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Unterhaltnngs - und Anjeigeblatt. Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke. 23. Mittwoch, dm 21. Marz 1849. Tagesnachrichten. Frankfurt. Aus ciner Erklärung des Reichs- finanzministers geht hervor, daß unter die nachläs sigen oder böswilligen Staaten, welche den Beitrag zur deutschen Flotte noch nicht eingesendet haben, neben Oesterreich, Baiern, Liechtenstein, Kurhessen und Luxemburg auch unser Sachsen gehört. Letzteres hat als Ausrede erklärt, es müsse erst seine Stände befragen, und doch hat es das meiste Interesse, vaß seine Industrie und sein Handel durch eine starke Flotte geschützt werde. Dieselbe besteht übrigens trotz dieser Sonderbündeleien aus 3 Dampffregat ten, 6 Dampfcorvetten, einem Segelschiff mit 32 Ka nonen, 86 Kanonenbooten und Jollen. — Ferner wurde im Reichstage ein sehr gutes Gesetz über die Regulirung und Beaufsichtigung der Auswan derung berathen, um die Auswanderer vor den jetzt so häufigen Betrügereien von Mäklern re. sicher zu stellen. — Die letzte hier eingcgangene öster reichische Note in Bezug auf die deutsche Ver fassung ist eine Zumuthung zum Rückschritt, wie sie seit dem vorigen März nicht dagcwesen ist. Zuerst soll das Volkshaus ganz in Wegfall kommen und da die bis jetzt berathcne Verfassung überhaupt zu frei sei, wolle Oesterreich mit den übrigen größeren deutschen Staaten eine Verfassung octrvyiren. Dann soll aus vereinigter Wahl der Regierungen und Stände eine Art Staatenhaus gebildet werden, zu dem Deutschland 32, Oester reich als Gesammtmonarchie 38 (wie bescheiden!) Mitglieder zu wählen habe. Auch erkläre sich Oesterreich gegen den Grundsatz der Ministerverant wortlichkeit (immer schöner) und würde ferner eine engere Vereinigung der deutschen Staaten nicht dulden. Diese säubern Zumuthungen kurz zusam mengefaßt sagen nichts Anderes, als: Oesterreich will den alten Bundestag mit Vertrauensmännern wieder hergesteUt haben und darin den absoluten Vorsitz mit seinen 38 Stimmen führen. Die re publikanische Partei hat uns viel dummes und an- maßliches Zeug schon zugemuthet, aber so etwas ganz Einziges in seiner Art, wie Oesterreich, doch nicht. — Der Verfassungsausschuß hat mit allen Stimmen gegen sechs beschlossen, den Welckcrschen Antrag der Versammlung zur Genehmigung zu empfehlen. Ucber Verfassung und Wahlgesetz soll in Einer Abstimmung entschieden werden. Die Berathung darüber hat den 17. März begonnen. Einige 90 Redner hatten sich dafür und dagegen einschreiben lassen. — Die österreichischen Abgeord neten wollen für jetzt nicht austrcten. Preußen. Das Kriegsministerium hat die kräftigsten Maßregeln zum Schutze der Ostsecküste angcordnet und auf eigne Rechnung 11 Kanonen schaluppen, 1 Eorvette mit 24-Pfändern, 3 Dampf schiffe und mehrere Segelschiffe kriegsmäßig aus gerüstet. Dasselbe erklärte auch officiell, baß es auf Antrag der Eentralgewalt 12,000 Mann Trup pen schleunigst mobil zu machen habe. — In der Artilleriewerkstätte zu Deutz bei Eöln herrscht so große Thätigkeit, daß die Arbeiter kaum unterge bracht werden können. — In Berlin ist der Jah restag der Berliner Straßenschlacht, der 18. März, ziemlich ruhig vorübergcgangen. Freilich waren auch die umfänglichsten militärischen Vorsichtsmaß regeln getroffen. — In Königsberg wurden vier Officiere und ein Unterofsicier, weil sie sich für die aufgelöste Nationalversammlung in einer Anerken nungsadresse mit unterzeichnet hatten, zu mehr jähriger (6—3 Jahren) Festungsstrafe verurtheilt.— An der polnischen Grenze herrscht über russische Truppenbewegungen große Bestürzung. Die feind lichen Regimenter sind bis unmittelbar an die preu ßische Grenze vorgerückt und haben Bivouacs be zogen. Die dortigen Deutschen retten ihre Baar schaften und beweglichen Güter weiter nach Preußen hinein. In Posen hat sich der Adel mit der Geist lichkeit entzweit. Oesterreich. Die getreuen Unterthanen Sr. Majestät scheinen sich in ihr Geschick, die octroyirte Verfassung , zu'ergeben. In Prag ist die Stim mung freudiger und der Verkehr im Ganzen besser als lange Zeit vorher; dasselbe ist in Wien der Fall. Viele waren der fortwährenden Schmähungen gegen die Regierung überdrüssig und haben durch die Neuzeit zu große Schaden an Arbeit und Ver dienst erlitten, als daß ihnen die Beendigung dieser Zustände nicht hätte willkommen sein sollen. Die Handelsstädte, Triest rc. legen die meiste Freude an den Tag. Die republikanischen Demokraten sind natürlich wüthend. — Die Festung Komorn soll von den Ungarn entsetzt worden sein. Windischgratz hat die Weisung vom Kaiser erhalten, daß er sich jeden Einflusses auf die Civilverwaltung in Ungarn zu enthalten habe, da dieß Sache des Ban von