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Großenhainer UnterhaltungS- L Anzeigeblatt. Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zn Großenhain nnd Radebnrg. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Erscheinen: Dienstag. Donnerstag. Sonnabend. don Inserate werden bis früh 9 Uhr für die nächste 1^77 Abonnement vierteljährlich 1 Mark. * Nummer angenommen. ROsG* Bekanntmachung. Da durch den Transport von Blut aus den Schlächtereien nicht selten die Straßen And Wege der hiesigen Stadt verunreinigt werden, so wird hierdurch eine solche Ver unreinigung ausdrücklich verboten und zugleich angeordnet, daß von jetzt ab der Blut- IranSport innerhalb der hiesigen Stadt lediglich nur in festverschlossenen Behältnissen er folgen darf. Zuwiderhandlungen werden nach § 366 Pkt. 10 des Reichsstrafgesetzbuchs mit Geldstrafe bis zu 60 Mk. oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft. Großenhain, am 17. Februar 1877. Der Rath. Ludwig - Wolf. Kunath. Berichtigung. In der in Nr. 19 dieses Blattes veröffentlichten Bekanntmachung des unterzeichneten Raths vom 13. Februar 1877, Maßregeln gegen die Rinderpest betreffend, hat in Punkt 4 nicht Z 388, sondern § 328 des Reichsstrafgesetzbuchs angezogen werden sollen. Derselbe lautet wörtlich: Wer die Absperrungs- oder Aufsichts»Maßregeln oder Einfuhrverbote, welche von der zuständigen Behörde zur Verhütung des Einführens oder Verbreitens von Viehseuchen an» geordnet worden sind, wissentlich verletzt, wird mit Gesängniß bis zu Einem Jahre bestraft. Ist in Folge dieser Verletzung Vieh von der Seuche ergriffen worden, so tritt Gefäng» nißstrafe von Einem Monat bis zu zwei Jahren ein. Großenhain, am 16. Februar 1877. Der Rath. Ludwig-Wolf. Kunath. Anmeldung der schulpflichtigen Kinder diese und nächste Woche. Hardtmann, Schuldirektor. Bekanntmachnng. Wegen der an mehreren Orten des Landes ausgebrochenen Rinderpest ist höherer Anordnung gemäß für hiesige Stadt nebst Rittergut ein Viehrevisor zu bestellen gewesen und als solcher Herr Restaurateur und Stadtverordneter Fürchtegott Kunze am heutigen Tage in Thätigkeit gesetzt worden. Die Viehbesitzer haben dem Revisor jederzeit die Besichtigung ihres Rindviehbestandes zu gestatten und ihm jede Veränderung durch An- und Verkauf u. s. w. in demselben un verzüglich mitzutheilen. Krankheitserscheinungen und Todesfälle im Rindviehbestande sind mit gleicher Be schleunigung zur Kenntniß des Bürgermeisters sowie deS BiehrevisorS zu bringen. Der Gesundheitszustand des zum Fleischkonsum bestimmten Rindviehes muß, wenn es von auswärts eingebracht ist, durch den vorgeschriebenen ortspolizeilichen Transport schein, andernfalls aber durch eine Bescheinigung des Viehrevisors nachgewiesen werden. Zuwiderhandlungen gegen diese Anordnungen werden nach § 328 des Reichsstraf gesetzbuchs mit Gefängniß bis zu einem, nach Befinden zwei Jahren bestraft. Radeburg, am 17. Februar 1877. Der Stadtrath. Vogel, Bürgermstr. Sand Verkauf. Der an der sogenannten weißen Brücke auf einer Communwiese lagernde Flußsand — ca. 129 zweispännige Fuder — soll im Submissionswege mit der Bedingung, daß dessen Abfuhre bis zum 31. März h. I. beendet sein muß und mit Vorbehalt der Aus wahl unter den Bietern an den Meistbietenden verkauft werden. Verschlossene Offerten sind unter der Aufschrift: „Flußsand" längstens bis zum LV. Februar h. I. beim Stadtbauamte einzureichen. Großenhain, am 14. Februar 1877. Die Kultur- und Flurdeputation. Politische Weltschau. Kaum zusammengetreten, ist das englische Parlament mitten drinnen in der Untersuchung und Beleuchtung von Einzelheiten oder Ereignissen, die mit der orientalischen Frage in Zusammenhang stehen. Das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten — hier unnahbar, wie Moses auf dem Berg Sinai — ist in London einem wahren Kreuzfeuer von Fragen ausgesetzt. Eine interessante Debatte ward am 16. Februar durch Herrn Gladstone eingeleitet. Der Expremier lenkte nämlich die Aufmerksamkeit des Unter hauses auf eine Depesche des Lord Derby an Sir H. Elliot, in der es heißt: „ES ist meine Pflicht, Sie zu benach richtigen, daß irgend welches Mitgefühl, das vorher für dieses Land exiftirte, durch die jüngsten beklagenswerthen Vorgänge in Bulgarien völlig vernichtet worden