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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 10.05.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188505106
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18850510
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18850510
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-05
- Tag 1885-05-10
-
Monat
1885-05
-
Jahr
1885
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 10.05.1885
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di»«« UulerhallnngS'Blall zum „Gyemuitzer Anzeiger". Mitgliedes der JaMt« ihre klagende Stimme erschallen ließ, die seit einer Reihe von Jahrhunderten »m Besitz dieses Schlosses sich befand und sogar von demselben ihren Namen trug. Vor dem Hauphchigange befand sich ein freier Rasenplatz und mitten auf demselben eine uralte, vielfach geborstene, durch hölzerne Klammern zusammengehaltene Linde. Innerhalb der an einigen Stellen schadhaft gewordenen Umfassungsmauer zeigte sich ein zu einem Garten benutzter Raum, der ehemals ein Außenhof oder Zwinger gewesen war, zu welchem aber jetzt von der auf der Rückseite des Schlosses befindlichen Terrasse eine breit angelegte Treppe hinabführte, auf deren Seitenmauern im Sommer Oleander, Granatbäume und andere blühende und rankende Gewächse prangten. Diesen kleineren Garten nannte man den HauSgarten, von dem aus abermals eine mit Ziergewächsen geschmückte Treppe die steile Halde des Berges hinab in den größeren Garten führte, in welchem auf einem großen Teiche Schwäne schwammen und Rasenplätze mit Blumenbeeten mit schönen Baumgruppen sich nach allen Seiten hin auSdehnten, bis der Garten zuletzt in d« durch ein Gatter abgesonderten Wald überging. Das Ganze stand in einem hübschen Zusammenhänge und der Eigenthümer konnte von der Höhe des Schlosses aus mit einem Blicke übersehen Gärten, Felder, Wiesen, Wald. Wie sicher konnte der Baron von Finsterburg, der Nachkomme jenes alten gcwaltthätigen Geschlechts, welches das Alles einst zusammengebracht hatte, sich fühlen» wenn er sein Erbe grün und lachend zu seinen Füßen aus gebreitet sah. - Tr stand jetzt gerade am Fenster, ein ältlicher Herr mit stolzen Gesichtszügen, wie aus dem Rahmen der alten Ritterbilder im Ahnen saale herauSgeschnitten, nur daß der alte Anzug fehlte. Innerlich aber war er der Hauptsache nach derselbe gewaltsame, herrschsüchtige, stolze und auf sein Vorrecht erpichte Charakter, wie es seine Vor fahren bis in längst verschwnndeue Zeiten hinauf gewesen waren. Er schien sich aber keineswegs in der selbstzufriedenen Stimmung zu befinden, welche wir voraussetzten. Seine Augen blitzten und seine Wangen waren von Aerger und Zorn, den er nicht zurückzudrängen gewohnt war, geröthet. „Lasten Sie da- Gatter auf der Stelle in genügender Weise Herstellen. Die von Ihnen vorgeuommene Flickerei genügt nicht!- „Zu befehlen, Herr Baron,- war die unterwürfige Antwort des Försters, welcher in der Nähe der Zimmerthür stand und dem der Herr, auch während er sprach, den Rücken zuwendete. „Und," fügte der Letztere, sich umdrehend, drohend hinzu, „Pasten Sie hinfort bester auf den Dienst; so Etwas darf nicht wieder Vorkommen I- ^ „Herr Baron!- „Keine Entschuldigung. Hätten Sie Ihre Schuldigkeit gethan, so hätte das freche Gesindel gar nicht gewagt, sich an dem Gatter zu vergreifen.- Der Förster wollte noch etwas zu seiner Rechtfertigung erwidern, aber: „Kein Wort!