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MWWMK Chemnitzer Auzeig er u«d Stadtbote. Rr. 88. Sonnabend, 18. April I88V. Seite 2. man sich, um die Waffen für den bevorstehenden politischen Kampf zu schärfen. — Er steht viel auf dem Spiele für alle am politischen Ringen Betheiligten. Die Regierung muß, wenn sie darauf verzichtet, eine Mittelpartei zu bilden, die sich ihr bedingungslos zur Verfügung stellt, doch wenigstens auf die Erhaltung dcS jetzigen Verhältnisses bedacht sein. Die Folge einer gänzlichen Zurückdrängung und Wehrlosmachung des Deutschthums würde beispielsweise die sein, daß die Majorität nach Herzenslust ihr Müthchen an der Minderheit kühlte. Das würde unzweifelhaft zur parlamentarischen Unthätigkeit der Deutschen führen, und für diese kann Graf Taaffe, obwohl er gewiß eigenthümliche An schauungen von einer Politik der Versöhnung hat, doch nicht wohl schwärmen. Ob aber Thatlofigkeit oder nicht: so oder so wäre die Regierung dem Slawenthum preisgegeben. In der verflossenen Legis laturperiode hat sie eS verstanden, die Zügel einigermaßen in der Hand zu behalten — fortan müßte sie sich auf Gnade und Ungnade den Tschechen, Polen und Slowenen ergeben. Solchergestalt muß es der Regierung erwünscht sein, in einer kompakten und einflußreichen deutsch- liberalen Minderheit ein Gegengewicht gegen die slawischen Anforder ungen zu besitzen, zumal sie recht bald in die Lage kommen kann, sich dieses Gegengewichte-'bedienen zu wüsten. Frankreich. Die innere Lage wird jetzt mehr und mehr von der herannahenden parlamentarischen Wahlkampagne beherrscht, und daS Ministerium Briston rechnet es eingestandenermaßen zu seiner eigentlichen Aufgabe, die allgemeinen Neuwahlen zu leiten, natürlich in einem dem republikanischen Regime günstigen Sinne. Die Monarchisten thun sich viel darauf zu Gute, daß sie am letzten Sonntage einige vereinzelte Siege bei den Generalrathswahlen er rungen haben, doch wird die triumphirende Sprache ihrer Par ei- dlätter von der öffentlichen Meinung nicht ernsthaft genommen. Die Forderung deS ostasiatischen Friedenswerkes nimmt auch den neuesten Pariser Nachrichten zufolge guten Fortgang. Dem Kabinet kommt die Beilegung deS Tonkinstreites ungemein zu statten. Eine Regie rung, die mit der Parole „Tonkin" in den Wahlkampf gezogen wäre, hätte unzweifelhaft eine jämmerliche Niederlage erlitten, und siebt cs , der Pariser Korrespondent der „Köln. Ztg." vielleicht als ein Glück für die Republikaner an, daß der Sturz des Ministeriums Ferry sie der Bertheidigung „Tonkins" enthebt. Mit dieser Unternehmung war den „Konservativen" und Radikalen eine furchtbare Waffe in die Hand gegeben, die heute viel an ihrer Schärfe verloren habe, wenn sie auch immer noch wirkungsvoll genug bleibe. — Der Abgeordnete Jules Roche entwirft im „Lyon rüpublicaine" die Geschichte der französischen Verwaltung seit 1870 und gelangt dabei zu folgenden Ziffern : Es wurden in dieser Zeit 20 Ministerien gebildet und je 15 Minister des Krieg- und der Marine, 14 Mi nister des Aeußeren, 27 Minister des Inneren verbraucht. Seit 1871 hatte Frankreich 7 Botschafter in Italien beglaubigt, Italien hatte seit 1861 deren nur vier in Frankreich; das gleiche Verhältniß stellt sich auch bei Oesterreich heraus. Nach Rußland sind sechs Botschafter geschickt worden, indeß der Zar nur den Fürsten