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Erscheinen: DitnStag, Donnerstag und Sonnabend -mit Ausschluß der Feiertage. Abonnement: Vierteljährlich I Mark. Großenhainer UMH LltllNIS M AHchMatt. Amtsblatt Inseratenannahm«: Bi- TagS vorher spätestens früh 9 Uhr. Insertionsbeträge von auswärts werden durch Postvorschuß erhoben. der Königs. Amtshauptmannschaft, des Königs. Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Redaction. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Sonnabend, den 8. April 18SS Bekanntmachung. Unter Vorbehalt der Genehmigung des Königlichen Finanz-Ministeriums soll die Gras- und Schilsnutzung auf dem fiscalischen Gebiete des Gröbel-Elsterwerdaer Canales vom fiscalischen Holzhofgrundstücke bei Grödel an bis zur sächsisch-preußischen Landesgrenze anderweit auf 5 Jahre Montag, den 22. April 1870, meistbietend verpachtet werden. An genanntem Tage werden Vormittags halb 10 Uhr im Gasthofe zu Glaubitz die Parzellen Nr 1 bis mit 31, d. i. von der Grenze des fiscalischen Holzhofgrundstückes bei Grödel bis an die Siedlitzer Canalbrücke mit Ausschluß der Parzelle Nr. 11, Mittags 12 Uhr im Gasthofe zu Streumen die Parzellen Nr. 32 bis mit 69, d. i. von der Siedlitzer Brücke bis zum Durchgänge der kleinen Röder, Nachmittags 4 Uhr im Gasthofe im Eisenwerk Gröditz die Parzellen Nr. 70 bis mit 105, d. i. vom Durchgänge der kleinen Röder bis zur Landesgrenze mit Ausschluß der Parzelle Nr. 89, zur Verpachtung kommen. Die Parzellen sind durch eingeschlagene nummerirte Pfähle bezeichnet und haben Pachtlustige sich von der Lage und Größe der Parzellen vorher zu unterrichten. Die Pachtbedingungen werden im Termine bekannt gegeben, bei welchem auch das Pachtgeld für das erste Pachtjahr sofort mit zu erlegen ist. Riesa und Meißen, am 28. März 1876. Königs. Wasserbau-Jnspection. Königs. Bauverwalterei. OLK«! Lvilvr. Der Ultramontanismus in Noth. Wohin sind sie gekommen, die Tage stolzer Illusionen, E denen das Haupt der ultramontanen Kirche prophezeien durfte, ein herabrollendes Steinchen werde den Coloß des neuen deutschen Reiches zerschmettern? Die Weissagung ist eine Selbstverhöhnung des Unfehlbaren geworden, und im Vatican, wo vor fünf Jahren noch die Zuversicht des Uebermuths herrschte, der einer Welt Trotz bieten zu können glaubte, ist es jetzt wundersam stille. In den politischen Homilien des Papstes spricht sich immer deutlicher eine Resignation aus, die zwar den Finger Gottes noch an die Wand malt, aber nicht mehr an ihn zu glauben wagt. Das Gefühl der Verlassenheit drückt dieser Atmosphäre den Stempel einer Zerknirschung auf, die ein fast widerliches Wegenstück zu dem früheren Hochmuth bildet. Freilich hat die Zerknirschung gute Gründe. Alle Hoff nungen, die der Vatican auf die lateinischen Nationen setzte, sind zu Schanden geworden. Das neue Jahr hat in Spa nien den Sturz des Carlismus, in Frankreich die voltairisch gesinnte Republik und Italien ein neues Ministerium ge bracht — drei Ereignisse, deren Tragweite man am wenigsten im Vatican übersehen wird. Das Liebäugeln des Unfehl baren mit dem Carlismus hat die spanische Regierung Lopfscheu gemacht, und sie läßt in Nom wissen, daß die Glaubenseinheits-Phantasien mit dem spanischen Staats recht nicht vereinbar sind. Die französische Negierung nimmt den Anlauf zu Schulreformen, deren Durchführung .alle Errungenschaften des Ultramontanismus