- herrschte der Baron ihm zu, „Sie können gehenl- Der Förster ließ den Kopf sinken und ging. Er hatte eine starke Familie zu ernähren und ertrug daher die ungerechte Behandlung, die ihn aufs Tiesste kränkte. Als der Mann fort war, ging der Baron noch einige Male im Zimmer aus und ab, gleichsam, um seinen Aerger todt zu treten, denn er trat gar hart auf und hätte der moderne Fußteppich die Schritte nicht gemildert, es würde davon im Schlosse geklirrt und ge- dröhnt haben, wie zu den Zeiten des Ahnherrn des Barons, des riesenhaften Egino, auf den dieser seit früher Jugend als auf sein ideales Vorbild zu blicken gewohnt war. Er selbst war indessen körperlich keineswegs ein Riese, sondern untersetzt gebaut und fast klein, was ihm, beiläufig gesagt, stets zu großem Kummer ge^ reicht hatte. Er klingelte jetzt, ein Diener erschien. „Ist meine Nichte zurück?- „Zu dienen; das gnädige Fräulein befindet sich in ihrem Zimmer und das gnädige Fräulein von Diestorp —" „Ich habe jetzt nur nach meiner Nichte gefragt,- sagte der Baron streng. Der Bediente erröihete über seinen Fehler. „Ich laste sie bitten, aus ein paar Minuten hierher zu kommen." Nicht lange daraus trat die Gerusene in das geräumige Zimmer, in welchem der Baron sich bcsand. Es gab dies ven geselligen Ver- einigungSpunkt deS Schlosses ab. In England würde man cs Sprech- zimmcr genannt haben, hier nannte man es Saal oder Salon. Adelheid von Lüchtringen war die Tochter einer Schwester des Barons von Finstcrburg und seit einiger Zeit zu ihrem vereinsamten Oheim gezogen, auf dessen speziellen, dringend ausgesprochenen Wuifich Sie hätte allerdings bei entfernteren Verwandten in der Landeshaupt stadt ein angenehmeres Leben führ,» können, als auf diesem einsamen Jagdschlösse mit ihrem alten, mürrischen und menschenfeindlichen Onkel, aber gegen sie war er stets freundlich und aufmerksam gewesen. Daher hielt sie cs für ihre Pflicht, ihm in seiner verlassenen Lage beizustehen und seine wolkigen Spätherbsttage durch ihr sonniges Wesen zu erhellen. Stand sie doch auch verlassen im Leben da und war ihr da- Schloß Finsterburg von früher her durch di« Besuche, welche ihre verstorbenen Eltern mit ihr gemacht hatten, eine liebe, Helle Erinnerung geblieben. Bis jetzt halte sie auch keine Ursache gehabt, ihren Entschluß zu bereuen. Wenn der Baron gegen fast alle übrigen Menschen seine abstoßende und rauhe Seite hervorkehrte, so bewies er sich doch gegen sie stets nachsichtig und gütig. Man wollte sogar beobachtet haben, daß er, den Niemand sich erinnerte, freundlich gesehen zu haben, seit ihrem Hiersein anfange, das Lächeln wieder zu lernen, mindestens ihr gegenüber. Auch jetzt kam es wie Sonnenstrahl über sein Gesicht, als sie mit jugendlicher Anmuth eintrat und ihn begrüßte. „Ich möchte Deinen Rath in einer Angelegenheit hören,- redete er sie an, „die in Dein Gebiet gehört; wir sind eingeladen - „Ah! und von wem, wenn ich fragen darf?" „Du fragst überrascht, und nicht ohne Grund. Mich alten Gries gram würde man auch wohl nicht aus meiner Einsiedelei hervorziehen wollen; es geschieht offenbar Deinetwegen und daher steht auch Dir allein die Entscheidung zu! Jedenfalls wird die Sache Dir ange nehm sein.- „Aber wcshalb?- „Wic sollte es bei einem jungen Mädchen anders sein, welches sich natürlicher Weise in die Gesellschaft hinaussehnen muß?