Orloff und dessen Nachfolger beglaubigt hatte. England läßt sich seit 1867 in Paris durch Lord Lyons vertreten und hat seit 1871 vierzehn französische Botschafter bei sich gesehen; Deutschlands Vertreter seit 1874 ist Fürst Hohenlohe und in diesen elf Jahren kamen drei französische Botschafter nach Berlin. Jedermann hält sich über den bestäudigeti Wechsel aus allen wichtigen Posten auf und die Parteien schieben einander die Schuld an diesen Uebelständen zu; aber die Art, wie sie dies thun, läßt verrathen, daß Beständigkeit auch in Zukunst nicht zu den Vorzügen der französischen Verwaltung zählen wird. England. Die auch jetzt noch vom englischen Telegraphen verbreiteten Rüstungsdepeschen verlieren angesichts der fortschreitenden Besserung der Fricdensaussichten ihre aufregende Wirkung so gut wie ganz und gar. Denn wenn, wie die „Pall Mall Gazette" sagt, nunmehr beträchtliche Hoffnung vorhanden ist, daß die englisch-russischen Differenzen in wenigen Tagen befriedigend geregelt werden, so ent fällt aller Grund, aus dem Umstande, daß einstweilen in den eng lischen Arsenalen und Flottendocks weiter gerüstet wird, für den Frieden bedrohliche Schlußfolgerungen abzuleiten. Mithin darf man annehmen, daß die von der englischen Regierung nach reiflicher Erwägung der ihr am Dienstag zugegangenen russischen Vorschläge bezüglich der Grenzsrage abgesandte Antwort einen weiteren Schritt in der ver söhnlichen Richtung darstellen werde, — eine Annahme, die sich, dem „Standard" zufolge, in Uebereinstimmung mit den friedlich lautenden Situatiousberichten befinden würde, die von den am Londoner Hofe beglaubigten auswärtigen Botschaftern an ihre resp Regierungen ge leitet worden sein sollen. Auch die „Times" fängt an. Wasser in ihren Wein zu gießen, indem sie, wenn auch nicht ohne Einschränkungen, eingesteht, daß in den amtlichen Kreisen Englands der Glaube herrsche, daß der Krieg vermieden werden dürfte. — Die Acußerung Gladstones von dem befriedigenden Charakter der Abmachungen Lord Dufferius mit dem Emir von Afghanistan Wird in London dahin ausgelegt, daß Abdur-Rahman den Engländern den Durchzug durch sein Land im Falle des Krieges mit Rußland gestatte. Allerdings — meint die „Köln. Ztg." — könnten die Ab machungen auch nur in diesem einen Falle als befriedigend bezeichnet werden. Indessen fehlt darüber immer noch die maßgebende Bestäti gung, und daher scheint es dem genannten Blatte gerathen, die Worte nicht zu vergessen, welche der Emir an de» Vertreter Lord Beacons- fields richtete, als er sich unter englischen Schutz stellte: „Ich bin den Russen von früher zu Danke verpflichtet." Abdur-Rahman habe sich bei den Verhandlungen mit Dufferin jedenfalls sehr zäh bewiesen, sonst hätte Gladstone längst sein Land mit der flohen Botschaft von dem günstigen Abkommen überrascht. Rußland. Der „Regierungsanzeiger" entnimmt einem Be richte des Generals Komarofs, der unterm 6. d. au» Taschköpri datirt ist, interessante Angaben über die an Ort und Stelle herrschende militärische Lage. Darnach dürften die Afghanen an dem erhaltenen Denkzettel auf lange Zeit genug haben; ihre Verluste sollen noch be trächtlich größer sein, wie nach den früheren Zahlenavgabeu vcrmuthet werdrn mußte; das am Kuschkflusse geschlagene afghanische Korps scheint als solches einfach vernichtet worden zu sein. Um einer Anarchie