in den Vor jahren mit Vernichtung bedroht, und statt zu einem Kriege gegen Deutschland, bereitet sie sich zu einer neuen Welt- Ausstellung vor. Die neue italienische Regierung endlich wird das Werk ihrer Vorgängerin fortsetzen und eher noch energischer die Rechte des Staates wahren. Und dazu die überlegene Stellung der germanischen Nationen! In Ledochowski, der in Rom seinen dauernden Aufenthalt nehmen will, hat der Papst den lebendigen Beweis dafür, daß es mit dem Kampf gegen den Staat im deutschen Reiche nichts ist, daß die Majestät des Staatsgesetzes auch die Katholiken in ihrem Bann hält, und daß nichts übrig bleibt als Unterwerfung, schlechthin, L»hne Hintergedanken und ohne Phrase. Holland hat dem Märtyrer von Paderborn ohne Wei teres den Laufpaß gegeben, in England ist für den Firlefanz Manning's kein Verständniß, und Rußland gegenüber — mm schließlich auch von diesem slavischen Staate zu reden — nützt alle vaticanische Seiltänzerei nichts, um es von seiner -Schwärmerei für die moskowitische Glaubenseinheit ab- zubringen. Was bleibt da noch, als etwa das „katholische" Schulgesetz des Vorarlberger Landtages, den aber der treue Sohn der Kirche, der Kaiser von Oesterreich, wenn er nicht Ordre pariren will, heimschicken wird, wie den frommen Landtag von Tyrol. Das sind fürwahr schlechte und aus sichtslose Zeiten; und wie wird es dem Vatican erst werden, wenn Pius IX. nicht mehr sein und das Peterspfennig- geschäft aufhören wird. Die Jahre der Nachsicht und Geduld mit einem Greis, wer sich in die Ereignisse der Zeit nicht finden konnte, haben bewiesen, daß von weiterer Schonung nichts als Schädigung der höchsten Staatsinteressen zu erwarten ist; Waß es vor den unseligsten Folgen bewahrt, wenn man moch zu rechter Zeit die Hände bindet, welche Feuer im Hause anlegen wollen. Es handelt sich nicht um die be- klagenswerthe Person des greisen Papstes, der leider seinen jesuitischen Rathgebern nicht mehr entzogen werden kann; aber die Fürsten wollen nicht ferner in dem Vatican ein Kriegslager dulden, welches überall Schutz verlangt, um den Staat selbst zu bekämpfen. Das sind schwere Niederlagen des VaticanS; das sind die Thatsachen einiger Jahre Geschichte. Nicht ist es der Papst mehr, der sie macht; mit seiner Unfehlbarkeit offen bart sich mehr und mehr seine Ohnmacht gegen den fort schreitenden Geist der Zeit. Tagesnachrichten. Großenhain, 7. April. Daß unsere Realschule auf dem besten Wege ist, das in sie gesetzte Vertrauen zu recht fertigen, bewies dieselbe, so weit es bei einer solchen Ge legenheit möglich ist, durch ihre gestern abgehaltene öffent liche Prüfung. Herr Kober hat in der That das lliville et impeca eines Directors trefflich verstanden und auch darin bewährt, daß er eine jede seiner Lehrkräfte auf den rechten Posten gestellt hat. Seine eigne Lehrmethode ist ächt wissenschaftlich, und wenn die Beispiele in der Raum und Zahlenlehre, wie es geschah, so viel wie möglich aus dem alltäglichen Geschäftsleben gegriffen werden, so wird ihr auch jeder Laie das Zeugniß geben, daß sie ächt praktisch ist. Das Examen in der Erd- und Völkerkunde anzuhören, war eine wahre Lust, weil ausnahmslos jeder Schüler trefflich bewandert war. In der neuen Rechenmethode, welche anfangs, wie alles Neue, Manchen mit Vorurtheil zu erfüllen schien, waren doch die 11jährigen Knaben zu tact- und sattelfest, als daß man ihrer