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Großenhainer Unterhaltungs- und AmeiHeblatt. Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke. 8. Sonnabend, den 27. Januar 1849. Tagesnachrichten. Frankfurt. Am 18. Januar hat allhier eine fünfstündige Bierhausschlagerei unter österreichischen und baierischen Soldaten stattgefunden. Die Ur sache waren zuerst Liebcshandel. — In der National versammlung ist die Erblichkeit des Reichsoberhaup tes abgeworfen worden. Bedeutendere Adressen für ein preußisches Kaiserthum gingen wiederum, besonders zahlreich aus Hannover, ein. Aus Ober österreich wurden 1500 Gulden Flottenbeiträge ein geliefert. Dahlmann erzählte scherzend in der Na tionalversammlung, um zu beweisen, wie sehr der Grundsatz der erblichen Monarchie in Deutschland vorherrsche, daß 1814 nach dem Sturze Napoleons eine Volksversammlung beschlossen habe, den an gestammten Fürsten doch wieder auf den Thron seiner Väter zu verhelfen, obgleich er ein Esel sei. — Bei dem Central-Comits in Frankfurt sind für Blums Familie etwas über 10,000 Thlr. ein gegangen. Sachsen. Die erste Ständekammer hat in Bezug auf ihre Talente eine ebenfalls sehr wenig schmeichelhafte Charakteristik im Dresdner Journal erfahren. Von allgemeines Interesse erregenden Gegenständen ist nichts zu erwähnen. Wie es scheint, soll auch bei den sächsischen Kammern das zeitraubende und in den meisten Fällen höchst un nütze Jnterpellationswesen (Fragstellungen an die Regierung) eingeführt werden. Als ein Zeugniß, wie die zweite Kammer in der Meinung des Mi nisters Oberländer stellt, kann sein Ausspruch die nen: Wohl sei cs wahr, daß die Kammer Herr in ihrem Hause sei, aber sie werde doch von ihrem Hausrechte nicht in dem Sinne gegen die Regierung Gebrauch machen wollen, welchen man im gewöhn lichen Leben mit diesem Ausdrucke verbinde. Ferner bediente er sich noch des Ausdrucks: „einer so in telligenten Kammer gegenüber", von dem Jeder mann weiß, wie er ihn zu nehmen hat. — Der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha ist zum Ge neralleutnant der Reiterei ernannt worden und von Dresden nach Berlin gereist. — Seit dem März sind nicht weniger als einige 70 neue Zeitschriften erschienen, wovon einige freilich schon wieder eines sanften Todes verschieden sind. Preußen. Die Diebstähle mit bewaffneter Hand nehmen seit Abschaffung der Todesstrafe in Berlin sehr überhand, da die Furcht dafür nun nicht mehr einen heilsamen Einfluß ausübt und ein Mord nicht mehr so gescheut wird. Die Thorwachc am Bran denburger Thore soll einen Lastwagen mit 36 Cent- nern Pulver und einem falschen Frachtbrief ange- baltcn haben. — Bei den Wahlen ist es theilweise sehr energisch zugegangen, und wo man mit dem gesunden Menschenverstände nicht mehr auskam, hat inan die Fäuste zu Hülfe genommen. Die Resultate sind noch nicht zu übersehen. Die Demo kraten haben wieder durch großartige Versprechungen zu wirken versucht. So haben sie in Schlesien jedem Tagelöhner auf dem Lande drei Morgen Land versprochen, wenn sie in die Kammern kämen, und leider waren viele so einfältig, es zu glauben. — Das Ministerium hat die von dem Reichsministe rium abbestellten Holzankäufe für die deutsche Flotte an der Ostsee auf preußische Rechnung bis zu dem festgestcllten Preise von 200,000 Thalern fortzu- setzcn anbefohlcn. — In der vorigen Woche starben in Breslau 228 Menschen an der Cholera. — Der Belagerungszustand in Düsseldorf ist aufgehoben. Oesterreich. In Prag ist das Gerücht seit einiger Zeit verbreitet, daß diese Stadt bald in Belagerungszustand werde erklärt werden. Vor läufer sind allerdings schon vorhanden. Das Aus rufen und Verkaufen von Zeitungs- und Flug schriften auf den Straßen ist verboten. Auch soll eine nachträgliche strenge Untersuchung wegen der Juni- Revolution vorgenommen werden. Die Hofpartei und Geistlichkeit bläht sich sehr auf. Am 20. Ja nuar wurde bekannt gemacht, daß alle Militär posten scharf geladen hätten und auf Jeden zu schießen beordert seien, der auf ihren Ruf nicht sofort still stehe. — In den Lyccen zu Ollmütz, Freiberg und Brünn wird mit Verbannung des Deutschen die slavische Sprache eingeführt. — Die deutschkalholische Gemeinde in Grätz ist durch eine Ministerialverordnung aufgelöst und der Prediger Scholl fortgewiesen worden. Allerliebste Religions- und Gewissensfreiheit! — Kossuth ist noch in Debreczin. Als letzten Versuch, seine Sache zu retten, nimmt er nun noch den Aberglauben der magyarischen Bauern zu Hülfe. Die Krone des heiligen Stephan, welche er mit sich genommen hat, wird nämlich von dem Volke als heilig ver ehrt. Kossuth, der Protestant, hat nun dieselbe in der Kirche daselbst zur Verehrung ausstellen lassen