- „Du irrst, lieber Oheim,- sagte das junge Mädchen mit ihrem sonnigen Lächeln; „ich sehne mich durchaus nicht in die Gesellschaft. Meinetwegen braucht gar keine Aenderung vorgcuommen zu werden. Du kennst ja meine Vorliebe für das idyllische Leben im Walde, und haben wir hier nicht Geselligkeit zur Genüge?- „Nun, nun,- meinte der Baron, „das ist sehr verhältnißmäßig Die Gesellschaft, die wir am häufigsten genießen, sind Jagdhunde und Pferde. Im Uebrigen sind wir Beiden hier so ziemlich auf uns selbst angewiesen. Da- ist doch Alles kein Ersatz für —- „Und Tante Diestorp?- „Und ihr Ami," bemerkte der Baron etwas boshaft, eine An spielung, die Adelheid absichtlich oder unabsichtlich überhörte. (Fortsetzung folgt.) Anno 1V00 nach Christi Geburt. Eine historische Remiuiscenz von Wilhelm Maaß. (Nachdruck verboten ) Wie auch immer Prophezeihungen über den Termin des Welt Unterganges Furcht und Berwirrung im großen Haufen anrichteten, — niemals ist dieselbe so nachhaltig, so allgemein gewesen, wie im Jahr 1000 nach Christi Geburt. Das war ein wirkliches Jahr der Krisis für alle abendländischen Nationen. Seit Jahrhunderten hatte mau für den Zeitpunkt, wo ein Jahrtausend auf die Neige geht, irgend ein außerordentliches Ereigniß, große Umwälzung:» der Erde, vielleicht eine allgemeine Vernichtung des Menschengeschlechtes voraus gesetzt. Dunkle Volkssagen, zweideutige oder übel ausgelcgte Prophe zeihungen kündeten des zehnten Jahrhunderts Ende als die Epoche furchtbarer Katastrophen an. Die abergläubische Einbildungskraft der Menschen hatte sich wundersam an den Beginn des Jahres Eintausend gefesselt. Paphias von Hieropolis war zu Anfang des zweiten Jahr Hunderts der erste, der in seinen Werken diese sonderbare Meinung geäußert, welche die Kirche seitdem verdammt, die jedoch ihre Diener mit Vortheil lange Zeit ausgebeutct haben Er lehrte, daß nach Wiederauserstehung des Fleischer Jesus Christus seinen sterblichen Körper wieder annehmen, und daß er tausend Jahre auf Erden herrschen würde. Anfänglich wurde diese Aeußerung nicht zum Besten anfge nommen. Aber nach und nach verbreitete sie sich immer mehr im Abendlande und wurde endlich ein Glaubensartikel. Die christlichen Bewohner dieser Gegenden, besonders Deutschlands und Frankreichs, hielten cs für zuverlässig, daß das himmlische Reich mit dem Jahr Eintausend beginnen werde. Je näher dieser Zeitpunkt rückte, um so größer wurde die all gemeine Unruhe und Entmuthigung. In Erwartung eines so furcht baren Ereignisses gab man mit angestrengter Aufmerksamkeit auf Alles Acht, was eine Vorausverkündigung desselben zu sein schien. Die Chlvnikschreiber haben mehrere solcher Andeutungen mit großer Sorgfalt ausbewahrt: Es geschah, daß man im Jahre 996 im Meere außerordentliche Bewegungen merkte, infolge derselben ein Walfisch auf die Küste von Berneval (in der Normandie) geschleudert wurde; anderer Umstände nicht zu gedenken. Im Winter des Jahres 999 fiel ein so tiefer Schnee, daß in mehreren Gegenden die Hütten der armen leibeigenen Bewohner davon gänzlich bedeckt waren, und daß Hirten sammt Hecrden umkamcn Es regnete sodann ununterbrochen drei Monate lang, dergestalt, daß alles Getreide im Master verdarb, und daß überall die Hungersnoth groß war. So verkündete sich der Anfang des neuen Jahrtausends. Die Reiche hatten ihre Umwälzungen, wie die Elemente. Man sah zu gleicher Zeit einen Gegerpapst auf St. Peters Stuhl und einen exkommunizirten König von Frankreich. Dieser Letztere war