vorzubeugen, wird von den Russen in Pcndscheh eine zeitweilige Verwaltung organifirt, aber unter dem ausdrücklichem Hinzu- fügen, daß das russische Detachement in Taschköpri verbleibe. Eine Vorwärtsbewegung ist aber prinzipiell keineswegs ausgeschlossen, und wenn sie bis jetzt nicht stattgefunden hat, so ist dies, nach dem „Regierungsanzeiger", nur deshalb unterblieben, weil dazu bisher keine Nothweudigkeit vorhanden war. — Der Warschauer „Dnewnik" bespricht das Gerücht von dem Auftaucheu englischer Agitatoren in Polen. Ohne auf den Gegen stand sich eingehender einzulassen, begnügt daS Blatt sich mit der Wahrnehmung, daß die Organe sowohl der ausländischen, als der inländischen polnischen Presse einstimmig gegen eine solche Bewegung sich erheben und vor den Agitatoren warnen. — Ueber den russischen Kommandeur an der afghanischen Grenze, General Komarofs, wird berichtet: „Im 46. Lebensjahre, also im besten Maunesalter stehend, hat Komarofs nahezu 30 Jahre unter den Waffen zugebracht; nachdem er die Junkernschule von Jelisawetgrad mit gutem Erfolg mitgemacht, konnte er trotzdem nicht sofort ,um Offizier befördert werken, da vakante Stellen zumeist nur von ProtegöS oder Bemittelten besetzt wurden. Er trat demnach als Fahnenjunker in das Garde-Grenadier-Regiment zu Pferd, bald jedoch gelang er ihm, sich die Epaulettes zu erwerben, und nachdem er durch anderthalb Jahre die Nikolaus-Generalstabs-Akademie zu Petersburg besucht hatte, trat er in den Generalslab ein. Als Generalstabshauptmann machte Komarofs unter Tschernajeff und später unter Kauffmann den Krieg gegen Buchara und Chiwa mit, und während des russisch türkischen Krieges vom Jahre 1877 sungirte er als Generalstabsmajor und Oberstlieutenant aus dem asiatischen Kriegsschauplätze. Hier war er zuerst dem General Haimann, später dem General Loris Melikoff als Unterbefehlshaber de« Gcneralstabes zu- gethcilt. Während des ersten verunglückten Vorstoßes gegen die Teke-Turkmenen sungirte Komarofs als Oberst nach den Schlachten von Kisil-Tepe und Ak-Tepe, welche mit der kompleten Unterwerfung des freien Steppenvolkcs endeten, ward Komarofs zum Generalmajor ernannt und mit dem Georgskreuze ausgezeichnet; eine wohlverdiente Belohnung, denn nicht mit Unrecht galt der General als der Rath geber und die rechte Hand deS Obergeneral Skobeleff." Amerika. Der Friede zwischen den Staaten Zentralamerikas ist von den Bevollmächtigten unterzeichnet wordeu. Chemnitz, den 17. April I88S. —n. Am Donnerstag ist in der sächsischen Stickma schinenfabrik in Kappel das 25jährige Jubiläum der Gründung des Etablissements durch den ersten Besitzer der Fabrik und noch jetzt als Direktor fungirenden Herrn Albert Voigt gefeiert worden, ein doppelter Ehrentag insofern, als Herr Direktor Voigt an dem Tage auf eine 2öjährige höchst ersprießliche Thättgkeit seinerseits mit Geuugthuung zurückblicken konnte und zugleich das ebensooieljährige Bestehen des Etablissements mit zu begehen vermochte. Es hat daher auch am gedachten Tage für den Schöpfer des Unternehmens an Ehren- und Freundschaftsbeweisen, sowie an Geschenken keines wegs gefehlt. Am Morgen des Festtages wurde der Jubilar durch ein Ständchen, dargebracht vom Stadtmusikchor und einem Doppel quartett, begrüßt und sodann begab sich derselbe mit seiner Familie in die mit Flaggen geschmückte Fabrik, woselbst