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Großenhainer UnterhaltMgs- L AWiMall. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zn Großenhain und Radeburg. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. "Xi" Erscheinen: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend. «Rnnnnkond Kon Inserate werden bis früh d Uhr für die nächste ^>0. ^r-, Abonnement vierteljährlich 1 Mark. ^VNN6veN0, ven 44. Aevruar. Nummer angenommen. LOlß» Bekanntmachung. Zur möglichsten Verhütung der Weiterverbreitung der an verschiedenen Orten Deutschlands zum Vorschein gekommenen Reblauskrankheit ergeht auf Antrag des ReichS- commissars für das sächsische Rebengebiet Herrn Freiherrn von Hagen in Obermeißa bei Meißen an alle Weinbautreibenden hiesigen amtshauptmannschaftlichen Bezirks andurch Aufforderung, bei dem in nächster Zeit beginnenden Räumen und dem nachfolgenden Senken der Stöcke ihre Aufmerksamkeit auf den Zustand der Rebwurzeln zu richten und «twaige Krankheitserscheinungen, die sie an den Weinstöcken bemerken sollten, sofort bei ihrer Ortsbehörde zur Anzeige zu bringen und sich des Bezugs von Reben, die nicht zum fächsischen Weingebiete gehören, zur Zeit gänzlich zu enthalten, auch bei etwaigem Um setzen der Reben aus einem anderen Weinberge eine sorgfältige Besichtigung und gewissen hafte Prüfung derselben vorzunehmen. Die Gemetndevorstände hiesigen Bezirks aber erhalten andurch Anweisung, nach Eingang von Anzeigen über Krankheitserscheinungen an Rebwurzeln zunächst durch Sach verständige die nöthigen Erörterungen anstellen zu lassen und die Ergebnisse dem vor genannten Herrn ReichScommissar schriftlich mitzutheilen. Großenhain, am 21. Februar 1877. Die Königliche Amtshauptmannschaft. Pechmann. Bekanntmachung, Maaßregeln gegen Einschleppung der Rinderpest betreffend. Das Königliche Ministerium des Innern hat für die Gerichtsamtsbezirke Großenhain und Radeburg den Handel und Transport von Dünger, Rauchfutter, Stroh und anderen Streumaterialien ohne eine Bescheinigung des betreffenden Gemeindevorstandes darüber, daß der Verkaufsort selbst seuchen- und verdachtsfrei sei und daß der zu verkaufende Dünger u. s. w. bereits 14 Tage in dem Gehöfte des Verkäufers sich befunden habe, dis auf Weiteres verboten. Die Gemeindevorstände in den Bezirken der Gerichtsämter Großenhain und Radeburg werden hiervon mit der Weisung in Kenntniß gesetzt, den Handel und Transport von Dünger u. s. w. streng zu überwachen und der Ausstellung der gedachten Erlaubniß- scheine sich zu unterziehen. Großenhain, am 22. Februar 1877. Die Königliche Amtöhauptmannschaft. Pechmann. Von dem unterzeichneten Gerichtsamte sollen den 30. April 1877 die dem Wirthschaftsbesitzer Carl Friedrich August Schneider in Steinbach zu gehörigen Grundstücke Nr. 31 des Catasters, Nr. 22 und 53 des Grund- und Hypotheken buchs für Steinbach, welche Grundstücke am 8. Februar 1877 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 6360 Mark — Pf. gewürdert worden sind, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Radeburg, am 15. Februar 1877. Das Königliche Gerichtsamt. Belzing. Donnerstag, den 1. März s. e., Krammarkt zu Radeburg. Der Tags vorher fallende Viehmarkt kann nicht abgehalten werden. Radeburg, am 22. Februar 1877. Der Stadtrat h. Vogel, Bürgermeister. Bekanntmachung. Auf Anordnung der Königlichen Regierung zu Merseburg wird wegen der in Herzberg ausgebrochenen Rinderpest der am 1. März vr. hier angesetzte Vieh - und Krammarkt aufgehoben. Mückenberg, den 21 Februar 1877. Der Gemeindevorsteher. Schmidt. Bekanntmachung. Die Anmeldung der Ostern d. I. schulpflichtig werdenden Kinder hat ia der Zeit vom LS. Februar