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Erscheinen: Dien-tag, Donnerstag uxd Sonnabend «tt Ausschluß der Teiertage. Abonnement: Vierteljährlich 1 Mark. Großenhainer Werh MW- M AMgeblatt. Inseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens stütz 9 Uhr. Inseclionkbeträge von auswärts werden durch Postvorschuß erhoben. Amtsblatt der Königl. Amtshauptmannschaft, sowie der Königl. Gerichtsämter und Stadträthe zu Großenhain und Radeburg. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. ISS« M ISO Dienstag, den 7. November Bekanntmachung. Nachdem die Aufstellung der Wahlliste für die diesjährige Stadtverordneten - Ergän- zungSwahl erfolgt ist, wird dies mit dem Bemerken hierdurch bekannt gemacht, daß diese Liste vom 7. November d. I. an vierzehn Tage lang an NathSexpeditionSstelle zur Einsicht ausliegt und daß Einsprüche gegen die Wahlliste bis zum Ende des siebenten TageS, Lom 7. November d. I. an gerechnet, bei Vermeidung deren Verlustes zur Kenntniß und eventuell Entscheidung des unterzeichneten Nathes zu bringen sind. Großenhain, am 6. November 1876. Der Rath. Ludwig - Wols. L^ Bekanntmachung. An Stelle des durch den Tod aus dem Rathscollegium ausgeschiedenen Herrn Stadtrath, Oeconom Carl Gottlob Schumann, ist Herr Kohlenhändler Gottfried August Kohlase zum Stadtrath erwählt, hierzu am 1. dieses Monats verpflichtet und m sein Amt ein- Hewiesen worden. Großenhain, am 4. November 1876. Der Rath. Ludwig-Wolf. Kunath. Bekanntmachung. Der besoldete Stadtrath Herr Heinrich Otto Franke ist von dem Königlichen Ministerium Hes Innern auf Grund § 37 des Gesetzes vom 3. Juni 1876 in Verbindung mit 95 und 96 der Rev. Städteordnung von seinem Amte suspendirt worden. Bis zur Regelung der Sache führt die Stellvertretung des unterzeichneten Bürger meisters das älteste Rathsmitglied Herr Stadtrath Wilhelm Eduard Kämpfe. Großenhain, am 4. November 1876. Der Rath. Ludwig - Wols. Kunath. Bekanntmachung. Der Schoh, die Erbzinseu und das Wächtergeld aufs Jahr 1876, die Pacht gelder, Schank-Canons und die Röhrwasserzinsen aufs zweite Halbjahr 1876 sind längstens bis zum 0. November 1876 an die Stadthauptcasse zu bezahlen. Großenhain, am 14. October 1876. Der Stadtrath. Ludwig - Wols. Bekanntmachung. Die städtischen Centralanlagen auf das vierte Vierteljahr 1876 sind am 16. d. M. fällig und bis längstens den 8. November 1876 an die Stadthauptcasse zu bezahlen. Großenhain, am 14. October 1876. Der Stadtrath. Ludwig - Wols. Waldstreu Anction. Im Gasthose zum Auer sollen Freitag, den 10. November 1876, von Vormittags 9 Uhr an, die auf dem Kreier Forstreviere auf mehreren alten Wegen, Schneißen und auf den vorjährigen Holzschlägen in den Abtheilungen 15, 28, 32, 40, 47, 51, 55 und 56 auf bereiteten 3973 RamurllMmcter Bodenstreu und 4V „ Rehhaide einzeln und partienweise gegen sofort nach dem jedesmaligen Zuschläge zu leistende Bezahlung und unter den vor Beginn der Auction bekannt zu machenden Bedingungen an die Meistbietenden versteigert werden. Wer die zu versteigernde Waldstreu vorher besehen will, hat sich an den mitunter zeichneten Revierverwalter zu Kreier» zu wenden, oder auch ohne Weiteres in die genannten Waldorte zu begeben. Königl. Forstrentamt Moritzburg und Königl. Revierverwaltung Kreiern, am 28. October 1876. Michael. Schulze. Politische Weltschau. Die vergangene Woche hat uns den Frieden wenigstens «auf einige Zeit wieder gesichert, denn die Türkei fügte sich dem russischen Ultimatum und bewilligte einen zweimonat lichen Waffenstillstand, nachdem ihre Truppen die wichtigen serbischen Plätze Alexinatz und Deligrad erobert. Jetzt gehen nun die diplomatischen Verhandlungen über die Garantie-Forderungen, welche man für die in Aus sicht genommenen Reformen begehrt, jedenfalls an und es gehört ein guter Glaube dazu, wenn man meinen wollte, der Friede werde aus ihnen erwachsen und durch