geschächtet* und ihnen der hierauf bezügliche religiöse Kultus der Israeliten, der für sie völlig neu war, erläutert wurde. Beim Verlassen des Etablissements meinten sie „nu hob'» mer Herme ober ä holdes Johr vun Chamtz zu erzähl»." — Welch' kolossalen Aufschwung die Erste Kulmbachrr Exportbier-Brauerei fortwährend erfährt, geht, wie un» der hiesige Vertreter derselben, Herr Georg Haubold, mittheilt, am besten aus der Thatsache hervor, daß dieselbe am Osterheiligabend ca. SOO Fässer Exportbier (22 Wagenladungen) zur Bahn rollt«. Darunter befinden sich viele Gebinde von riesigen Dimensionen, 800, 1500 bis 1800 Liter umfassend, welche die Brauerei, hauptsächlich der großen Frachterfparniß wegen, an ihre bedeutenden Depots in Nord-Deutschland sandte. Herr Haubold giebt dieses so beliebte Bier in allen gangbaren Gebinden und Flaschen, und zwar in Heller und dunkler Farbe ab. — Wir hören, daß Anfang Mai He« v>-. Specht aus Gotha, Redakteur der „Freien Glocken", im Saale der „Linde" «inen Vor trag halten wird, und zwar über „das Bewohntsein anderer Welt körper." — g. Wie alljährlich, so veranstaltete auch in diesem Jahre der „Verein Bienenstock" am 1. Osterfeiertage, und zwar im Saale des Elysium, eine größere Mufikaufführung, deren Ertrag armen alten, würdigen Leuten der Stadt Chemnitz zufließt. Das Programm war äußerst reichhaltig. Die bewährte Kapelle des Herrn Musik direktor Geidel, welcher He« ja überhaupt ein eifriger Förderer der Bestrebungen des genannten Vereins ist, trug verschiedene Musik- pitzcen zu allgemeinster Befriedigung vor. Frl. Gaudes erntete fitr ihr ausgezeichnetes Zitherspiel allgemeinen Beifall, ebenso auch der Gesangverein „Lyra", welcher verschiedene Gesangsstücke in der ge diegensten Weise zum Vortrag brachte. He« Opernsänger Roch sang das Lied „Mein Kind" von Abt, sowie die köstliche Parodie auf daS bekannte große Tonwerk „Die Wüste", wofür auch ihm reicher Beifall zu Theil wurde. Gleichzeitig hatte man an diesem Abende auch Gelegenheit, Henn Kleinert, dessen herkulische Stärke wahrhaft bcwundcrnswerth ist, in seinen Kraftproduktionen kennen zu lernen. Der genannte He« leistet auf diesem Gebiete in her Thal wahrhaft Erstaunliches. Ein anderer He«, Mitglied des Chemnitzer Kraft klubs, zeigte seine Gewandtheit im Ringspiel. Große Heiterkeit riefen die Leistungen eines Herrn, welcher fich als Karikaturen-Schnellzeichner produzirte, hervor. In höchst amüsanter Weise führte derselbe nach dem Takte der Musik verschiedene Zeichnungen aus und trug hier durch in glücklichster Weise zur Unterhaltung der Anwesenden bei. — Der Abend war somit ein äußerst genußreicher und auch diese Ver anstaltung des Vereins Bienenstock bewies wiederum, daß der Vor stand desselben es in jeder Hinsicht versteht, das Interesse des Publi kums für seine edlen Bestrebungen wach zu erhalten. Möge die Be wohnerschaft von Chemnitz denselben stets und immerdar freundlich zugethan bleiben. — Die Maschinenfabrik Germania (Schwalbe) in Chemnitz brachte laut Geschäftsbericht im I. 1883 im Maschinenbau 1,853,733 Kg. mit 1,545.589 Mk. gegen vorjährig 1,932,333 Kg. mit 1,429,337 Mk. und in der Baumwollenspinnerei 621,344 Pfd. englisch mit 491,307 Mk. gegen vorjährig 642,787 Pfd. englisch mit 549,224 Mk. zum Versandt, sodaß fich ein Gesammtumiatz von 2,036,096 Mk und daraus ein Bruttogewinn von 234,479 Mk. ergiebt. Obwohl