ihm, von Böller schüssen und Hochrufen der Arbeiter begrüßt, nach einer herzlichen Ansprache seitens eines der Beamten ein von denselben gewid metes Album, in jeder Beziehung ein prächtiges Geschenk, über reicht wurde. Eine Deputation der Arbeiter verehrte sodann dem Gefeierten einen silbernen, von Lorbeer umwundenen Pokal. Auch seitens der Gemeinde Kappel wurde Herrn Voigt eine ehrende Ueberraschung zu Theil, indem Abgeordnete de» Gemeinderathes unter Führung des Herrn Gemcindevorstandes Kühn dem Jubilar eine Adresse überreichten, darin der Anerkennung der Verdienste desselben um die Gemeinde in entsprechender Weise Ausdruck gegeben war. Der Aufsichtsrath der sächsischen Stick- maschineufabrik ließ durch Rechtsanwalt Herrn J rm sch er Herrn Voigt zu seinem Ehrentage ebenfalls begrüßen und ebenso brachten zahl reiche Geschäftsfreunde persönlich ihre Glückwünsche dar, wie denn auch die aus Nah und Fern zahlreich brieflich und telegraphisch einge gangenen Gratulationen zur Genüge bewiesen, welcher Popularität sowohl hinsichtlich seiner persönlichen Eigenschaften, wie auch welchen Ansehens betr seiner Stellung als Leiter des blühenden Etablisse ments Herr Direktor Voigt sich allseitig erfreut, so daß also der Tag ein Ehrentag im vollsten Sinne des Wortes gewesen ist ^ind die Erinnerung hieran dem Jubilar sicherlich unvergeßlich bleiben dürste. Nachmittags war die Fabrik auf Wunsch des Herrn Albert Voigt, der die Deckung des ausfallenden Lohnbetrags über nahm, geschloffen. — Ein Sträußchen gefällig? In dem rastlosen Getriebe und Gewoge einer Fabrikstadt, vergraben hinter kalten Mauern, in Fabriken, Kontors, Bureaus, Geschäften und Wohnungen, die Ge danken gerichtet auf Arbeit und Gewinn, in Anspruch genommen von den schweren Sorgen des täglichen Kampfes ums Dasein, wie wenig hat oft der Mensch da Zeit und Gelegenheit, zu sehen und zu hören das gewaltige Regen der Natur, die mit gewaltiger Macht die letzten Fesseln bricht, die der tyrannische Winter ihr geschlagen? Der Riesen kampf tritt zurück hinter den kleinlichen Kampf um die eigene Existenz; die Menschen, denen nur an Sonn- und Feiertagen, und dann kaum noch, vergönnt ist, einen Fuß zu setzen, einen Blick zu werfen in die freie, schöne Gotlesnatur, sie bleiben unberührt von dem unendlichen Zauber, von dem geheimnißvollen Wirken, das mit tausendfältigem Leben das Starre, Todte durchbricht! Ungesehen entknospen und entsprossen die Millionen Blätter und Blüthen, Blumen und Gräser, ungesehen verblühen die lieblichen Mai glöckchen und Anemonen, welche den Menschen Hinausrufen aus dem steinernen Labyrinth und einladen zur holden, erquickenden Frühlings frier und wie ein Ruf aus anderen Sphären klingt die Frage an sein Ohr: „Ein Sträußchen gefällig?" Verwundert blickt der in die Lektüre der Zeitungen Vertiefte ans, herausgerisscn aus seinen Gedanken. Sind es auch weniger die Fragesteller selbst, die seine Blicke zu fesseln vermögen, so sind es doch die lieblichen Kinder der Natur, die Blümchen wunderhold, die ihn anzieden mit unwiderstehlicher Gewalt, die ihn anlachen in un schuldsvoller Reinheit und grüßend die farbigen Köpfchen neigen. Da beginnt cs auch in seiner Brust sich zu regen und FrühlingS- schauer machen sein Herz erbeben, „denn für Natur" schlummert fast in jeder Menschenbrust ein mehr oder minder empfängliches Gefühl