sie ge sichert werden. Rußland braucht für den geplanten Krieg noch Zeit für militärische Vorbereitungen; sind diese beendet, so werden wir auch den Krieg haben. Das ist nicht allein unsere, das ist die feste Ansicht aller denkenden Politiker. Die jetzige Ruhe bedeutet nichts Anderes, als die Ruhe vor dem Sturm! Der deutsche Reichstag begann vorige Woche die Verhandlungen seiner letzten Session. Die neuen Neichs- justizgesetze bilden die wichtigste Arbeit derselben. Es ist zu wünschen, daß alle noch zwischen der Bundesregierung und der Reichsjustizcommission bestehenden Differenzen ihre Erledigung finden mögen. Außer dem deutschen Reichstage sind in den letzten Tagen auch die beiden französischen Kammern, sowie die Ab geordnetenkammer von Rumänien eröffnet worden, die letztere von dem Fürsten Karl in eigener Person. Da unter den gegenwärtigen Umständen die Haltung Rumäniens weitaus wichtiger ist, als das Leben und Treiben in Frank reich, so nahe dasselbe auch dem Gefühle eines Deutschen gehen mag, so wird es uns gestattet sein, aus der rumänischen Thronrede einige Stellen anzuführen. Da heißt es denn: „Unsere Beziehungen zu den auswärtigen Mächten sind die besten. Wir erhalten seitens aller garantirenden Mächte Ermuthigung zur Aufrechterhaltung der Neutralität, welche die Regierung seit Anfang des Krieges beobachtet hat. Selbst die Pforte scheint mehr geneigt, die Gerechtigkeit unserer Forderungen anzuerkennen. Jeden Tag erhalten wir Be weise des Wohlwollens der Großmächte für Rumänien. Wir sind somit, Dank der klugen und dabei festen Richtung, welche die Kammern meiner Regierung vorgezeichnet haben, zu der Hoffnung berechtigt, daß, wenn Gefahren den rumänischen Staat bedrohen sollten, die über seine Kräfte gehen, der wuchtige Schild der europäischen Garantiemächte unsere territoriale Integrität und unsere nationalen Rechte vertheidigen wird. Indessen haben wir die volle Ueber- zeugung, daß schon die nächste Zukunft dem Orient die Ruhe zurückgeben wird. Es ist dies zu verdanken den An strengungen aller europäischen Mächte zur Verbesserung des Schicksals der christlichen Völker der Türkei." Ein ent scheidendes Wort über Krieg oder Frieben konnte man aller dings von jener Stelle nicht erwarten. In Oesterreich nimmt augenblicklich der Conflict zwischen dem Ministerium und dem Wiener Abgeordneten hause die öffentliche Aufmerksamkeit vorwiegend in Anspruch. Entstanden ist derselbe durch die bekannte schroffe Antwort auf die Interpellation über den Stand der orientalischen Angelegenheiten. Vorigen Sonnabend sand dieserhalb eine hitzige Debatte im Abgeordnetenhause statt. — Kaiser Franz Josef hat angesichts der mißlichen Finanzlage des Reiches verfügt, daß fortan sein eigenes Privateinkommen, wie das aller übrigen Mitglieder des Kaiserhauses, der gesetzmäßigen Besteuerung zu unterliegen habe. Bisher war dasselbe von allen Steuern befreit. In der Schweiz tagte vorige Woche der achte Generalcongreß der internationalen Arbeiter-Association. Von den schweizerischen Arbeitern war er so zu sagen gar nicht beschickt worden; weder der „Arbeiterbund" noch der „ Grütliverein ", die zusammen etwa 13,000 Mitglieder zahlen, hat sich am Eongresse betheiligt, sie beschränkten sich darauf, einen Bevollmächtigten zu senden, um eventuell ihren Standpunkt klar zu legen. Besonders abenteuerliche Ansichten wurden auf dem Eongresse bei der Jnleipretation deS Wortes „Staat" zum Besten gegeben, zu welcher die Frage der „Beziehungen zwischen den Individuen und den Gruppen in der reorganisirten Gesellschaft" Veranlassung gab. Am unzweideutigsten sprach sich der französische Ge nosse Brousse aus: Der Staat sei die „ politische Organi sation der herrschenden Klaffen." Die Beseitigung dieses Staates scheint ihm nothwendig zur Befreiung des Menschen. Der „durch sein Bedürfniß getriebene Mensch" soll sich mit den Menschen „frei