ist. Die Berichte über die Ausschreitungen, welche von den türkischen Truppen gegen die unglückliche und größtentheils nicht Widerstand leistende Bevölkerung verübt wurden, haben ein allgemeines Gefühl der Entrüstung in allen Schichten der englischen Gesellschaft erregt und dieses Gefühl hat einen § solchen Höhepunkt erreicht, daß, selbst wenn Rußland den ! Krieg gegen die Türken erklärte, Ihrer Majestät Regierung es thatsächlich unmöglich finden würde, zum Schutze des ottomanischen Reiches zu iuterveniren. Ein solches Ereig- niß, durch welches die Sympathien der Nation in directe Opposition mit ihren VertragsVerbind lichkeiten gebracht werden dürften, würde England in eine höchst unbefriedigende und sogar demüthigende Lage versetzen; doch ist es unmöglich zu sagen, ob, wenn der gegenwärtige Zwiespalt fortdauert, die Eventualität nicht entstehen dürfte. Der schleunige Abschluß eines Friedens, unter irgend welchen Umständen höchst wünschenöwerth, wird in Folge dieser Rücksichten ein Gegenstand dringender Rothwendigkeit. Ihrer Majestät Regierung überläßt der Discretion Ew. Excellenz die Wahl der von Ihnen an- ! zuwendenden Argumente, aber Sie werden aus dem Mit- getheilten ersehen, wie wesentlich es ist, daß die türkischen Minister einen Begriff von der Position erhalten, in welche sie das Verhalten ihrer eigenen Behörden versetzt hat, und Sie werden verstehen, daß Sie berechtigt sind, sollte die Gelegenheit es erfordern, die stärkste Sprache zu gebrauchen, um der Pforte die Zweckmäßigkeit einer friedlichen Politik und der Mäßigung in den zu stellenden Bedingungen ans Herz zu legen." Der Passus von Vertragsverbindlich keiten ist allerdings höchst befremdlich und es scheint hier dem auswärtigen Amte ein unliebsames Versehen passirt zu sein, indem es ein Document publik machte, welches eiu- räumt, daß zwischen England und der Türkei „Vertrags- Verbindlichkeiten" bestehsn, was früher von keinem officiellen Redner zugestanden worden ist. Im Unterhause erkundigte sich Samuelson, ob dis Depesche von Lord Loftus an Lord Derby, datirt 2. November, in welcher ersterer mit- theilte, der Kaiser von Rußland hätte sein Ehrenwort ver pfändet, daß er keine Absichten auf Eroberungen oder auf Konstantinopel habe, und Lord Derby's Antwort vom 3. November, die Befriedigung der Regierung über diese ! Versicherung ausdrückend, dem Premierminister am oder vor I dem 9. November mitgetheilt worden seien? Der Schatz kanzler erwiderte: „Ja, mein Herr, natürlich sind sie ihm vorgelegt worden." EL. ist Mo nachgewiesen, daß Lord Beaconsfielv, als er am 9. November seine kriegerische Rede beim Lordmayor-Bankett hielt, von den friedlichen Versicherungen des Kaisers Alexander bereits Kenntniß er halten hatte! — In Konstantinopel hat sich nichts ver ändert und es ist kein neues Anzeichen hervorgetreten, nach welchem sich die Gunst oder Ungunst der Lage beurtheilen ließe. Der Berliner Correspondent des „Standard" will erfahren haben, daß in der letzten Abendgesellschaft beim französischen Botschafter, Vicomte de Gontant-Biron, die von Botschaftern und andern Diplomaten besucht war, die Meinung vorherrschte, ein Krieg zwischen Rußland und der Türkei werde kaum vermieden werden können. Die serbisch-türkischen Friedensverhandlungen scheinen im besten Gange zu sein, nachdem Edhem Pascha die von dem früheren Großvezier gestellten Forderungen wesentlich gemildert hat. Staatsrath Christie ist definitiv als Bevollmächtigter Serbiens für die Verhandlungen in Konstantinopel ernannt. Ein Semliner Telegramm der „Petersb. Intern. Tel. Agentur" will freilich noch von be deutenden türkischen Truppenmärschen gegen Bielina wissen, die serbische Stadt Schabatz habe sogar Verstärkung der Garnison erbeten, um gegen türkische Ueberfälls gesichert zu sein. Die serbische Regierung sei hinsichtlich der FriedenS- bedingungen noch keineswegs schlüssig. Die spanische Regierung hat vom General Martinez Campos die Mittheilung empfangen, daß er den Aufstand in Cuba bis zum Mai vollkommen überwältigt haben werde und daß er alsdann nach Spanien zurückzukehren beabsichtige. In Frankreich ist in der letzten Zeit viel von einer Ministerkrisis die Rede gewesen. Es ist ganz unverkennbar, daß zwischen dem Conseilspräsidenten Jules Simon und