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Großenhainer Unterhaltmrgs- und Anreigeblatt. Mit Hoher Concession gedruckt, verlegt und redigi'rt von Herrmann Starke. 66. Mittwoch, den 18. August 1847. Dertliches. Die Brodtaxen, welche bisher von Zeit zu Zeit ver öffentlicht wurden, geben zu mancherlei Proben der dießfallsigen Berechnungsweise und hierbei zu man cherlei Zweifeln über die Richtigkeit der Ansätze Veran lassung. Stellt man nämlich 1) nach der letzten Taxe vom 5. August das Exempel auf: Wenn man für 12 Pfennige 14j Loth Semmel bekommt, wie viel bekommt man für 9 thlr. 10 Ngr. Semmel? so erhält man die Antwort: 103 Pfund 29 Loth. Für die letzte Summe wird nämlich der Scheffel Waitzen nebst Unkosten veranschlagt. Wenn nun ein Scheffel Waitzen durchschnittlich zu 170 Pfund Gewicht, auch darüber angenommen wird, so fragt sich's, ob derselbe durch das Mahlen zu Mehle und durch das Backen am Gewichte so sehr zusammen schmilzt, daß man nur etwa 104 Pfund Semmel daraus gewinnen kann? Wird nicht beim Backen durch Hinzusetzen des Wassers das wieder am Gewichte ersetzt, was durch das Mahlen und die sonstigen Ab gänge verloren geht? Oder wenn man zur Semmel wirklich nur feinstes Waitzenmehl zu nehmen hat, so fragt sich's: wird nicht bei der Semmeltaxe der Werth des mittlen Waitzenmehles dem Bäcker wieder zur Last geschrieben, da ec doch aus Letzterem das Weißbrod macht? 2) Vergleicht man damit die Mehltare von dem selben Tage, nach welcher 1 Viertel weißes Waitzen mehl 2 thlr. 3 ngr. 7j pf. kostet, so kosten 4 Viertel dergl. Mchles 8 thlr. 15 ngr. Wenn man nun an nehmen darf, daß aus 1 Viertel Mehl wenigstens 40 bis 45 Pfund Semmel gebacken werden können, so würden aus 4 Viertel Mehl 160 bis 180 Pfund Semmel zu backen sein, welche nach obiger Taxe für 14 thlr. 11 ngr. 2 pf. bis 16 thlr. 5 ngr. verkauft werden könnten, daher der Bäcker, wenn er das weiße Waitzenmehl einkaust und von 14 thlr. 11 ngr. 2 pf. bis 16 thlr. 5 ngr. Erlös aus der Sem mel 8-15- — - 8-15- Kaufpreis für das Mehl abzieht, 5 thlr. 26 ngr. 2pf. bis 7thlr.20ngr. für die Unkosten und seine Bemühungen erhält. Dies steht freilich nicht im Verhältniß zu den bei dem Semmelbacken mit 1 thlr. 10 ngr. berechneten Un kosten. 3) Das Weißbrod wird nur aus Mittlern Waitzen- mehle, zum Theil wohl auch schwarzem, gebacken. Kostet nun nach der erwähnten Taxe 1 Viertel solches Mehl 1 thlr. 6 ngr. 4j pf., so kosten 4 Viertel 4 thlr. 25 ngr. 8 pf. Für soviel Geld verkauft man aber, da man nach derselben Taxe für 6 Pfennige 10 Loth 2j Quentchen Weißbrod erhalten soll, 80 Pfund 22 Loth Weißbrod. Da aber 4 Viertel Mehl nach Obigem 160 bis 180 Pfund Weißbrod geben können, so gewinnt der Bäcker, wenn ec so üble Wirthschaft triebe, das Mehl beim Mehlhändler zu kaufen, von 4 Vierteln mittlem Waitzenmehle wenigstens eben soviel, als ihm das Mehl kostet, also ungefähr 5 thlr., wovon er nur die Backkosten zu kürzen hat. 4) Für 10 ngr. soll man an hausbackenem Brode von Roggen nach derselben Taxe 9 Pfund 22^ Loth erhallen, und 4 Viertel Roggcnmehl sollen 4 thlr. 25 ngr. kosten. Für letztere Summe erhält man nun 140 Pfund 22^ Loth. Aus 4 Vierteln Mehl aber werden wenigstens 170 bis 180 Pfund Brod gewon nen, die nach obiger Taxe für 5 thlr. 25 ngr. 2 pf. verkauft werden. Hier ist also ein Gewinn von 1 thlr. Aus diesen Versuchen läßt sich also wohl vcrmuthcn, daß man den Bäckern außer den in der Taxe angesetz ten Unkosten an 1 thlr. 10 ngr. und 10 ngr. noch ein Bedeutendes für ihre Mühe ansetzt. Zu wünschen wäre jedoch, einmal zu erfahren, auf welchen Grund sätzen die von Zeit zu Zeit erscheinenden Semmel- und Brodtaxen beruhen. Oder sollte es wahr sein, daß eine neuerlich höhern Orts zu Auffindung richtiger Grundlagen für solche Taxen ausgesendete Commission das Bekenntniß abgelegt habe, es seien solche nicht aufzufinden? 5) Noch Eins fällt auf. Nämlich das mittle Waitzenmehl soll nach obiger Taxe noch um etwas theurer sein, als das roggene Mehl, und dennoch fällt es keinem einzigen hiesigen Bäcker ein, roggenes Weißbrod, nach dessen kräftigem, kernigem Geschmack sich so Mancher sehnt und das auch in früherer Zeit gebacken ward, zum Verkauf zu liefern. 6) Das Backen des Roggenbrodes ist seit dem Jahre 1840 auf dem Lande für ein freies Gewerbe erklärt worden und die Regierungsbehörden nahmen seither dafür an, daß der Jnnungszwang der Weiß bäcker sich blos auf solche Backwaaren erstrecke, welche mit Hefen zubereitet seien. Unbegreiflich ist es daher, wie man hier noch zweifeln kann, daß der Verkauf des Roggenbrodes auch außer dem bisherigen Nothstande