vereinigen." Der Hauptpunkt, der ins Auge zu fassen sei, das sei die „Freiheit der Zu- gesellung" sowohl für die Gruppe, wie für den Menschen. In Italien ist die volle Aufmerksamkeit auf die Wahlen zur Deputirtenkammer gerichtet. Wie man voraussehen will, wird überall der Kampf lebhaft entbrennen, wie nie zuvor in Italien. Ohne sich um die alten Benennungen zu be kümmern, welche die Fraclionen der früheren Kammern unterschieden, theilen sich die Eandidaten in die zwei großen Gruppen der Progressisten und Gemäßigten, die Einen das jetzige Eabinet unterstützend, die Anderen als Opposition unter der Führung Sella'ö. Man berechnet schon jetzt, daß die Progressisten eine starke Majorität haben werden. — Der Cardinal Antonelli befindet sich in einem sehr beunruhigenden Gesundheitszustand. Alle Mitglieder des beim heiligen Stuhl beglaubigten diplomatischen Corps gingen selbst nach dem Vatican, um Erkundigungen einzu ziehen. Die neuerdings stattgefundenen Aeußerungen des Deut schenhasses in Frankreich haben auf dieser Seite des Rheins begreiflicherweise eine gerechte Entrüstung erweckt und es ist nicht unwahrscheinlich, daß das Gebühren der fran zösischen Chauvinisten nicht ohne Einfluß ist auf die Ent schließungen der officiellen und industriellen Kreise des Reiches hinsichtlich der französischen Weltausstellung. So schreibt die „Nationalzeitung": „Wir wünschen, daß die französische Nation sich zu einem von zwei Dingen entschließen möge; entweder uns mit der Ehre von Einladungen zu verschonen, die uns nur die Wahl zwischen zwei Verlegenheiten, dem Abschlagen und dem Kommen lassen, oder aber in ihrem zurechnungsfähigen und verantwortlichen Theil den Volks leidenschaften entgegenzutreten und sie zu bändigen. Beharrt man dagegen dabei, das Eine zu thun und das Andere zu unterlassen, offenbaren Bubenstreichen seinen Beifäll zuzu rufen, so können wir nicht ohne ernstere Besorgniß dem weiteren Verlauf der Dinge bezüglich jener unglücklichen Pariser Ausstellung entgegensetzen." Für die in England in Bezug auf die orientalische Frage eingetretene Umstimmung kann kaum ein klareres Zeug- niß angeführt werden, als das in der letzten Wochennummer des „National-Reformer" enthaltene. Unter den demo kratischen Führern, die an der Greuel-Agitation theilnahmen, war auch Herr Bradlaugh, der Redacteur des genannten Blattes, der unter den Arbeitern des östlichen Theils von London und unter den Bergleuten des Nordens großen Einfluß übt. In einem Vereinsvortrage, den er kürzlich in London vor einer dichtgedrängten Zuhörerschaft hielt, und über den im „National-Reformer" ein Bericht vorliegt, sagte Bradlaugh wörtlich: „Es ist wahrhaft staunenswerth, die große Veränderung zu sehen, die innerhalb der letzten Wochen über die öffentliche Meinung gekommen ist. Noch vor einem Monate widerhallte jede Stadt von Verwün schungen gegen die Türken. Gegenwärtig aber scheint die ganze Nation vom Russenhasse ergriffen." Bradlaugh selbst hat, gleich anderen Führern, die sich zu tief in die Agitation eingelassen, diese Schwenkung nicht mitmachen können. Er spricht sich daher sehr bitter über die jetzige Haltung der öffentliche Meinung aus und verschmäht eö sogar nicht, den türkenfreundlichen „Daily-Telegraph" mit ziemlich un grammatischer Rhetorik als ein Blatt zu bezeichnen, das „mit unserm Premier durch 'Nationalität verbunden ist." Dies soll eine Anspielung auf den israelitischen Besitzer des „Daily Telegraph" sein. Wie man nun auch über dies Blatt denken mag, sonderbar bleibt es, daß der Redacteur eines Freidenkerorgans solche mittelalterliche Vorurtheile wachruft. In Spanien ist cs der Regierung trotz aller An strengungen nicht gelungen, die öffentliche Meinung von der angeblichen Verschwörung gegen den Thron zu überzeugen. Der Hauptverschwörer Rui; Zorilla hat aber seit dem I Sturze Don Amadeos seine Rolle ausgespielt. Er besitzt