und Verständniß, welches nur einer Anregung bedarf, um zum vollen Bewußtsein zu gelangen. Und diese Anregung wird auch bei uns gegeben, nicht zum mindesten in unsern prächtigen Blumenläden, die das Schönste der Jahreszeit bieten, sondern a»ch von der bescheidenen Marktfrau. Auch wir werden uns der großen Zeit bewußt, in welcher die Natur ihre Auferstehung feiert aus dem langen Winterschlaf- und in uns regt sich das Verlangen, theilzunehmen an der Jubelfeier, unser Mitempfinden zu bekunden und uns zu schmücken mit holden Sendlingeu des Frühlings. — Ein erfinderischer Norddeutscher, De. W. Hempel, bietet den Hausfrauen einen Brat-Thermometer, von welchem sie unfehlbar den genauen Zeitpunkt ablesen sollen, wann der Braten gar ist. Es soll dies der Fall sein, sobald der Braten so durchhitzt ist, daß sein innerstes Innere eine Temperatur von 73 Grad Celsius erlangt hat. Roastbeef thut's schon bei 63 Grad. Man stößt also eine Metall hülse in Gestalt einer Spicknadel bis in die Mitte des Fleisches hinein. Nähert sich der Braten seiner Vollendung, so führt man in die Hülse eine Art Thermometer ein, nämlich ein dünnes Glasröhr chen, in welchem sich eine Wachskomposition befindet, die bei 73 Grad oder beim Roastbeef-Thermometer schon bei 63 Grad schmilzt. So bald also der Inhalt des Glasröhrchens als klare Flüssigkeit erscheint, ist der Braten, respr. das Roastbeef fertig. Ein besonderer Vorzug dieses vielleicht recht Praktischen Spielzeuges ist, daß das ganze Instrument nur eine Mark kostet. — Die Ziehung fünfter Klasse 107. königl. sächs. Landeslotterie findet in der Zeit vom 4. bis 26. Mai d. I. statt und muß die Erneuerung der Loose hierzu bis zum 25. April erfolgen. Könnte ein Interessent sein Loos hierzu bis dahin nicht erhalten, so hat sich derselbe spätestens 30. April bei der königl. Lotteriedirektion zu melden. Nach Ablauf auch dieses Tcrmines ist jeder Anspruch an das gespielte Loos erloschen. — Flöha. Hier haben sich sämmtliche Grundbesitzer zu dem Zwecke vereinigt, um den Abbau des in unserer Gegend vorhandenen Kohlenlagers einzuleiten. ES ist nicht zum ersten Male, daß man hier nach Kohlen gräbt. Die an vielen Stellen zu Tage tretende Schieferkohle veranlaßte in früheren Zeiten Leute, die über wenige Mittel zu verfügen hatten, die Kohle abzubauen. Viele Halden und Hügel geben noch Zeugniß davon. In einer ganz geringen Tiefe stieß man bereits auf ein Flötz, das abbaufähig war, dessen Kohlen aber nur in Kalköfen Anwendung finden konnten; hier förderte man Kohlen bis Ende der sechziger Jahre. An anderen Stellen-stieß man ebenfalls nahe der Erdoberfläche auf ein zweites Flötz, welche» Kohlen lieferte, die ganz vorzüglich geheizt und den Zwickauer und Plauenschen Kohlen nichts nachgegeben haben. Wenn nun der Ab bau dieses zweiten Flözes noch zu Anfang dieses Jahrhunderts in seiner Art ein rüstiger zu nennen war, stellten sich jedoch leider ver schiedene Mängel ein. Der Zudrang des Wassers wurde sehr bald ein lästiger, kostspielige Maschinen, welche diesem Uebel abhelsen konnten, besaß man nicht, und mit Handpumpen ließ es sich nicht erzwingen. Infolge dieser, nach damaligen Begriffen unab wendbaren Uebelstände mußte vom weiteren Abbau ganz abgesehen werden. — In Dresden fand am 16. April die feierliche Einweihung der an der Sedaustraße neuerbauteu Schulhäuser für die 8. Bürger