das GeschäftSergebniß gegenüber dem erhöhten Um sätze 58,334 Mk. ein um 8095 Mk. vermindertes gegen das Vorjahr ist, so bestätigt dies jedoch nicht einen Rückgang der Fabrikatpreise im Allge meinen, sendern lediglich die großen Opfer sür Betriebserweiterungen, Einführungen neuer Branchen, Ausstellungsspesen rc., welche vor wiegend dem Betriebe entnommen wurden, haben diesen Ausfall ver ursacht. Die Dividende beträgt wie im Vorjahre 5 Prozent. Der augenblickliche Auftragsbestand stellt sich auf ca. 185,000 Pfd. engl, und der Mehrversandt gegenüber der entsprechenden Vorperiode auf ea. 65,000 Pfd. engl. In der Maschinenbranche lagen im neuen Jahre für ca. 1,700,000 Mk. Aufträge vor, wovon bis jetzt für ca. 220,000 Mk. zum Versandt gebracht worden sind. —8. Gestern Nachmittag hatte sich aus der S. . . straße hier ein alter He«, im Schlafrock und Hauskäppchen, mit der langen „Und da» sagst Du mir erst heut?" Lindegg reichte dem Freunde die Hand. „Verzeih, Alexander, daß ich es Dir so lange verschwiegen habe. Meine Braut war damals noch so sehr jung und meine Stellung derartig, daß wir noch lange nicht an eine Hcirath denken konnten, und so kamen wir überein, unser Verhältniß grAiin zu halten." „Wo bist Du mit dem Fräulein bekannt geworden, Werner?" „Bei Gelegenheit einer Vergnügungsreise lernte ich ihren Vater, den Professor Saldern, bekannt durch seine Schriften über das Leben der alten Griechen, in einem Badeorte kennen, und seine geistreiche Unterhaltung, sowie die Lieblichkeit seiner damals kaum dem KiudeS- alter entwachsenen Tochter fesselten mich in so hohem Grade, daß ich um ihretwillen meinen Reiseplan änderte und mich zu einem längeren Aufenthalte in jenem Badeorte entschloß. Und zwar zu unser aller Glück; denn das Leiden, welche« den Professor an die Heilquelle ge- führt hatte, verschlimmerte sich dort schnell und nach einem drei wöchentlichen Krankenlager, während welchem ich so glücklich war» ihm und seinem Kinde nützlich sein zu können, starb er in meinen Armen und ließ das arme Mädchen lrost- und hilflos zurück. Sie hatte keine Verwandte, die fähig oder Willens gewesen wären, fich ihrer anzunehmen — vor einer Tante, die sich dazu erbot, einer grämlichen, alten Person, hatte sie eine unüberwindliche Scheu — und Du kannst Dir denken, daß ich meine Braut, denn das war sie am Krankenbett ihn» Vaters geworden, nicht verlassen konnte. Ich brachte sie in daS Hau» meine» alten Freunde» Karsten — ja, aller dings," unterbrach er sich, als er jetzt einem raschen Ausblick in Rothens Augen begegnete, „ein eigenthümliches Zusammentreffen, aber ich wußte keinen andern Ausweg. Dort hat sie sich auch sehr Wohl gefühlt, wie sie mir schrieb; den« ich habe sie seit jener Zeit nicht wiedcrgesehen. Vor einigen Monaten aber hat sie die Bekanntschaft der Frau v. Genzburg und deren Tochter gemacht und sich so herzlich an sie angeschloffen, daß sie ihrer Bitte nicht länger widerstehen mochte und nun gänzlich in ihr Hau« übergesiedelt ist. DaS ist die Geschichte meiner Verlobung, lieber Alexander, und ich hoffe, Dir in diesen Tagen auch meine kleine blonde Braut selbst vorzustellen." Der junge Offizier war sehr nachdenklich geworden; bei den letzten Worten des Freunde» blickte er auf, wie von einem plötzlichen Gedanken durchzuckt. (Fortsetzung folgt.)
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