Robert, ein frommer, ruhiger, von Herzen reiner Mann. Der Bannstrahl deS Papstes wurde gegen ihn ge- chleudert, weil er sich mit seiner Gevatterin vermählt. Papst Gregor exkommunizirte ihn, wonach sich die ganze Christenheit gegen ihn erhob. Von Jedermann verkästen, versank er in das tiefste Elend. Je näher das Jahr Eintausend rückte, desto größer wurde die allgemeine Furcht, um so stärker die allgemeine Frömmigkeit. In Erwartung himmlischer Freude oder Strafen wendete man sich immer mehr ab von irdischen Genüssen, von vergänglichen Gütern. Man sann nach über die heilige Schrift, vorzüglich über die Offenbarung Johannis. Man spekulirte auf die Schätze deS Himmels, während Kirchen und Klöster sich durch das Entsetzen der armen Gläubigen bereicherten. Vielfältige Verheerungen, unfehlbare Zeichen, sagen die Chroniken jener Zeit, bescheinigen, daß der Welt Ende nicht mehr fern sei. Unwiderlegbare Andeutungen verkünden es, und um der Ungläubigen Jrrthümer zu vernichten, ist der Augenblick erschienen, wo deS Evangeliums Prophezeihungen in Erfüllung gehen werden. In solchen Erwägungen vermehrten sich beständig Schenkungen jeder Art an Kirchen und Klöster, und diese, obgleich sie zuerst aus alles Irdische hätten verzichten sollen, nahmen dennoch beständig, mit Nimmersatten Händen. Endlich! Mitten in diesem Entsetzen, in diesen angeblichen Wundern und Zeichen erschien der erste Tag des Jahres Eintausend. Vergebens würde man die Angst beschreiben, mit der die abendländischen Christen ihn begrüßten. In jeder Minute, in jeder Stunde erwartete man das entscheidende Zeichen des Weltuntergangs. Indessen ging der Neujahrstag ruhig vorüber. Auch die nächst folgenden Tage brachten kein besonderes Ereigniß. So verstrichen Wochen, Monate. Aber die Besorgniß, statt sich zu schwächen, wurde von Tag zu Tag peinlicher. Die Fastenzeit wurde in tiefer Andacht und inbrünstigen Gebeten zugebracht. Kinder, Greise, Jedermann unterwarf sich den strengsten Kasteiungen. So nahte des Heilands TodcStag und nicht ohne Entsetzen sah man ihn kommen. Denn an ihm sollte endlich das große Verheißen vollbracht werden. Am Gründonnerstag Abends, fabelt die Chronik von Soifsons, entfuhr ein mächtiger Feuerstrahl dem geöffneten Himmel und senkte sich langsam zur Erde nieder. Alle Häuser waren verschlossen. Biele Personen schliefen oder waren im Gebet. Aber das Licht war so stark, daß Jedermann davon geblendet wurde, auf freiem Felde so wohl, als in den verschlossenen Häusern, indem es die kleinsten Oeffnungen durchdrang. Gleich nachher wurde der Himmel heiter und klar, während der Feuerschweif die Gestalt eines Drachen annahm. Sein Kopf vergrößerte und verlängerte sich, seine Füße wurden bläu lich. Nach einigen Sekunden war die Erscheinung vollkommen ver schwunden. Viele Hundert Wachskerzen wurden vor den Reliquieu- kästev der Heiligen angezündet. Man schrie die Litaneien der Sterbenden in allen Kirchen. Niemand an den Orten, wo man das Wunder gesehen, wollte schlafen. Die Nacht wurde in Gebeten zuge bracht, Tags darauf Prozessionen veranstaltet, die sieben Bußpsalmen gesungen und die Litaneien der Heiliger, die Gläubigen knieten nieder, umarmten sich, weinten und beteten gemeinschaftlich. Schon sanken die Blüthen und der Sommer, auf dessen Früchte und Vergnügungen man nicht mehr gerechnet, kam. Nicht- recht fertigte mehr die Besorgniß, und die Frömmigkeit verminderte sich in dem Maße als die