und für die 19. Bezirksschule statt. — Leipzig, 16. April. Am vergangenen Dienstag wurde unter dem Vorsitz des Herrn Oberstabsarzt De. Rühlmaun mit 36 Mitgliedern des deutschen Kriegervereins, welche sich hierzu frei willig gemeldet hatten, im Eldorado ein Unterrichtskursus im Samariterdienst eröffnet. Es wird hierbei das Ziel verfolgt, daß die Ausgebildeten sich bei einem etwaigen Kriege dem rothem Kreuz im Sinne der Genfer Konvention zur Verfügung stellen. Der Unter richt selbst wird von dem Herrn Assistenzarzt I. Klasse I)r. Karch geleitet. — Freiberg. Wie unverständig und roh manche Erwachsene oft gegen Kinder sind, das zeigt wieder ein Fall, welcher dieser Tage in der Nähe hiesiger Stadt vorkam. Auf einem Felde wurden von etlichen Frauen Kartoffeln ausgelegt; ein Kind tummelte sich nebenan aus dem Felde herum, nicht aus Uebermuth, sondern es war so be trunken, daß es immer wieder zur Erde fiel. Niemand kam dem Kinde zu Hilfe, sondern es wurde nur darüber gelacht und die Mutter des Kindes schimpfte noch tüchtig, als das Kind stolperte und vor den Pferden liegen blieb. Erst jetzt wurde es hinweg genommen, bekam eine Tracht Prügel und wurde wieder aus die kalte Erde gesetzt. Die Mutter, nicht das Kind, hätte die Strafe verdient. — Seiffen. Die Krisis, welche zufolge des im Februar d. I. erfolgten Verschwindens des Besitzers der mechanischen Dampsspiel- waarenfabrik hier den durch unausbleibliche Schließung dieses in hiesiger Gegend bedeutsamen Etablissements der ärmeren Klasse angehörenden etwa 200 Arbeitern drohte, ist glücklich abgewendet worden. Es wurden nämlich von Seilen der kgl. amtshauptmannschafllichen Dele gation hinsichtlich der Arbeitsverhältnisse der Sciffener Holzdrechsler umfassende Erörterungen angcstellt und energische Maßnahmen ergriffen, um dem befürchteten Nothstande rechtzeitig zu begegnen; letzteres ist denn auch durch besagtes behördliches Einschreiten in vollem Maße geglückt; die betreffenden Arbeiter sind theils wieder untcrgebracht, theil» haben sie sich selbst anderweites Unterkommen verschafft. Ein gleich von Anfang herein auf Anregung des Vorstandes der genannten Delegation zusammengetretenes Komitö hat sich der Sache warm mit angenommen und wird dieselbe auch fernerhin im Auge behalten. — Klingenthal, 15. April. Der schlechte Geschäftsgang in der Fabrikation von Kinderinstrumenten, vor allen Dingen aber die fortwährend schlimmer werdende Herabdrückung der Waarenpreise und Löhne haben die Vertreter der bedeutendsten Firmen der Umgegend veranlaßt, einen Minimallohu festzusetzen; denn nur dadurch kann der Schleuderei mit Erfolg entgegen getreten werden. Es wurde in einer kürzlich abgehaltenen Fabrikantenversammlung für 20 Dutzend lOtönige Richter-Harmonikas folgender Lohnsatz sestgestellt: Stifte» 75 Pf, Richten 2,60 Pf. und Stimmen 5 Mk. Für mehrtönige Harmonikas wird naiürlich der verhältnißmäßige Mehrbetrag gewährt. Die Zeit, während dem diese Löhne gezahlt werden müssen, ist vor läufig bis 1. Oktober dsS. Js. festgesetzt. Außer den 14 Firmen, welche bei der Versammlung vertreten waren, sollen auch die übrigen Fabrikanten zur Einhaltung dieses Lohntariss uud zur Unterschrift deS betreffenden Protokolls veranlaßt werden und mehrere derselben haben diesen Anforderungen bereits Folge geleistet. Es wurde auch eine aus 4 Sachverständigen