dem Herzog Decazes beträchtliche Meinungsverschiedenheiten obwalten, welche früher oder später zum Sturze des letztern führen müssen. — Es hat sich endlich herausgestellt, daß der Leiter der auswärtigen Politik Frankreichs um hohen Einsatz spielt, wenngleich seine Operationen im Einzelnen noch völlig verborgen sind. Nur so viel scheint offen zu liegen, daß sich der Herzog v. Decazes auf einem Wege befindet, der die Maßnahmen des Fürsten Bismarck kreuzt — er hat es darauf abgesehen, Deutschland zu isoliren. Erfreulicherweise hat die französische Politik bisher ohne jeden Erfolg gearbeitet. Das österreichische Abgeordnetenhaus hat sich für die Betheiligung Oesterreichs an der Pariser Ausstellung unter Annahme des Minoritätsantrags entschieden. Wie schon vorher alle Regierungöorgane, empfahl auch der! Handelsminister lebhaft denselben. — Die ungarische Mi» nisterkrisiS hat eine Lösung derart gefunden, daß der Kaiser j den bisherigen Minister Tisza mit der Neubildung des! Cabinets betraut hat. Die Sache wird von der „Pester I Corr." so dargestellt: „Nachdem die Versuche, ein neues ungarisches Cabinet zu bilden, völlig gescheitert sind, und! alle vom Monarchen berufenen ungarischen Abgeordneten I einmüthig constatirten, daß unter den jetzigen Parteiver- j haltnissen in Ungarn bloS das bisherige Ministerium möglich , sei, wurde Kol. v. Tisza von Sr. Majestät aufgefordert, die Bildung eines Cabinets wieder zu übernehmen. Herr v. Tisza erklärte, dieser Aufforderung nur dann nachkommen zu können, wenn eine Verständigung mit der jetzigen öster reichischen Regierung betreffs der obschwebenden Differenzen in der Bankfrage gesichert erscheine." Die Minister Tisza und Szell sind hierauf nach Wien berufen worden, um die Verhandlungen in der Ausgleichsfrage wieder aufzunehmen. Tagesnachrichten. Großenhain, 19. Februar. Das Stadtverordneten- Collegium hat sich in seinen Sitzungen am 7. und 12. d. M., über welche wir das Referat in nächster Nummer bringen werden, namentlich mit der Berathung des Entwurfs einer Localschulordnung beschäftigt. Außerdem wurde dem Colle gium aber unter Anderem auch die erfreuliche Mittheilung gemacht, daß das königl. Cultusministerium die der hiesigen Realschule bisher gewährte Subvention von 6000 Mark vom 1. April d. I. ab auf jährlich 9000 M. erhöht hat. Großenhain. Der „Verein ehrenvoll verabschiedeter Militärs zu Großenhain" hat Herrn Fabrikbesitzer Adolph Meißner hier zu seinem Ehrenmitgliede ernannt und ihm ein darauf bezügliches Diplom am vergangenen Sonntage durch eine Deputation unter Führung des Herrn Vorstehers Wilke überreicht. Der Genannte hat die ihm gewordene Auszeichnung sichtlich erfreut entgegengenommen. Sachsen. Unter Vorsitz Sr. Majestät des Königs hat am 16. Februar eine «Sitzung des Gesammtministeriums stattgefunden. Se. k. k. Hoheit der Großherzog von Toscana besich tigte am Vormittag des 16. Februar in Begleitung des Kriegsministers die Dresdner Militärneubauten. In Dresden hat die Elbe den höchsten Wasserstand, 375 Centimeter über Null, in der Nacht vom 15. zum 16. Februar erreicht, sodann ist dieselbe wieder gefallen und betrug der Wasserstand am 17. Februar Nachmittags 2 Uhr noch 295 Centimeter. — Der höchste Wasserstand ist in Meißen 405, in Merschwitz 414, in Riesa 397 und in strehla 405 Centimeter gewesen. Im Laufe der vergangenen Woche ist die Rinderpest leider auch an mehreren Orten des Zwickauer Regierungs bezirkes zum Ausbruch gekommen, doch ist bei dem ener gischen Einschreiten der Behörden zu hoffen, daß dieselbe auf vereinzelte Falle beschränkt bleibt. Der Bezirksausschuß der Amtshauptmannschaft OelSnitz bewilligte unter Vorbehalt der Zustimmung der Bezirks versammlung 10,000 Mark zur Errichtung eines Bezirks- RettungshauseS für verwahrloste und der Verwahrlosung entgegcngehende Kinder. In Meißen hat sich, wie man dem „ Dr. I." meldet, am 15. Februar der traurige Fall ereignet, daß der Kanzleisecretär der dasigen Amtshauptmannschaft, Krapf, infolge Genusses vom Lande yereingebrachten, schlecht ge pökelten und daher verdorbenen Schweinefleisches schwer erkrankt und alsbald gestorben ist. Auch vier Kinder, welche von diesem Fleische genossen, sind erkrankt und schwebt eines derselben in Lebensgefahr. — Ein Bruder des Verstorbene»