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und QL 4 AÄsdlaN sm dm AMO ji Waldmdmz. Mittwoch, den 1. Februar 1893 « 26, Zugleich wett verbreitet in dm Städten Penig, Lunzenau, Lichtenftein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbeztrke: Altstadt-Waldenburg, BräunSdorf, 'Zallenberg, St. Ggidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Ärumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- lsuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. G., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Kescheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Amlahrue von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis mittags 12 Uhr. >« Abonuementspreis bettägt vierteljähr- Uch ll «k. SS Pf. Einzelne Nrn. 5 Pf. Snserate pro Zeile 10 Pf., Linges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Obergasse 291L. —— Filialen: in Altstadtwaldenbmcg bei Herrn Kaufman» Otto Förster, in Langenchuas- darf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgaffe; iu Rochsburg bei Herrn Paul Zehk; iu Wolkenburg bei Herrn Lrust Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Witteruugsbericht, ausgenommen am 31. Januar, nachm. 4 Uhr. Bsrsmeterstaud 764 mm. rrductrt auf dm Meeresspiegel. Thermometerstaust -s- 5,»° 0. (Morgens 8 Uhr -s- 3°.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 70'/v. Thaupuukt -s- 0,r Grad. Windrichtung: West. Daher Wttternugssnsftchten für den 1. Februar: Halbhetteres bis wolkiges Wetter. Bekanntmachung. Die aas den Termin 1. Febrnar 1893 fällige Grundsteuer nach 2 Pfennigen von jeder Einheit ist bis zum 15. Februar 1893 zur hiesigen Stadt steuereinnahme zu bezahlen. Waldenburg, den 30. Januar 1893. Der Stadtrat h. Kretschmer, B. Jg Freitag, den 3. Februar 1893, Borm. 1v Uhr sollen im Versteigerungslocale des hiesigen Kgl. Amtsgerichts eiue Handschuhs Maschine und ein Kleiderschrank gegen Baarzahlung versteigert werden. Waldenburg, am 31. Januar 1893. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Rdt. Kerstan. "Waldenburg, 31. Januar 1893. Die Antisemiten-Debatte, welche in der letzten Sonn- abendsitzung des preußischen Abgeordnetenhauses ge führt worden ist, hat weit über die Grenzen hinaus, innerhalb deren sonst den Sitzungen dieses Parlaments größere Aufmerksamkeit geschenkt worden ist, Beachtung gefunden. Es war das erste genaue Eingehen auf dieses Thema, seitdem die deutschconservative Partei auf ihrem Berliner Parteitage die bekannte Programm- Sndcrung vorgenommen hat. Die Meinungen platzten derartig aufeinander, daß die Sitzung einen so erreg ten Character annahm, wie es in dem alten Hause am Dönhoffsplatz seit Jahren nicht der Fall gewesen ist. Während die Wortführer der conservattven Partei ihre Folgerungen aus den Beschlüssen des Parteitages zogen und demgemäß die „Judenfrage" beleuchteten, erklärten die Führer der Nationalliberalen und Frei sinnigen ihre unbedingte und principielle Gegnerschaft gegen den Antisemitismus. Von nattonalliberaler Seite ist diese Stellungnahme niemals so klar und unzweideutig ausgesprochen, wie am Sonnabend durch den Abg. Hobrecht, dessen Ausführungen die des frei sinnigen Redners Rickert noch an Schärfe übertrafen. Damit ist in dieser Angelegenheit die wünschens- werthe Klarstellung vollzogen, die Liberalen haben sich im Gegensatz zu den Conservattven als unbedingte Gegner jedweoer Störung der Gleichberechtigung der Juden mit den Christen bezeichnet. Daß in der con- servativen Partei die überwiegende Mehrheit dem Anti