Gefahr sich entfernte, bis plötzlich ein neue- Wunder sie wieder stärkte. Im September erschien im Westen ein großer Komet. Man war uneinig, ob man ihn als eine neue Sonne oder als einen alten Stern betrachten solle, der sich wieder entzündet, um die Erde zu erschrecken. Um dieselbe Zeit wurde von Kaiser Otto Karls des Großen Grab zu Aachen entdeckt. Der verstorbene Monarch lag nicht ausgestreckt in einem Sarge, sondern saß auf einem Stuhl, mit der Krone auf dem Haupte, mit Schwert und Reichsapfel in den Händen. So verging das Jahr Eintausend der christlichen Zeitrechnung, doch nicht die abergläubische Voraussetzung, welche man daraus be gründet hatte. Noch mehrere Jahre verstrichen, bevor man sich über zeugte, daß das Ende der Welt noch nicht so nahe sei, als man geglaubt. Nach dieser Krisis schien die Erde neues Leben zu gewinnen. Sie erholte sich allmählich, wie das Land nach einem Gewittersturm bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen. Die milden Stiftungen mehrten sich. Eifrige Frömmigkeit wußte sie mit allen Formen zu bekleiden, von den zur Beherbergung der Reisenden auf hohen Berg übergängen gegründeten Hospizen bis zu den Armen- und Kranken häusern in den Städten, von den gothischen Hauptkirchen mit ihren mehrere Hundert Fuß hohen Glockenthürmen bis zu den kleinen Kapellen und Bethäusern in entlegenen Thalgeläuden. Erkenntlichkeit erzeugte fast dieselbe Wirkung wie Furcht. Die Klöster füllten sich mit der Bevölkerung des offenen Landes. Die Abteien wimmelten von Mönchen und Priestern. Die Erde, so sagt ein Chronikenschreiber, warf ihre beschmutzten Kleider von sich und hüllte sich in der Kirche weißes Gewand. Schälchen, Däppchen, Fläschchen. She«»itzer Aus geh bummels Kleeblattgespräche. Schälchen: Na, ich danke mein Schepfer, daß 'ch wieder derheeme bin in mein dheir'n säkschen Vaderland; wenn mer noch ämal Eener was von's Auswaud'rn vorquatscht, dann soll'r mich ab'rscht kenn' lern Fläschchen: Daderzu hat uns Niemand annersch als Däppchen gebracht; weil De ä bissel mehr geläsen hast als Unserccner un ooch Smal als reißender Haudwerksborsche bis Brämen 'nunder an's Mär gelofen warscht, da saht'st De immer, mer sollten mit Dir zu Lideritzen gehn, der dhäte uns mit nach'S afrikansche deitsche Reich übersiedeln. « Schälchen: Dort dhäte der Mocca wild wachsen, hast De gesaht I Fläschchen: Un wenn's da drib'n ooch kecn Bier un Schnabs gäm dhäte, sagt'st De, da kriegt' mer derfir de dcürschten afrikanschen Weine ganS imsonst, hast De gesaht! Däppchen: Aber das hat mer äm ooch ärscht wieder än Annrer so ingedrichdert; ich wärsch nadierlich «ich wieder dhun und än annermal nich so leichtgleibig sin. Schälchen: Was mer uns nu so geschbaart gehatt Ham, das is reene futsch; mer Ham äm unsere baar Dhaler für nischt un wieder nischt nach Brämen un zericke verrissen, weil be: Lideri';ens uns äm gar Niemand brauchen dhat; die Ham fir sich allene nischt in Deitschafrika un wolln keene neien Mitesser bei ihre driemigen Menschenfresser einbärgern. Fläschchen: Na drösten mer uns; am Ende wä'rn mer gar von unfern neien greilichen Reichsbärgern afrikanisch verschnabelirt wor'n, nachen hätten uns de Erschbarnisse ooch nischt genitzt. Däppchen: Na, d'rum sein mer alleweile de alden dreien Fremde wie mer erscht war'»; denn ooch im Unglick verläßt kee Sachse keen Sächser nich; 's is aberscht eefäld'g, wie's hier iberal 'ruwgckomm' is, daß mer so