bis mit 3. März nur Wochentags in den Stunden von Vormittags 11 Uhr bis Mittags 1 Uhr zu geschehen. Eltern, Vormünder, Erzieher u. s. w. werden hierdurch aufgefordert, diese Anmeldung zur bemerkten Zeit bei dem Herrn Schuldireetor Hardtmann, der zu diesem Behufe in seiner Expedition im Mädchenschulgebäude, Schulgasse, parterre, anwesend sein wird, zu bewirken. Schulpflichtig sind alle in der Zeit vom I April 1870 bis 3l. März 187 l geborenen Kinder. Ausgenommen können nberdem werden die in der Zeit bis 30. Juni 1871 geborenen Kinder. Bei der Anmeldung sind beizubringen: ° a) sür hierorts geborene Kinder: I) der Impfschein und 2) eine schriftliche Angabe der Eltern über die Confession oder Religion, der sie angehören, 5) und für auswärts geborene Kinder überdem noch 3) ein Taufzeugniß oder Geburtsschein. Gesuche um Gestattung eines späteren Eintrittes sind schriftlich mit Angabe der Gründe und Beibringung eines ärztlichen Zeugnisses bei dem unterzeichneten SchulauS- schusse einzureichen. Unterlassene Anmeldungen sind der gesetzlichen Strafe unterworfen. Großenhain, den 8. Februar 1877. Der Schulausschuß. Markus, Vors. Bekanntmachung. Alle Diejenigen, welche Feuereimer zur CaSpari'schen Brandstätte geschickt, werden ersucht, dieselben binnen drei Tagen bei Unterzeichnetem, Töpfergasse 152, abzuholen. Nicht abgeholte Eimer werden auf Kosten der Besitzer zurückerstattet. Großenhain, den 23. Februar 1877.' F. Jähnig. Ein Verleumdungsprozeß. Vor einigen Tagen ist in Berlin der Herausgeber der „Social-politischen Correspondenz", vr. Rudolf Meyer, wegen Beleidigung des Fürsten Bismarck zu neun Monaten Gefängnißstrafe verurtheilt worden. Meyer hat den Fürsten Bismarck beschuldigt, ein Gründer zu sein, sich mit einer halben Million an der Gründung der preußischen Boden credit-Aktiengesellschaft betheiligt und dabei außerordentliche Vortheile bezogen zu haben. Die Beweisaufnahme hat er geben, daß den Behauptungen des Dr. Meyer auch nicht die geringste, den Fürsten Bismarck belastende Thatsache zum Grunde liege. Was Meyer erzählt, war reiner Klatsch und genau so entstanden, wie solcher Klatsch zu entstehen und verbreitet zu werden pflegt, gleichviel ob er von alten Weibern auf der Straße ausgeheckt oder in den feinsten Kreisen der deutschen Residenz breit getreten wird. Die Entscheidung des Prozesses hat gleichwohl in der stoffarmen Gegenwart die Bedeutung eines sensationellen Ereignisses erlangt und ist auch im Auslande als solches ausgebeutet worden. Ein ausländisches Blatt wirft, nachdem es seinen Lesern den Verlauf der Gerichtsverhandlung in dem erwähnten Prozesse mitgetheilt, die Frage auf, welche Rückwirkung es auf die politische Stellung des Fürsten Bismarck hätte haben können, wenn dieser in der That seinem Banquier freie Hand gelassen hätte, bei der Verwaltung seines Ver mögens jede beliebige einträgliche Operation zu vollziehen, also auch gelegentlich Gründungsbetheiligungen anzunehmen? Diese Frage wird indirect durch einige historische Parallelen beantwortet, von welchen wir nur die nachfolgende auführen wollen. Von Julius Cäsar — so heißt es in jenem Blatte — erzählten die Sittenstrengen, daß er sich in seiner Jugend schändlichen Lüsten hingegeben habe; die^Rangirten spotteten, daß sein Credit mit der Größe seiner Schulden zu wachsen scheine; die Nachlässigen entrüsteten sich über die Sorgfalt, womit er sein Haupthaar ordnete und pflegte, und zuletzt höhnte man, daß er den Lorbeerkranz vorzüglich deshalb trage, um seine Glatze zu verhüllen. Dieser selbige Cäsar dehnte aber nicht nur die Grenzen des römischen Reiches über den Rhein und über den englischen Canal aus, sondern er hat durch