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247 die Herren nicht gutwillig gehen werden. — Die Reaction gegen die jetzigen Machthaber ist vor züglich im Heere zu einer sehr bedenklichen Höhe angewachscn und die Proklamationen derselben zeu gen von ihrer Übeln Lage. Vor Allem wird aber wiederholt Geld verlangt. So heißt es wörtlich in einer Bekanntmachung: „Badener, nicht klägliche Almosen, sondern große Opfer verlangt die Revo lution! (Warum sind denn aber dem verführten Volke von Volksrednern und Aufwieglern aller Art erst Steuerbefreiungen und dergleichen Albernheiten versprochen worden?) Sie klopft nicht wie ein hungernder Bettler an die Thüren der Reichen; sie hat das Reckt zu fordern. Deßhalb, Bürger und Bürgerinnen, seid ihr nochmals zu sreiwil- ligen Steuern aufgefordert. Sparsamer und klüger als Kargen ist reichliches Geben, welches zum Ziele führt und euch wiederholte und größere Opfer er spart. Geld ist Macht und es ist an keinen Sieg zu denken, wenn von einem engherzigen Bürger thum dieses der Revolution vorcnthalten wird. Die Leute, welche ihr Vermögen jetzt verbergen oder außer Landes schicken, sind die größten Verrather des Volkes und Vaterlandes." — Um Mitternacht des 1. Juni kamen in Heidelberg zum Bürgermeister 50 Mann Freischärler und zeigten einen Befehl der provisorischen Regierung vor, daß sie nicht eher fortgehen sollten, als bis ihnen Wein, Wurst, Käse und Brot zu voller Sättigung gereicht worden sei. Würtcmberg. Herr Fickler, ein Mitglied der provisorischen Regierung, ist hier verhaftet worden, da er das würtembergische Militär für die badische Sache zu verführen versucht haben soll. — Die Kammer hat die Beschlüsse der Reutlinger Volks versammlung abgelehnt, worüber alle Vernünftigen erfreut sind. Schleswig - Holstein. Die in Schleswig stehenden badischen Truppen sind in schleswig-hol- steinschen Sold getreten, da sie aus Baden nichts mehr bekommen. — Drei deutsche Kriegsdampf schiffe haben am 5. Juni das dänische Geschwader bis Helgoland verjagt. Eine halbstündige Kano nade ging vorher. Im Ucbrigcn keine Nachrichten von Belang. Frankfurt. Eine Anzahl Mitglieder des Reichs tagsrückstandes sind nach Stuttgart abgereist, eine andere Partie ist in Frankfurt zurückgeblieben und protestirt gegen einen Wegzug von dort, will auch daselbst forttagen und verhandeln. Das schon be willigte Geld für den Unterhalt der Nationalver sammlung für den Monat Juni, im Betrag von 25,000 Gulden, ist vom Reichsverweser zurück behalten worden.^— Der Ministerpräsident Grävell hat seine Entlassung genommen. — Der Groß herzog von Baden Hal von hier aus allen seinen Soldaten, welche zu ihrer Pflicht zurückkehren, völlige Amnestie versprochen. — Unterm 28. Mai wurden von Karlsruhe aus für Rechnung eines Frankfurter Handelshauses fünf Fäßchen Geld, je des zu 5000 Gulden per Eisenbahn versendet. Es kamen jedoch nur zwei an, die übrigen drei hatte der Landesausschuß mit Beschlag belegt und zu rückbehalten. Oesterreich. Die Königin von Griechenland ist in Wien angekommen. — In Tyrol wird das dritte Truppencorps zusammengezogen. — In Preß burg wurden zwei Juden hingerichtet, weil sie ver sucht hatten, das Militär zum Treubruche zu ver leiten. — Die Eholera ist in verschiedenen Orten Ungarns ausgebrochen. — Der Marschall Fürst Paskiewicz, der Oberbefehlshaber der Expedition gegen Ungarn, ist in Krakau angekommen. Die Russen sollen eine große Schlacht bei Peterwardein gewonnen haben. Sichere Nachrichten fehlen und im Ganzen scheint Alles noch ziemlich unverändert zu stehen. Italien. Die Zerstörungen, welche die jetzige Regierung in der Umgebung Roms an Bäumen und Palästen hat anrichten lassen, sind gräßlich. Jetzt sollen auch die Kunstschätze m Rom und Ve nedig veräußert werden, wogegen die rechtmäßigen Regierungen, als einen Diebstahl, protestirt und vor deren Ankauf gewarnt haben. — Bald nach der Einnahme von Malghera hörte man von Ve nedig aus Kanonenschüsse und sah bald darauf ei nige Barken mit Bewaffneten von daher ankom men und vor den Oesterreichcrn die Waffen strecken. Es war die Besatzung Malghcra's, welche sich so hcldenmüthig vcrtheidigt Halle bis das Fort zusam mengeschossen und ihr letztes Pulvermagazin ge sprengt war und nun zum Dank bei ihrer Ankunft in Venedig mit dem Rufe „Verräthcr" und Ka nonenschüssen begrüßt worden war. Frankreich. Bei der Wahl des Bureaus der gesetzgebenden Versammlung hat die gemäßigte Par- lei einen vollständigen Sieg davon gelragen. — Wie in Deutschland die Revolutionspartei die Franzosen ins Land rufen möchte, so wird in Frankreich die gemäßigte Partei beschuldigt, die Fremden zur Unterdrückung der Radikalen nach Frankreich rufen zu wollen. Die socialistische Partei wird schon unter sich uneinig. Das neue Ministerium ist so gebildet, daß es die sichern Hoffnungen gewährt, es werde Frankreich sich ohne Noth in keinen Krieg einlassen, am allerwenigsten zu Gunsten der badisch- pfälzer Revolutionspartci. Die ministerielle Partei wird von 600 etwa 450 Stimmen haben. Rußland. Reisende, welche von dorther kom men, versichern, daß die Nachrichten von einer Verschwörung, sowie von zahlreichen Verhaftungen völlig unwahr sind. Papiergeld betreffend. Bei der Menge verschiedenen ausländischen Pa piergeldes, womit Sachsen jetzt überschwemmt ist, und welches ohne Unterschied vom Publicum auf guten Glauben angenommen wird, halten wir es für Pflicht, unsere Leser auf eine Gefahr aufmerk sam zu machen. Es ist nämlich Lie Einziehung 46