Schwierigkeiten wegen Bedenken tragen sollte, sie als ein Mittel zn begrüßen, welches die Knaben auch beim mechanischen Arbeiten zum Denken veranlaßt und sehr geeignet ist, in das Rechnen von vornherein wissenschaftlichen Sinn zu bringen. Doch wir wollen keine einzelnen Leistungen hervorheben, um nicht ebenso Tüchtiges zurücksetzen zu müssen, sondern wollen beherzigen, was der kleine Morche klar und eindringlich genug vordeclamirte, daß dem Zu sammenwirken Aller zu danken ist, was zu danken ist. Einen recht guten Eindruck machte der persönliche Verkehr der Lehrer mit den Schülern, so weit man ihn beobachten konnte. Da war Nichts von Wissensdünkel oder Lehrer eitelkeit auf der einen, Nichts von sklavischer Scheu oder geistiger Zuchtlosigkeit auf der andern Seite. Möge es so bleiben. Großenhain, 7. April. Heute wurden im Saale des Geseüschaftshauses in feierlicher und würdiger Weise nach erhebenden Gesängen unter Leitung des Herrn Cantor Lösche und nach ergreifender Ansprache des Herrn Schnldirector Hardtmann die hiesigen Confirmanden aus der Zucht ihrer Lehrer entlassen. Die Sitte dieser schönen Feierlichkeit scheint noch nicht Allen bekannt zu sein; sie ist es Werth, daß ihr auch Nichtbetheiligte beiwohnen, da sie mehr als jede andere Feier die Erinnerung an Jugendzeit und herz lichen Jugendsinn erweckt und jedem Erwachsenen ans Herz legt, mit welcher Rücksichtnahme er solche aus der Schul zucht entlassene Kinder im Leben zu behandeln und zu fördern hat. Großenhain, 8. April. Heute feiert der in hiesiger Stadt beliebte alte Veteran, mell, praet. und Bataillons- Arzt a. D., Herr Carl August Ernst Meng, seinen 89. Geburtstag. Wie wir hören, sind dem immer noch unermüdlichen Arzte von mehreren Seiten Ovationen zn- gedacht. Möge es ihm vergönnt sein, noch lange segens reich zu wirken. — In der Schule zu Schönfeld ist am 31. März dem in Ruhestand tretenden Cantor Weldt in Gegenwart des Kirchenvorstandes und des Bezirksschulinspectors durch den, den erkrankten Amtshauptmann vertretenden Besirksassessor v. Witzleben das von Sr. Majestät dem König Albert dem selben verliehene Verdienstkreuz zum königl. sächs. Verdienst- Orden in feierlicher Weise überreicht worden. (Dr. I.) Sachsen. Die erste Kammer hat in ihren Sitzungen am 5. und 6. April den Etat des Ministeriums des Cultus und öffentlichen Unterrichts nach den Anträgen ihrer Finanz- deputation, welche größtentheils mit den von der zweiten Kammer gefaßten Beschlüssen übereinstimmten, erledigt. — Die zweite Kammer beschäftigte sich am 6. April mit der Berathung einiger Petitionen. Wie dem „ Dr. I." aus Bautzen berichtet wird, war ! in einer größeren Fabrik des benachbarten Dorfes Hainitz ! am 4. April 'Nachmittags unter den Arbeitern eine auf rührerische Bewegung ausgebrochen und hierbei ein Kutscher im Gesicht verwundet worden, während man die Beamten stark einschüchterte. Auf dies bezüglich vom Gemeinde vorstand ausgeführte Requisition begaben sich am Morgen des 5. neun Gendarmen in die Fabrik und verhafteten da selbst vier Rädelsführer, während es einem fünften gelungen war, zu entweichen. Die Arbeiter setzten der Abführung der vier Collegen keinen Widerstand entgegen. Die Unruhen hingen jedenfalls mit der socialistischen Frage nicht zusammen. Am 5. April wurde in Reudnitz bei Leipzig das drei jährige Kind eines Restaurateurs von einem in raschem Tempo fahrenden Steinfuhrwerk überfahren und auf der Stelle getödlet. Deutsches Reich. Se. Majestät der Kaiser hat wegen des fortdauernden Erkältungszustandes den für den 5. April beabsichtigten Besuch der Königin Victoria in Baden-Baden noch ausgesetzt. Der Bundesrath ertheilte, wie die „N.