bestehende Kommission zur Prüfung und Beurtheilung schlechter Arbeit ernannt, um endlich der Anfertig ung sogenannter Schundwaaren einen Damm entgegenzusetzen. Hoffen wir von diesen Beschlüssen das Beste sür unsere nothleidende Industrie. — Mittweida. Der hiesige Forellen-Zucht-Vercin entfaltet auch in gegenwärtigem Jahre eine rege Thätigkeit. Kürzlich hielt derselbe seine diesjährige Generalversammlung ab und beschloß u. A., den in die Zschopau führenden Ncusorger Bach mit Forcllenbrnt zu besetzen. Der Verein betrachtet es nicht lediglich als seine Aufgabe, die Flüsse der Umgegend fischreich zu machen, sondern will vor allen Dingen auch den Fischbestand schützen. In dieser Hinsicht wurde als schädlich erkannt, daß die Verpachtung der Fischerei in der Zschopau nur auf kürzere Dauer erfolgt. Deshalb will der Verein bei den Verpächtern in Anregung bringen, künftig eine Pachtdauer von min destens sechs Jahren anzunchmen, sowie die Verpachtung in thunlichst großen Parzellen zu bewirken. Der Vereinsvorstand hat bei dem Sächs. Landesfischereiverein zu Dresden sich für Besetzung der Zschopau mit Lachsen verwendet. Es vernahm die Generalversammlung mit Freude die Mittheilung, daß diese Anregung eine gute Aufnahme gefunden habe, insofern der Landessischereiverein beschlossen hat, in die Zschopau, und zwar in ihrer ganzen Ausdehnung, Lachsdrut einzusctzen. Dieses Vorhaben wird alsbald in Ausführung gebracht werden. ES steht damit das Anbriugen von Lachslcitern an den Wehren in Ver bindung, welche Einrichtung sich auch auf den untere» Lauf der Mulde zu erstrecken hat. In nicht ferner Zeit dürfte daher die Zschopau wieder fischreich werden. Da man nur Edelfische zu pflegen gedenkt, so hat dies für die Volkswirthschaft eine um so höhere Be deutung. — Annaberg, 16. April. Der Telegraph brachte gestern eine für hiesige Geschäftskreise sehr unangenehme Nachricht aus New-Jork; die Firma Gerson in genannter Stadt, welche vor Kurzem «och bedeutende, bereit» rffektuirte Bestellungen am hiesigen Platze gemacht hat, ist genöthigt gewesen, ihre Zahlungen einzustellen. Man beziffert die dadurch veranlaßten Verluste hiesiger und Buchholzer Häuser aus weit über 100,000 Mark. — Buchholz, 16 April. Unsere Stadt hat momentan keinen Bürgermeister, denn Herr Hünefeld ist gestern nach Zerbst abgereist und die Wahl eines Nachfolgers steht noch bevor. Die Leitung der Geschäfte hat Herr Stadlrath Fischer übernommen; auch hat Herr Justizrath Koch seine Unterstützung bereitwilligst zngesagt. — Plauen, 15. April. Vor dem hiesigen Landgerichte fand gestern eine Verhandlung wegen Verletzung de» Musterschutzgesetzes statt. Eine sehr solide Firma in Zwota, Gebrüder Ludwig, ist schon seil Jahren bestrebt, nur gute Musisinstrumente zu verkaufen und vor allen Dingen nur solche, die mit deutscher Bezeichnung versehen sind. Durch diese Maßregel hat sie z. B. in Amerika eine große Kund schaft erworben und nicht wenig dazu beigetragen, daß die deutsche Waare im Auslände Achtung erlangte. Es ist darum nicht zu ver wundern, daß andere Fabrikanten das Fabrikzeichen der Gebr. Ludwig nachzuahmen suchten, um ihre Waare zu guten Preisen absetzen zu können. Der Harwonikasabrikant K. H. Meine! in Klingenthal, welcher von einem amerikanischen Kunden die Mittheilung erhalten hatte, daß die Fabrikate der Gebr. Ludwig drüben gerne gekauft