die Romanisirung des Westens erst der christ lichen Cultur den Weg geebnet und damit für den Fort schritt der Menschheit mehr geleistet, als Millionen von Biedermännern vom Schlage Cato'S, des strengen Censors. Dies die Parallele, welche zu dem Schluffe führen soll, daß der Maßstab der bürgerlichen Moral an die Hand lungen großer Männer der Geschichte und also auch Bis- marck's nicht gelegt werden dürfe. Deutschland — so fährt das Eingangs erwähnte Blatt fort — hat seit Jahrhunderten keinen genialeren Staatsmann hervorgebracht, als den gegenwärtigen Reichskanzler, der für die politische Macht stellung des Reiches mehr geleistet hat, als ein Hundert deutscher Regenten; und wenn nun dieser Mann von den Arnim, Gehlsen, Meyer und Genossen überführt würde, eine Betheiligung von der Boden - Creditgesellschaft ange nommen zu haben, würde man deshalb sein politisches Werk als ein unsittliches betrachten, oder würde er die politische Fähigkeit verlieren, auch fernerhin die Geschicke des Reiches zu leiten? Dies wird verneint unv die durch den Redacteur der „Social-politischen Correspondenz" inscenirte „politische Gründer-Campagne" gegen Bismarck ein kindisches Unternehmen genannt. So schillernd nun die ganze Argumentation ist, so wird sie in Deutschland doch keinen allgemeinen Beifall finden, denn hier hat der Maßstab der bürgerlichen Moral auch in politischen Dingen noch die ihm gebührende Geltung, und daß aus der Gerichtsverhandlung gegen Meyer auch die moralische Integrität unseres großen Staatsmannes iutact hervorging, das bereitet jedem ehrlichen Manne unter uns den höchsten patriotischen Triumph, wie es ihn nur mit der tiefsten Beschämung erfüllen kann, daß in unserer Nation eine conservative Partei existirt, in deren Schooß als letztes Mittel zur Vernichtung eines politischen I Gegners auch der verleumderische Angriff auf die Mannes ehre angewendet wird. Wahrlich, die vornehmen Kreise, in welchen die De- nunciationen eines Rudolf Meyer entsprungen sind und Unterstützung fanden, haben sich damit ein schlimmes Denkmal errichtet, das nicht sobald in Vergessenheit ge- rathen wird. Das nvilir et nprös clemolir (erst erniedrigen und dann vernichten) ist eine Waffe, die gegen sie selbst ihre Spitze kehren wird, weil eine Partei, welche die bürger liche Moral außer Acht läßt, bei uns keine Daseinsberech tigung mehr hat; und eine gute Folge des Prozesses Meyer ist es, daß er dies wieder Jedermann ins Bewußtsein gerufen hat. Tagesnachrichten. Sachsen. In einer am 2l. Februar bei Ihren könig lichen Majestäten stattgefundenen Familiensoiröe hatte, wie das „Dr. I." mittheilt, der Schiffscapitän Bade die Ehre, einen Vortrag über die in den Jahren 1869 bis 1870 aus geführte deutsche Nordpolfahrt, beziehentlich über seine Erleb nisse und die der Bemannung des untergegangenen Schiffes „Hansa" zu halten. In Angelegenheiten der Berlin-Dresdner Eisenbahn ist jetzt auch die Note des k. preußischen Gesandten in Dresden, Grafen v. Solms, ihrem Wortlaute nach mitgetheilt worden, ans welche die im „ Dr. I." abgedruckte Note des k. säch sischen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten die Er widerung bildete. Das „Berl. Tgbl." enthält über diesen Notenwechsel einen Artikel, welcher mit folgendem Satze schließt: „Hält maq. beide Beweisführungen gegen einander, so ist es klar wie der Tag, daß die sächsische Regierung in vollem Recht, die preußische aber im Unrecht ist. Sie ist im Unrecht, weil sie nicht mit der sächsischen Regierung vorher, ehe sie mit der Bahngesellschaft in Verhandlungen eintrat, eine Verständigung über die Handhabung der ganzen Angelegenheit herbeigeführt. Versucht hat sie diese Ver-