semitismus geneigt ist, trat auf dem conservattven Parteitage In Berlin schon hervor; es ist in der Ab geordnetenhaussitzung eine Bestätigung dieser Thalsache erfolgt, denn die Ausführungen ihrer politischen Freunde von Mtnntgerode und Stöcker wurden von den Con- servativen mit lebhaftestem Beifall ausgenommen. Die Bedeutung des Wortgefechts und dieser ganzen Sitzung liegt vor allen Dingen darin, daß hier klar gestellt wurde, was die conservative Partei in der Be handlung der Judenfrage anstrebt. Dies ist der Kern punkt der langen Erörterungen, und hierüber haben bisher andere gesetzliche Vorlagen und Anträge keine Auskunft gegeben, wie das Wuchergesetz, das Gesetz über die Abzahlungsgeschäfte, die Anträge auf Be schränkung der Waarenlager, des Haufirhandels rc. Der Abg. Stöcker erklärte, daß er keine Abänderung der Verfassung In dieser Sache wünsche, sondern nur die Anwendung von Verwaltungsmaßregeln. Das heißt, Herr Stöcker wünscht nicht die Aufhebung der bürgerlichen Gleichberechtigung der Juden, für die auch im gegenwärtigen Reichstage keinerlei Mehrheit vor handen ist, er will vielmehr, daß die Regierungen ver hindern sollen, daß Juden in die Behörden, in den Richter- und Lehrerstand eintreten. Solche Maßnahmen könnten allerdings von den Re gierungen ohne Weiteres getroffen werden; die Frage ist nur, ob sie dies thun werden. Der leitende deutsche Staatsmann, der Reichskanzler Graf Caprivi, hat im s December bekanntlich im Reichstage sich dahin aus- s gesprochen, daß er es verstehen könne, wenn Jemand Antisemit sei, aber er hat hinzugefügt, daß seine An- ! schauungen sich mit den antisemitischen nicht decken, und i die preußische Staatsregierung hat durch ihr Verhalten ! bet den Vorgängen im Wahlkreise Frtedeberg Arns- walde, als Ahlwardt gewählt wurde, bewiesen, daß sie s die Anschauungen des Reichskanzlers theilt. i Ein praktisches Resultat wird also diese antisemi tische Debatte aus dem preußischen Parlament für die staatlichen Verhältnisse nicht haben, wohl aber ist zu ' erwarten, daß sich nach der beiderseitigen Kriegser klärung zwischen Antisemiten und deren Gegnern diese leidenschaftliche Bewegung noch weiter zuspitzen wird, und nicht blos in Volksversammlungen, sondern auch in den Parlamenten werden wir noch häufig genug ; bewegte Scenen erleben. In drei Wochen wird auch, nach Abbüßung seiner ersten Strafhaft, der Abg. Ahl- warbt in den Reichstag eintreten, und es liegt auf der Hand, daß dann auch dort eine große Scheidung der j Geister erfolgen wird. Politische Rundschau. Deutsches Reich. ? Der Kaiser und die Kaiserin unternahmen am Montag Vormittag eine gemeinsame Spazierfahrt nach > dem Thiergarten. Auf der Rückfahrt zum Schlöffe - begab sich der Kaiser nach dem Reichskanzlerpalais und hatte daselbst eine längere Conferenz mit dem Grafen - Caprivi. Im Schlosse arbeitete der Monarch mit ? dem Chef des Civilcabtnets und nahm Vorträge ent gegen. Am Abend wohnten die kaiserlichen Majestäten mit anderen Mitgliedern der kgl. Familie einem Con- cert des Mufikcorps des Garde-Füsilierregiments und s des Mufikcorps der 1. Matrosendtvifion im Krollschen Etablissement bet. Der Reichsanzetger bringt folgenden Dank des s Kaisers: „Im Anschluß an die freudige Feier der I Vermählung Meiner geliebten Schwester, der Prinzessin Margarethe von Preußen, hat sich Mein diesjähriger s Geburtstag durch die Anwesenheit vieler, Meinem i Herzen nahestehenden Erlauchten Fürstlichkeiten zu einem i besonders frohen Feste gestaltet. Die herrlichste Freude ; aber, welche Mir aus Anlaß dieser festlichen Tage ; geworden, bilden die Kundgebungen der Treue und ; Anhänglichkeit Meines Volkes, welche Mir in den : mannigfachsten Formen und in ungewöhnlicher Fülle r aus allen Gauen des Ruches und auch von außerhalb wohnenden Deutschen zugegangen find. Bor Allem hat es Meinem Herzen wm-lgethan, so häufig dem Ausdruck einer opferbereiten Vaterlandsliebe und des Vertrauens in Meine auf des Vaterlandes Sicherheit gerichteten Bestrebungen begegnet zu sein, wodurch Meine Zuverficht gestärkt wird, daß diesen Meinen Bemühungen unter Gottes gnädigster Führung der Erfolg nicht fehlen werde. Ich bezmge daher gern auf diesem Wege Allen, welche Meiner an Meinem i Geburtstage so liebevoll gedacht haben, daß der Zweck , ihrer Aufmerksamkeit, Meine Festesfreude zu erhöhen, s in vollkommener Weise erreicht worden ist und Ich ; Mich zu wärmstem Danke verpflichtet fühle. Ich er- i suche Sie, diesen Erlaß alsbald zur öffentlichen Kennt- niß zu bringen. Berlin, den 30. Januar 1893. Wilhelm ^s. L,. An den Reichskanzler." > Tie Kaiserin Friedrich wird sich in Begleitung , der Prinzessin Adolph von Schaumburg Lippe heute, Dienstag, zum Besuche ihrer Mutter nach Osborne I begeben. j Das neuvermählte Paar, Prinz und Prinzessin Friedrich Karl von Hessen, find am Montag in Hanau eingetroffen und dort festlich empfangen. Nach t kurzem Aufenthalte begaben sich dieselben nach Schloß r Phtltppsruhe, wo dieselben von befreundeten Fürstlich- - keiten empfangen wurden. Auch eine Ehrenwache war ; aufgestellt. Am Abend fanden verschiedene Festlich- ; keiten statt. - Die Kräfte des schon lange kranken Herzogs von ; Ratibor, des ersten Präsidenten des preußischen Herren hauses, sind stark in der Abnahme begriffen. Der f Zustand des Herzogs ist recht besorgnißerregend. - Wie bereits mitgctheilt, mußte in Folge der Inter- - ventton des Bonner Unwerfitätsdirectors die beim Kaisercommers der dortigen Studenten geplante offi- ' zielle Feier Bismarcks unterbleiben. Das hat s die Studenten nicht abgehalten, dem Gründer des . Reichs ihre Liebe und Verehrung zu bezeugen, wenn auch In anderer als der beabsichtigten Form. Statt ! der Rede auf den Fürsten Bismarck wurde eine solche - auf das deutsche Vaterland gehalten. Aber auch ohne I Namensnennung galt diese ganz besonders dem ersten Kanzler des Reiches. Deutlicher wurde man am Schluß des offiziellen Theiles beim Semesterreiben. Dies er- f folgte vielfach auf den Fürsten Bismarck und fand stürmischen Beifall. Auch wurde ein Ergebenheitstele- gramm an Bismarck abgesandt, nachdem man vorher i ihm zu Ebren einen Salamander gerieben hatte. ! Die Delegtrten der Brennereibesitzer für Rheinpfalz, s Württemberg, Baden und Hessen haben dem Bundes- i rath und dem Reichstag „in Ausübung des ihnen . übertragenen Mandats" einen Gesetzentwurf überreicht, ; welcher die Einführung des Rohsptrttusmonopols bezweckt und bitten, „diesem Gesetze an Stelle der bestehenden Branntweinsteuergesetzgebung baldthunlichst ' Geltung zu verschaffen." s Aus Liegnitz wird der conservative» „Schles. , Morgenztg." geschrieben, daß der Beschluß des ge- i schäftsführenden Ausschusses des dortigen conservative» Wahlveretns, einen eigenen Candidaten aufzustellen, mit 19 gegen 13 Stimmen, also gegen eine starke Mino- ; rität, zu Stande gekommen ist. Die Minorität zieht i vor, „aus taktischen Gründen" gleich im ersten Wahl- ! gange für den antisemitischen Candidaten ein- s zutreten. s Die In den drei Quartalen vom April bis mit