-Z." meldet, in seiner Sitzung am 5. April den Gesetzentwürfen wegen Ab änderung des Titels Vlll. der Gewerbeordnung und wegen der eingeschriebenen Hilfskassen in der vom Reichstage be schlossenen Fassung seine Zustimmung. Der Justizausschuß des Bundesraths erledigte in den Sitzungen vom 3. und 4. April die Berathungen über die Beschlüsse der Reichöjustizcommission zu dem Entwurf eines Gerichtsverfassungsgesetzes für das deutsche Reich. Am 6. sollte die Berathung über den Entwurf einer deutschen Strafproceßordnung beginnen. Ueber die Ausweisung einer Anzahl Flüchtlinge der Pariser Commune aus Straßburg theilt die „Straßb. Z." berichtigend folgendes Nähere mit: Bisher hielten sich hier 39 Communarden auf. Von diesen wurden fünf ausgewiesen, wozu noch einer demnächst hinzukommen wird. Von diesen sechs Individuen haben sich drei des Diebstahls, der Unter schlagung und gemeiner Verbrechen schuldig gemacht; ein vierter machte unter erschwerenden Umständen Concurs; ein fünfter lebte hier im Concubinat und ließ seine Frau mit zwei Kindern zu Lyon im Elend sitzen. Ein anderer endlich hat sich auf politische Agitationen eingelassen, welche den Zweck hatten, die Ruhe eines Nachbarstaates, mit welchem wir in Frieden leben, zu gefährden. Man sieht aus diesen Thatsachen, daß von politischen Verfolgungen, als welche man da und dort die Ausweisung der CommunardS dar zustellen suchte, nicht die Rede sein kann. Preußen. Das Abgeordnetenhaus hat am 5. April den ! Gesetzentwurf, betreffend die Vereinigung des Herzogthums ! Lauenburg mit der preußischen Monarchie, in dritter Lesung angenommen. Ueber die Dauer der Landtagssession äußert sich die „Prov.- Corr." mit folgenden Worten: „Da bisher keine der zahlreichen größeren Vorlagen im Abgeordnetenhause zur zweiten Berathung gelangt ist, so wird es selbst bei sehr angestrengter Thätigkeit im Mai und Juni schwer durch führbar sein, die vielfach dringenden Gesetze mit den beiden Häusern zu vereinbaren." Oesterreich. Ihre Maj. die Kaiserin ist am 5. April nach einem mehr als dreiwöchentlichen Aufenthalte in Eng land wieder in Wien eingetroffen. Der Landtag von Vorarlberg nahm am 4. April mit 14 gegen 5 Stimmen einen Gesetzentwurf für katholische Volksschulen an und beauftragte den Landesausschuß, bei Vorlage desselben die Regierung um Abänderung jener Gesetz bestimmungen zu ersuchen, welche sie im Widerspruche mit diesem Landesgesetze erachtet hat. Wie man der „Presse" meldet, glauben die Clericalen selbst nicht, daß dieser Gesetzentwurf jemals Geltung erlangt. Der Regierungs- commissar erklärte denn auch, der gegenwärtige Entwurf überschreite die Landescompetenz und stehe mit dem Reichs gesetz vom 25. Mai 1868 und 4. Mai 1869 im Wider spruche. Keine Regierung, welche auf ihre Würde halte, könne einen solchen Entwurf der allerhöchsten Sanction empfehlen. ! Italien. Auf Ordre des Königs Victor Emanuel ist ! dem in Rom eingetroffenen Feldmarschall Grafen Moltke für die Dauer seines dasigen Aufenthalts der Major Taverna attachirt worden. Am 5. April machte der Kriegsmintster Mezzacapo dem Grafen Moltke einen Besuch.