mit Afrika 'reingefall'n war'n, mer hatt'n ja keener Menschenseele ä Sterb'nswärdcheu d'rvon gesaht, un säht'rsch, wie mer vermißt word'n sin; mir Dreie gehärn nu eemal zu de bekanndesten Bersehnlichkeeten von Chämtz. Schälchen: Da Ham mer nur zeärscht alle Dreie enn Drasch gehatt, damit mer aus unfern licm Chämtz nauskomm' dhaten, un uu adhmen mer orndlich uff vor Freede, daß mer Widder derheeme sinn. Fläschchen: Wie ich Eich Widder vor meiner Hausdhiere in der Friedrichschtraße stand, die immer noch so scheene aussah, als wie ich fortgemacht war, uämlich de Friedrichschtraße, da dacht'ch, nee, 's gibt doch nur eene eenzige Heimath, nämlich unsre Vaderschtadt: nu wußt'ch ooch, warum mer draußen immer so's Hecmweeh geschbiert hat; so was hat mer äm annerschwo nich. Schälchen: Un unser Chämtzer Rooch! Erscht wollt'n meru aus 'm Wege loofen, un itze weht er Eenen orndlich heimadhlich an. Ich habb neilich mit 'ner wahren Freede Rooch geschnabbt! Das is doch e billiges Vergnügen; dabei kammer imsonst schwarz wärn un braucht nich erscht die dheire Reese nach Afrika zu machen. Däppchen: Na wie De nu wieder mal iberdreibst; 's ganse Land sieht ja so scheene weiß, von de Mielchen nämlich. Un ooch unser Chämtz hat seine Boombluth. Seht nur, wie de Aeppelbeeme blich'n. Da iS dach eene zarde RosenkuoSbe an der annern. Fläschchen: Un ooch de Bfäffermünze und de Boomeranse wärd heier ganz ibbig, un der Kimme! ooch, daS freid mich ganz extrabesonnersch. Däppchen: Ae was, mich indresfirt nar Hoben un Malz; aber das is bei Eich verlorn. Schälchen: Nu weeßt' De, schließlich is es poch scheene, wenn de Zigorie un Runkelriebe dichdig blicht un gedeiht. Däppchen: Uu daß sogar ooch der blühende Bleedfinn nich fühlt, dafür sorgt Ihr zarden Bliehden. Fläschchen: Ja 's is wärklich scheene, nee wa- bei uns in Sachsen alles bliehd; un billig is es ooch, 's kost' nischt, sogar de Boombliehde Ham mer umesunst. Schälchen: Allemal wenn de Zeit 'ranrickt, wo's wieder bliehn dhut, da wärd mer immer so sonderbar; wenn ich Heide so schdille de Blidhen uff'n Beemen bedrachte, dann denk' ich: „Wie viel d'rvon wär'n ze Frichten gedeih'»?- Un dabei muß'ch nu wieder an de zarden Blicdchcn der Menschheet gedenken, an de Kinder; die blieh'n in ihrem Frühling, dadermit meene ich hier de Jugend, ooch zart un duftig, aberscht was wär'n Eich mitunner fir nette Frichtchen drauS, wenn se nämlich ausgewachsen sin. — Das Scheenste aberscht, was im Frühling blicht, das sin de zarden Reegungeu uns'rer heimischen Bohesie; mei Fremd Knäppchen is ooch wieder friehliogS- sängerig vom heiligen Wonnemonat angeseiselt worden. Er hat mersch Heide gedikdirt: Wann der Frühling kommt un der Salat schießt, De Radieschen glänzen, der Schbargcl grüßt, De Kreider wachsen un der Schbinat lacht, Dann bliehds un grients in Lenzes-Bracht! Un wie sich dann schwellend der Magen verfingt, Wenn grünes Gemiehse mit Lust er verschlingt, Da schlich in mein'» Körper mit seliger Bein, Im Innern rumorend, Apedid wieder ein! Juchhe! Der Frühling kam sreindlich ins Land, Un knipst um de Herzen een grienlichcS Band, Wo Menschen am Schbargel un Schbinat sich frei'», Ta wceß mer ärscht rächt dann, daß Frühling dhut sein. Fläschchen: Es geht nischt iber blühnden Bleedsinu. Verantwortlicher Redakteur Franz Götze in Chemnitz. — Druck und Berlag von Alexander Wiede in Chemnitz.
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